Veröffentlicht am 18.05.2023

Lübecker UNESCO-Antrag erfolgreich

Hansedokumente gehören jetzt zum „Gedächtnis der Welt“

Archiv der Hansestadt Lübeck, 7.1-3.1 Anglicana 275: Mit dieser Prunkurkunde bestätigte der neue englische König Edward VI. 1547 sämtliche Rechte, die den hansischen Kaufleuten von seinen Vorgängern seit 1303 eingeräumt worden waren. Dies sollte die letzte umfängliche Privilegierung sein. Bald darauf wurden die hansischen Vorrechte in England zurückgefahren. Die historisierende E-Initiale zeigt die Aushändigung der verschriftlichten Privilegien durch den thronenden König. CC BY-NC-SA 4.0

Am heutigen Donnerstag, 18. Mai 2023, hat die Generaldirektorin der UNESCO in Paris bekanntgegeben, dass 17 Dokumente zur Geschichte der Hanse in das internationale Register des UNESCO-Programms „Memory of the World“ (Weltdokumentenerbe) eingetragen werden.

Damit wurde einem Antrag stattgegeben, den die Hansestadt Lübeck 2017 mit Unterstützung der Deutschen UNESCO-Kommission in Bonn erstellt hatte und der im November 2021 bei der UNESCO in Paris eingereicht worden ist. Es handelt sich um einen Gemeinschaftsantrag mit mehreren europäischen Partnern, initiiert und erarbeitet vom Archiv der Hansestadt Lübeck. Mit der Entscheidung werden insgesamt 17 Dokumente zur Geschichte der Hanse aus sechs Ländern in das Register eingeschrieben. Vertreten sind neben dem Archiv der Hansestadt Lübeck die Staats- bzw. Stadtarchive in Braunschweig, Bremen, Hamburg, Köln und Stralsund sowie Partnereinrichtungen in Belgien, Dänemark, Estland, Lettland und Polen.

Als UNESCO-Weltdokumentenerbe werden jetzt einzigartige Urkunden und Aufzeichnungen eingetragen: Handelsprivilegien und Bündnisverträge, Protokolle der Hansetage (Rezesse), Zoll-Listen aus Hansestädten, Kaufmannsbriefe hansischer Kaufleute sowie Dokumente zu den hansischen Kontoren auf dem Gebiet des heutigen Europa. Sie stehen exemplarisch für das Wesen und die Geschichte der Hanse, die über 600 Jahre die Geschichte Nordeuropas prägte. Insgesamt rund 200 Städte gehörten ihr im Laufe dieser Zeit an. Über herrschaftliche, kulturelle und sprachliche Grenzen hinweg formierten die Städte und Kaufleute ein weitgedehntes Handelsnetzwerk. Die hansischen Wirtschaftsbeziehungen führten auch zu kulturellem Austausch in Sprache und Architektur, Kunst und Recht. Dadurch beförderte die Hanse auch das vornationale Zusammenwachsen von Regionen und Menschen. In ihrer Gesamtheit dokumentieren die Archivdokumente das einzigartige historische Phänomen Hanse.

Dem Antrag gingen mehrjährige Beratungen mit Fachwissenschaftler:innen und Archivkolleg:innen aus dem In- und Ausland voraus. Das Lübecker Arbeitsteam um Archivdirektor Jan Lokers und den stellvertretenden Archivleiter Dominik Kuhn brachte Partner aus ganz Nordeuropa zusammen, die den deutsch-lübeckischen Antrag mitzeichneten. Auch „Mister Hanse“, der inzwischen verstorbene Hansehistoriker Rolf Hammel-Kiesow von der Forschungsstelle zur Geschichte der Hanse und des Ostseeraums (FGHO) am Europäischen Hansemuseum in Lübeck, gehörte zum Antragsteam.

„Das ist eine neue und großartige Auszeichnung für die Kulturstadt Lübeck“, sagt Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau. „1987 wurde mit der Hansestadt Lübeck in Nordeuropa erstmals ein ganzer Stadtbereich in die Welterbeliste der UNESCO eingeschrieben. Die jetzige Ehrung ist eine Würdigung des historischen Phänomens Hanse und seiner kulturverbindenden Funktion lange vor Entstehung einer europäischen Wertegemeinschaft.“ Lindenau ist auch Vormann der „Neuen Hanse“, dem 1980 gegründeten Internationale Städtebund, der fast 200 Mitglieder in 16 Ländern hat. Er sieht gerade in dem internationalen Ansatz den „Charme“ des Lübecker Antrags: „Ein Unternehmen ganz im Geist der Hanse – gemeinsam über Grenzen hinweg handeln“.

Lübecks Senatorin für Kultur und Bildung Monika Frank, zu deren Fachbereich auch das Stadtarchiv gehört, sagte unmittelbar nach Bekanntwerden der Entscheidung: „Für die Hansestadt ist dies eine kaum hoch genug einzuschätzende internationale Auszeichnung. Sie zeigt den ganz besonderen Stellenwert unseres Archivs, aber auch von Archiven generell. Archive sind Bewahrer lokaler und nationaler Identität und in Zeiten von Falschnachrichten und Verschwörungstheorien wichtiger denn je. Denn sie stehen für das Authentische. Und genau auch dies, den Wert der Archive, betont die UNESCO-Auszeichnung.“ Deshalb geht mit dem Status als Weltdokumentenerbe auch die Verpflichtung einher, die Dokumente zu bewahren und öffentlich zugänglich zu machen. 

Hoch erfreut über die UNESCO-Auszeichnung sind natürlich besonders auch die Lübecker Archivare Jan Lokers und Dominik Kuhn. Zumal diese genau passend zum 725-jährigen Jubiläum des Archivs kommt, das 1298 erstmals erwähnt wurde. Seither bewahrt und erschließt es zum Nutzen der Öffentlichkeit die für die nordeuropäische Geschichte wichtigen Dokumente zur Geschichte der Hanse und der Hansestadt.

Weitere Informationen zum Archiv der Hansestadt LÜbeck sind online abrufbar unter www.luebeck.de/archiv. +++