Vorlage - VO/2024/13747  

Betreff: Einrichtung eines Erinnerungs- und Kulturstandortes in Behlendorf, Anwesen Günter und Ute Grass - Abschlussbericht der Machbarkeitsstudie
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Monika Frank
Federführend:4.041.7 - Lübecker Museen Bearbeiter/-in: Schulenburg, Silke
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege zur Vorberatung
09.12.2024 
15. Sitzung des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege      
Hauptausschuss zur Vorberatung
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung

Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Abschlussbericht_MBS_Behlendorf

Beschlussvorschlag

 

  1. Die Bürgerschaft nimmt die vorliegende Machbarkeitsstudie zur »Einrichtung eines Erinnerungs- und Kulturstandortes, Anwesen mit Wohnhaus und Atelier Ute und Günter Grass, Behlendorf« (Anlage 1) zur Kenntnis.

 

  1. Die Bürgerschaft begrüßt die in der Studie vorgeschlagene Nutzungskonzeption auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse und Empfehlungen.

 

  1. Die Bürgerschaft teilt die Einschätzung der Verwaltung, dass die Realisierung des Projektes federführend durch die Hansestadt Lübeck / die Kulturstiftung Hansestadt Lübeck erfolgen sollte, damit eine strukturelle Anbindung der zukünftigen Einrichtung an das bestehende Günter Grass-Haus erreicht werden kann.

 

  1. Der Bürgermeister wird beauftragt, in nächsten Schritten die Umsetzung des Vorhabens weiter zu prüfen, d.h.

a) Verhandlungen mit Bund, Land und dem Landkreis Herzogtum Lauenburg zur zukünftigen Finanzierung des Betriebs aufzunehmen,

b) Verhandlungen mit dem Testamentsvollstrecker über den Kaufpreis/Ankauf des Anwesens zu führen,

c) die Finanzierungsmöglichkeiten der Ankauf- und weiteren Investitionskosten über Drittmittel zu eruieren,

d) die rechtlichen Rahmenbedingungen eines Betriebs und einer Trägerschaft durch die Kulturstiftung Hansestadt Lübeck zu klären.

 

 

 

 


Verfahren

 

Bereiche/Projektgruppen

Ergebnis

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

 

Ja

gem. § 47 f GO ist erfolgt:

X

Nein- Begründung:

Durch einen Beschluss zur weiteren Prüfung der Umsetzung des Vorhabens werden die Belange von Kindern und Jugendlichen nicht berührt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Maßnahme ist:

 

neu

 

X

freiwillig

 

 

vorgeschrieben durch: 

 

 

 

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

 

Ja (Anlage 1)

 

X

Nein

 

Auswirkung auf den Klimaschutz:

 

Nein

 

 

Ja Begründung:

 

 

 

 

 

 

Begründung der Nichtöffentlichkeit

gem. § 35 GO:

 

 

 

 


Begründung

 

Zu 1.: Hintergrund und Zielsetzung der Machbarkeitsstudie

 

Im Jahr 1986 wählte Günter Grass den rund 25 Kilometer südlich von Lübeck gelegenen Ort Behlendorf im Herzogtum Lauenburg als privaten Wohnsitz aus. In dem idyllisch gelegenen Haus am Elbe-LübeckKanal verlebt er mit seiner Frau Ute die letzten 30 Jahre seines Lebens, an keinem Ort lebte er länger. In der abgeschiedenen Ruhe schrieb Grass Weltliteratur. In seinem Künstleratelier entstanden unzählige Grafiken, Plastiken und Aquarelle. Der Ort und seine Umgebung fanden immer wieder Eingang in das Schaffen des Grafikers, Bildhauers, Malers und Literaturnobelpreisträgers. Günter und Ute Grass wurden nach ihrem Tod 2015 bzw. 2021 auf dem Behlendorfer Friedhof begraben. Nach dem Tod von Ute Grass (2021) wurde durch den Testamentsvollstrecker eröffnet, dass dieses Haus samt seinem großen Garten »an einen gemeinnützigen Träger übertragen werden [soll], der eine dauerhafte Nutzung des Hauses als Museum oder zum Zwecke der Kunst sicherstellt«. Für die Vollstreckung dieses letzten Wunsches sieht das Testament eine Frist von fünf Jahren vor. Andernfalls gehört das Grundstück zum Nachlass. Die Testamentsvollstrecker richteten ihr Angebot zunächst an die Kulturstiftung Hansestadt Lübeck.

Diese hat daraufhin mit Fördermitteln des Bundes und des Landes eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, um eine aussagekräftige Grundlage für eine Entscheidung darüber zu erhalten, ob bzw. unter welchen Bedingungen ein Ankauf des Hauses in Frage kommt.

Das Leistungsverzeichnis für die Studie gliederte sich in drei Teile: Als Grundlage für die Entwicklung eines Nutzungskonzepts sollte eine Bestands- und Potenzialanalyse der Liegenschaft durchgeführt werden, um die allgemeinen bautechnischen und baurechtlichen Voraussetzungen zu eruieren.

Als grundlegend für eine Nutzungskonzeption sollte zudem eine Analyse des Standortes sowie der potentiellen Zielgruppen durchgeführt werden (u.a. öffentliche Erreichbarkeit, gliche Einbettung in den regionalen Tourismus, Besucher- bzw. Nachfragepotential, Identifizierung potentieller Kernziele und Zielgruppen).

Auf der Grundlage der baulichen Untersuchungen sowie der Standort- und Zielgruppenanalysen sollten Nutzungsvarianten entwickelt und geprüft und eine entsprechende Empfehlung ausgesprochen werden. Für die empfohlene Nutzungsvariante sollte die Studie die bautechnische und baurechtliche Machbarkeit prüfen, eine erste Schätzung der Investitions- und Betriebskosten vornehmen, Träger-Betreiber-Modelle aufzeigen und einen Zeitrahmen für die Umsetzung ermitteln.

 

 

Zu 2.: Ergebnisse der Studie

 

Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden durch das beauftragte Büro (COAST, Stuttgart) in einem schriftlichen Abschlussbericht vorgelegt. Die Kurzfassung dieses Berichts wird in der Anlage 1 zu dieser Vorlage veröffentlicht. Bei den folgenden Ausführungen handelt es sich um eine komprimierte und verkürzte Darstellung der wesentlichen Studienergebnisse.

 

2.1 Kurze Zusammenfassung der einzelnen Untersuchungsergebnisse

 

2.1.1 Bestands- und Potenzialanalyse

r die Bestands- und Potentialanalyse wurde das Anwesen auf einem Lageplan verortet, fotografisch erfasst sowie mit einem 3D Laserscansystem vermessen.

Bei der Flächenberechnung wurde für das Ateliergebäude eine Bruttogrundfläche von 176,36 m², für das Wohnhaus eine Bruttogrundfläche von 374,11 m² (inklusive Kellergeschoss) ermittelt. Das Grundstück hat eine Fläche von rund 22.000 m².

Die umfassende Zustands- und Schadenskartierung hat ergeben, dass sich die Grundsubstanz beider Gebäude (Wohnhaus und Atelier) dem Alter entsprechend in einem guten Zustand befindet. Notwendig wäre jedoch eine energetische Ertüchtigung, die mittels üblicher Sanierungsmaßnahmen erfolgen könnte (u.a. Abdichtung der Außenwände, Anbringen eines Wärmedämmverbundsystems, Austausch der Fenster, Erneuerung der Dacheindeckungen inklusive Dämmung). Neben allgemeinen Renovierungsarbeiten im Innenbereich müsste zudem eine neue Elektroinstallation in allen Gebäuden realisiert sowie eine neue Heizung eingebaut werden.

Zur Abklärung der baurechtlichen Rahmenbedingungen haben Gespräche mit dem zuständigen Baurechtsamt und der Forstbehörde stattgefunden. Die Grundstücke mit den Bestandshäusern liegen baurechtlich im Geltungsbereich von §35 BauGB (Bauen im Außenbereich). Die Genehmigung von Neu- und Erweiterungsbauten ist somit nur mit der Einstufung dieser als »privilegiert«glich. Alternativ besteht die von der Studie empfohlene Möglichkeit, einen Bebauungsplan für dieses Grundstück unter Berücksichtigung eines Nutzungskonzeptes zu erstellen. In ersten Gespchen hierüber hat der Landkreis Kooperationsbereitschaft signalisiert und baurechtliche Lösungen im Sinne des Nutzungskonzepts (s. 2.1.3) nicht ausgeschlossen.

Die Belange des Naturschutzes und des Waldschutzesssen berücksichtigt werden. Im Hinblick auf den Waldschutz ist aufgrund der direkten Waldrandlage des Anwesens insbesondere zu beachten, dass Neubau-Vorhaben in einem Abstand von mindestens 30 m vom Wald durchzuführen sind (§29 Baugesetzbuch).

 

2.1.2 Standort- und Zielgruppenanalyse

Im Rahmen der Standort- und Zielgruppenanalyse wurden die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und das Radwegenetz, sowie Unterkünfte, Gastronomie, Veranstaltungs-angebote und Künstler:innenhäuser in der näheren Umgebung bzw. im regionalen Umkreis geprüft. Zur Identifizierung weiterer Zielgruppen wurden zudem besondere Merkmale des Standortes identifiziert und potentielle Funktionen im Zusammenhang mit bereits bestehenden Grass-Einrichtungen und Künstler:innenhäuser betrachtet.

Hinsichtlich der Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Nahverkehr sieht die Studie Optimierungsbedarf (keine direkte Anbindung an das Grundstück, keine Anbindung an Wochenenden und Feiertagen) und schlägt vor, die Einrichtung einer zusätzlichen Bushaltestelle am Grundstück prüfen zu lassen sowie eine Ergänzung des Nahverkehrs durch zusätzliche buchbare Angebote in Betracht zu ziehen (Sonderfahrten zu Veranstaltungen, Günter Grass-Linie, Grass-Shuttle, Literarische Busfahrten).

Die Erreichbarkeit mit dem PKW wird als gut bewertet, ebenso wie die Anbindung an das sehr gut ausgebaute Radwegenetz, durch das der Ort in einschlägigen Freizeitapps (z.B. KOMOOT) bereits in zahlreiche Tourenvorschläge integriert ist.

Eine weitere Möglichkeit der Anreise könnte zukünftig der Elbe-Lübeck-Kanal bieten, sofern die Quandt-Linie den Anleger an der Behlendorfer Schleuse reaktiviert.

r Übernachtungen gibt es in der näheren Umgebung vorwiegend kleinere Unterkünfte wie Ferienwohnungen. Größere Unterkünfte wie Hotels, Hostels oder Jugendherbergen sind in den umliegenden Städten Ratzeburg, Mölln und Lübeck verfügbar. Hier hält die Studie eine verbesserte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr zu den größeren Städten für empfehlenswert.

Als Veranstaltungsortnne das Anwesen des Ehepaares Grass in lokale und überregionale Kultur- und Unterhaltungsangebote wie dem »KulturSommer am Kanal« oder das Schleswig-Holstein Musik Festival integriert werden. Seminare, Lesungen, Veranstaltungen und Ausstellungen können im Dorfgemeinschaftshaus »Brinkhuus« und auf dem Grass-Anwesen in Zusammenarbeit mit lokalen Akteur:innen organisiert werden, sodass eine Vernetzung mit vorhandenen Strukturen sowie deren Stärkung ermöglicht wird. Der große Gartenbereich kann im Sommer für Outdoor-Events wie Konzerte, Performances und Freiluftkino genutzt werden.

Aufgrund der eingeschränkten Erreichbarkeit der drei umliegenden Cafés würde ein (beschränktes) gastronomisches Angebot, z.B. in Form eines mobilen Food Trucks, auf dem Grundstück die Attraktivität des Geländes erheblich erhöhen. Auch hier empfiehlt die Studie, eine Zusammenarbeit mit den bestehenden Cafés sowie eine Kooperationen mit Landwirt:innen und Lebensmittelerzeuger:innen in der Region anzustreben.

Zu den bereits bestehenden Einrichtungen, die sich mit Günter Grass beschäftigen (Günter Grass-Haus Lübeck, Archiv Akademie der Künste Berlin, Günter Grass Archiv Göttingen, Günter Grass Gallery Gdansk, Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg, Medienarchiv Günter Grass Stiftung Bremen) sollte sich die Einrichtung in Behlendorf als kooperative Ergänzung definieren, die eine vernetzende Funktion wahrnimmt und dabei Alleinstellungsmerkmale entwickelt (z.B. Förderung junger Künstler:innen).

Die von nter Grass gegründeten Stiftungen, die sich für unterschiedliche kulturelle, politische und soziale Belange einsetzen, könnte das Behlendorf-Projekt unterstützen, indem es den Dialog und Wissensaustausch der Stiftungen untereinander fördert und Kooperationen koordiniert (z.B. gemeinsame Förderpreise).

Andere nstler:innen-Häuser in der weiteren Umgebung (Schleswig-Holstein; Küste Mecklenburg-Vorpommerns) vergeben Stipendien in Zusammenarbeit mit Kunsthochschulen, Stiftungen und Universitäten oder vermieten ihre Ateliers unabhängig von Stipendien. Ein Stipendienprogramm in Behlendorf sollte im Sinne des Grassschen Wirkens inter- bzw. transdisziplinär angelegt sein und einen lebendigen Dialog zwischen den Künstler:innen untereinander sowie zwischen Künstler:innen und Gesellschaft fördern.

Ein besonderes Potential birgt laut Studie der Garten des Anwesens, der sich mit seinem alten Obstbaumbestand, dem angrenzenden Wald und einem Naturweiher als Rückzugsort, aber auch als Schulgarten für Kinder aus der Region anbietet. Die Erzeugnisse des Schulgartens könnten für das gastronomische Angebot verarbeitet werden.

Da Günter Grass ein fester Bestandteil des schulischen Curriculums ist (Deutsch in der Sekundarstufe II), könne durch den Schulklassen-Besuch des Wohnhauses und Ateliers von Günter Grass die Auseinandersetzung mit dem Künstler und seinem Werk gefördert und angeregt werden.

Aufgrund der sehr vielfältigen Potentiale des Standortes ermittelt die Studie eine große Bandbreite an Zielgruppen, die unterschiedliche Synergie-Potentiale freisetzen:

-       nstler:innen: junge und/oder renommierte Künstler:innen aller Kunstrichtungen (Synergien mit Stiftungen, Hochschulen und Institutionen)

-       Expert:innen: Forschende, Wissenschaftler:innen, Professor:innen, Lehrkräfte

(Synergien mit dem Günter Grass-Haus, Hochschulen und Institutionen)

-       Tourist:innen: Tourist:innen aus Lübeck und Umgebung, Fahrradtourist:innen, Tagesausflügler, Bootstourist:innen

(Synergien mit dem Günter Grass-Haus, der LTM und dem regionalen Tourismus)

-       Kultur-, Literatur- und Grass-Interessierte: Besucher:innen anderer Grass-Einrichtungen, Kunstinteressierte,  Literaturbegeisterte

(Synergien und inhaltliche Ergänzungen zum Günter Grass-Haus Lübeck)

-       Lokale Bevölkerung: Lokale Gemeinschaft und Vereine, Bewohner:innen der Region

(Synergien mit regionalem Tourismus und Veranstaltungsformaten)

-       Inter-/nationale Persönlichkeiten: inter-/nationale Freunde von Grass, Politiker:innen,  renommierte Künstler:innen, renommierte Schriftsteller:innen

(Synergien mit Kultur, Politik und Kunst)

-       Junge Bildungsgruppe: Studierende, Schüler:innen, Kindergartenkinder

(Synergien mit Bildungseinrichtungen)

 

2.1.3 Nutzungskonzept

Potential des Ortes

Grundlegend für die von der Studie empfohlene Nutzung ist das Potential des Ortes, das die Studie in ersten Ansätzen bereits bei der Identifikation der Zielgruppen herausgearbeitet hat.

Als Ort, der von Natur, Abgeschiedenheit, Ruhe und einem weiten Freiraum geprägt ist, dient das Anwesen als ckzugsort, als Landschafts- und Naturraum, als Inspirationsraum und als Denkort. Als solcher kann es vor allem ein Experimentierort, ein Kunst- und Arbeitsraumr Künstler:innen aller Disziplinen sein, die hier in einem interdisziplinären Austausch miteinander und mit Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Kunst arbeiten können. Als authentischer Ort ist Behlendorf zudem ein Erinnerungsort, der jedoch ganz in der Fortführung des Wirkens von Günter Grass ein lebendiger Begegnungsort für Austausch und Dialog bleiben und auch als Veranstaltungs- und Gemeinschaftsort genutzt werden sollte. Der Garten kann darüber hinaus als Lernort und Erfahrungsraum für Schulen und Kitas dienen, um Natur und Kunst auf spielerische Weise zu verbinden.

Nutzungsbausteine

Die Studie empfiehlt daher eine Nutzung, die sich aus mehreren Bausteinen zusammensetzt und auf diese Weise eine ganzjährige Programmgestaltung und Belebung des Ortes ermöglicht:

-       Stipendiat:innen: Studios, Wohnen, Arbeiten, Experimentieren, Interdisziplinär, Forschen, Lehren

-       Open Studios: Vernissagen, Ausstellungen, Veranstaltungen, Performances, Vorträge, Workshops, Austausch von Wissen

-       Innenveranstaltungen: Vorträge, Lesungen, Workshops, Dialoge / Austausch, Werkschau, Ausstellungen, Tagungen

-       Atelier Günter Grass: Begehbares Exponat, Dauerausstellung »nter Grass«, Einblick in den Schaffensprozess seiner Werke, Gedankenwelt von Günter Grass, Forschungs- und Lernort

-       Außenveranstaltungen: Anknüpfung an bestehende Veranstaltungen, Performances, Theater, Vorträge und Lesungen, Aufführungen, Musik im Garten

-       Garten: Ruhe und Inspiration, Lernort, Erfahrungsraum, Natur und Kunst

-       Kunst und Küche (Gastronomie): Bewirtung, Catering, Belebung, Austausch, Kochveranstaltungen

Empfohlene Planungsvariante

r die Umsetzung eines solchen Nutzungskonzeptes empfiehlt die Studie folgende Planungsvariante:

Das Wohnhaus von Ute und Günter Grass soll als Künstler:innenhaus für junge Künstler:innen aus verschiedenen Disziplinen dienen. Im EG wird eine öffentliche Veranstaltungsfläche und eine Küche vorgesehen, die im Rahmen von Veranstaltungen genutzt werden kann. Im OG befinden sich die Open Studios, in denen die Stipendiat:innen im Sinne des gemeinschaftlichen Austausches arbeiten und ihre Arbeiten und Ihre Werke öffentlich präsentieren können. Durch den behutsamen Umgang mit dem Bestand bleibt die Authentizität des Hauses erhalten, was seinen kulturellen Wert bewahrt. Flexible Nutzungen der Räume im OG ermöglichen eine vielseitige Bespielung als Veranstaltungsort, Arbeitsraum oder Austauschort.

Die Stipendiat:innen erhalten in Tiny Houses, die auf dem Anwesen errichtet werden, einen persönlichen Wohn- und Rückzugsort, der ihnen Ruhe und Konzentration für ihr kreatives Schaffen ermöglicht. Die Integration der Häuser in die Landschaft soll behutsam erfolgen, um den besonderen Naturraum des Grundstücks möglichst unberührt zu lassen. Deshalb wird eine ressourcenschonende Bauweise angestrebt, die auf modulare Vorfertigung, nachhaltige Materialien und einen minimalen Eingriff in die Bodenstruktur setzt. Zudem ist eine autarke Bauweise vorgesehen, die durch Solarenergie, Photovoltaik und Regenwasserrückgewinnung die Selbstversorgung sicherstellen würde.

Das Atelier von Günter Grass wird baulich nicht verändert. Es soll als authentisches begehbares Exponat einen einzigartigen Einblick in das künstlerische Schaffen und die Gedankenwelt des Nobelpreisträgers bieten. Neben geführten Besichtigungen besteht auch das Potential für wissenschaftliche Forschung und Workshops, die Grass interdisziplinären Ansatz näher beleuchten.

Ein Food Truck kann vor Ort für ein gastronomisches Angebot sorgen und gleichzeitig als »mobiler Botschafter« die Vernetzung des Grass-Anwesens mit anderen Veranstaltungen und Institutionen stärken.

 

Träger-Betreiber-Modelle

Im Hinblick auf mögliche Träger-Betreiber-Modelle für das Vorhaben weist die Studie darauf hin, dass die Wahl des passenden Träger- und Betreibermodells stark von langfristigen Zielsetzungen abhängt. Sie führt daher die jeweiligen Vorteile der unterschiedlichen Optionen aus, spricht aber keine konkrete Empfehlung aus.

Gleichwohl wird für die Trägerschaft das Modell einer gemeinnützigen Stiftung als besonders attraktive Option herausgestellt, da es durch verschiedene Finanzierungsmodelle und Förderungen ergänzt werden kann, eine langfristige finanzielle Sicherheit und eine Unabhängigkeit von staatlichen und/oder privaten Vorgaben bietet und damit eine größere Flexibilität in der Programmgestaltung ermöglicht.

Das Modell einer öffentlichen Trägerschaft, z.B. durch die Hansestadt Lübeck, böte ebenfalls eine stabile Grundlage für den langfristigen Betrieb der Einrichtung und ermöglichte zugleich die Vorgabe strategischer Ziele sowie eine enge Verknüpfung mit der städtischen Kulturpolitik.

Bei beiden Modellen könnte durch die Einbindung eines erfahrenen Betreibers wie der Kulturstiftung Hansestadt Lübeck oder einer anderen gemeinnützigen Institution der Betrieb professionell organisiert und vorhandene Strukturen, Expertise und Netzwerke genutzt werden.Auch eine Trägerschaft durch eine Landes- oder eine Bundesstiftung führt die Studie als Option an. Hier wäre zum einen eine langfristige und stabile Finanzierung sowie eine Einbindung in größere kulturelle Netzwerke sichergestellt. Das Modell würde die Einrichtung in besonderem Maße als Projekt von nationaler Bedeutung positionieren.

 

Kostenschätzungen:

Die baulichen Investitionskosten werden von der Studie in einer ersten Schätzung auf etwa 3.838.000 Euro kalkuliert. Darin enthalten sind die Herrichtung der Außenanlagen, die Sanierung bzw. der Umbau des Wohnhauses, die Sanierung und Ausstellungsgestaltung des Ateliers, die Herstellung, der Aufbau und der Anschluss von drei Tiny Houses, die Anschaffung und Ausstattung des Food Trucks, die Sicherung und Lagerung der Exponate (Atelier) sowie einmalige Einrichtungskosten. Nicht enthalten sind die Ankaufkosten für das Anwesen.

Die Betriebskosten, zu denen die Personalkosten, die allgemeinen Sachkosten sowie die Gebäudeunterhaltungskosten zählen, werden mit rund 480.500 Euro p.a. beziffert, wenn der Standort eigenständig betrieben würde. Bei Einnahmen von etwa 24.000 Euro durch die Veranstaltungen läge der Verlust somit bei rund 456.500 Euro. Wenn der Standort in die Kulturstiftung Hansestadt Lübeck integriert würde, sind Einsparpotentiale zu erwarten.

 

Zeitrahmen gesamt:

Die Realisierung des Projektes wäre laut Studie in einem Zeitraum von etwa 38 Monaten möglich.

 

 

Zu 3. und 4.: Einschätzung der Studienergebnisse durch die Verwaltung und Empfehlung zum weiteren Verfahren

 

Aufgrund der großen Bedeutung des Privatortes Behlendorf für das künstlerische Schaffen und gesellschaftspolitische Wirken von Günter Grass befürwortet die Verwaltung das Vorhaben, das Wohnhaus und das Atelier von Ute und Günter Grass als lebendige Kulturstätte für die Öffentlichkeit zu erhalten, ausdrücklich und schließt sich der positiven Beurteilung der Standort-Potentiale sowie der Empfehlung der Gutachter zum Nutzungskonzept an.

r das Günter Grass-Haus in Lübeck böte eine öffentliche Einrichtung in Behlendorf die Möglichkeit einer Ergänzung bzw. Weiterentwicklung der eigenen Arbeit und Angebote. Insbesondere im Hinblick auf die wissenschaftliche Beschäftigung mit Günter Grass könnten hier Programme realisiert werden, die das Günter Grass-Haus in Lübeck schon aus räumlichen Gründen nicht leisten kann.

Eine enge Anbindung an das Günter Grass-Haus in Lübeck im Sinne einer gegenseitigen Ergänzung und Befruchtung ist nach Ansicht der Verwaltung daher Voraussetzung für ein Engagement und eine Beteiligung der Hansestadt Lübeck an dem Projekt. Diese ist am sichersten zu gewährleisten, wenn Trägerschaft und Betrieb der beiden Standorte in einer Hand, d.h. bei der Kulturstiftung Hansestadt Lübeck, lägen.

Im Hinblick auf die von der Studie angenommenen Kosten ist darauf hinzuweisen, dass es sich um eine erste Schätzung handelt, die im Zuge einer Umsetzung des Projektes konkretisiert werden muss. Bei den Betriebskosten wurden Personal- und Sachkosten angesetzt, mit denen ein unabhängiger Betrieb der Einrichtung ermöglicht wird. Bei einem gemeinsamen Betrieb des Günter Grass-Hauses in Lübeck und der neuen Einrichtung in Behlendorf durch die Kulturstiftung könnten jedoch Synergieeffekte erzielt werden, die zu einer Reduzierung der Betriebskosten führen würden.

r den Betrieb der Einrichtung durch die Kulturstiftung ist dennoch eine dauerhafte finanzielle Unterstützung notwendig. Eine Beteiligung des Bundes und des Landes, ggf. auch des Landkreises, wird als unabdingbar betrachtet. In einem nächsten Schritt gilt es daher nun, die Möglichkeiten der finanziellen Beteiligungen zu eruieren und zu verhandeln.

Die Finanzierung der einmaligen Investitionskosten über Drittmittel hält die Verwaltung für realisierbar. Hierfür könnten Förderprogramme des Bundes sowie private Geldgeber und Stiftungen bemüht werden.


 


Anlagen

Anlage 1: Abschlussbericht_MBS_Behlendorf

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Abschlussbericht_MBS_Behlendorf (85657 KB)