Stiftung erwirbt Teile der Pilgerherberge
In der Altstadt der Hansestadt Lübeck sind in dem Gebäude Große Gröpelgrube 8 bei Sanierungsarbeiten mittelalterliche Wandmalereien entdeckt worden.
Das Gebäude befindet sich auf einem Eckgrundstück, das von der Großen Gröpelgrube und dem Langen Lohberg eingefasst wird. Das Grundstück Gr. Gröpelgrube 8 wird 1360 als „neues Haus des Heiligen Geistes“ und 1361 als „Hospital St. Gertrud“ aufgeführt. 1362 wird von dem „Pilgerhaus hinter dem Heiligen-Geist-Hospital“ gesprochen.
Fest steht, dass an dieser Stelle seit 1363 eine Pilgerherberge eingerichtet war, die als Stiftung in enger Verbindung mit dem Heiligen-Geist-Hospital fungierte. 1816 beschloss der Rat der Hansestadt Lübeck die Herberge aufzugeben. Das Gebäude wurde sodann weitgehend baulich verändert; angrenzende Gebäudekomplexe z. T. vollständig abgerissen.
Das Haus Gr. Gröpelgrube 8 und einige angrenzende Gebäude (u.a. Langer Lohberg 2 und 4) wurden von einer Bauherrengemeinschaft als BGB- Gesellschaft gekauft, um dort eine soziale Wohnanlage einzurichten.
Als bekannt wurde, dass das Gebäude saniert werden sollte, wies die Denkmalpflege das Gebäude als einfaches Kulturdenkmal aus (Februar 2006). Unterdessen wurden nach Auszug der Mieter im Zuge der bauvorbereitenden Freilegungen das weitgehend erhaltene mittelalterliche Mauerwerk der Außenwände und daraufliegende Wandmalereien gefunden. Die Wandmalereien befinden sich, mit Ausnahme einer wohl barocken Rankenmalerei im östlichen Obergeschoss-Raum, alle im Erdgeschoss. Die Wandmalereien sind teilweise hervorragend erhalten, soweit sie nicht durch jüngere Einbauten und Fensterdurchbrüche verloren sind.
Die im Laufe des Sommers 2006 deutlich gewordene Befundlage hat die Denkmalpflege veranlasst, den Denkmalschutz für das Gebäude zu erweitern und es als eingetragenes Denkmal von besonderer Bedeutung auszuweisen.
Im Dezember 2006 ist die Stiftung auf die Problemsituation aufmerksam geworden. Mit einer Integration der kunst- und kulturhistorisch bedeutenden mittelalterlichen Wandmalerei in die bisherige private Planung der Wohneinheiten der Bauherrengemeinschaft wäre dieses historische Erbe für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich. Vor diesem Hintergrund und der Chance, wieder eine öffentlich sichtbare Verbindung zwischen dem Heiligen-Geist-Hospital und seinem ehemaligen Besitz und Eigentum herzustellen, hat die Stiftungsverwaltung den Weg über den Bereich Denkmalpflege zu der Bauherrengemeinschaft gesucht. Diese Eigentümergemeinschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts will mit dem Wohnprojekt soziale und ökologische Qualitäten ermöglichen. Insbesondere sollen nachbarschaftliche Unterstützung und gegenseitige Hilfe, die Kinderfreundlichkeit sowie das Zusammenleben von Jung und Alt gefördert werden. Dank Kooperationswillen und Interesse der Gemeinschaft, zusätzlichen denkmalpflegerischen Mehraufwand („Einhausung“) zu kompensieren, hat diese sich bereit erklärt, einen Großteil der Erdgeschossfläche (2 bisherige Wohneinheiten) an die Stiftung HGH zu veräußern.
Ziel der Stiftung war es, die Räumlichkeiten mit den Wandmalereien zu erwerben und der Öffentlichkeit als Dokument der Kulturgeschichte der Stadt und des Heiligen-Geist-Hospitals zu präsentieren. Auch würde die Erhaltung und öffentliche Präsentation des außergewöhnlichen Fundes mit der „Pilgerhalle“ einen weiteren Schritt im Rahmen des UNESCO - Weltkulturerbes belegen.
Über Zuschnitte, Größe, Gestaltung des künftigen Eigentums der Stiftung ist mit der Eigentümergemeinschaft unter intensiver Beteiligung des Bereichs Denkmalpflege verhandelt worden. Die Räumlichkeit, eine Halle mit kleineren Nebengelassen wie Abstellraum und WC, ist seperatt von der Gr. Gröpelgrube zugänglich gemacht worden.
Das Nutzungskonzept sieht im ganz Wesentlichen eine Präsentation der Halle für die Öffentlichkeit vor. „Herr“ der Nutzungsbestimmung im Rahmen ihres Sondereigentums / Teileigentums ist die Eigentümerin, also die Stiftung. Eine Rücksichtnahme auf die Miteigentümergemeinschaft angesichts berechtigter Wohnqualitätsmaßstäbe steht dem nicht entgegen.
Nach Abschluss der zweijährigen Restaurierungsarbeiten an den Wandmalereien wurde die Halle am 16.03.2010 ihrer künftigen Bestimmung übergeben. Danken möchte die Stiftung der Possehl-Stiftung, dem Verband Frau und Kultur und dem Verein Lübecker Stadtführer, die durch Spenden die Restaurierungen mitfinanzierten.
Die Pilgerhalle kann unter Aufsicht und Verantwortlichkeit der organisierten Stadtführer Lübecks bzw. des vorhandenen Stiftungsangestellten (Hausmeister) besichtigt werden. Die Öffnungszeiten gleichen denen der Lübecker Museen und der Kirchenhalle des HGH (im Winter täglich außer Montags von 10.00 bis 16.00 Uhr, im Sommer bis 17.00 Uhr).