Kanzleigebäude

Was macht der Amtsschimmel im "Bullenstall"?

Nördlich des Lübecker Rathauses befindet sich das sogenannte Kanzleigebäude, damals Schriverie. Es wurde 1485 im gotischen Stil gebaut. Die Bauphase betrug fünf Jahre. In den Jahren 1588 und 1614 wurde das Gebäude bis hin zur Mengstraße erweitert. Es war der Sitz der Notare und Ratsschreiber. Sie führten von 1277 bis 1863 das Niederstadtbuch, das heute eine bedeutende Geschichtsquelle darstellt.

Im Inneren des Kanzleigebäudes befindet sich der "Renaissance-Saal" von 1612/1615, die ehemalige "Kommissionsstube" (Gerichtssaal) mit reicher Vertäfelung von Tönnies Evers d.J.
In den bis 1818 offenen Arkaden des Untergeschosses befanden sich Buden, in denen Pelzer und Schuster ihre Geschäfte und Werkstätten hatten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befanden sich im Kanzleigebäude unter anderem das Pass- und Stempelamt, die Registratur mit dem Staatsarchiv und das Amtszimmer der Bierprobe.

Später diente das Bauwerk als Polizeiwache, zu der auch ein kleines Gefängnis gehörte, der "Bullenstall" genannt. Über der Hasenpforte an der Ostseite des Gebäudes befindet sich ein Erkerfenster. In dem dazugehörigen Raum hatte der Polizeisenator seinen Sitz.

In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Kanzleigebäude renoviert. Dabei entstand der von Asmus Jessen gestaltete Klinker-Fußboden sowie die Ausmalung eines Saals im Obergeschoss mit Adlermotiven.

Im Kanzleigebäude befand sich die Touristeninformation und das Presseamt der Hansestadt Lübeck. Nun ist im Obergeschoss ein Café, sowie ein Literaturcafé, welche mit dem Buddenbrookhaus gegenüber in der Mengstraße zusammenarbeitet. Außerdem wurde ein Teil des Obergeschosses für Büroflächen genutzt. Im Untergeschoss haben Ende 2005 nach der Wiederöffnung und Verglasung der Arkaden an der Ostseite einige Geschäfte eröffnet. Die Pläne für diesen Umbau stammen von Klaus Mai. An der Westseite befindet sich ein ca. 50 Meter langer Arkaden-Gang, der entlang des Chors der Lübecker Marienkirche zur Nordseite des Rathauses führt.

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