Erinnerungskultur

Die Hansestadt Lübeck ist berühmt für ihre Geschichte. Im Zentrum steht dabei oft die Hanse und die weltberühmte mittelalterliche Bausubstanz Lübecks, der die Stadt ihren UNESCO-Welterbe Status verdankt. Vor der pittoresken Idylle könnte man fast vergessen, dass auch Lübecks Geschichte untrennbar mit Gewalt und Unrecht verknüpft ist.

Wie soll diese Geschichte zukünftig erinnert werden? Lässt sich aus der Geschichte lernen? Welche Formate und Orte sind hierzu geeignet? Und wie können Lübecker:innen gemeinsam die Stadtgeschichte erforschen und aktiv die Erinnerungskultur der Stadt mitgestalten?

Wir laden alle Lübecker:innen zum Dialog über die Geschichte(n) der Stadt ein! Ziel ist es, das Lübecker Stadtgedächtnis dialogisch und im kontinuierlichen Austausch mit der Stadtgesellschaft weiterzuentwickeln und bestehende Einrichtungen, Initiativen, Vereine und Communitys bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Gemeinsam möchten wir zeigen, dass eine plurale Erinnerungskultur zur Stärkung der Demokratie beiträgt. Lübeck braucht eine Erinnerungskultur, die uns dabei hilft, die Gegenwart so einzurichten, dass sich die Vergangenheit nicht wiederholt. 

Die Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts steht dabei im Fokus. Aktuell widmen wir uns vier Schwerpunktthemen, die vielfältig miteinander verflochten sind.

Koloniale Kontexte

Als Hansestadt war Lübeck in koloniale Verflechtungen eingebunden. Viele Orte im öffentlichen Raum zeugen stumm davon. Kolonialismus und Nationalsozialismus sind dabei teilweise eng miteinander verzahnt. Koloniale Straßenbenennungen waren beispielweise ein Instrument der nationalsozialistischen Erinnerungspolitik.

 

Nationalsozialismus

Die Erinnerung an die nationalsozialistischen Opfer von Unrecht und Gewalt haben in der Hansestadt Lübeck einen festen Platz. Zahlreiche Initiativen haben sich einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus verpflichtet und die Stadt immer wieder an ihre Verantwortung erinnert.  Auch die Erinnerungs- und Gedenkorte der Stadt sind wichtige Säulen der Erinnerungskultur. Dennoch sind zahlreiche Aspekte der NS-Diktatur bislang noch nicht systematisch aufgearbeitet. Dabei gilt es auch zu überlegen, wie wir unsere Gedenkkultur künftig gestalten wollen.

 

Gewalt nach 1945

In Lübeck brannte 1994 die erste Synagoge seit dem Ende der NS-Diktatur. 1996 folgte ein Brandanschlag auf die Geflüchtetenunterkunft in der Hafenstraße 96. Es sterben 10 Menschen, 38 werden verletzt. Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sind Teil der Stadtgeschichte und müssen erinnert werden.

 

Kalter Krieg

Lübeck lag als einzige westdeutsche Großstadt direkt an der Grenze zur DDR. Als Grenzstadt war die Hansestadt ein zentraler Schauplatz der deutschen Teilung. Bis heute sind die Spuren dieser Geschichte sichtbar: innerstädtische Sperrschächte zur Aufstellung von Panzersperren (die im Kriegsfall eine Abriegelung der Stadt sicherstellen sollten) oder die Grenzdokumentationsstätte Lübeck-Schlutup sind Beispiele für Erinnerungszeichen und -orte.

 

Perspektiven und Orte

Die Erinnerung an die Gewalterfahrungen des 20. Jahrhunderts soll auch räumlich verankert werden. Wir haben uns auf den Weg gemacht, einen Ort zu entwickeln, der künftig das plurale Gedächtnis der Stadt widerspiegeln soll.

Solche Projekte sind bis zur Realisierung in der Regel recht langwierig. Doch darin liegt zugleich eine Chance, um neue Formate und Teilprojekte im Leerstand oder in bereits bestehenden Institutionen zu erproben.

 

 

Mitmachen

Erinnerungskultur ist kein abgeschlossener Prozess – sie ist in ständigem Wandel und lebt von der Beteiligung aller. Neben den kulturellen Einrichtungen der Hansestadt ist daher vor allem die Lübecker Stadtgesellschaft in all ihren Facetten gefragt!  Alle Lübecker:innen jeden Alters können sich in die Gestaltung unserer Erinnerungskultur und zur Stärkung unserer Demokratie einbringen! Lesungen, Vorträge, Stadtrundgänge, Kunstprojekte, Kino und Theater – alles ist denkbar. Wir wollen gemeinsam mit Lübecker:innen die Geschichte der Stadt sichtbar machen.

 

 

Förderung

Neben Projekten die das Kulturbüro selbst betreut und umsetzt verfügen wir auch über ein begrenztes Budget zur Förderung erinnerungskultureller Projekte von Künstlerinnen, Institutionen und Initiativen. Dabei konzentrieren wir uns vor allem auf kleinere Projekte, die bisher wenig beachtete Aspekte der Lübecker Erinnerungskultur sichtbar machen, aufarbeiten oder vermitteln. Neben den finanziellen Mitteln bieten wir auch eine Beratung und Begleitung für Interessent: innen an.

 

 

Wissenschaftliche Begleitung

Expert:innen aus unterschiedlichen Fachbereichen unterstützen unsere Arbeit, indem sie den Prozess kritisch reflektieren und uns vielfältig beraten.

 

 

Auf den Weg gemacht – für eine Stärkung der Erinnerungskultur und der Demokratie

September 2020:
Der Kulturausschuss beauftragt die Verwaltung, ein Konzept zur zeitgemäßen Neuausrichtung der Erinnerungskultur in der Hansestadt zu erstellen.

November 2020:
Die Bürgerschaft beschließt, gemeinsam mit dem Zentrum für Kulturwissenschaftliche Forschung Lübeck (ZKFL) und mit finanzieller Unterstützung durch die Bluhme-Jebsen-Stiftung, die Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten und die Dietrich-Szameit-Stiftung ein Konzept in Auftrag zu geben.

Mai 2022:
Die Politikwissenschaftlerin und Kuratorin Frau Dr. Claudia Fröhlich legt ein Konzept für eine zeitgemäße Weiterentwicklung der Erinnerungskultur in Lübeck vor. „Lübeck erinnert – um Demokratie zu leben“. Das Grundlagenkonzept bietet Perspektiven für eine ab 2023 ins Werk zu setzende Neuausrichtung der Erinnerungskultur in Lübeck mit dem Ziel der Demokratiestärkung.

September 2022:
Der Kulturausschuss der Lübecker Bürgerschaft empfiehlt das Konzept und die Beschlussvorlage zur Neu-Aufstellung der Erinnerungskultur in Lübeck. Die Bürgerschaft beschließt das Konzept am 12.09.2024. Konzept und Beschlussvorschlage können hier eingesehen werden.

September 2023:
Stellenausschreibung und Besetzungsverfahren.

März 2024:
Das Kultubüro des Fachbereiches Kultur und Bildung der Hansestadt Lübeck wird um das Fachthema Erinnerungskultur erweitert.

 

Aktuelles

  • Aktuell erarbeiten wir gemeinsam mit erinnerungskulturellen Akteur:innen Schwerpunktthemen und Formate. Hierzu möchten wir erinnerungskulturelle Akteur:innen am 17.09.2024 um 17.00 Uhr in die Essigfabrik einladen. Eine Anmeldung ist bis zum 10.09.2024 möglich. Hierzu bitte eine kurze, formlose Mail an: christiane.buerger@luebeck.de
  • Im Oktober und November 2024 findet auch dieses Jahr die „Zeit des Erinnerns“ statt – Seit 1991 gehört das Format zum festen Repertoire der Lübecker Erinnerungslandschaft. Wir freuen uns über Beiträge und Ideen! Mehr Information gibt es hier.

Das Kulturbüro lädt am 17. September um 17.00 Uhr zum „Netzwerktreffen Erinnerungsfutur“ in die Essigfabrik (Kanalstraße 26)  ein. Es sind alle angesprochen, die im Bereich Erinnerungskultur aktiv sind – oder es werden möchten. In entspannter Atmosphäre wollen wir uns über die Gegenwart und Zukunft der Lübecker Erinnerungskultur austauschen und neue Projekte anstoßen. Moderiert wird die Veranstaltung durch die „Geheime Dramaturgische Gesellschaft“.

Kontakt

Sie haben allgemeine Fragen oder Anmerkungen zur Lübecker Erinnerungskultur?

Dann wenden Sie sich gern an die Koordinatorin Erinnerungskultur,
Dr. Christiane Bürger: christiane.buerger@luebeck.de

Das könnte Sie auch interessieren