Die neue Lübecker Kunsthalle St. Annen in Zahlen

Veröffentlicht am 30.05.2003

Die neue Lübecker Kunsthalle St. Annen in Zahlen

Die neue Lübecker Kunsthalle St. Annen in Zahlen

030412R 2003-05-30

Die am heutigen Freitag, 30. Mai, in Lübeck eröffnete Kunsthalle St. Annen als Erweiterung des St. Annen-Museums, ist ein Neubau auf und mit den Fragmenten der im Jahre 1843 abgebrannten Klosterkirche St. Annen, deren überkommene Reste - Umfassungswände, Pfeiler und Bögen - integriert wurden. Die Einbeziehung dieser Baureste und der Umgang mit der Baugeschichte machen den besonderen Reiz des Gebäudes aus, das von dem Archtitekturbüro Konermann, Pawlik, Siegmund, Hamburg/Lübeck, entworfen worden ist.

Foto, siehe http://www.luebeck.de/bilder_karten/fotoarchiv/images/Galerie.jpg


Der Neubau, dessen Entwurf das Ergebnis eines regional offenen Wettbewerbes vom Mai 1998 mit nationalen Zuladungen ist, bezieht sich auf vielfältige Art und Weise auf die historische Struktur der Kirche, die in ungewöhnlicher Weise in ihrer Breiten-, Längen- und Höhenentwicklung gegliedert war: sie war dreischiffig, fünf Joche waren durch einen sehr niedrigen Lettnerbogen getrennt, in Mittelschiffsbreite schloß sich ein schmaler Chor an. Die äußere Erscheinung war durch den schlichten Satteldachkubus der Hauptkirche und den schmalen, hohen Chor, der sich deutlich aus der Stadtsilhouette erhob, geprägt.


Der neue Baukörper transformiert diese Struktur sowohl in städtebaulich-baukörperlicher als auch in innenräumlicher Hinsicht und will so die Erinnerung an die historischen Zustände synthetisch mit den Anforderungen und Ansprüchen der neuen Nutzungen verbinden. Die alte Dreischiffigkeit wird außenräumlich-baukörperlich durch ein etwa 20 Meter hoch aufragendes Mittelschiff mit Ziegelfassade und die unterhalb der alten Umfassungswände endenden Seitenschiffe dargestellt. Innenräumlich wird sie invertiert: Entgegen der gewohnten Form sind die schmalen Seitenschiffe höher als das Mittelschiff. Dieser Kontrast wird durch Oberlichter über den Seitenschiffen noch überhöht. Der Weg in den Neubau erfolgt über einen durch das Kirchenhauptportal erschlossenen Innenhof, von dem aus der ehemalige Kirchenraum mit den noch vorhandenen Fragmenten in seiner Gesamtheit überschaubar ist.


Die Ruinenreste werden in den Neubau integriert, sie übernehmen wesentliche konstruktive Aufgaben und prägen unverkleidet und ungeschönt mit all ihren Zerstörungsspuren ganz entscheidend das Bild des Erdgeschosses. Alle neuen Bauteile dagegen werden in bewußt zurückhaltender Form modern gehalten: Hohe Ganzglasfassaden umgrenzen den Innenhof, rohe Betondecken und Industriefußböden, Sichtbetonwände (im Untergeschoß und Treppenhaus) oder wie Vorhänge „schwebende“ Gipskartonschalen (in den Obergeschossen) und anthrazithfarben gestrichenes Metall reduzieren die Sinnesreizungen in den Ausstellungsbereichen auf das mindeste.


Die innere Organisation des Neubaus ist einfach: In den eingeschossigen Seitenschiffen befinden sich die Servicezonen des Museums, im Mittelschiff über vier Ebenen (inklusive des Untergeschosses) die Ausstellungssäle, die durch einen freistehenden Erschließungsturm getrennt sind.


Trotz Wiederholung der immer gleichen Raumform unterscheiden sich die Ausstellungsbereiche geschoßweise hinsichtlich ihrer optischen Prägung: Das Untergeschoß ist ein Kunstlichtgeschoß mit Sichtbetonwänden, das Erdgeschoß lebt von den historischen Fragmenten, das erste Obergeschoß ist ebenfalls ein Kunstlichtgeschoß mit weißen Wänden und Sichtschlitz in Richtung Klosteranlage, das zweite Obergeschoß erhält Oberlicht über scharf geschnittene Sheds (sägezahnartige Dächer, bei denen eine Seite Fenster hat und die andere Seite geschlossen ist) und einen schmalen point de vue mit Blick über die Nachbardächer auf die Aegidienkirche.


Auch die nackten Zahlen dieses Neubaus sind beeindruckend: Die rund 1000 Quadratmeter Ausstellungsfläche erstrecken sich auf einer Bruttogrundrißfläche von gut 2000 Quadratmetern. Der Bruttorauminhalt beläuft sich auf 11 220 Kubikmeter. Bevor mit dem Bau der Kunsthalle St. Annen begonnen werden konnte, mußte 220 Kubikmeter altes Mauerwerk abgebrochen und 1800 Kubikmeter Boden ausgehoben werden. Um die historischen Fragmente zu retten und statisch in den Neubau integrieren zu können, wurden etwa 500 Kubikmeter Zementemulsion per Hochdruckinjektion eingesetzt. Die Sichtbetonwände und –decken erstrecken sich auf 2250 Quadratmeter, es wurden 57 000 neue Ziegelsteine eingefügt und auf 1000 Quadratmetern eine Fußbodenheizung eingebaut. Für die richtige Klimatisierung sorgen 800 Quadratmeter Deckenkühlung und ein Kilometer Lüftungsleitungen. Um die Kunstwerke ins passende Licht zu setzen, wurden 350 Leuchten angebracht, wobei der Strom in Kabeln fließt, die zusammengesetzt eine Länge von 21 Kilometern haben. +++