Veröffentlicht am 30.10.2020

Porträts des berühmten deutschen Malers Lucas Cranach d. Ä. (1472-1553)

Neuerwerbungen sind Highlights der Sammlung des St. Annen-Museums

Mit Mitteln aus einem Nachlass konnte das St. Annen-Museum aktuell zwei Werke von Lucas Cranach dem Älteren im deutschen Kunsthandel ankaufen und so seine hochkarätige Gemäldesammlung bedeutend erweitern. Bei den Werken handelt es sich um kleine, fein ausgearbeitete Bildnisse der Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon aus den Jahren 1525 und 1543. Die Porträts zählen ab sofort neben dem Memling-Altar zu den absoluten Highlights der Sammlung des St. Annen-Museums.

Nachdem durch ein großzügiges Erbe bereits mehrere Werke für die Sammlung des St. Annen-Museums erworben werden konnten, ist nun zum Abschluss dieser äußerst hochkarätige Ankauf gelungen. „Dieser Ankauf ergänzt in hervorragender Weise die Sammlung mittelalterlicher Kunstwerke des St. Annen-Museums. Damit unterstreicht das St. Annen-Museum seine bundesweite Bedeutung für die Kunst des Mittelalters.“, so Bürgermeister Jan Lindenau, Vorsitzender der Kulturstiftung Hansestadt Lübeck. „Ich danke Frau Dr. Täube dafür, dass Sie es geschafft hat, die Gemäldesammlung um zwei so herausragende Stücke zu erweitern. Das Museum gewinnt damit eine ganz neue Zukunftsperspektive.“, ergänzt Prof. Dr. Hans Wißkirchen, Leitender Direktor der Lübecker Museen.

„Es handelt sich um einen echten Coup“, freut sich Museumsleiterin Dr. Dagmar Täube. Lucas Cranach gilt mit Albrecht Dürer und Hans Holbein als wichtigster Maler der deutschen Renaissance. Das ältere der beiden kleinformatigen Gemälde von 1525 zeigt Martin Luther auf einem Rundbild, zu dem ehemals das heute verlorene Gegenstück mit Katharina von Bora gehörte. Den dargestellten Reformator und seinen Porträtisten verband eine enge Freundschaft. Lucas Cranach und seine Frau waren sogar Trauzeugen bei der Hochzeit Martin Luthers mit der ehemaligen Nonne Katharina von Bora am 13. Juni 1525. Die kleinen Porträts waren vermutlich das Hochzeitsgeschenk. Das Bildnis gehört – vermutlich als Erstes – zu einer Gruppe gleichartiger Porträts, die aufgrund ihrer hohen Qualität als eigenhändige Arbeiten von Lucas Cranach anerkannt wurden und die das Paar als Hochzeitsbilder weitergegeben und verschenkt hat. Weitere Ausführungen gibt es heute etwa im Lutherhaus Wittenberg und im Kunstmuseum Basel. Cranach malte die Bildnisse wohl eigenhändig in großer Zahl.

Eine Besonderheit des angekauften Werks gegenüber den anderen erhaltenen Bildnismedaillons ist seine leicht gesteigerte Größe bei einem Durchmesser von 12,5 cm und die feine Inschrift mit der Altersangabe „AETATIS SV 42 – JAR“, die nur hier zu finden ist. Lucas Cranach signierte die Tafel mit einer geflügelten Schlange, die er in Anlehnung an sein Wappen als Marken- oder Warenzeichen nutzte. Auch die Jahreszahl 1525 ist auf dem Gemälde angebracht. Mit den schlichten Rundbildern, deren Form an antike Münzen angelehnt ist, betont Cranach Luthers humanistische Gesinnung. Cranach schuf die ersten Rundbildnisse der deutschen Malerei. Die programmatische Absicht der Bildniskampagne des Reformators und seiner Frau lag darin, den bewussten Verstoß gegen das priesterliche Zölibat, das Luther ablehnte, in sichtbarer Form öffentlich zu bekunden.

Auch der Theologe und Humanist Philipp Melanchthon gehörte zu den zentralen Figuren der Reformation. Er lehrte über vierzig Jahre an der Universität Wittenberg und verfasste zahlreiche Schriften. Sein Porträt entstand 1543 in einer Reihe von Doppelbildnissen, die ihn und seinen engen Vertrauten Martin Luther zeigen. Auch in diesem Fall ist das zugehörige Gegenstück verloren. Lucas Cranach hat das Werk wohl unter Mithilfe von geübten Werkstattmitarbeitern gemalt. Im Vergleich mit weiteren Varianten von Melanchthon-Porträts gilt es als eines von besonders herausragender Qualität, die vor allem in der Darstellung von Gesicht und Haaren zum Tragen kommt. 1543 verfasste Melanchthon die für die Kölner Reformation bestimmte Grundordnung „Das einfältige Bedencken“, in der er eine von Luther abweichende Abendmahlslehre darlegt. Möglicherweise wurden die Doppelbildnisse aus der Wittenberger Cranach-Werkstatt im selben Jahr angefordert, um trotz unterschiedlicher Auffassungen in Detailfragen die Geschlossenheit der Reformatoren zu demonstrieren. Die Schlangensignatur Cranachs mit anliegenden Flügeln, die über der Schulter Melanchthons angebracht ist, fand in dieser Form seit 1537, dem Todesjahr von Cranach Sohn Hans, Verwendung.

Mit dem Ankauf der beiden Cranach-Porträts kann das St. Annen-Museum erneut seinen Rang als bedeutendes Kunstmuseum und einen seiner Sammlungsschwerpunkte entscheidend stärken. Neben der größten Sammlung norddeutscher Schnitzaltäre ist das Museum im Besitz einer kleinen, aber hochkarätigen Sammlung deutscher und niederländischer Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts, in die sich die beiden Tafeln hervorragend einfügen. Neben einem Porträt des Reformators Johannes Bugenhagen, der Luther und seine Frau vermählt und von 1530 bis 1531 in Lübeck die reformatorische Kirchenordnung ausgearbeitet hat, sind die beiden wichtigsten Vertreter der Reformation nun auch im Bestand des Museums präsent. Zur Sammlung deutscher Gemälde der Renaissance des St. Annen-Museums gehören darüber hinaus die Werke Hans Kemmers, dem „Cranach von Lübeck“. Er war im 16. Jahrhundert einer der wichtigsten Maler in Lübeck, nachdem er seine Gesellenjahre in der Werkstatt von Lucas Cranach d. Ä. verbracht hatte. Beide Meister haben maßgeblich die neuen Bildthemen der Reformation und der deutschen Renaissance geprägt. Zu diesem Thema ist für Herbst 2021 eine große Ausstellung mit dem Titel „Lucas Cranach d.Ä. und Hans Kemmer. Meistermaler der Reformation“ in Planung.

Technische Daten zu den beiden Neuerwerbungen des St. Annen-Museums:

1) Lucas Cranach d. Ä. (* 1472 in Kronach, † 1553 Weimar) Tondo mit dem Porträt Martin Luthers, 1525, Öl auf Holz, Durchmesser: 12,5 cm Signiert unten links mit geflügelter Schlange und datiert 1525

Inschrift: AETATIS SV 42 – JAR

2) Lucas Cranach d. Ä. und Werkstatt Porträt des Philipp Melanchthon, 1543, Öl auf Holz, Maße: 20,1 x 14,4 cm Signiert rechts über der Schulter mit schwarzem Schlangensignet mit liegenden Flügeln und datiert 1543

Weitere Informationen unter www.st-annen-museum.de +++

Quelle: Die Lübecker Museen