Vorlage - VO/2025/13847
|
Beschlussvorschlag
Ende der Laufzeit des 1. Lübecker Aktionsplan Gleichstellung 2022-2024
Begründung
Am 20. Juni 2019 hat die Bürgerschaft einstimmig beschlossen, der „Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene“ beizutreten.
Der Charta-Beitritt verdeutlicht die Absicht der Hansestadt Lübeck und der politischen Vertreter:innen, mit konkreten Aktionsplänen das Thema Geschlechtergerechtigkeit in der Kommune tatsächlich befördern zu wollen.
In einem breiten Beteiligungsverfahren mit Bürger:innen, Stakeholder:innen in der Stadt und mit städtischen Mitarbeiter:innen wurden zwischen 2020 und 2021 (zeitlich verzögert durch Corona) 52 Maßnahmen entwickelt, die von mehr als 100 Akteur:innen in der Stadt zum Thema Gleichstellung getragen wurden.
Die 52 Maßnahmen finden sich im 1. Lübecker Aktionsplan Gleichstellung (VO/2022/11236), dem die Bürgerschaft im August 2022 mit großer Mehrheit zustimmte.
Betreut und begleitet wurde der 1. Aktionsplan von einer Mitarbeiterin mit 19,5 Stunden/WAZ (Stellen-Nr. 8141, befristet bis Ende 2025), die im Frauenbüro angesiedelt ist.
Am 30. September 2024 wurden bei einem Abschluss-Event im Übergangshaus, eröffnet von Stadtpräsident Henning Schumann, die Ergebnisse der Aktivitäten und des 1. Lübecker Aktionsplans Gleichstellung einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Bürgerschaft soll mit diesem Bericht ebenfalls die Ergebnisse komprimiert vorgestellt werden.
Zahlen und Fakten
Ein breiter Beteiligungsprozess war Grundlage für die Entwicklung und Konzipierung der 52 Maßnahmen, die sich im 1. Lübecker Aktionsplan Gleichstellung finden.
- 6. März 2020 Bürger:innen-Beteiligung
- 24.8.-18.9.2020 Online-Befragung
- 29. September 2020 Workshop mit Stakeholder:innen
- 28. Januar 2022 Online-Workshop mit Stadtverwaltung
Nach Beschluss des 1. Lübecker Aktionsplans Gleichstellung 2022 fanden mit den Akteur:innen der 52 Maßnahmen insgesamt vier Austausch- und Vernetzungstreffen statt:
- 22. November 2022
- 25. April 2023
- 3. November 2023
- 11. Juni 2024
Neben den Vernetzungstreffen der Akteur:innen gab es vorab jeweils eine Abfrage zum Stand der Maßnahmen – insbesondere auch, um Hindernisse in der Umsetzung zu identifizieren. Bei Störungen im Umsetzungsprozess einzelner Maßnahmen wurde gemeinsam mit den Akteur:innen nach Lösungsansätzen gesucht, die Maßnahme zur Umsetzung zu bringen bzw. zu verändern oder weiterzuentwickeln.
Maßgabe war dabei, dass die Akteur:innen selbst die Hauptverantwortlichen für die Maßnahme(n) sind – denn Gleichstellung funktioniert nur, wenn sie sich auf breite Schultern verteilt – und nicht an einer städtischen Einheit wie dem Frauenbüro oder dem Amt der Gleichstellungsbeauftragten hängt.
Ein „Speed-Dating“ der Akteur:innen mit Lübecker Kommunalpolitikerinnen am 3. Februar 2024 brachte zudem die Konzeption des Aktionsplans und einzelne Maßnahmen in die Lübecker Kommunalpolitik. An dem Treffen nahmen Vertreterinnen verschiedener Fraktionen der Lübecker Bürgerschaft teil.
Es gab Gespräche je Maßnahme und bei Bedarf zusätzliche Vernetzungs- und Klärungstermine, um institutionenübergreifende Synergien und Austausch zu ermöglichen und ggf. Lösungsansätze für Maßnahmen mit Umsetzungsproblemen zu entwickeln.
Darüber hinaus gab es überregionale Vernetzungstreffen, an denen auch Lübeck beteiligt war:
- 16./17. November 2023 in Wuppertal zur Methodik für Beteiligungsformate
- 25./26. April 2024 in Mannheim zur 5. Nationalen Konferenz zur Charta (mit anderen Beitrittskommunen deutschlandweit)
Die Zeitdimension der 52 Maßnahmen war sehr unterschiedlich:
- 19 Maßnahmen waren kurzfristig (2022/2023)
- 15 Maßnahmen waren kurz- und mittelfristig,
- 18 Maßnahmen waren mittel- bis langfristig (2023-2030) angelegt.
Von den 52 Maßnahmen sind (Stand 8/2024):
- 33 Maßnahmen im Zeitplan (63%)
- 15 Maßnahmen zeitlich verzögert
- 4 Maßnahmen fehlgeschlagen (8%)
48 der 52 Maßnahmen laufen bzw. sind zum Teil abgeschlossen (siehe Anlage 1). Lediglich vier Maßnahmen sind fehlgeschlagen. Die breite und vielfältige Bereitschaft und das große Interesse der unterschiedlichen Akteur:innen zeigt, dass sowohl die verantwortlichen Akteur:innen ebenso wie die dahinter stehenden Institutionen in der Hansestadt Lübeck um die Bedeutung von Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit für Demokratie und Teilhabe in der Stadt wissen und hier Verantwortung übernehmen.
Beteiligte an den 52 Maßnahmen waren und sind:
Agentur für Arbeit Lübeck | Arbeitskreis „Chancen für Frauen“ | Autonomes Frauenhaus Lübeck | Bereich Haushalt, Abteilung Beteiligungscontrolling | Bereich Personal | Bereich Schule und Sport | Bereich Soziale Sicherung | Bereich Stadtgrün und Verkehr | biff e.V., Beratung für Frauen und Mädchen | Bildungswerk der Wirtschaft für Hamburg und Schleswig-Holstein e.V. | Büro der Bürgerschaft | Computerschule Lübeck | Deutscher Kinderschutzbund, OV Lübeck | Evangelisches Frauenwerk Lübeck-Lauenburg | Frauenbüro der Hansestadt Lübeck | Frauenhaus Hartengrube | Frauennetzwerk zur Arbeitssituation | Frauen*notruf Lübeck | HWK Lübeck | Hanse Innovation Campus GmbH | IHK zu Lübeck | IQ-Netzwerk Schleswig-Holstein | JobCenter Lübeck | Jugendberufsagentur Lübeck | Lübecker Schwimmbäder | Lübecker Stadtmütter | Nachbarschaftsbüro Hudekamp | Nachbarschaftsbüro Vorwerk-Falkenfeld | Stabsstelle Digitalisierung, Organisation und Strategie | Stabsstelle Migration und Ehrenamt | Stadtbibliothek Lübeck | Stadtführerinnen | Stadtpräsident | Stadtwerke Lübeck, Gleichstellungsbeauftragte St. Marien | TH Lübeck | VHS Lübeck | Willy-Brandt-Haus Lübeck | Wirtschaftsförderung Lübeck GmbH
Insbesondere die Zusammenarbeit mit diesen vielfältigen Akteur:innen war das, was den Beteiligten besonders wertvoll war. Hier vier Zitate, die stellvertretend für viele der Akteur:innen stehen:
- „…es geht nicht nur um Männer oder Frauen, sondern auch um Alleinerziehende, um queere Menschen, Teilzeitkräfte, Menschen mit Behinderung, letztlich um Achtsamkeit, um Respekt, um Chancen… Die Zusammenarbeit …in der Gemeinschaft des Konzerns HL war gut und wichtig für mich…“
Björn Hoppe (Lübecker Schwimmbäder) - „Für mich war/ist es ein Geschenk, dass ich die anderen Akteur:inenn aus den verschiedensten Bereichen und ihre großartigen Maßnahmen kennenlernen durfte.“
Anja Künzel (Bereich Schule und Sport), Hansestadt Lübeck) - „[Danke für die] …tatkräftige Unterstützung für die erfolgreiche Umsetzung des Abschlussevents von MINT4girls Lübeck.“
Ann-Christin Hogen (Bildungswerk der Wirtschaft für HH und SH e.V.) - „Die Charta hat sichtbar gemacht, was alles für tolle Projekte in Sachen Gleichstellung in Lübeck existieren und hat außerdem untereinander für Vernetzung gesorgt. Und Vernetzung schadet nur der Person, die sie nicht hat.“
Andrea Schlichting (Agentur für Arbeit Lübeck, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt)
Deutlich wird jedoch auch:
Jede Maßnahme für mehr Geschlechtergerechtigkeit in Lübeck hängt nach wie vor vom Engagement der einzelnen Akteur:innen ab. Insbesondere da, wo es personelle Wechsel oder Personalausfälle gab, konnten Maßnahmen gar nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden.
Der 1. Lübecker Aktionsplan Gleichstellung ruht auf drei Säulen, die -jede für sich- unabdingbar ist für das Gelingen und damit auch für die Fortschreibung des Lübecker Aktionsplans Gleichstellung:
- das hohe Engagement der jeweiligen Akteur:innen und ihrer Institutionen, das Thema Geschlechtergerechtigkeit insbesondere auch im Austausch mit anderen Menschen der Lübecker Zivilgesellschaft gemeinsam nach vorne bewegen zu wollen – und durch das hohe Interesse an Austausch gemeinsam neue Handlungsansätze zu entwickeln – und anzugehen
- kontinuierliche personelle Begleitung der Maßnahmen und Akteur:innen (Funktion der:des „Kümmerer:in“, um Momente, wo es hakt, identifizieren zu können und Maßnahmen zur Gegensteuerung zu entwickeln)
- einen eigenen (kleinen) Etat, der gute Ideen, die mit z.T. wenig Geld viel bewirken können (z.B. Maßnahmen 1.10, 2.13 oder 3.10). Der Etat von 30T€/jährlich hierfür, verortet beim Frauenbüro, Produkt 111011, braucht eine Verstetigung und fortlaufende Anpassung.
Einige Maßnahmen jedoch benötigen insbesondere verstärkte personelle Kapazitäten bei den jeweiligen Institutionen selbst; die Nicht-Durchführung oder Verzögerung fand nicht nur nicht statt wg. personeller Diskontinuitäten, sondern weil hierfür explizit personelle Verstärkung notwendig ist.
Deutlich wird dies insbesondere bei den Maßnahmen 3.5, 3.8 und 3.9. Da es sich hier um Maßnahmen zum Thema Gewaltprävention handelt, wird insbesondere das noch zu erstellende Präventionskonzept, dass im o.g. Bürgerschaftsbeschluss VO/2024/13280 vom Mai 2024 gefordert wird, hierfür von besonderer Relevanz sein.
Dies vorausgesetzt ist, gesamtstädtisch betrachtet aus Sicht des Lübecker Frauenbüros, die Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene mit dem dazugehörigen Aktionsplan ein effektives Instrument, denn:
- die geteilte Verantwortung aller für das Thema Geschlechtergerechtigkeit wird deutlich
- es werden mit den Akteur:innen Zukunftsthemen formuliert, die für die Hansestadt Lübeck Innovation und Modernisierung bewirken
- Gleichstellungspolitik bekommt insgesamt mehr Bedeutung
- und das zielgruppenspezifische Handeln und Zusammenwirken ist ressourcenschonend.
Wie geht es weiter?
In der Folgezeit weiterlaufende Maßnahmen des 1. Lübecker Aktionsplans werden automatisch Bestandteil des 2. Lübecker Aktionsplans.
Aktuell wird der 2. Lübecker Aktionsplan Gleichstellung vorbereitet, für den in Beteiligungsworkshops Maßnahmen und Ideen identifiziert werden sollen.
Da die Bürgerschaft im Mai 2024 ebenfalls beauftragt hat, einen „Aktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention für Lübeck“ zu entwickeln (VO/2024/13280) wird das Handlungsfeld III „Gut und frei leben ohne Gewalt“ aus dem Aktionsplan Gleichstellung herausgelöst und vor dem Hintergrund der Verpflichtung der Istanbul-Konvention spezifiziert betrachtet und der Bürgerschaft vorgelegt werden.
Dennoch wurde der bereits durchgeführte Beteiligungs-Workshop für die Bürger:innen am 18. Januar 2025 im Übergangshaus genutzt, auch hierfür Ansatzpunkte für das Thema Istanbul-Kovention zu entwickeln. Weiter wird zur Zeit die Verpflichtung aus der Istanbul-Konvention durch Fachgespräche mit unterschiedlichen Expert:innen-Kreisen für Lübeck konkretisiert.
Der 2. Lübecker Aktionsplan Gleichstellung wird ebenso, nach Absprache mit dem Bürgermeister und dem Fachbereich 2, Wirtschaft und Soziales, das Ansinnen der Bürgerschaft, einen Aktionsplan ‚Gleichstellung von LSBTI*‘ (VO/2020/08766-01), das noch nicht bearbeitet werden konnte, aufgreifen und erste Maßnahmen für queeres Leben in Lübeck darstellen.
Die zeitliche Planung für den 2. Lübecker Aktionsplan Gleichstellung / Queer ist
Samstag, 18. Januar 2025 | Beteiligungsworkshop für Bürger:innen inkl. Kinder- und Jugendbeteiligung |
Mittwoch, 26. Februar 2025 | Beteiligungsworkshop für Stakeholder:innen |
Mittwoch, 2. April 2025 | Beteiligungsworkshop mit den städtischen Einheiten / Stadtverwaltung |
6/2025 oder 7/2025 | Vorlage des 2. Lübecker Aktionsplans Gleichstellung / Queer in der Lübecker Bürgerschaft |
Blick auf die europäische Ebene für den 2. Lübecker Aktionsplan Gleichstellung:
2022 wurde der Text der Europäischen Charta vom Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) aktualisiert und erweitert, siehe hier.
Es wurde u.a.
- die Lesbarkeit der ursprünglichen 30 Artikel durch eine einfachere und klarere
Sprache verbessert.
- der aktualisierte Text neu in 27 Sprachen übersetzt (teilweise mit inklusiver
Übersetzung).
- eine leicht lesbare englische Version erstellt, die die Charta für Menschen mit Lern- oder Sprachschwierigkeiten leichter zugänglich macht
- ein intersektionaler Ansatz und eine inklusive Sprache in die Artikel integriert.
Zudem wurden neun neue Artikel in die Charta aufgenommen, die, 15 Jahre nach Erstveröffentlichung der Charta, eine Anpassung und Weiterentwicklung aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen aufzeigen und die bisherigen 30 Artikel ergänzen. Hier der neue Text der Charta.
Der 2. Lübecker Aktionsplan Gleichstellung soll auch die erweitere Fassung auf europäischer Ebene beinhalten.
Von den 52 Maßnahmen des 1. Lübecker Aktionsplans Gleichstellung 2022-2024 werden 37 Maßnahmen in der Anlage 2 ausführlicher dargestellt; die Darstellung erfolgte durch die Projektverantwortlichen.
Ausführungen zu den weiteren 15 Maßnahmen finden sich in Anlage 1.
Anlagen
Anlage 1: Übersicht aller Maßnahmen – 1. Lübecker Aktionsplan Gleichstellung 2022-2024 Final
Anlage 2: 1. Lübecker Aktionsplan Gleichstellung 2022-2024 ausführlich 37 von 52
![]() | |||||
Anlagen: | |||||
Nr. | Status | Name | |||
![]() |
1 | öffentlich | Anlage 1 Übersicht aller Maßnahmen 1. Aktionsplan Gleichstellung 2022-2024_Final.docx (494 KB) | ||
![]() |
2 | öffentlich | Anlage 2 1. Lübecker Aktionsplan Gleichstellung 2022-2024 ausführlich_37_von_52 (3380 KB) |