Pilgerpussies, Lümmel und Emojis: Das Europäische Hansemuseum veröffentlicht ein zweisprachiges Standardwerk zu mittelalterlichen Tragezeichen im Kontext von Social Media. »Dieses Buch gibt einen faszinierenden Einblick in wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse mittelalterlicher Bildsprache. Ein Augenöffner!« (Prof. em. Dr. A. M. (Jos) Koldeweij). Vieles an dem Projekt ist außergewöhnlich. Schon der Umstand, dass die Sonderausstellung im Jahr 2017 im Europäischen Hansemuseum gezeigt werden konnte, verdankt sich dem visionären Gespür seiner Direktorin Dr. Felicia Sternfeld, die sie quasi aus dem Urlaub in den Niederlanden mitbrachte. Die Ausstellung war im Zeeuws-Museum in Middelburg, in den südlichen Niederlanden, gezeigt worden, wo Sternfeld sie gesehen hatte und sofort begeistert war.
War das Wissen um die mittelalterlichen Tragezeichen – von hochheilig bis derb-obszön – in England und den Niederlanden bereits weitverbreitet, ist das Thema in Deutschland nahezu unbekannt. In Lübeck wurden die kleinformatigen Bildzeichen, die sowohl dem Holzschnitt und Kupferstich als auch der Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert vorausgingen, dann in einer Sonderausstellung präsentiert. Unter dem vielversprechenden Titel »Pin it! Social Media des Mittelalters #PIEM« wurden die historischen Tragezeichen darüber hinaus in Zusammenhang mit der heutigen Kommunikationskultur des Social Media gesetzt. Kurz nach dem Ende der Schau fiel die Entscheidung, einen Begleitband herauszubringen, da das Thema so besonders und das Interesse seitens der Gäste entsprechend hoch war. Ein während der Laufzeit stattgefundenes wissenschaftliches Kolloquium weckte zusätzlich den Wunsch, die dort erworbenen Erkenntnisse nachhaltig zu publizieren und der Öffentlichkeit weiterhin zugänglich zu machen.
Drei Jahre nach Ausstellungsende ist der umfangreiche und zweisprachige Katalog (Deutsch/Englisch) nun im museumseigenen Verlag erschienen. Auf 576 Seiten werden nicht nur alle in der Ausstellung gezeigten Tragezeichen abgebildet, Wissenschaftler:innen aus Kanada, Frankreich und England setzen sich zudem in zahlreichen Essays mit dem Thema auseinander. »Das Besondere an dem Werk ist, dass es eine Mischung aus Ausstellungskatalog und populärwissenschaftlicher Publikation ist und die Tragezeichen so auch für ein breiteres Publikum interessant macht. Damit schließen wir eine Wissenslücke im deutschsprachigen Raum und haben die einmalige Chance, das Thema bekannter zu machen«, sagt André Dubisch, Kurator des Europäischen Hansemuseums, der die Sonderausstellung wie auch den Katalog betreut hat.
Museumsdirektorin Dr. Felicia Sternfeld freut sich ebenfalls, dass der Katalog nun gedruckt vorliegt und sich die Ausdauer am Projekt ausgezahlt hat: »Wir haben ein internationales Standardwerk herausgebracht, das auch den Zusammenhang zur heutigen Kommunikation mittels Emojis und Emoticons aufgreift und die mittelalterlichen Tragezeichen auf diese Weise in einen aktuellen Kontext einordnet.« Auch optisch ist der Katalog, der von der Grafik- und Buchdesignerin Sarah Winter gestaltet wurde, ein echtes Highlight: Ein gebundener Band mit edlen Prägungen, hochwertigem Papier und farbigen Abbildungen, den man nur ungern wieder aus der Hand legt. Der Katalog ist im Museumsshop des Europäischen Hansemuseums erhältlich und kostet 49,90 Euro. +++
Quelle: Europäisches Hansemuseum