Der um das Jahr 1550 geborene Lübecker Johann Balhorn war wie sein Vater Buchdrucker. Auf ihn geht der Ausdruck „verballhornen“ zurück, der eine sinnentleerte sprachliche Umgestaltung eines Textes beschreibt. Johann Balhorn veröffentlichte im Jahre 1586 eine überarbeitete Version des Lübecker Stadtrechts, „Der Kayserlichen Freyen und des Heiligen Reichs-Stadt Lübeck Statuta und Stadt Recht. Auffs Newe vbersehen/Corrigiret/und aus alter sechsischer Sprach in Hochteudsch gebracht. Gedruckt zu Lübeck/durch Johann Balhorn/im Jar nach Christi Geburt/1586“. Augrund einiger, wahrscheinlich nicht von Balhorn selbst vorgenommener, eigenmächtiger Änderungen am Werk, ergab sich aus dem verkürzten Titel „verbessert durch Johann Balhorn“ schließlich die heutige Bedeutung des Begriffs„verballhornt. Nach seinem letzten Druck 1604 verliert sich Balhorns Spur.
Ida Boy-Ed kam am 17. April 1852 in Bergedorf (heute Hamburg) zur Welt. Ihr Vater Christoph Marquard Ed war Inhaber einer Druckerei und politisch und kulturell interessiert. Boy-Eds schriftstellerisches Talent wurde demnach schon früh gefördert. Nach dem Umzug der Familie nach Lübeck heiratete Boy-Ed im Alter von 18 Jahren Carl Johann Boy, einen Kaufmann aus einer angesehenen Lübecker Familie. Ihre angeheiratete Familie setzte Boy-Ed bald unter Druck, ihre für Frauen in der damaligen Zeit ungewöhnliche Schriftstellertätigkeit abzubrechen. Nach anhaltenden Differenzen verließ Boy-Ed 1878 ihren Mann und zog mit einem Sohn nach Berlin, womit sie einen Skandal in der Hansestadt auslöste. In Berlin knüpfte sie Kontakte zu bedeutenden Künstlern, geriet jedoch schnell in finanzielle Nöte und musste zu ihrem Mann zurückkehren. Zurück in Lübeck konnte sie ihre schriftstellerische Tätigkeit zwar fortsetzten, war allerdings zunächst von der Lübecker Gesellschaft ausgeschlossen. Nach dem Bankrott der Firma ihres Mannes 1900 bestritt Boy-Ed mit ihrer zuvor missbilligten Schriftstellertätigkeit allein den Lebensunterhalt der Familie. Der Verkauf des väterlichen Unternehmens und der Tod ihres Mannes bescherten Boy-Ed finanzielle und persönliche Freiheit, die sie zur Gestaltung eines bedeutenden Künstlersalons nutzte. Sie wurde so zu einer besonderen Unterstützerin des jungen Thomas Mann, mit dem sie eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte. Erst jetzt konnte sie finanziell abgesichert frei schreiben und wurde eine der bekanntesten Schriftstellerinnen der Epoche. Insgesamt verfasste Boy-Ed über siebzig Romane und Erzählbände. Ida Boy-Ed wurde im Jahre 1912 von der Stadt Lübeck mit einem lebenslangen Wohnrecht geehrt und starb am 13. Mai 1928 in Travemünde.
Dieterich Buxtehude wurde um 1637 vermutlich im schwedischen Helsingborg geboren, wo sein Vater als Organist tätig war. Nach dem Umzug seiner Familie nach Helsingør in Dänemark wurde Buxtehude, seinem Vater folgend, ebenfalls Organist. Zunächst arbeitete Buxtehude ab 1658 in Helsingborg und zog zwei Jahre später wie schon zuvor sein Vater ins dänische Helsingør an die Kirche St. Marien weiter. Nach dem Tod Franz Tunders, des Organisten an der Lübecker Marienkirche, übernahm Buxtehude 1668 dieses hoch angesehene Amt und heiratete noch im selben Jahr Tunders Tochter Anna Margaretha. Buxtehude komponierte unter anderem zahlreiche Orgelwerke und prägte von Lübeck aus die Musikwelt nachhaltig. In Lübeck wurde er von Zeitgenossen wie Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel und Johann Mattheson besucht und zählte Nicolaus Bruhns und Johann Christian Schieferdecker zu seinen Schülern. Am 9. Mai 1707 verstarb Buxtehude in Lübeck. Die Stadt Lübeck ehrte den berühmten Musiker mit dem Buxtehude-Jahr 2007 und die in Lübeck ansässige Internationale Dieterich-Buxtehude-Gesellschaft richtet regelmäßig in Kooperation mit dem Kreis der Freunde und Förderer der Kirchenmusik an St. Marien Lübeck e.V. das Europäische Buxtehude-Fest aus.
Julius Leber kam am 16. November 1891 im elsässischen Biesheim zur Welt, wo sein Adoptivvater als Maurer tätig war. Nach einer kaufmännischen Ausbildung gelang es Leber durch die Veröffentlichung zahlreicher Zeitungsartikel, trotz der Armut der Familie die Oberschule zu besuchen und das Abitur zu machen. Im Jahre 1913 begann er sein Studium der Geschichte und der Nationalökonomie und mit dem Eintritt in die SPD außerdem seine politische Arbeit. Am Ersten Weltkrieg nahm Leber als Freiwilliger teil und verblieb auch danach als Leutnant in der Armee, bis er sich im Zuge des Kapp-Putsches auf die Seite der Republik stellte und im Anschluss aus Protest die Armee verließ. Nach der Promotion zog Leber 1921 nach Lübeck, wo er Chefredakteur des sozialdemokratischen Lübecker Volksboten und bis 1933 Mitglied der Lübecker Bürgerschaft wurde. 1937 heiratete Leber die spätere SPD-Politikerin Annedore Rosenthal, Tochter des Direktors am Katharineum zu Lübeck. Während der Weimarer Republik setzte Julius Leber sein Engagement für die Republik im sozialdemokratisch dominierten Bündnis „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ fort und knüpfte Kontakte zu Widerstandsgruppen gegen die an Macht gewinnenden Nationalsozialisten. Nachdem bei der Vereitelung eines Anschlages auf sein Leben ein SA-Soldat getötet wurde, wurde Leber verhaftet und war zwischen 1933 und 1937 in verschiedenen Gefängnissen und Konzentrationslagern inhaftiert. Nach der durch seine Frau erwirkten Freilassung blieb Leber im Widerstand aktiv und lernte die Gruppe um Claus Graf Schenk von Stauffenberg kennen, in der er bald als Innenminister eines Deutschlands nach einem Attentat auf Adolf Hitler gehandelt wurde. Durch einen Gestapospitzel verraten, wurde Leber am 5. Juli 1944 erneut verhaftet und nach vielfacher Folter zum Tode verurteilt. Am 5. Januar 1945 wurde Julius Leber in Berlin- Plötzensee hingerichtet.
Am 27. März 1871 wurde Heinrich Mann als Sohn des Kaufmanns und späteren Senators Thomas Johann Heinrich Mann in Lübeck geboren. Er brach die Ausbildung auf dem Gymnasium und ebenso eine Ausbildung zum Buchhändler ab und begann, für den S. Fischer Verlag in Berlin zu arbeiten. Zeitgleich zum Besuch verschiedener Kurse an der Berliner Friedrich -Wilhelms -Universität nahm Manns Schriftstellerkarriere ihren Anfang. Es folgten der Umzug zu seiner Mutter nach München, die dort seit dem Tod ihres Mannes lebte, und die Veröffentlichung seines ersten Romans "In einer Familie". Außerdem gab er die konservative Zeitschrift "Das Zwanzigste Jahrhundert. Blätter für deutsche Art und Wohlfahrt" heraus, bevor 1905 der Roman "Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen" erschien. Sein Protest gegen das kriegsbegeisterte Deutschland führte 1915 zu einem vorübergehenden Zerwürfnis mit Thomas Mann. Sein 1918 erschienener Roman "Der Untertan" war eine grandiose ironische Abrechnung mit dem wilhelminischen Kaiserreich. 1931 wurde Mann zum Präsidenten der Sektion Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste. Heinrich Mann engagierte sich in Kooperation mit Käthe Kollwitz und Albert Einstein öffentlich gegen den erstarkenden Nationalsozialismus. Er verlor 1933 aus diesem Grund die deutsche Staatsbürgerschaft. Mann floh daraufhin in die USA, wo er als Drehbuchautor für Warner Brothers arbeitete. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt Mann zahlreiche Ehrungen. 1949 wurde Heinrich Mann zum Präsidenten der Deutschen Akademie der Künste in Ost-Berlin gewählt. Er starb jedoch 1950 noch vor der geplanten Rückkehr nach Deutschland in Santa Monica 1961 wurde seine Urne nach Deutschland überführt und auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Ost-Berlin beigesetzt.
Bernt Notke wurde um 1435 in pommerschen Lassan geboren. Er war ein im gesamten Ostseeraum bekannter und geachteter Maler und Bildhauer und arbeitete spätestens ab 1467 in seiner eigenen Werksatt in Lübeck. Notke erhielt schon bald bedeutende Aufträge und war unter anderem verantwortlich für die Triumphkreuzgruppe des Lübecker Domes und die nicht mehr erhaltene Darstellung des „Totentanzes“ in der Lübecker Marienkirche. Zudem hielt er sich zwischen 1483 und 1498 in Schweden auf, wo er neben einer fünfjährigen Tätigkeit als Reichsmünzmeister künstlerische Arbeiten wie die St. Georgsgruppe in der Nikolaikirche von Stockholms Gamla Stan vollbrachte. In Dänemark schuf er den Flügelaltar des Domes von Århus und im estnischen Tallin ist noch heute der Revaler Totentanz, eine Replik des Lübecker Totentanzes zu bewundern. Seine letzte erwähnte Anstellung war die als Werkmeister an der Lübecker St. Petrikirche im Jahre 1505, bevor Notke um den 12. Mai 1509 herum in Lübeck verstarb.
Johann Friedrich Overbeck kam am 3. Juli 1789 als Sohn des Senators, Bürgermeisters und Dichters Christian Adolph Overbeck in Lübeck zur Welt. Schon im Elternhaus wurde er in seinem künstlerischen Wirken unterstützt und studierte an der renommierten Akademie der bildenden Künste Wien. Dort gründete er 1809 mit befreundeten Künstlern den Lukasbund, der sich die Orientierung der Kunst an der Religion zum Ziel setzte und an die Arbeiten Dürers und Raffaels angelehnt war. Zusammen mit anderen Künstlern aus dem Lukasbund ging Overbeck nach Rom, wo weitere deutsche Maler zu ihnen stießen und sich die Gruppe der Nazarener gründete. Die Nazarener prägten mit ihrer christlichen Interpretation italienischer und deutscher Kunst die gesamte Kunst der Romantik und erhielten zahlreiche Aufträge lokaler Kunstliebhaber. Overbeck selbst lehnte wiederholt Angebote für Professuren seitens deutscher Kunstakademien ab und pflegte stattdessen Kontakte zu hohen Geistlichen der katholischen Kirche in Rom. Zu Overbecks bedeutendsten Werken gehören der „Einzug Christi in Jerusalem“, das während des Luftangriffes von 1942 auf Lübeck in der Marienkirche zerstört wurde, und der „Triumph der Religion in den Künsten“. Heute noch ist in der Lübecker Marienkirche die „Beweinung Christi“ zu bewundern. Friedrich Overbeck starb am 12. November 1869 in Rom.
Johannes Ludwig Emil Possehl, dessen Vater Ludwig die Eisen-, Blech- u. Steinkohlenhandlung L. Possehl & Co. gegründet hatte, wurde am 13. Februar 1850 in Lübeck geboren. Seine kaufmännische Ausbildung brach er ab, um 1870 als Freiwilliger in den Krieg zu ziehen. Ab 1872 wurde Possehl im väterlichen Unternehmen beschäftigt und übernahm im darauffolgenden Jahr die Teilhaberschaft. Nach dem Tod des Vaters konzentrierte Possehl sein Geschäft auf den Export schwedischer Eisen- und Stahlerzeugnisse nach Übersee. Possehl wurde dabei durch eine geschickte Unternehmensführung und die gezielte Förderung neuer Technologien allmählich zum bedeutendsten Erzhändler Europas und damit auch zum wohlhabendsten Lübecker um die Jahrhundertwende. In seiner Heimatstadt engagierte sich Possehl in der Handelskammer, der Bürgerschaft und ab 1901 im Senat und unterstütze als Mäzen verschiedenste kulturelle Projekte. So war das Grundstück des heutigen Stadttheaters in der Beckergrube ein Geschenk Possehls. Emil Possehl setzte sich zudem für eine verbesserte Anbindung der Hansestadt an andere wichtige Wirtschaftsstandorte ein und warb erfolgreich für die Errichtung des heutigen Elbe-Lübeck-Kanals. Die von ihm mitinitiierte Vogelfluglinie wurde erst 1963 und somit lange nach Possehls Tod eingeweiht. Wegen der industriellen Verbindungen mit Russland während des während des Ersten Weltkriegs wurde Emil Possehl am 23.4.1915 verhaftet und vor dem Reichsgericht zu Leipzig wegen Landesverrats durch Feindbegünstigung angeklagt. Zwar wurde er am 5.4.1916 freigesprochen, doch die seelischen Belastungen durch das Verfahren und den Kriegsverlauf waren hoch. Possehl starb am 4. Februar 1919 in Lübeck und wurde in einem Mausoleum auf dem Burgtorfriedhof beigesetzt. Nach seinem Tod wurde sein Unternehmen in der Possehl- Stiftung angelegt. Diese Stiftung unterstützt bis in die Gegenwart mit großem Engagement „alles Gute und Schöne in Lübeck“, also soziale und kulturelle Projekte und Einrichtungen in der Hansestadt, insbesondere im Bereich der Jugendförderung.
Hans Blumenberg wurde am 13. Juli 1920 in Lübeck geboren und machte als Klassenbester sein Abitur am Katharineum zu Lübeck.Nach seinem Abitur im Jahr 1939 durfte er keine reguläre Hochschule besuchen. Er wurde trotz seiner katholischen Taufe von den Nationalsozialisten wegen des jüdischen Familienhintergrundes seiner Mutter als „Halbjude“ eingestuft. Blumenberg studierte zwischen 1939 und 1947 mit Unterbrechungen Philosophie, Germanistik und klassische Philosophie in Paderborn, Frankfurt am Main, Hamburg und Kiel. Blumenberg litt wiederholt unter antisemitischer Anfeindungen und Repressionen. Während des Zweiten Weltkrieges musste Blumenberg Zwangsarbeit leisten und wurde zudem 1945 verhaftet, auf Betreiben Heinrich Drägers aber freigelassen. Bei der Familie seiner späteren Frau Ursula versteckt überlebte Blumenberg das Kriegsende und führte nach dem Krieg sein Studium fort. Es folgten Promotion und Habilitation an der Kieler Christian-Albrechts-Universität und eine Reihe von Lehraufträgen für Philosophie an Universitäten innerhalb Deutschlands sowie die Mitgliedschaft in einigen philosophischen Forschergruppen. Blumenberg gilt als einer der bedeutenden deutschen Philosophen. Es gelang ihm in seinem außergewöhnlichen Werk, die Philosophie mit der Literatur zu verbinden. Nach der erlebten und überlebten Verfolgung in nationalsozialistischer Zeit sollte es ein Akt der Versöhnung sein, als die Hansestadt Lübeck den Entschluss fasste, ihm die Ehrenbürgerschaft zu verleihen, was jedoch durch den Tod des Philosophen vor der Verleihung nicht mehr umgesetzt werden konnte. Blumenberg verstarb am 28. März 1996 in Altenberge/ Westfalen.
Erich Mühsam kam am 6. April 1878 in Berlin zur Welt und verbrachte seine Kindheit nach dem Umzug der Familie in Lübeck. Die Eltern Mühsams stammten aus dem wohlhabenden jüdischen Bürgertum. Sein Vater Siegfried Seligmann Mühsam kaufte 1879 die Linden-Apotheke in Lübeck. Erich Mühsam litt unter der an Ordnung und striktem Gehorsam orientierten Erziehung seines Vaters. Die übermächtige Vaterfigur führte ihn zu lebenslangem Kampf gegen jegliche autoritäre Strukturen. Seine Veranlagung zur Provokation zeigte sich schon früh, denn wegen „sozialistischer Umtriebe“ war er gezwungen, die Schule zu wechseln, und machte die Mittlere Reife in Parchim (Mecklenburg), bevor er in der Lübecker Löwen-Apotheke in die Lehre ging. Als Apothekengehilfe war Mühsam in Lübeck und Berlin tätig. In Berlin machte Mühsam auch seine ersten Gehversuche als Journalist und wurde Redakteur einer anarchischen Zeitschrift. Seine ersten Fabeln hatte er da schon verfasst, denn diese gingen auf Mühsams frühe Jugend zurück. Mühsam pflegte während der folgenden Jahre als freier Schriftsteller Kontakte zu aufstrebenden Künstlern in der Dichtergruppe „Neue Gemeinschaft“. Aufgrund seiner sozialistischen und gesellschaftskritischen Ansichten galt er als ein Vertreter des „literarischen Anarchismus“ und versuchte, gegen den Ersten Weltkrieg und den Kapitalismus mobil zu machen. Mühsam gehörte als führender Revolutionär von 1918 in Bayern der Münchner Räterepublik an. Nach deren Zerschlagung wurde er verhaftet und blieb bis zur allgemeinen Amnestie fünf Jahre lang in Haft. Im Anschluss kehrte er nach Berlin zurück und verstärkte seine Kontakte zur KPD. Zwischenzeitlich veröffentlichte Mühsam zahlreiche Theaterstücke und Schriften, einen Großteil davon mit unmissverständlich politischem Hintergrund. Seine Warnungen vor den Nationalsozialisten wurden Mühsam zum Verhängnis, denn am Tag des Reichstagsbrandes im Februar 1933 wurde er verhaftet und ohne Gerichtsverfahren ins Konzentrationslager Oranienburg gebracht, wo er nach andauernder Folter am 10. Juli 1934 ermordet wurde. Die in Lübeck ansässige Erich-Mühsam-Gesellschaft arbeitet widmet sich dem Andenken an den Lebensweg und des Werks dieses Publizisten und Autoren. Vor dem Buddenbrookhaus in Lübeck wurde ein Stolperstein zur Erinnerung an ihn verlegt.
Gustav Radbruch kam am 21. November 1878 in Lübeck zur Welt und wuchs als Sohn eines Kaufmannes in wohlhabenden Verhältnissen auf. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in München, Leipzig und Berlin legte Radbruch sein Referendariatsexamen in Lübeck ab. Auf Promotion und Habilitation folgten Lehraufträge an verschiedenen Universitäten und im Ersten Weltkrieg eine Zeit als freiwilliger Krankenhelfer und Mitglied eines Infanterieregimentes an der Westfront. Nachfolgend engagierte sich Radbruch in der SPD und festigte seine Position innerhalb der Partei durch sein entschiedenes Auftreten in der Aufarbeitung des rechtsradikalen Kapp-Putsches. Zwischen 1920 und 1924 war Radbruch daher Abgeordneter im Reichstag und außerdem zweimal Reichsminister der Justiz. Nebenher war Radbruch als Professor in Kiel tätig und widmete sich dieser Aufgabe vollständig nach dem Ausscheiden aus dem Reichstag. Radbruch sollte noch an die Universität Heidelberg wechseln, bevor ihm aus politischen Gründen 1933 als einem der ersten Professoren ein Berufsverbot ausgesprochen wurde. Während des NS-Regimes lebte Radbruch mit Ausnahme eines Aufenthaltes am University College of Oxford zurückgezogen und wurde schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in Heidelberg eingesetzt. Unter anderem durch die zu dieser Zeit veröffentlichte These der Radbruchschen Formel erlangte Radbruch auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft Bedeutung. Mit dieser These, die sich mit dem Zusammenspiel von Recht und Gerechtigkeit befasst, verarbeitete Radbruch seine Erfahrungen mit dem NS-Regime. Am 23. November 1949 starb Gustav Radbruch in Heidelberg.
Der Begriff „Lübecker Märtyrer“ beschreibt die vier Lübecker Geistlichen Hermann Lange, Eduard Müller, Johannes Prassek und Karl Friedrich Stellbrink, die ihrer Überzeugung wegen gegen den Nationalsozialismus kämpften. Der 2. Senat des Volksgerichtshofes, der eigens aus Berlin angereist war, verurteilte sie dafür im „Lübecker Christenprozess“ im Juni 1943 zum Tode. Am 10.November desselben Jahres wurden sie in Hamburg im Abstand weniger Minuten mit dem Fallbeil hingerichtet. Die katholische Kirche leitete aus Anlass des 60. Todestages der Märtyrer ein Verfahren zur Seligsprechung der drei katholischen Geistlichen Lange, Müller und Prassek ein.
Hermann Lange kam am 16. April 1912 im ostfriesischen Leer zur Welt. Nach dem Studium der katholischen Theologie in Münster und der Priesterweihe in Osnabrück begann Lange seine kirchliche Arbeit in Neustadtgödens und Lingen. 1939 ging Lange schließlich als Vikar an die Herz- Jesu Kirche zu Lübeck, wo er sich der Jugend- und Männerseelsorge widmete. Hier engagierte er sich bald gegen den Nationalsozialismus, indem er Flugblätter verteilte und Aufklärung betrieb. Infolgedessen wurde er am 15.06.1942 als zweiter der vier Lübecker Märtyrer verhaftet. Lange verfügte über ein hohes pädagogisches Geschick und über eine außergewöhnlich hohe Bildung. Nicht zuletzt deshalb galt er als der Intellektuelle unter den Lübecker Märtyrern.
Eduard Müller kam am 20. August 1911 in Neumünster zur Welt. Er erlebte eine schwere Kindheit, denn sein Vater hatte die Familie früh verlassen und seine Mutter versuchte, ihre sieben Kinder mit Gelegenheitsarbeiten durchzubringen. Aus diesem Grund war es Müller zunächst nicht möglich, Priester zu werden, und er absolvierte eine Tischlerlehre. Im Anschluss wurden ihm jedoch durch die Unterstützung der Gemeinde Neumünster das Abitur und das Theologiestudium ermöglicht, sodass er 1940 zum Priester geweiht werden konnte. Noch im selben Jahr ging er als Adjunkt an die Lübecker Herz-Jesu Kirche und wurde seiner Bodenständigkeit wegen bald ein beliebtes Mitglied der Gemeinde. Müller war in Lübeck Mitglied des Kreises der Geistlichen, die sich gegen Krieg und nationalsozialistische Diktatur wandten, und beteiligte sich an der Vervielfältigung regimekritischer Flugblätter. Am 22. Juni 1942 wurde Müller zusammen mit 18 Laien, die später zu Haftstrafen verurteilt wurden, als letzter der Lübecker Märtyrer verhaftet.
Am 13. August 1911 kam Johannes Prassek in Hamburg als Arbeiterkind zur Welt. Er wurde 1937 zum Priester geweiht und ging zunächst nach Wittenburg, bevor er schließlich an der Herz- Jesu Kirche zu Lübeck tätig wurde. Er gewann schnell das Vertrauen seiner Gemeindemitglieder und lernte polnisch, um, zum Unmut der Nationalsozialisten, den polnischen Zwangsarbeitern in Lübeck als Seelsorger dienen zu können. Zusätzlich zu seinen Diskussionen mit den übrigen Geistlichen, die zu Lübecker Märtyrern werden sollten, kritisierte er in seinen Predigten öffentlich das NS-Regime. Ein Spitzel verriet Prassek schließlich an die Gestapo, so dass es am 18. Mai 1942 zur Verhaftung kam. Noch zwei Wochen zuvor war Prassek das Luftschutz-Ehrenzeichen verliehen worden, weil er unter Lebensgefahr während des Luftangriffes auf Lübeck bei der Evakuierung eines Krankenhauses zur Stelle gewesen war.
Karl Friedrich Stellbrink wurde am 28. Oktober 1894 in Münster geboren. Seine ersten Schritte in der Ausbildung zum Pfarrer tat Stellbrink 1913 mit der Aufnahme in das Landeskirchliche Diaspora-Seminar in Soest. Während der Teilnahme am Ersten Weltkrieg wurde er verwundet und leistete im Anschluss soziale Arbeit. Einige Zeit später ging er zunächst für acht Jahre mit seiner Familie als Seelsorger nach Brasilien, bevor er seine Ausbildung im Jahre 1930 abschloss und Pfarrer in Thüringen wurde. Zu dieser Zeit war Stellbrink noch überzeugter Nationalsozialist und Mitglied verschiedener völkischer Verbände und der NSDAP. Ab 1934 wirkte Stellbrink an der Lutherkirche zu Lübeck, wo er allmählich auf Distanz zur immer deutlicher antikirchlich auftretenden NSDAP ging. Stellbrink äußerte sich nun entschieden gegen Krieg und NS-Regime und entwickelte eine Freundschaft zu Kaplan Johannes Prassek, ebenfalls Widerständler in Lübeck. Sein deutlichstes Bekenntnis gegen den Krieg erfolgte während einer Predigt nach dem Luftangriff vom März 1942 auf Lübeck. Kurze Zeit später wurde Stellbrink am 7. April 1942 als erster der vier Lübecker Märtyrer inhaftiert.
Günter Grass war Schriftsteller und ausgebildeter Bildhauer, Maler und Grafiker. Er wurde 1927 in Danzig als Sohn einer Kaufmanns-Familie geboren. Nach seiner Zeit als Luftwaffenhelfer und Soldat während des Zweiten Weltkriegs studierte er Bildhauerei in Düsseldorf und Berlin. Als Mitglied der Gruppe 47 erlebte er mit dem Roman „Die Blechtrommel“ 1959 seinen nationalen und internationalen Durchbruch. 1999 erhielt er für diesen Roman den Nobelpreis für Literatur. In zahlreichen Werken wie der Danziger Trilogie, „örtlich betäubt“, „Aus dem Tagebuch einer Schnecke“, „Im Krebsgang“ thematisiert Grass den Verlust seiner Heimat Danzig und die nationalsozialistische Vergangenheit. Daneben widmete er sich literarisch und bildkünstlerisch Themen wie Indien (Zunge zeigen), Umweltzerstörung (Totes Holz), Märchen (Der Schatten) und Alltagsthemen wie Kochen (Der Butt) und Tanzen (Letzten Tänze). Außerdem war er vielfach politisch und gesellschaftlich engagiert. So unterstützte er Willy Brandt und die SPD während der Bundestagswahlen 1965 und 1969. Außerdem übte er öffentlich Kritik: sei es durch seinen Austritt aus der Akademie der Künste aus Solidarität zu Salman Rushdie (1989), seine Laudatio auf Yasar Kemal anlässlich des Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (1997) oder durch das Gedicht „Was gesagt werden muss“ 2012. Nach Stationen in Wewelsfleth und Hamburg ließ er sich 1986 in Behlendorf nahe Lübeck endgültig nieder.