Veröffentlicht am 22.01.2007

In Lübecks Gewässern leben wieder Fischotter

Der seltene Fischotter ist wieder in den Lübecker Gewässern zu Haus, braucht aber unsere Hilfe. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung, die die Diplomandin Janine Reimer von der Fachhochschule Osnabrück mit Unterstützung des städtischen Bereiches Naturschutz im vergangenen Jahr seit März durchgeführt hat.

Für Umweltsenator Thorsten Geißler sind die sympathischen „Neubürger“ Anlass zu Freude und Stolz: „Als Leitart für intakte, miteinander vernetzte Gewässer steht der Fischotter stellvertretend für eine ganze Lebensgemeinschaft und für ein funktionierendes Naturverbundsystem. Wenn wir etwas für den Fischotter tun, helfen wir damit auch vielen anderen gefährdeten Tieren und Pflanzen. Als Nebeneffekt wird auch der Wert unserer Landschaft für die naturnahe Erholung steigen.“

Die Fischotter waren seit den siebziger Jahren in Schleswig-Holstein nahezu ausgestorben und lange Zeit aus den Lübecker Gewässern verschwunden. Seit Ende der neunziger Jahre sind sie aber glücklicherweise wieder auf dem Vormarsch und auch nach Lübeck zurückgekehrt.

Bei ihren Untersuchungen fand Janine Reimer heraus, dass inzwischen erfreulich viele der Lübecker Gewässer von Fischottern genutzt werden. Insbesondere Dassower See, Untertrave, Schellbruch und Wakenitz haben sich als wertvolle Fischotter-Lebensräume erwiesen.

Frank Lammert, Leiter des Bereichs Naturschutz (Untere Naturschutzbehörde), spricht von einer kleinen Sensation. „Das Vorkommen von Fischottern ist eine Auszeichnung für eine Großstadt. Der Fischotter ist eine Galionsfigur des Naturschutzes und steht für saubere, fischreiche Gewässer mit natürlicher Ufervegetation. Wo er vorkommt, ist die Natur noch weitgehend in Ordnung. Dass Fischotter in vielen unserer Gewässer nachgewiesen wurden, zeigt, dass es in Lübeck Naturverbundachsen gibt, die nicht zuletzt auch für die Wohnqualität der Menschen wichtig sind“.

Dennoch können die Naturschützer noch keine Entwarnung geben. Denn trotz der in den letzten Jahren in einigen Regionen zu beobachtenden Wiederbesiedlungen ist der Fischotter europaweit immer noch sehr selten und in seinem Bestand gefährdet. Auch in Lübeck ist er wie in ganz Schleswig-Holstein weiterhin vom Aussterben bedroht.

Aufgrund der Untersuchungsergebnisse von Janine Reimer will die Lübecker Naturschutzbehörde nun gemeinsam mit den Landesbehörden Maßnahmen entwickeln und zur Diskussion stellen, um den Fischottern in Lübeck zu helfen. Dies könnten breitere Röhrichtbereiche oder neu geschaffene Altarmgewässer an der oberen Trave sein, Deckung gebende Weidengebüsche und sogenannte Otternstege zur Unterquerung gefährlicher Straßenbrücken.

Um die weitere Entwicklung des Otterbestands zu beobachten und den Erfolg der Schutzmaßnahmen überprüfen zu können, sollen nach Möglichkeit auch in Zukunft Ottervorkommen in Lübeck erfasst werden. Lammert: „Ein sogenanntes Monitoring ist für den Schutz des Fischotters sehr wichtig. Das heißt, dass wir über einen langen Zeitraum beobachten müssen, wie sich der Otterbestand entwickelt, und überprüfen, ob die Schutzmaßnahmen erfolgreich sind. Dafür sind wir auf ehrenamtliche Hilfe angewiesen. Vielleicht gelingt uns der Aufbau eines Netzwerks aus ehrenamtlichen Lübecker Spurensucherinnen und -suchern“.

Wer mehr über die Lübecker Fischotter erfahren möchte, dem bietet sich demnächst eine gute Gelegenheit: Am Donnerstag, 15. Februar 2007, um 19 Uhr wird Janine Reimer in einem Vortrag im Museum für Natur und Umwelt Lübeck über ihre Diplomarbeit berichten. Interessierte sind herzlich eingeladen. +++

Infokasten Fischotter

Der Fischotter (Lutra lutra) ist ein an das Wasserleben angepasstes Landraubtier aus der Familie der Marderartigen.

Die Tiere haben eine Größe von etwa 90 cm wovon durchschnittlich 40 cm auf den Schwanz entfallen. Er dient den Fischottern als Steuer- und Stabilisierungsorgan. Ausgewachsene Fischotter können ein Körpergewicht bis zu 12 kg erreichen. Die Zehen sind mit Schwimmhäuten verbunden. Der außerordentlich dichte Pelz des Fischotters mit bis zu 50.000 Haaren pro Quadratzentimeter bietet eine besonders wirkungsvolle Isolation gegen Kälte und Nässe.

Der bevorzugte Lebensraum des Fischotters sind flache Flüsse mit zugewachsenen Ufern und Überschwemmungsebenen. Er kommt aber mit allen Arten von stehenden und fließenden Gewässer zurecht, solange sie klar und fischreich sind und ihm ausreichend Versteckmöglichkeiten entlang der Ufer bieten.

Der Fischotter ist ein vorwiegend dämmerungs- und nachtaktives Tier. Wo er wenig beunruhigt wird, ist er auch am Tage unterwegs. Er kann auf seinen Jagdzügen viele Kilometer zurücklegen. Fischotter sind sehr spielfreudige Tiere, die ausgezeichnet schwimmen und bis zu acht Minuten lang und bis zu 18 Meter tief tauchen können.

Einen großen Teil seines Beutespektrums stellen Fische dar, wobei er überwiegend kleine Fischarten erbeutet und darunter langsame und geschwächte Tiere. Dem Fischotter kommt daher eine wichtige Rolle bei der Gesunderhaltung der Fischbestände zu. Auch andere Tiere werden vom Fischotter gejagt: Blesshühner, Enten, Bisamratten, Wasserratten, Frösche und Flusskrebse.

Fischotter sind überwiegend Einzelgänger. Die Weibchen besiedeln Reviere von bis zu sieben Kilometer Ausdehnung. Innerhalb der größeren Reviere der Männchen. In der Regel nutzen Sie hierzu bis zu 100 Meter breite Uferstreifen. Seine Anwesenheit verrät der Fischotter durch gut getarnte Ausstiege am Ufer, die zu typischen Pfaden, den so genannten Ottersteigen führen. Entlang dieser Pfade lassen sich Otterkot (Losung) sowie Beutereste finden. Auf schlammigem Untergrund oder in Schnee sieht man nicht nur die Trittspuren (Trittsiegel), auch die Schleifspur des Schwanzes ist erkennbar.

Der Bau wird in vorhandenen oder selbst gegrabenen Erdhöhlen der Uferböschung angelegt. Die Eingänge liegen hauptsächlich unter Wasser. Der Wohnkessel selber liegt über der Hochwassergrenze und ist mit einem Luftschacht versehen. Die Weibchen bringen in der Regel einmal im Jahr zwischen April und Juni ein bis drei Junge zur Welt. Nach 35 Tagen öffnen die Jungtiere die Augen. Bereits nach sechs Wochen verlassen sie zum ersten Mal den mit Moos ausgepolsterten Wohnkessel zum Schwimmen. Mit etwa neun Monaten sind Sie dann schon selbstständig. Die Geschlechtsreife erlangen Fischotter nach zwei bis drei Jahren. In der Natur leben Fischotter durchschnittlich 8 bis 13 Jahre lang.

Die wichtigsten Gefährdungs- und Todesursachen sind Lebensraumzerstörung, Verschmutzung der Gewässer, Nahrungsverknappung, Straßenverkehr und Fischreusen. Der Fischotter und seine Lebensräume sind heutzutage in ganz Europa gefährdet und nach den Naturschutzgesetzen streng geschützt.