Mit dem neuen Hafenentwicklungsplan geht es darum, das Schiff Hansestadt Lübeck auf Kurs zu bringen. Auf einen Kurs, der dem Hafen wie in der traditionsreichen Vergangenheit auch in Zukunft seine Bedeutung als wichtiger Wirtschaftsfaktor sichert, den weiteren Ausbau ermöglicht und den Hafen für die zukünftigen Anforderungen wappnet. Zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger und zur Stärkung der Unternehmen; somit zur Sicherung und Förderung des Wirtschaftstandortes Lübeck.
Was ist ein Hafenentwicklungsplan (HEP)?
Ein Hafenentwicklungsplan (HEP) beschreibt auf Basis von
Verkehrsprognosen,
Art, Anzahl und Größe künftig zu erwartender Schiffe,
vorhandener und zu erwartender Umschlagtechnik für die Be- und Entladung,
und anderer relevanter Randbedingungen (Unternehmens- und Marketingstrategie etc.),
den daraus resultierenden Bedarf an zukünftigen Hafenfazilitäten (Hafenfläche, Anleger und Umschlagtechnik) und befasst sich auch mit den Verkehrsanbindungen des Hafens.
Aufgrund des relativ langen zeitlichen Vorlaufs für Hafenausbaumaßnahmen mit Flächenvorsorge, Genehmigungsverfahren und Bau von Hafeninfra- und Hafensuprastruktur erstreckt sich der HEP auf einen relativ langen Planungshorizont von 10 bis 20 Jahren. Neben wirtschaftlichen Interessen müssen ökologische Belange und konkurrierende Stadtentwicklungskonzepte in den HEP einfließen.
Ziel des HEP: Erhalt und/oder Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit des Lübecker Hafens. Dies steht in direktem Zusammenhang mit der langfristigen Sicherung verschiedener Arbeitsplätze und der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, der Sicherung von Steuereinnahmen, dem Erhalt und dem Ausbau von Handlungsbeziehungen sowie den Transportverflechtungen des Lübecker Hafens mit Zentraleuropa und dem skandinavischen, baltischen und russischen Raum. Durch Sicherung der erforderlichen langfristigen Entwicklungsperspektiven im Kontext der Stadtentwicklung (u.a. Flächennutzungsplan der Hansestadt Lübeck).
Randbedingungen und Ausgangslage 1 - Seeverkehrsprognose
Es liegen die ersten Ergebnisse aus der Verkehrsverflechtungsprognose 2030, hier: Los 2 – Seeverkehrsprognose – Eckwerte der Hafenumschlagsprognose, des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung u.a. für die deutschen Ostseehäfen bis 2030 im Rahmen der Bearbeitung des neuen Bundesverkehrswegeplanes 2015 (BVWP) vor. Es ist zu prüfen, was die Umschlagprognose für den Port of Lübeck bedeutet.
Ergebnis:
Anhand der Prognosezahlen wird ein jährlicher Umschlagzuwachs/ein Umschlagpotenzial für den Port of Lübeck von 2,3% mit einem letztendlichen Umschlagvolumen von rd. 28 Mio. t (ohne Eigengewichte = rd. 40 Mio. t inkl. Eigengewichte) für 2030 ausgewiesen.
Randbedingungen und Ausgangslage 2 - letzter HEP (1996)
Die Hafenstandorte wurden weitestgehend dem HEP von 1996 entsprechend entwickelt - mit Ausnahme des Hafenstandortes Teerhofinsel. Da die Veröffentlichung des alten HEP schon 23 Jahre her ist, bedarf es nunmehr einer Überprüfung der zukünftig notwendigen Hafenkapazitäten.
Randbedingungen und Ausgangslage 3 – feste Fehmarnbelt-Querung (FFBQ)
Der Bau der festen Fehmarnbelt-Querung wird voraussichtlich bis 2030 inkl. der bahntechnischen Hinterlandanbindung auf deutscher Seite realisiert sein. Es ist somit zu prüfen, wie diese feste Querung in die hafenstrategische Ausrichtung zu integrieren ist.
Inhaltliche fachliche Bearbeitung untergliedert in 4 Blöcke (s. Schaubild).
Die inhaltliche Bearbeitung der identifizierten Handlungsfelder erfolgt über die Grundlagenermittlung und insbesondere über die Grundlagengutachten aus Block 2. Dann über die Bestandserfassung und Grundlagenermittlung und der Naturraumbewertung zum fachlichen HEP über die Konsultationsphase mit der Arbeitsgruppe Hafenentwicklung und der Bürgerbeteiligung über die Stadtteilworkshops im Rahmen LübecküberMorgen zur BÜ-Vorlage.
Relevante Schiffstypen (RoRo-Schiffe, RoPax-Schiffe, ConRo-Schiffe, Container-Feeder-Schiffe, Kreuzfahrtschiffe, Küstenmotorgüterschiffe (Kümo)) wurden im Rahmen der Untersuchung betrachtet. Sie stellen 99 % der Lübeck-relevanten Schiffstypen dar. Die Entwicklung der maximalen Schiffsparameter wurden aus extrapolierten Trendfunktionen der bislang gebauten und vornehmlich im Nordsee/Ostsee-Einsatz befindlichen Schiffe der letzten 2 Jahrzehnte und unter Berücksichtigung und gutachterlichen Bewertung der relevanten Randbedingungen pro Fahrtgebiet in Form von Korrekturfaktoren bestimmt. Als Ergebnis sind pro Schiffstyp entsprechende Schiffslängen, -breiten, tiefgänge und Ladungsvolumen berechnet worden, die durchschnittlich rund 30 % über den aktuellen Werten liegen. Die Auswirkungen werden in der HEP-Bearbeitung auf die einzelnen Hafenterminalstandorte und auf die Bundeswasserstraße Trave ermittelt und bestimmt.
Der Lübecker Hafen setzt sich aus Umschlaganlagen an 17 Standorten mit insgesamt 20 Einzelterminals zusammen. Umgeschlagen werden Stück-, Schütt- und Flüssiggüter. Für den Umschlag werden unterschiedliche Umschlagtechnologien genutzt. Mit den erarbeiteten Ergebnissen dieses Gutachtens kennt die LPA die aktuelle Kapazität des Hafenstandorts Lübeck für die derzeit stattfindenden Umschlagaktivitäten. Unter Berücksichtigung der bereits ausgewiesenen Erweiterungsflächen scheint die in der aktuellen Seeverkehrsprognose für den Lübecker Hafen ermittelte Transportmenge von 28 Mio. t (netto) im Jahr 2030 auf den vorhandenen Terminals theoretisch mengenmäßig darstellbar.
Offen bleibt aber die Passfähigkeit der vorhandenen Terminals und ihrer ausgewiesenen Erweiterungsflächen nach möglichen Veränderungen in der Ladungsstruktur (wie z.B. eine positive Entwicklung des Containerumschlags), der technischen Rahmenbedingungen des See- und Landverkehrs (wie die Auswirkungen der prognostizierten Schiffsgrößen oder die logistischen Zwangspunkte zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit des Lübecker Hafen) sowie der Umschlag- und Lagertechnologien in den Terminals. Die Beantwortung dieser Fragen wird wesentlicher Bestandteil der Fortschreibung des Hafenentwicklungsplanes im Block 4 sein.
Für den Hafenstandort Lübeck wurde auf Basis der Seeverkehrsprognose eine Fortschreibung aufgestellt. Hierbei sind die Lübeck spezifischen Randbedingungen stärker in den Fokus gerückt, die auch anhand der Ergebnisse der anderen Grundlagengutachten erarbeitet wurden. Basierend auf der realen Umschlagentwicklung der letzten 5 Jahre von 2011 bis 2015 sowie den Ergebnissen zu zukünftigen Wachstumsbereichen und Ladungsträgerstrukturen wurde eine bessere Einschätzungsmöglichkeit der neuen Hafenumschlagprognose für den Hafenstandort Lübeck erarbeitet. In den nächsten 5 Jahren wird in der Eurozone nur ein sehr langsames Wachstum erwartet - insbesondere im Ostseeraum vor dem Hintergrund, dass Finnland bereits die letzten drei Jahre in Folge ein negatives Wirtschaftswachstum verzeichnen musste und sich auch die Russlandkrise zusätzlich negativ auf die Umschlagergebnisse auswirkt. So lag der Umschlag des Port of Lübeck Ende 2015 um knapp 13% unter dem prognostizierten Wert aus der Seeverkehrsprognose des Bundes, was neben den bereits benannten Gründen auch auf wettbewerbsbedingte Verluste von Umschlagvolumen zurückzuführen ist. Dies wirft die Frage auf, ob der in der Seeverkehrsprognose prognostizierte Umschlag von 28 Mio. t (netto) im Jahr 2030 vom Port of Lübeck realistisch ist? In 6 Szenarien wurde nun im Grundlagengutachten 3 eine Aktualisierung der Seeverkehrsprognose vorgenommen. Der Gutachter empfiehlt in seinem Fazit für den Port of Lübeck eine Umschlagentwicklung bis 2030 zwischen 22,4 Mio. t bis 25,7 Mio. t (netto) zu berücksichtigen (Szenario 5 oder 6). Beide Szenarien berücksichtigen eine Feste Fehmarnbelt-Querung mit vollfunktionsfähigen Hinterlandanbindungen sowie wahlweise einen oder keinem wesentlichen Wachstumseffekt im Russland- und Baltikumverkehr. Bericht zum Grundlagengutachten 3
Nach den ermittelten Ergebnissen des Grundlagengutachtens 4 wird es kein adäquates Wachstum geben, sondern sich der Umschlag auf dem status quo bis 2030 halten bzw. an dem status quo orientieren.
Für den ohnehin in den letzten Jahren boomenden kombinierten bzw. intermodalen Verkehr sollen sich die Ladeeinheiten im besten Fall bezogen auf das Basisjahr 2014 mit 88.177 Einheiten auf 212.030 Einheiten verbessern und im ungünstigsten Fall noch auf 178.587 Einheiten bis zum Prognosehorizont 2030 wachsen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Lübecker Schienennetz und die Hinterlandanbindungen insbesondere im Knotenpunkt Hamburg bzw. über alternative Gleisstrecken wie Lübeck-Bad Kleinen oder Lübeck-Lüneburg gestärkt werden. Daneben sind die bestehenden KV-Kapazitäten stufenweise auszubauen, ganzzuglange Gleise im Bereich Dänischburg-Siems zu schaffen und der Bahnhof Skandinavienkai mit dem Bau von drei zuglangen Gleisen zu optimieren. Diese Ergebnisse werden in die HEP-Bearbeitung des Blocks 4 mit einfließen. Bericht zum Grundlagengutachten 5
Im Rahmen von Recherchen zu Entwicklungstrends wurde u. a. untersucht und bewertet, welchen Anteil der Container als Ladungsträger im Lübecker Hafen einnimmt und wie viel zugehörige Infrastruktur für reine Containerdienste (LoLo-Container) zukünftig benötigt werden. Der Anteil der Container im innereuropäischen Verkehr wird zunehmen. Um Lübeck als Short Sea Shipping Standort positionieren zu können, ist die Verfügbarkeit von Krananlagen und eine leistungsstarke Schienenanbindung von großer Bedeutung. Soweit die Leistungsfähigkeit des Bahnumschlags durch eine entsprechende Supra- und Infrastruktur gegeben ist, könnte der Umschlaganteil im LoLo-Containerverkehr bezogen auf das Basisjahr 2014 um fast 600% bis zum Jahr 2030 gesteigert werden.
Lübeckspezifisch basierend auf Expertengesprächen wird erwartet, dass sich die Handelsbeziehungen zu Russland mittel- bis langfristig verbessern und insbesondere Lebensmittel aus Westeuropa in Russland wie in den Baltischen Staaten stark nachgefragt werden. Aufgrund von Marktpotenzialen insbesondere im RoRo, LoLo-Containerumschlag, bei Projektladung, Stückgutumschlag und Lebensmittellogistik wird empfohlen, die Umschlagpotenziale auf die zukünftige Ladungsträgerstruktur zu übertragen, in Kooperation mit Spediteuren und Reedern Logistikketten aufzubauen und die notwendige Infra- und Suprastruktur vorzuhalten. So kann das ohnehin führende Premiumprodukt RoRo ausgebaut und die Volumina im kombinierten Verkehr deutlich gesteigert werden.
Eine in Betrieb befindliche FFBQ mit vollfunktionstüchtigen Hinterlandanbindungen – insbesondere für die Bahn – wird zu Veränderungen/Verlagerungen von Transportströmen zwischen den relevanten Märkten führen. Durch die Schaffung von Ansiedlungsmöglichkeiten bestimmter für den Wirtschaftsstandort Lübeck geeigneter logistischer Funktionen kann Lübeck mit seinem Hafen hiervon aber auch profitieren. Im Rahmen des Grundlagengutachtens 7 wurden diesbezüglich die Verfügbarkeit und Eignung von sogenannten Potenzialflächen für Gewerbe sowie die umliegenden Bereiche um die Hafenterminalstandorte untersucht und bewertet. Fazit ist hierbei, dass die Verfügbarkeit von für die Logistik geeigneten Gewerbeflächen derzeit knapp ist und hier Handlungsbedarf besteht.
Im Bearbeitungsblock 4 des HEP wurden alle Grundlagen und Ergebnisse zum HEP 2030 zusammengefasst. Als Ergebnis der Untersuchungen wurden Anpassungsbedarfe der Hafeninfrastruktur identifiziert. Diese münden teilweise in neuen Anordnungen der Terminals und Anleger. Da die Hansestadt Lübeck den Planungsprozess jedoch nicht allein auf Grundlage fachlicher Gutachten durchführen möchte, wurde eine breit aufgestellte Bürgerbeteiligung initiiert. Das beinhaltete die Teilnahme an den Stadtteilveranstaltungen, eine Umfrage zur Hafenentwicklung in Lübeck auf LÜBECK:überMORGEN sowie die Konsultation einer Arbeitsgruppe. Die AG Hafenentwicklung setzte sich aus verschiedenen Akteuren der maritimen Wirtschaft, Betreibern, Logistik, Hafennutzern, Umweltverbänden, Lübecker Bürger:innen und Bürgerinitiativen zusammen. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sind unter luebeck.de/de/stadtentwicklung/uebermorgen/hep/dialogprozess.html und dort unter Arbeitsgruppe Hafenentwicklung detailliert zusammengefasst.
Eine zukunftsgerechte und nachhaltige Hafenentwicklung beinhaltet auch eine Bewertung der Umweltauswirkungen auf die Natur und die Bevölkerung. Daher wurden begleitend Gutachten zur Bewertung der Lärm- und Luftschadstoffemissionen sowie der Wirkung auf Schutzgebiete und geschützte Arten durchgeführt.
Der HEP selbst, konnte mittlerweile zusammen mit allen Emissionsgutachten und dem Ergebnisbericht abgeschlossen werden, und befindet sich derzeit in der Abstimmung mit der Politik.