Veröffentlicht am 25.06.2020

Welterbe- und Gestaltungsbeirat berät Lübecker Bauprojekte per Videokonferenz

Architektenwettbewerb zur Entwicklung des ehemaligen Ford-Lorenzen-Gelände – Parkhaus Holstentor und Zukunft Beckergrube diskutiert

Die 60. Sitzung des Welterbe- und Gestaltungbeirats wurde bedingt durch die Kontaktbeschränkungen (Covid-19-Pandemie) am 4. und 5. Juni 2020 erstmalig in einem digitalen Umlaufverfahren mit Videokonferenzen nicht-öffentlich organisiert. „Der direkte Austausch mit den Kolleg:innen in Lübeck ist natürlich nicht zu ersetzen. Aber die Videokonferenzen haben doch erfreulich gut funktioniert“, äußert sich der Beiratsvorsitzende Prof. Springer positiv über die Organisation.

Im Fokus standen die Planungen des Finanzdienstleister Hypoport SE, der auf dem ehemaligen Ford Lorenzen Gelände am Lindenteller einen neuen Standort entwickeln möchte, der geplante Parkhausneubau am Holstentor sowie der Verkehrsversuch Beckergrube. Diesmal hat der Beirat keine konkreten Entwürfe diskutiert, sondern sich mit den Planungsprozessen und den planerischen Vorgaben befasst.

Wie gewohnt wurde fachlich intensiv diskutiert. So begrüßt der Beirat die Entwicklung der brachliegenden Flächen am Lindenteller, verdeutlicht aber zugleich, dass dem Ort als Eingangstor zur Lübecker Altstadt ein großes Gewicht zukommt. Es ist im Rahmen eines Wettbewerbs durch Architekten und Landschaftsplaner herauszuarbeiten, wie ein Campusgebäude mit attraktiven öffentlichen Freiflächen und einer Aktivierung des Uferbereichs zusammenzuführen ist. Seitens der Hypoport SE finden die Empfehlungen eine positive Resonanz. Der Wettbewerb soll möglichst noch dieses Jahr ausgelobt werden.

Kontrovers haben die Beiräte den Neubau des Parkhauses am Holstentor bewertet. Der Bauausschuss hat beschlossen, dass das Bestandsbauwerks aus bautechnischen und wirtschaftlichen Gründen durch einen Neubau zu ersetzen ist. Die Planungen der Stadt, hier weiterhin eine große Stellplatzzahl anzubieten, werden unterstützt. Es ist wichtig, dass zur Entlastung der Altstadt zukünftig attraktive Angebote für Autofahrer vorhanden sind. Gleichwohl wird das Vorhaben mit Blick auf die Gebäudehöhe kritisch bewertet. Eine Überschreitung der bisherigen Höhe des Bauwerks wird abgelehnt. Der Beirat begründet dies mit den wertvollen Sichtbeziehungen von den Wallanlagen auf die Altstadt, die es unbedingt zu bewahren gilt, und der Einhaltung eines angemessenen städtebaulichen Maßstabs gegenüber der Holstentorhalle.

„Architektonisch sind sowohl eine landschaftlich geprägte Entwurfsidee als auch ein autonomes Gebäude, in Analogie zu den typischen Neben- oder Lagergebäude auf den Wallhalbinseln, denkbar. Dass eine gute Lösung möglich ist, zeigt das heutige Parkhaus, welches durch die Ausbildung von Untergeschossen architektonisch gut gelöst ist und hierfür auch einen Architekturpreis erhalten hat“, erklärt Prof. Springer. Für die weiteren Planungen wird ein Wettbewerb empfohlen, in dem sich Architekten und Parkhausentwickler zusammenfinden. Außerdem ist es den Experten ein Anliegen, dass das Thema Mobilität grundlegend neu gedacht wird. Die Lage zwischen Hauptbahnhof und Altstadt verlangt geradezu einen „Mobility Hub“, der ein Spektrum an Mobilitätsleistungen mit Sharing-Modellen und Serviceangeboten vorhält.

In diesem Sinne erachtet der Beirat ebenfalls die städtischen Überlegungen zur Beckergrube zielführend. Der Stadtraum ist für das Experiment eines Verkehrsversuchs gut geeignet. Für die langfristige Neugestaltung ist der Stadtraum allerdings einer gestalterischen Gesamtregie zu unterwerfen. Eine kommerzielle Überformung sollte vermieden werden. Es wird der Stadt empfohlen, die Beckergrube alternativ zu denken und durch unterschiedliche Zonierungen die bestehende Linearität aufzubrechen. Die Straßenbreite erlaubt die Ausbildung von größeren Plätzen und kann verschiedene Möblierungen gut vertragen. Wichtig ist dem Beirat, dass keine „Vorgärten“ entstehen, sondern ein vernünftiges Verhältnis von Gastronomie und öffentlichen Freiflächen. Hierzu sind eine rechtlich gelingende und politisch getragene Idee für die Verkehrsregelung und die Fortsetzung der Beteiligungsmöglichkeiten entscheidende Voraussetzungen.

Für alle beratenen Vorhaben ist vereinbart, dass in den anstehenden Sitzungsterminen eine erneute Vorstellung angestrebt wird, um eine intensive Begleitung dieser für die Hansestadt Lübeck wichtigen Entwicklungen zu ermöglich. Die 61. Sitzung des Welterbe- und Gestaltungsbeirats ist für Anfang September geplant, dann hoffentlich wieder gemeinsam in Lübeck. +++