Beeindruckende Ansammlungen auf dem Dassower See zeigten neben den Schellenten in diesem Jahr auch mausernde Reiherenten (bis zu 5985 Vögel), Höckerschwäne (bis zu 991 Vögel), Tafelenten (bis zu 830 Vögel), Schwarzhalstaucher (bis zu 168 Vögel), Blessrallen (bis zu 116 Vögel) und Haubentaucher (bis zu 69 Vögel).
Insgesamt hat es auf dem Dassower See in den letzten Jahrzehnten eine fast kontinuierliche Zunahme der Mauserbestände gegeben. Während Vogelkundler vor dreißig Jahren noch von maximal 600 mausernden Schellenten ausgegangen waren, wurden 1989 schon 4000 und 1992 bis zu 5250 Vögel gezählt. Im Jahr 2006 hatte der Vogelkundler Rainer Schütt 6750 mausernde Schellenten festgestellt.
Der Grund für die Zunahme der Mauserbestände einzelner Wasservogelarten auf dem Dassower See ist derzeit noch unbekannt. Mausergewässer haben oft einen sehr großen Einzugsbereich. So sammeln sich zum Beispiel auf dem Dassower See sehr viel mehr Schellenten, als in ganz Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern brüten. In Schleswig-Holstein ging man 1999 von 450 Brutpaaren, in Mecklenburg- Vorpommern von 720 Brutpaaren aus. In Lübeck selbst brüteten bisher nur einzelne Paare. Die auf dem Dassower See mausernden Vögel müssen also größtenteils aus ferneren Brutgebieten wie zum Beispiel Skandinavien, Polen oder sogar Russland stammen. Dies zeigt die internationale Bedeutung, die der Dassower See für Wasservögel hat.
Dr. Ursula Kühn, kommissarische Leiterin des Bereichs Naturschutz der Hansestadt Lübeck, sieht in der erfreulichen Entwicklung auch ein Ergebnis erfolgreicher Naturschutzbemühungen: „Mausernde Wasservögel sind während ihres kräftezehrenden Gefiederwechsels zeitweise nicht flugfähig und deshalb sehr empfindlich gegenüber Störungen. Sie benötigen nahrungsreiche und vor allem störungsarme große Gewässer, um diese Zeit gut zu überstehen. Der Dassower See erfüllt diese Bedingungen aufgrund des Befahrungsverbotes und des guten Schutzes der Uferbereiche in idealer Weise. Außerdem liegt er an einem Knotenpunkt wichtiger Zugvogelwege. Daher ist der Dassower See nicht nur für mausernde Wasservögel im Sommerhalbjahr, sondern auch im Winterhalbjahr für durchziehende und überwinternde Wasservögel von internationaler Bedeutung. Es wurden hier schon Ansammlungen von mehr als 56 000 Wasservögeln gezählt.“
Der Dassower See ist mit seiner rund 800 Hektar großen Wasserfläche der sechstgrößte See Schleswig-Holsteins, obwohl er im eigentlichen Sinne eine Wiek der Traveförde ist, mit der er über einen rund 450 Meter breiten „Mündungsarm“ in Verbindung steht.
Eine Besonderheit des Dassower Sees ist seine geringe Wassertiefe, die größtenteils nur zwischen 2,20 und 3,20 Meter beträgt, so dass er bestens für den Nahrungserwerb von Tauchenten geeignet ist. Aber auch eine zweite Eigenschaft macht den Dassower See so bedeutsam für den Vogelschutz: Im Vergleich zu anderen Seen in Schleswig-Holstein unterliegt er nur sehr geringen Störeinwirkungen von außen, wie beispielsweise durch Bootsverkehr, Angeln, Baden oder Spazierengehen. So hat der Dassower See als Rast-, Mauser- und Überwinterungsgebiet für Wasservögel europaweite Bedeutung erlangt.
Der Dassower See wurde deshalb 1983 zum Naturschutzgebiet ausgewiesen und ist seit einigen Jahren vom Land Schleswig-Holstein auch als Teil des Vogelschutz- und FFH-Gebietes „Traveförde“ an die Europäische Kommission gemeldet worden. +++