Nachsorgender Bodenschutz bedeutet, Maßnahmen zu ergreifen, die einen belasteten Boden sanieren. Da es sich oft um Belastungen aus früheren Nutzungen handelt, spricht man allgemein auch von Altlastensanierung.
Altlasten lassen sich systematisch in Altablagerungen und kontaminierte Standorte: Altstandorte einteilen.
Die Entstehung altlastenverdächtiger Flächen ist in Lübeck eng mit der Industrialisierung seit Mitte/Ende des 19. Jahr- hunderts verknüpft. Oftmals wurden umwelt- und gesundheitsgefährdende Stoffe ohne Beschränkungen hergestellt, benutzt, gelagert oder entsorgt. Seinerzeit wurde die Gefährlichkeit vieler Stoffe nicht ernstgenommen oder ihre Toxi- zität war nicht bekannt. Auch besondere Vorkommnisse in den beiden Weltkriegen, wie auch Unfälle und Havarien sind dabei nicht außer Acht zu lassen.
Bild: Altablagerung: Deponie in der Geniner Dorfstraße in den 1960er Jahren
Deponie Ihlenberg – Eine Gefahr für das Grundwasser?
Die in Mecklenburg-Vorpommern gelegene Deponie Ihlenberg, früher auch bekannt unter dem Namen Deponie Schönberg, wurde 1979 in Betrieb genommen. Es wurde dort Giftmüll aus ganz Europa abgelagert. Für die Altdeponie inkl. der Erweiterungsflächen besteht seit der Wiedervereinigung 1990 Bestandsschutz. Der Standort wurde nach DDR-Recht genehmigt und 1990 gemäß § 9a AbfG a.F. in gesamtdeutsches Recht überführt. Die Deponie ist zugelassen für die Ablagerung von „gefährlichen Abfällen“ gemäß Deponieklasse III (DepV).
Die Teilbereiche der Deponie, die zu DDR-Zeiten errichtet wurden, verfügen nicht über eine Basisabdichtung, die dem heutigen Stand der Technik entspricht. Ein Eintrag von Schadstoffen aus der Deponie über Sickerwässer in das Grundwasser kann daher nicht ausgeschlossen werden. Lokal wurden bereits Verunreinigungen des oberflächennahen Grundwassers im direkten Umfeld der Deponie nachgewiesen. Das Grund- und Oberflächenwasser im Nahbereich der Deponie wird durch die Betreiberin regelmäßig auf mögliche Verschlechterungen der Gewässereigenschaften überprüft. Weitere Verunreinigungen, die auf den Deponiebetrieb zurückzuführen sind, wurden bisher nicht festgestellt.
Eine Gefährdung des ca. 5 km weit entfernten Grundwasserkörpers aus dem Lübeck sein Trinkwasser gewinnt, ist sehr unwahrscheinlich, aber kann auch nicht vollständig ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund führt die Hansestadt Lübeck seit 1996 eigenständige Untersuchungen im Bereich zwischen der Deponie und der Landesgrenze durch. Hierzu wurden südöstlich der Traverinne mehrere Grundwassermessstellen errichtet und in mehreren Kampagnen untersucht.
Da auch ein Einfluss der Deponie auf die angrenzenden Oberflächengewässer nicht ausgeschlossen werden kann und diese u. a. mit der Wakenitz in Verbindung stehen, werden zusätzlich auch Oberflächengewässerproben analysiert.
Bisher konnte weder im Grundwasser noch in den Oberflächengewässern ein Deponieeinfluss nachgewiesen werden. Vereinzelte auffällige Befunde sind mit großer Wahrscheinlichkeit auf andere Ursachen zurückzuführen.
Die Monitoringkampagne 2021 wurden von der Technischen Hochschule Lübeck wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Der vollständige Untersuchungsbericht kann hier eingesehen werden:
Grundwasserqualität im Abstrom der Deponie Ihlenberg – Technische Hochschule Lübeck (04.2024)
Die nächste Untersuchung wird voraussichtlich 2026 durchgeführt.
Altstandorte
Flächen ehemaliger und auch aktueller umweltrelevanter Industrie- oder Gewerbestandorte, wie sie zahlreich z. B. in den historisch gewachsenen Gewerbegebieten in Kücknitz und Genin sowie den Hafenbereichen vorhanden sind, werden als Altstandorte bezeichnet. Nach §2 BBodSchG handelt es sich bei Altstandorten um „Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist“. Dies umfasst Standorte von der Holzimprägnierung über das Tanklager bis zum Hochofenwerk.
In Lübeck sind derzeit ca. 1.400 Standorte bekannt, auf denen eine altlastenrelevante Nutzung stattgefunden hat oder noch stattfindet (sogenannte „aktuelle Betriebe“). Davon konnten bisher rund 1.000 Standorte durch Recherchen und/oder Untersuchungen sowie Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen als „verdachtsentkräftet“ eingestuft werden Dies bedeutet, dass von diesen Standorten unter den gegebenen Bedingungen und für die aktuelle Nutzung keine Gefährdung ausgeht. Für die anderen ca. 400 Standorte ist eine schädliche Untergrundverunreinigung wahrscheinlich oder bereits nachgewiesen, sodass hier ein weiterer Handlungsbedarf erforderlich ist.
Altablagerungen
Zu den Altablagerungen zählen Standorte stillgelegter Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind. Bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts war es üblich, die entstandenen Abfälle meist ohne große Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Umweltmedien auf günstige Art und Weise zu entsorgen: Abkippen von Hausmüll, hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen und produktionsspezifischen Abfällen in Gruben, auf Halden oder zur Auffüllung von Geländesenken zur Landschaftsgestaltung (z.B. die „Deponie Lohmühle“). Diese Ablagerungen fanden nicht wie unter den heutigen üblichen hohen Sicherheitsstandards auf Deponien statt, weswegen meistens weder Basis- noch Oberflächenabdichtungen vorhanden sind. Dabei ist meist eine ungeordnete Ansammlung von Abfällen mit weitgehend unbekannter Zusammensetzung entstanden.
In Lübeck sind derzeit über 100 Altablagerungen bekannt. Die größten Altablagerungen in Lübeck sind z.B. die Altablagerungen „Geniner Dorfstraße“, „Gärtnergasse“, „Deponie Lohmühle“ und „Finkenberg“. Bis auf wenige Ausnahmen sind alle Altablagerungen abschließend erkundet, gesichert oder befinden sich in der Überwachung, so dass eine Gefährdung der Umwelt weitestgehend ausgeschlossen werden kann.
Die folgenden Luftbilder zeigen exemplarisch die Entwicklung der Deponie Lohmühle. In der ersten Aufnahme aus dem Jahr 1961 ist die Ausdehnung der Deponiefläche deutlich erkennbar. Die zweite Aufnahme, aus dem Jahr 2019, zeigt wie die ehemalige Deponiefläche vielfältig durch Sportflächen, Parkplätze und schulische Einrichtungen überbaut wurde. Im Jahre 1999 wurde eine gutachterliche Gefährdungsabschätzung erstellt und seit 1996 wird das Grundwasser in regelmäßigen Abständen untersucht und bewertet. Baumaßnahmen wie z.B. der Bau der Struckbachhalle oder der Emil-Possehl-Schule, werden im Vorwege mit der unteren Bodenschutzbehörde abgestimmt, um eine baubedingte Gefährdung des Menschen oder Grundwassers auszuschließen.
Es gibt zudem diverse kleinere, sogenannte „Bürgermeisterkippen“ (wilde Müllkippen). Häufig wurden auch Teiche und Abgrabungen wie Kies- und Tongruben mit Abfällen verfüllt. Da man früher erheblich geringere Einschränkungen und Schutzmaßnahmen für die Deponierung von Abfällen traf, wurden die größeren Altablagerungen von der unteren Bodenschutzbehörde detailliert auf Umweltauswirkungen untersucht und werden teilweise fortlaufend kontrolliert. Schadstoffbelastete Deponiesickerwässer können das Grundwasser verunreinigen, fehlende Abdeckungen können Gefahren für die menschliche Gesundheit hervorrufen und explosive Deponiegase wie Methan können in gefährlichen Konzentrationen auch jenseits der Deponiegrenzen austreten. Um eine Gefährdung der Umwelt und der Allgemeinheit durch Altablagerungen, auszuschließen, werden diese durch regelmäßige Untersuchungskampagnen überwacht. In einigen Fällen sind auch spezielle Sicherungsmaßnahmen, wie z. B. eine Bodenluft-Absaugung erforderlich.
Aerobisierung von Altablagerungen
In Altablagerungen wird bei der anaeroben Zersetzung von organischem Material Methan freigesetzt. Methan ist ca. 28x klimaschädlicher als CO2. Durch die Aerobisierung (passives oder aktives Einblasen von Luft in den Deponiekörper) wird das Methan zu CO2 umgesetzt und ist damit weniger klimaschädlich.
Ein vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördertes Projekt mit dem Titel „Erstellung einer Potenzialstudie zur Ermittlung von Treibhausgasminderungspotentialen der Deponie Lohmühle der Hansestadt Lübeck“ (Förderkennzeichen 67K20571) wurde Ende 2022 beauftragt und läuft bis Ende 2023. Die Konzeption sowie technische Durchführung der Potenzialstudie wird von der Firma Mull und Partner Ingenieurgesellschaft mbH umgesetzt. In Abbildung 1 ist der unbebaute, mit Gras bewachsene Abfallkörper der ehemaligen Deponie Lohmühle als flacher Hügel zu erkennen. Im Rahmen der Potenzialstudie werden vorhandene Informationen zur Altablagerung und Ergebnisse zum Deponieverhalten aufgearbeitet sowie Erkundungsbohrungen im Deponie- bzw. Abfallkörper und Abfallfeststoffuntersuchungen durchgeführt. Bei positivem Ergebnis der Potenzialstudie kann mit der Umsetzung entsprechender Maßnahmen zur Aerobisierung des Abfallkörpers begonnen werden. Auch diese Maßnahme wird unter bestimmten Voraussetzungen von der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) gefördert. Eine zweite Potenzialstudie für einen weiteren Standort soll in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden.
Mit der Nationalen Klimaschutzinitiative initiiert und fördert das Bundesumweltministerium seit 2008 zahlreiche Projekte, die einen Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen leisten. Ihre Programme und Projekte decken ein breites Spektrum an Klimaschutzaktivitäten ab: Von der Entwicklung langfristiger Strategien bis hin zu konkreten Hilfestellungen und investiven Fördermaßnahmen. Diese Vielfalt ist Garant für gute Ideen. Die Nationale Klimaschutzinitiative trägt zu einer Verankerung des Klimaschutzes vor Ort bei. Von ihr profitieren Verbraucherinnen und Verbraucher ebenso wie Unternehmen, Kommunen oder Bildungseinrichtungen.
Weitere Informationen zum Projektträger finden Sie unter: www.klimaschutz.de/kommunalrichtlinie