Friedhöfe

Letzte Ruhe und Wurzel neuen Lebens

Friedhöfe sind in erster Linie Orte des Abschieds und des ungestörten Andenkens. Doch in ihrer stillen Atmosphäre wurzelt auch neues Leben. Anlage und Grabpflanzen eines Friedhofs sind vielfältig und artenreich. Darüber hinaus wären auch viele heimische Tiere und wilde Pflanzen ohne den Schutzraum Friedhof bereits aus unseren Städten verschwunden. So ist der Friedhof auch eine stadtökologische Nische für zahlreiche Wildblumen, Insekten oder Kleintiere. Seine Bäume begünstigen das Stadtklima und sind Brutstätten für scheue Vögel. Als Biotope und grüne Ruhezonen erfüllen Friedhöfe außerdem den Wunsch nach stadtnaher Erholung.
Naturnähe und Artenreichtum entstehen allerdings nicht von alleine. Deshalb verfolgt der Bereich Stadtgrün und Verkehr auf den Lübecker Friedhöfen die Idee der behutsamen Landschaftspflege.

So verzichten wir zum Beispiel auf Streusalze und Gifte und verwenden Komposterde anstelle von Dünger. Wege belassen wir weitgehend unversiegelt und stillgelegte Grabfelder und Flächen gestalten wir möglichst naturnah. Die Bereich Stadtgrün und Verkehr der Hansestadt Lübeck unterhält auf einer Fläche von ca. 83 ha. die vier Friedhöfe Vorwerk, Burgtor, Waldhusen und St. Jürgen, auf denen Bestattungen stattfinden, und den nicht mehr für Neubestattungen genutzten Ehrenfriedhof. Die Ruhefrist für alle Verstorbenen, die älter sind als 6 Jahre, beträgt 20 Jahre, für jüngere Verstorbene 15 Jahre. Dies gilt sowohl für Erdbestattungen als auch für Urnenbeisetzungen. Nach Ablauf dieser Ruhefrist kann bei Wahlgrabstätten die Nutzungsdauer verlängert werden. Bei Reihen- oder Gemeinschaftsgrabstätten ist dies nicht möglich

 

Vorwerker Friedhof

Vom Spargelfeld zum größten Parkfriedhof

Es gibt wohl keinen Friedhof in Lübeck, der den Bestattenswünschen der Lübeckerinnen und Lübeck auf so vielfältige Weise Rechnung trägt wie der Vorwerker Friedhof. Vom traditionellen Sarggrab über Urnen- und Baumgräber bis hin zum Kolumbarium kann der Bereich Stadtgrün und Verkehr dort  beinahe jeden Wunsch nach einer individuellen Grabstätte erfüllen. Ein Besuch des Vorwerker Friedhofs muss aber nicht durch einen Trauerfall ausgelöst sein; auch der hohe Natur- und Erholungswert machen einen Besuch immer lohnenswert. Mit seinen alten Bäumen, den Landschaftsschutzgebieten in den Randbereichen und den vielfältig gestalteten Gräberfeldern für die Opfer beider Weltkriege wirkt der größte Friedhof der Stadt heute mehr denn je wie ein internationaler Park. Im Gegensatz zum Burgtorfriedhof gibt es auf dem Vorwerker Friedhof keine Mausoleen, jedoch eine geringe Anzahl von Gruften. Auch ansonsten sind herausragende Grabmale eher rar. Hervorzuheben ist hier nur das einzige auf dem Vorwerker Friedhof unter Denkmalschutz stehende Grabmal der Schweizer Familie Hefti.

Größe:                                     53 ha
Grabstätten:                           49,598
davon Kriegsgräber:              2.678
davon Ehrengräber:              1 
Mustergrabfeld am Eingang 2

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Burgtorfriedhof

Namhafte Bürger-Geschichte

Besonders bemerkenswert auf dem Burgtor-Friedhof sind die teils luxuriös gestalteten Mausoleen, Grüfte und Grabdenkmäler. Es heißt, eine Familie sei in Lübeck erst „eingesessen“, wenn sie ihre Verstorbenen mindestens zwei Generationen auf dem Burgtor-Friedhof bestattet habe. Über einhundert prominente Bürgerinnen und Bürger der Hansestadt fanden dort ihre letzte Ruhestätte. Dazu zählen auch achtzehn Mitglieder der Familie Mann. Dreizehn Persönlichkeiten, die Lübecks Entwicklung maßgeblich gefördert haben, widmete die Hansestadt auf dem Burgtor-Friedhof ein Ehrengrab – darunter dem Unternehmer und Stiftungsgründer Emil Possehl.

 Der Burgtorfriedhof erstreckt sich zwischen Eschenburgstraße, Travemünder Allee und Sandberg. Vom Nebeneingang am Sandberg blickt man auf den gegenüberliegenden Eingang zum Ehrenfriedhof. Der Burgtor-Friedhof ist die erste Adresse unter den Lübecker Friedhöfen, wenn es um prestigeträchtige Bestattungen geht.  Er gilt in der jüngsten Vergangenheit als prominentester und einer der beliebtesten Friedhöfe der Hansestadt Lübeck.

Größe:                                    8 ha
Grabstätten:                          8.697
davon Kriegsgräber:             4
davon Ehrengräber:             13

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Friedhof Waldhusen

Von der Sandwüste zum Park

1909 ist die Industrialisierung auch in Lübeck in vollem Gang. Da schenkt der Hofbesitzer Wilhelm Eggers aus Dänischburg der stark wachsenden Gemeinde Kücknitz eine stillgelegte Kiesgrube am Rande des Waldhusener Forsts. In dieser Sandwüste legt Erwin Barth, der spätere Professor für Gartenkunst in Berlin, einen Waldfriedhof an: mit einem üppigen Baumbestand, zwei Wald-Rundwegen und zahlreichen Wasserflächen – darunter auch drei Naturteiche. Heute ist der Waldhusener Friedhof buchstäblich zu einer bewaldeten Parklandschaft mit altem Baumbestand herangewachsen. 

Das ursprüngliche Relief des Geländes kann man übrigens immer noch erfassen. Kenner behaupten, der Waldhusener Friedhof sei einer der schönsten Friedhöfe  Norddeutschlands.


Größe:                           22 ha
Grabstätten:                 8.883
davon Kriegsgräber:    171

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Friedhof St. Jürgen

Mitte des 13. Jahrhunderts, gegen 1240, wurde vor dem Mühlentor ein Krankenhaus zur Pflege und Unterbringung  der Leprakranken erbaut. Siechenhäuser für Leprakranke waren dem Schutzpatron der Leprakranken, dem Heiligen Georg (niederdeutsch St. Jürgen) gewidmet. Gut ein Jahr- hundert später, 1341, errichtete man die erste St.-Jürgen- Kapelle. Ihr Grundriss war rechteckig mit abgetrepptem Westgiebel und einfachem Chor. Nach und nach wurde die Ausstattung der Kapelle immer aufwendiger. 1493 wurde ein bleigedeckter Dachreiter mit vergoldetem Knauf aufgesetzt.

Der Maler und Bildschnitzer Henning van der Heide schuf 1504 die St.-Jürgen-Gruppe, die heute im St.-Annen Museum ausgestellt ist.

Als 1534 die Soldaten des dänischen Herzogs Christian Lübeck bedrohten, riss man die St.-Jürgen-Kapelle das erste Mal ab, um den Truppen die Belagerung zu erschweren. Das Inventar der Kapelle wurde in Lübeck in Sicherheit gebracht. Nachdem die Gefahr vorüber war, erbaute man 1540 an derselben Stelle eine neue Kapelle. In der Folge wurde die Kapelle wegen der Erweiterung der Stadtbefestigung noch ein weiteres Mal abgerissen und der Friedhof verlegt.

Im Jahre 1645 wurde eine neue St.-Jürgen-Kapelle und der Friedhof an der Ratzeburger Allee errichtet. Die Einweihung fand am 31.08.1646 statt. Zeitgleich konnten ein neues Siechenhaus und ein Leichenhaus der Bestimmung übergeben  werden.  Die  vom  Stadtbaumeister Andreas Jaeger errichtete Backsteinkapelle besteht aus einem kreuzförmigen Backsteinzentralbau mit quadratischem Mitteljoch, vier Seitenjochen und verfügt über einen frei stehenden, hölzernen Glockenturm. Die Innenausstattung der Kapelle ist einfach. Die Platte für den Altar wurde aus einem alten Grabstein von 1391 gefertigt. Eine kleine geschnitzte Kreuzigungsgruppe stammt aus der Zeit um ca. 1500. Die 336 kg schwere Glocke wurde 1548 vom Glockengießer Kersten Middeldorp gegossen. Sie wird noch heute von Hand „gezogen“.

1795 wurde das erste Gräberbuch zur Regelung der Grabrechte angelegt. Der nördliche Teil ist der ältere Teil des St.-Jürgen-Friedhofs. Dort findet man mehrere große klassizistische Grabmale. Der dänische neoklassizistische Architekt und Raumausstatter Joseph Christian Lillie, der 1804 Direktor und Professor für Architektur, Perspektive und Geometrie an der „Freien Zeichenschule“ Lübeck wurde, gilt als ihr vermutlicher Schöpfer. Ein Grabmal wurde für den Kaufmann und Senator Hermann Haartmann († 1807) gefertigt, der das Sommerhaus von Lillie erbaute, in dem sich das heutige Standesamt befindet. Ein weiteres Grabmal wurde für den russisch-kaiserlichen Etatrat und Generalkonsul Alexis von Saposchnikoff († 1810) errichtet und ein drittes für Marc André Souchay († 1814). Lillie selbst verstarb 1827 in Lübeck und wurde auch auf dem St.-Jürgen- Friedhof bestattet. Sein Grab befindet sich hinter der Kapelle und wird heute von der Familie Kunkel genutzt.

Größe:             0,2 ha
Grabstätten:   389

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Ehrenfriedhof im lichten Wald des Sandbergs

Die Grundidee des städtischen Ehrenfriedhofs am Sandberg stammt von Harry Maasz. Er war von 1912 bis 1922 Leiter des Lübecker Gartenbauamts und bezeichnete sich selbst gerne als Gartenbaukünstler. An der Anlage des Ehrenfriedhofs lässt sich erkennen, wie Harry Maasz die Topografie der Landschaft in seine Gestaltungen einbezog. Eingebettet in das Gefälle des Sandbergs, verteilen sich rund 1.800 Gräber sowie mehrere Skulpturen auf einzelne Felder und Plätze. Es sind mal ovale, mal runde Waldlichtungen, die verschiedenen Opfergruppen gewidmet sind. Zentrum und Ursprung der Anlage ist seit 1915 das „ovale Feld“ – ein weites Rasenfeld mit Gedenktafeln.

Der Ehrenfriedhof ist die größte öffentliche Anlage, die Harry Maasz in Lübeck erschaffen hat. Er ist auch einer der Wenigen, der dort ein Nichtkriegsgrab erhalten hat. Es liegt am Ausgang des ersten Feldes.

Auf dem Ehrenfriedhof werden als einzigem der fünf städtischen Friedhöfe keine Bestattungen mehr vorgenommen. Er dient als reine Gedenkstätte und Mahnmal an die Opfer beider Weltkriege aus Lübeck und Hamburg und ist komplett mit Soldatengräbern, zivilen Kriegsopfern und Ehrenmalen belegt. Da es sich bei diesen Gräbern ausschließlich um Kriegsgräber im Sinne des Gräbergesetzes handelt, laufen die Nutzungsrechte nicht ab, und die Gräber werden unbegrenzt vom Bereich Stadtgrün und Verkehr der Hansestadt Lübeck gepflegt. Alljährlich am Volkstrauertag gedenken die Hinterbliebenen gemeinsam mit Vertretern des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge sowie Abgesandten der Hansestadt Lübeck und der politischen Parteien der Opfer.

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