Hitzesensible Stadtentwicklung

Was tun wir als Stadtverwaltung?

Eine gutachterliche Untersuchung hat für Lübeck gezeigt, dass sich das Lokalklima in der Stadt deutlich vom unbebauten Umland unterscheidet und durch die vielfältigen Nutzungen geprägt wird. Die bebauten, innerstädtischen Flächen heizen sich im Vergleich zum Umland tagsüber stärker auf und geben nachts die Wärme nur sehr langsam wieder ab. Dementsprechend ist der Temperaturunterschied zwischen Stadt und Umland nachts größer als am Tag. Insbesondere die hochverdichteten und stark bebauten Quartiere sind davon betroffen. Darüber hinaus stellt das Gutachten wichtige Kaltluftleitbahnen dar und zeigt auf, welche Grün- und Freiflächen ausgleichend auf das Stadtklima wirken.

All diese Informationen sind wichtig für die Hitzevorsorge in Lübeck. Ziel der hitzesensiblen Stadtentwicklung ist, die Aufheizung von Stadtquartieren sowie der Innenräume von Gebäuden zu vermeiden oder zumindest zu mindern.

 

Stadtklimaanalyse Lübeck

Welche Bereiche heizen sich in Lübeck an heißen Sommertage besonders auf? Und wo befinden sich tagsüber kühlere Bereiche in der Stadt, beispielsweise Waldflächen? Wo sind wichtige Kaltluftleitbahnen, die kühlere Luft in die überhitzten Stadtquartiere bringen können? Diese und weitere Fragen beantwortet die neue Stadtklimaanalyse für die Hansestadt Lübeck. Sie setzt sich aus den folgenden Karten zusammen:

Weitere Informationen finden Sie in der Kurzfassung zur Stadtklimaanalyse.

Hitzespeicher Stadt

Im Gegensatz zu unbebauten Flächen im Umland heizen sich Siedlungsflächen tagsüber stärker auf und kühlen nachts deutlich langsamer ab. Ursache hierfür ist, dass die vielen versiegelten Flächen die einfallende Sonnenstrahlung tagsüber aufnehmen, diese speichern und sie als Wärmestrahlung zeitverzögert in der Nacht wieder abgeben. Dieser sogenannte Wärmeinsel-Effekt beträgt in Lübeck knapp 8° C und ist vor allem nachts zu spüren. Hinzu kommt, dass vor allem in den dicht bebauten Gebieten kühlende Grünflächen fehlen und die Windzirkulation durch die dichte Bebauung eingeschränkt ist. Das lässt sich gut an den Klimaanalysekarten ablesen: Vor allem die Lübecker Altstadt und die dicht bebauten Quartiere in St. Lorenz Nord und Süd sind im Sommer durch eine deutlich höhere Hitzebelastung geprägt. Dagegen bieten das Lauer Holz und die zahlreichen größeren Gewässer tagsüber kühlere Bereiche (siehe Abb. links). Nachts führt das dichte Kronendach im Wald jedoch dazu, dass sich der Wald nicht so stark abkühlt. Und auch die Gewässer speichern die Sonneneinstrahlung des Tages und sind nachts deutlich wärmer als die Lufttemperatur (siehe Abb. rechts).

Ausschnitt: Klimaanalysekarten der Hansestadt Lübeck: Tagsituation (GEO-NET Umweltconsulting GmbH im Auftrag der Hansestadt Lübeck)

Ausschnitt: Klimaanalysekarten der Hansestadt Lübeck: Nachtsituation (GEO-NET Umweltconsulting GmbH im Auftrag der Hansestadt Lübeck)

 

 

Maßnahmen der Stadtverwaltung

Hitzevorsorge kann in den Stadtquartieren insbesondere durch die Verschattung und Verdunstungskälte über Vegetation sowie durch kühle Luftströmungen in den Stadtquartieren und Gebäuden erreicht werden. Dabei helfen zum Beispiel Straßenbäume, Vegetationsflächen an und auf Gebäuden und in den Quartieren, eine verbesserte Wasserspeicherung der Böden sowie entsprechende Gebäudestellung bei Neubauten, die die Durchlüftung sicherstellt.

Um eine Überhitzung Lübecks zu vermeiden, setzt die Stadtverwaltung vor allem in den bioklimatisch stark belasteten Quartieren folgende Maßnahmen gezielt um:

Verbesserung der Durchlüftung in der Stadt, z. B. durch:

  • Sicherung, Entwicklung und Ausbau wichtiger Kaltluftleitbahnen
    Leitbahnen verbinden Kaltluftentstehungsgebiete am Stadtrand bzw. im Umland mit den bioklimatisch belasteten Quartieren in der Stadt. Sie sind elementarer Bestandteil des Luftaustausches zwischen kühlen Grün- und Freiflächen und der überwärmten Bebauung. Bereits kleine Barrieren können den Luftaustausch stören, z. B. Straßendämme, dichte Hecken oder Strauchpflanzungen, Lärmschutzwände, quer stehende Gebäude oder geschlossene Siedlungskörper.
  • Optimierung der Bebauungsstruktur und Gebäudeausrichtung im Neubau
    Um eine möglichst gute Durchlüftung sowohl von neuen Quartieren als auch von Bestandsquartieren zu gewährleisten, wird bei einer Neubebauung im Rahmen der Bebauungspläne geprüft, ob dies die geplante Gebäudeanordnung und -höhe gewährleistet oder ggf. entsprechend angepasst werden muss.

 

Verstärkte Durchgrünung der Stadt

Schaffung eines flächendeckenden grünen Netzwerks, das aus Vegetationsflächen und pflanzlichen Elementen unterschiedlicher Größe besteht – der grünen Infrastruktur. So werden zum einen Straßen, Plätze und Gebäude verschattet, zum anderen erzeugen die Pflanzen durch die Verdunstung des Wassers Verdunstungskühle. Zur grünen Infrastruktur zählen z. B.:

  • Stadt-Parks, Stadtteil-Parks und Stadt-Oasen
  • naturnahe Grünflächen
  • Stadt-Wege (Grünachsen, Grünzüge, Grünwege, begrünte Straßenräume)
  • Versickerungsflächen
  • Entsiegelung und Begrünung bisher befestigter Flächen, z.B. auf Schulhöfen
  • begrünte Dächer und Fassaden
  • Straßenbäume

 

Klimawandel und Baumsortimente der Zukunft – Stadtgrün 2025

Im Rahmen dieses Projektes wurden im ganzen Stadtgebiet der Hansestadt verteilt insgesamt 100 Bäume aus 20 verschiedenen Baumarten gepflanzt und über mehrere Jahre hinsichtlich ihres Wachstums und ihrer Gesundheit beobachtet. Zu den auswählten Baumarten gehören zum Beispiel Zerreiche, ungarische Eiche, Silberlinde, morgenländische Platane, südlicher Zürgelbaum und Perlschnurbaum. Ziel war es, Standorteigenschaften und Wachstumsparameter sowie Schäden durch Krankheiten bzw. Schädlinge sowie durch Trockenheit, Sonneneinstrahlung, Hitze und Kälte zu erfassen und mit den weiteren beteiligten Städten Erfahrungen auszutauschen. Auf Grundlage dieser Erfahrungen können zukünftig geeignete Baumarten gezielt ausgewählt und gepflanzt werden. Weitere Informationen finden Sie in diesem Flyer.

 

Kühlende Wirkung durch Wasserspiele

Wenn Wasser verdunstet, kühlt sich dadurch die Umgebungstemperatur ab. Daher sorgt die Stadt im Umfeld vorhandener Wärmeinseln für Abkühlung durch Wasserinstallationen und Wasserspielplätze. Diese befinden sich z.B. auf dem Klingenberg, am Anfang der Breiten Straße, auf dem Wasserspielplatz Kaisertor oder dem neu gestalteten Spielplatz im Drägerpark.

 

Trinkbrunnen und Refill-Stationen

In Lübeck gibt es  an mehreren Orten öffentliche Trinkwasserbrunnen. Darüber hinaus unterstützt die Stadt die ehrenamtlich getragenen Refill-Stationen. Alle Orte mit dem Refill-Aufkleber an der Tür stellen kostenfrei Leitungswasser zum Abfüllen bereit.

 

 

Wie erfolgt die Umsetzung?

Wo und in welcher Form eine hitzesensible Stadtentwicklung am besten umzusetzen ist, zeigt die Planungshinweiskarte. Aus der Karte lassen sich Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen zur Verbesserung des Stadtklimas ableiten und die Auswirkungen von Nutzungsänderungen bewerten. Damit möchte man gute bioklimatische Verhältnisse sichern, entwickeln und wiederherstellen. Für die Stadtentwicklung ist die Stadtklimaanalyse daher eine wichtige Abwägungs-Grundlage.

Die Maßnahmen zur Hitzevorsorge werden insbesondere bei der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans, bei der Aufstellung von Bebauungsplänen sowie der Erstellung des Thematischen Landschaftsplans „Anpassung an den Klimawandel“ berücksichtigt. So werden z.B. im Rahmen des Bebauungsplan-Verfahrens entsprechende Festsetzungen vorgesehen, die z. B. konkrete Vorgaben zur Dach- und/oder Fassadenbegrünung, zur Pflanzung von Straßenbäumen oder zur Gestaltung von Grün- und Wasserflächen festlegen. Zudem wird derzeit eine Checkliste zur Überprüfung von Planungen hinsichtlich der Hitzevorsorge sowie der Überflutungsvorsorge bei Starkregen erarbeitet.

 

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