„Lebenshilfe und Lebenskunde vermitteln wir mit Sprache und Zuwendung. Die Hilfe der jungen Menschen steht im Vordergrund unserer Arbeit“, erklärt Stephan Ruscheck, Schulleiter der Gewerbeschule Nahrung und Gastronomie. Diese neue Schulklasse wurde durch die Hansestadt Lübeck mit einer Kombination aus Geldern des Landes und Geldern aus der kommunalen Schulsozialarbeit in enger Abstimmung mit dem Kooperationspartner Sprungtuch e.V. erstmals an einer Berufsschule in Lübeck möglich.
„Bislang hatten wir Einzelschicksale in verschiedenen Klassen, denen man nicht gerecht werden konnte. Nun haben wir die Nachfrage und neue Problematik erkannt und machen ein sozialpädagogisch-integratives Paket daraus“, beschreibt der Schulleiter. „Wir sind die erste Gewerbeschule in Lübeck, die junge Menschen mit unserem Berufsbild integrationsfähig machen und dieses Schulangebot als Chance für den Aufbau eines DaZ-Zentrums an Lübecker Berufsschulen nutzen will.“
Auch wenn das Schuljahr noch recht jung ist, zeichnet sich laut Aussage des Klassenlehrers bereits ab, dass eine Querversetzung während dieses Schuljahres möglich sein könnte, um zwei jungen Männern zum Sommer nächsten Jahres den Hauptschulabschluss zu ermöglichen. Sollten sich die deutschen Sprachkenntnisse zügig verbessern, freuen sich weitere Schüler von der Nachrückerliste auf diese Klasse und ihre Chance, eine Schul- und Berufsausbildung zu erhalten. „Es wäre viel erreicht, wenn es die Gleichstellung von Berufsschulpflichtigen und nicht Berufsschulpflichtigen mit Flüchtlingsstatus geben würde“, wünscht sich Schulleiter Ruscheck für seine zukünftige Gestaltung der Berufsvorbereitung. „Hier ist die Landesregierung in Kiel gefragt. Gerade an dieser Stelle kann dem Fachkräftemangel entgegengetreten werden und zwar durch Förderung motivierter junger Menschen, die bereits in Deutschland sind. Die gesetzlichen Hürden aus dem Weg zu räumen, wie Bayern dies vorbildlich getan hat, steht jetzt für Schleswig-Holstein an“, sagt Senatorin Annette Borns, „Die Hansestadt Lübeck hat als Partner ihre zuständigen Stellen in einer Arbeitsgruppe organisiert, um weitere konkrete Schritte zur Verbesserung der Lebenssituation junger Flüchtlinge zu gehen und ihnen eine Zukunft zu eröffnen.“
Hintergrund zu einigen Flüchtlingen: Nach dem Abitur in Afghanistan ist Ezatollah (24 J.) aus dem Militärdienst geflüchtet und seit 2012 alleine in Deutschland. Nach einer dreimonatigen Sprachschule in Lübeck und einem Test im interkulturellen Projekt der Handwerkskammer hatte der junge Mann beschlossen, in Deutschland zu bleiben. Eins möchte Ezatollah aber auf keinen Fall: im Kfz-Gewerbe arbeiten zu müssen, „denn mit Autos und Bomben hat er auf seiner Flucht viele negative Erfahrungen gemacht.“
Das Medizinstudium ist der große Wunsch der Ukrainerin Anna (16), die zusammen mit zwei Familienmitgliedern in diesem Jahr nach Deutschland kam. Sie wartet auf die Anerkennung ihrer Zeugnisse, um nach dem Schuljahr auf die gymnasiale Oberstufe wechseln zu können.
Im Herbst 2012 ist Hassan (15) aus Libyen über Italien mit dem Zug nach Lübeck gekommen. Nur vier Jahre hatte er in seinem Heimatland die Schule besucht und lernt nun nach der Basisstufe in der DaZ-Klasse (Deutsch als Zweisprache) an der Lutherschule die deutsche Sprache, um sich mit der neuen Lebenssituation langsam zurechtzufinden.
Hinweis: Bei Bedarf kann ein Foto zur Verfügung gestellt werden. BU: Einmal in der Woche lernen die Schüler der neuen DaZ-Klasse (auf dem Foto Hassan und Anna bei der Ausgabe) beim Praxistag im Bistro der Gewerbeschule für Nahrung und Gastronomie und können gleichzeitig ihre Deutschkenntnisse weiter verbessern.
Weitere Auskünfte erteilen: Schulleiter Stephan Ruscheck, Telefon 122-89 64; Abteilungsleiter Berufsvorbereitung, Henning Brusdeilins, Telefon 122-89 64; Bereichsleiter Schule und Sport, Friedrich Thorn, Telefon 122–40 10. +++