Zwischen Ostsee, Wakenitz und der Trave besitzt Lübeck zahlreiche attraktive Erholungsgebiete. Hier kann man z.B. Wandern, Rad- sowie, Kanu fahren. Darüber hinaus laden außergewöhnliche Naturhighlights und besondere Veranstaltungsangebote dazu ein, Natur zu entdecken und zu erleben.
Vierbeinige Landschaftspfleger in ehemaliger Kiesgrube
Beweidung durch Heckrinder im Landschaftsschutzgebiet Dummersdorfer Feld ab 1. August 2023
Zur Wiederherstellung eines naturnahen Lebensraumes wurde die ehemalige Kiesgrube Possehl umzäunt und als Rinderweide hergerichtet. Die Weide befindet sich zwischen der Siedlung Kücknitz und dem Naturschutzgebiet Dummersdorfer Ufer.
Bewirtschaftet wird die Weide von dem direkt anliegenden Naturnah-Hof, ein kleiner Familienbetrieb mit Direktvermarktung. Damit die Heckrinder dieses Betriebs auf die Weidefläche geführt werden können, werden ab dem 1. August bislang offene Metalltore geschlossen und das Betreten der Flächen nicht mehr möglich sein. Auf der benachbarten Weide grasen bereits Longhorns eines anderen, ebenfalls ortsansässigen Landwirts. Heckrinder und Longhorns sind traditionelle Weiderassen, die für ihre Robustheit und Genügsamkeit bekannt sind.
Hinweise für ein friedliches Miteinander
Zwar können ab diesem Zeitpunkt die umzäunten Flächen nicht mehr betreten werden, das Wandern und das Beobachten der Tiere entlang eines zukünftig umgeleiteten Wanderwegs bleibt jedoch möglich. Um die Gefahr einer Verletzung durch die Tiere auszuschließen, werden Spaziergänger:innen und Erholungssuchende gebeten, sich an folgende Hinweise zu halten: ausreichend Abstand zu Mutterkühen und ihren Kälbern halten, da die Kühe einen ausgeprägten Mutterinstinkt haben und sie ihr Kalb deshalb vor jeder noch so kleinen Gefahr beschützen wollen, zum Beispiel einem sich nähernden Menschen. Außerdem weder die Wiesen zu betreten, noch über die Zäune zu klettern. Hundebesitzer:innen sind angehalten ihre Hunde unbedingt anzuleinen und nicht auf die Weideflächen laufen zu lassen.
Hintergrund
Der Abbau von Kies in der Grube der Firma Possehl Umweltschutz GmbH ist abgeschlossen und seit 2022 ist die Grube in eine naturschutzrechtliche Ausgleichsfläche überführt. Die Flächen wurden verfüllt und haben sich anschließend zu naturnahen Landschaften entwickelt. Ziel ist es nun, vor allem für Amphibien und Reptilien einen dauerhaften Lebensraum zu schaffen. Dazu gehören beispielsweise Laub- und Moorfrosch, Kammmolch und Knoblauchkröte sowie Zauneidechse. Besonderen Stellenwert hat die Wiederansiedelung der Wechselkröte (siehe Artenporträt). All diese Arten brauchen eine vielgestaltige Landschaft: vegetationsarme, besonnte und offene Flächen als Lebensraum, bewachsene Bereiche als Rückzugsort und Versteck sowie Teiche zur Vermehrung.
Auf dem Areal sind jedoch schnell viele Gehölze gewachsen und die geplante Weide droht vollständig zu verwildern. Hier sollen Rinder als natürliches Mähinstrument Abhilfe schaffen: Durch regelmäßigen Verbiss und Tritt sorgen die Weidetiere für ein offenes Grünland und ermöglichen damit ideale Lebensbedingungen für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten, so auch für die genannten Amphibien und Reptilien. Ausgewählte Gehölzbestände bleiben ausgezäunt und damit als Rückzugsorte für die Tiere erhalten.
Artenporträt Wechselkröte
Die Wechselkröte, deren wissenschaftlicher Name Bufotes viridis lautet, wurde gemäß dem Schriftstück „Naturgeschichte merkwürdiger Thiere“ (Peter Simon Dallas, 1777) zum ersten Mal um 1760 am Lübecker Stadtwall gesichtet und von dem Apotheker Johann Heinrich Edler beschrieben. Deshalb ist es für den hiesigen Naturschutz besonders bedauerlich, dass sie heutzutage eine in Deutschland vom Aussterben bedrohte Froschlurchart ist.
Die bis zu 9 cm große Kröte hat deutlich abgesetzte grünliche Flecken auf einem weißlich-grauen Rücken. Die Pupillen sind waagerecht und die Iris grün-gelb gefärbt. Ihren Namen verdankt die Wechselkröte wahrscheinlich ihrer Fähigkeit, ihre Körperkolorierung an die Umgebungsfarben anpassen zu können. Als Lebensraum bevorzugt die Kröte offene und sonnenintensive Trockenlandschaften mit lockerem, sandigem Boden sowie weitgehend vegetationsarme Gewässer.
Der starke Rückgang der Krötenpopulation ist auf menschliche Eingriffe in die Natur zurückzuführen: nächtlicher Autoverkehr auf Wegen zum Laichgewässer, Umgestaltung der Lebensräume wie z. B. Umnutzung von Tagebaurestlöchern zu großflächigen Seenlandschaften für eine intensive Freizeitnutzung oder Trockenlegung von Wiesen und Kleingewässern. Aus diesem Grund ist die Wechselkröte nach Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt und darf weder gefangen, verletzt noch getötet werden. Um die Krötenbestände deutlich zu vergrößern und diese Froschlurchart von der Liste der bedrohten Tierarten zu streichen, bedarf es dringend aktiver, gebietsübergreifender Hilfsprojekte. Eine dieser Rettungsmaßnahmen stellt unser Beweidungsprojekt mit seinen tierischen Helfern dar.