Vorlage - VO/2018/05863  

Betreff: Bericht über die Umsetzung des Bürgerschaftsbeschlusses zur Quote von 30 % gefördertem Wohnungsbau im 1. Förderweg in der Verwaltungspraxis (5.610)
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Glogau
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Belchhaus, Katharina
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
19.03.2018 
Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
20.03.2018 
74. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
22.03.2018 
36. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Ausschuss für Soziales zur Kenntnisnahme
08.05.2018 
39. Sitzung des Ausschusses für Soziales in der Wahlperiode 2013/2018 zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Wirtschaftsausschuss und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" zur Kenntnisnahme
14.05.2018 
40. Sitzung des Wirtschaftsausschusses und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" zurückgestellt   
02.07.2018 
1. Sitzung des Wirtschaftsausschusses und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" (Konstituierende Sitzung) zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Die Bürgerschaft hat am 28. Januar 2016 beschlossen (VO/2015/02984):

 

In allen Stadtteilen soll künftig die Quote des geförderten Wohnungsbaus im 1. Förderweg bei Neubauten und Modernisierungen mindestens 30 % betragen. Dabei sind Stadtteile mit einer geringen Quote von geförderten Wohnungen mit Priorität zu versehen.

Auf eine ausgewogene Mischung von gefördertem und freifinanziertem Wohnungsbau ist zu achten.

 


Begründung

Die Formulierung des Bürgerschaftsbeschlusses eröffnet Interpretationsspielräume. Folgender Bericht erläutert, wie die Verwaltung den Beschluss in der Planungs- und Ausschreibungspraxis umsetzt.

Öffentlich geförderter Wohnungsbau in Schleswig-Holstein

Als öffentlich geförderter Wohnungsbau werden Vorhaben bezeichnet, die unter Bereitstellung von staatlichen Fördermitteln errichtet oder modernisiert werden.

Im Mietwohnungsbau verpflichtet sich der Bauherr mit der Inanspruchnahme von Fördermitteln, Wohnungen für einen festgelegten Zeitraum (Zweckbindung) zu einem festgesetzten m²-Mietpreis (Mietpreisbindung) an Wohnungssuchende zu vergeben, die auf dem  freien Wohnungsmarkt besondere Probleme haben, sich mit Wohnraum zu versorgen (Belegungsbindung). Voraussetzung für die Vergabe einer öffentlich geförderten Wohnung ist ein Wohnberechtigungsschein.

Rechtliche Grundlage für den öffentlich geförderten Wohnungsbau ist das Gesetz über die Wohnraumförderung in Schleswig-Holstein - SHWoFG. Gemäß Finanzierungsrichtlinie sieht die soziale Wohnraumförderung in Schleswig-Holstein für den Neubau von Mietwohnungen zwei Förderwege vor.

Im 1. Förderweg ist der förderfähige Anteil an den Investitionskosten höher und kann zusätzlich bezuschusst werden; dafür sind die Mietpreis- und Belegungsbindungen strenger geregelt. Die förderfähige Wohnungsgröße für einen 4-Personen-Haushalt beträgt maximal 85 m² (in Mietreihenhäusern maximal 95 m²); der Mietpreis darf in den ersten vier Jahren in der Regionalstufe III, zu der Lübeck gehört, derzeit 5,65 €/m² nicht übersteigen[1].  Die Bindungsdauer beträgt i. d. R. 35 Jahre.

 

Der förderfähige Anteil an den Gesamtkosten im 2. Förderweg ist niedriger; dafür sind die Zweckbindungen kürzer (i. d. R. 20 Jahre) und die Fördermiete liegt in den ersten vier Jahren bei derzeit 7,30 €/m².

Neben Neubaumaßnahmen kann eine Förderung auch für eine Investition in den Bestand in Anspruch genommen werden. Durch die geförderte Teilmodernisierung, Modernisierung oder Sanierung entstehen neue Zweckbindungen bzw. verlängern sich noch bestehende Bindungen. Auch hierfür gibt es den 1. und den 2. Förderweg.

Als drittes - neben Neubauförderung und Modernisierungsförderung - kann eine Förderung für den Erwerb von Zweckbindungen im Mietwohnungsbau in Anspruch genommen werden.

Die Inanspruchnahme von Fördermitteln wirkt sich aufgrund der genannten Bindungen  auf die Wirtschaftlichkeit von Wohnungsbauvorhaben aus. Je höher die Ausgaben für den Grunderwerb, desto länger währt der Zeitraum, bis die Maßnahme sich „rechnet“, da der hohe Bodenwert nicht in Form höherer Mieten bzw. Wohnungsverkäufen weitergegeben werden kann. Ist Grundeigentum vorhanden, amortisiert sich auf Flächen mit hohen Bodenwerten freifinanzierter Mietwohnungsbau oder eine Eigentumsmaßnahme schneller als auf anderen Flächen.

Hinzu kommt ein erhöhter organisatorischer Aufwand bei der Vermietung von geförderten Wohnungen, z. B. durch die Prüfung der Wohnberechtigung oder bei Benennungsrechten.

Viele private Projektentwickler verzichten daher auf den Bezug von staatlichen Fördermitteln.

Mit Bezug auf den Bürgerschaftsbeschluss aus dem Jahr 2016 werden sie jedoch mit gesonderten städtebaulichen Verträgen oder mit der Hansestadt Lübeck abzuschließenden Grundstückskaufverträgen verpflichtet, mindestens 30 % geförderten Wohnungsbau im 1. Förderweg umzusetzen.

 

Umsetzung des Bürgerschaftsbeschlusses durch die Verwaltung

Die Verwaltung setzt den Beschluss bei zwei Vorgängen um:

  1. Bei der Aufstellung von Bebauungsplänen, die Wohnbauflächen festsetzen:

-       Bei der Ausgestaltung der städtebaulichen Verträge nach § 11 Baugesetzbuch beabsichtigt die Hansestadt Lübeck mit dem Vorhabenträger zu vereinbaren, dass dieser sich verpflichtet, innerhalb einer bestimmten Frist 30 % der Wohnfläche des zulässigen Geschosswohnungsbaus im 1. Förderweg zu errichten.

-       Bei Bebauungsplangebieten, die stadteigene Flächen überplanen, wird diese Verpflichtung in die Ausschreibungen und in die darauf fußenden Grundstückskaufverträge aufgenommen.

  1. Bei der öffentlichen Ausschreibung von städtischen Liegenschaften, die auf Grundlage bereits bestehenden Planungsrechts gemäß § 30 oder § 34 Baugesetzbuch bebaubar sind:

-       In den Ausschreibungen sowie in den abzuschließenden Kaufverträgen wird die Verpflichtung für den Erwerber aufgenommen, auf den Grundstücken in festgelegtem Umfang (aber auf mindestens 30 % der Wohnfläche des Geschosswohnungsbaus) in einer bestimmten Frist Wohnungsbau im 1. Förderweg zu realisieren.

 

Bezugsgrößen für die 30 %-Quote sind der Geschosswohnungsbau und die Wohnfläche in m²

Die  Verwaltung hat den Beschluss in der Praxis dahingehend konkretisiert, dass 30 % der Wohnfläche (hilfsweise der Geschossfläche) des zulässigen Geschosswohnungsbaus als Mietwohnungen  im 1. Förderweg zu errichten sind.

  1. Gründe, die Verpflichtung auf die Wohnfläche im Geschosswohnungsbau zu beziehen, sind folgende:

Im Prinzip können Mittel für den geförderten Wohnungsbau im 1. Förderweg sowohl für Mietwohnungen in Geschosswohnungsbauten als auch für Mietreihenhäuser und mietreihenhausähnliche Wohnungen in Anspruch genommen werden.

Bei der Ausgestaltung der Vorgabe geförderten Wohnungsbau im Plangebiet zu errichten, muss die Stadt die Wirtschaftlichkeit der Gesamtmaßnahme berücksichtigen. D. h., die Summe der Folgekosten für die Leistungen, die zu erbringen sind und die die Stadt auf Grundlage des § 11 Baugesetzbuch mit dem Vorhabenträger durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbart, muss den gesamten Umständen nach angemessen sein und darf nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Die Gesamtheit aller Belastungen des Vorhabenträgers darf den planbedingten Wertzuwachs nicht komplett abschöpfen. Ein gewisser und angemessener Wertzuwachs muss beim Vorhabenträger verbleiben.

Um den geförderten Wohnungsbau für den Vorhabenträger wirtschaftlich zu machen, ist in die Vertragsausgestaltung einzustellen, dass sich geförderter Wohnungsbau u.a. erst ab einem bestimmten Bauvolumen lohnt und/oder die Kompensation mit freifinanzierten Wohnungen (Querfinanzierung) gegeben sein muss.

Die Verwaltung hat daher die Forderung von 30 % öffentlich gefördertem Wohnungsbau im 1. Förderweg auf den Geschosswohnungsbau bezogen, da hier im Vergleich zur Einfamilienhausbebauung mehr Wohneinheiten im Verhältnis zur Fläche realisiert werden können. Die bauliche Ausnutzung eines Baugrundstückes für den Geschosswohnungsbau wird als ausreichend hoch beurteilt, um die Mindereinnahmen als Folge des öffentlich geförderten Wohnungsbaus zu kompensieren.

Diese Bezugnahme auf den Geschosswohnungsbau zur Umsetzung der 30 %-Vorgabe ist ähnlich in Hamburg getroffen worden. Unterschiede:

-       Hamburgs Bezugsgröße sind die Anzahl der Wohnungen,

-       Hamburg lässt auch den  2. Förderweg zu, lediglich ein Drittel des 30 %-Anteils (somit ca. 10 % aller Wohnungen) ist  für den 1. Förderweg in Anspruch zu nehmen.

  1. Als Bezugsgröße wird die maximal realisierbare Wohnfläche im Geschosswohnungsbau gewählt. Dieses ist eine klar definierte Größe, deren Nachweiserbringung praktikabel ist und die keinen Spielraum für Interpretationen oder Abweichungen lässt.

Da im Bebauungsplan i. d. R. keine Wohnfläche festgesetzt wird, wird die maximal realisierbare Wohnfläche hilfsweise aus der zulässigen Geschossfläche, abzüglich eines Anteils von 20 % für Erschließungs- und Wandflächen ermittelt (max. WF =  zul. GF * 0,8).

Alternativ wäre der Bezug auf die Anzahl der Wohnungen möglich. Jedoch wird aus folgendem Grund davon abgesehen: Wird die Anzahl der Wohnungen als Nachweis für die Erfüllung der Verpflichtung genommen, so können die Bauträger geneigt sein, überwiegend kleine Wohnungen für den geförderten Wohnungsbau zu errichten, um den Nachweis auf einer vergleichsweise kleineren Fläche zu erfüllen und andererseits mittlere und große Wohnungen für die freifinanzierten Wohnungen vorzuhalten. Es werden jedoch auch große Wohnungen im geförderten Wohnungsbau benötigt. Ein Bezug auf Wohneinheiten würde höchstwahrscheinlich zu einer einseitigen Entwicklung führen. Beim Bezug auf die Geschossfläche gibt es hingegen keine mindestens oder maximal zu erreichende Anzahl von Wohneinheiten, sodass hier der Wohnungsgrößenmix in Abstimmung mit dem Bereich Soziale Sicherung erfolgen kann.

 

Umsetzung der 30 %-Quote mit gefördertem Neubau und/oder Investitionsförderung in den Bestand (Modernisierungsförderung)

Der Beschluss der Bürgerschaft vom 28. Januar 2016 beinhaltet, dass die Quote des geförderten Wohnungsbaus im 1. Förderweg bei Neubauten und Modernisierungen mindestens 30 % betragen soll.

Mit einer Investitionsförderung in den Bestand im 1. Förderweg (Modernisierungsförderung) und der damit verbundenen neuen Zweckbindung oder der Verlängerung einer bestehenden Zweckbindung kann die angestrebte Zahl von geförderten Wohnungen gleichermaßen erreicht werden.

Hierbei ist allerdings einzustellen, dass die Dauer der Zweckbindung bei einer Investitionsförderung in den Bestand weniger als 35 Jahre beträgt. Die Dauer der Bindung errechnet sich nach der in Anspruch genommenen Maßnahme und gilt wie folgt:

-       10 Jahre bei Teilmodernisierung,

-       15 Jahre bei Modernisierung und

-       25 Jahre bei Sanierung.

Die Bindung verlängert sich um 5 Jahre, wenn erst im Zuge der Fluktuation eine Vermietung an Berechtigte erfolgt. Diese Regelung greift dann, wenn die Wohnung nicht mit einem Berechtigten belegt ist, weil sie zum Förderzeitpunkt keiner Bindung (mehr) unterlag.

Neben dem Neubau von geförderten Wohnungen im 1. Förderweg (Bindung über 35 Jahre) sind geförderte Investitionen in den Bestand (neue Zweckbindung oder Verlängerung einer bestehenden Zweckbindung) dann gleichberechtigt in Bezug auf die Anzahl der neu zur Verfügung stehenden geförderten Wohnungen, wenn die gemäß der 30 %-Vorgabe errechnete Wohnfläche in die Modernisierungsförderung genommen wird. Es gelten folgende Regularien:

-       Bei Teilmodernisierung entsteht je 40.000.- EUR in Anspruch genommener Förderung eine Zweckbindung für eine durchschnittlich große Wohneinheit,

-       bei Modernisierung entsteht je 60.000 EUR eine Zweckbindung für eine durchschnittlich große Wohneinheit,

-       bei Sanierung entsteht je 80.000 EUR eine Zweckbindung für eine durchschnittlich große Wohneinheit.

Die Zweckbindung ist bei einer Bestandsförderung jedoch kürzer. Dieser „Nachteil“ wird akzeptiert.

Begründung:

-       Die Dauer der Zweckbindung ist zwar kürzer, dem Wohnungsmarkt kommt jedoch in Summe genauso viel geförderte Wohnfläche zu Gute.

-       Der Bürgerschaftsbeschluss beinhaltet bereits die vergleichsweise „strenge“ Vorgabe, dass der geförderte Neubau und die geförderte Modernisierung nur im 1. Förderweg zu erfolgen hat. Wenn Anteile der Förderung mit Modernisierung abgegolten werden können, entspricht dies in etwa der Hamburger Regel, die für zwei Drittel der 30 %-Quote den 2. Förderweg mit 20 Jahre Zweckbindung ermöglicht.

-       Zudem ist in die Abwägung zur Gewährung einer kürzeren Zweckbindung der Fall einzustellen, dass der berechtigte Mieter zu einem späteren Zeitpunkt nach Bezug der Wohnung nicht mehr die Berechtigungsvoraussetzungen erfüllen könnte, aber dennoch als berechtigter Mieter in der günstigen Wohnung bliebe. Dies ist bei einer 20-jährigen Zweckbindung weniger von Nachteil für den Wohnungsmarkt, als bei einer 35-jährigen Zweckbindung.

Bei der Investitionsförderung in den Bestand besteht der Vorteil gegenüber einem Neubau u. U. darin, dass in den bestehenden Wohngebieten der Stellplatznachweis (oftmals ebenerdig) bereits erbracht ist. Bei einer geförderten Neubaumaßnahme nehmen demgegenüber entweder ebenerdige Stellplätze wertvolles Bauland in Anspruch oder die aus städtebaulichen Gründen geforderten Stellplätze in der Tiefgarage werden nur zum Teil angemietet.

Wird die 30 %-Quote zu Teilen oder ganz über Modernisierungsförderung erbracht, kann u. U. der dann höheranteilige freifinanzierte Neubau mit einem aufwändigeren Standard kalkuliert und errichtet werden, z. B. mit Tiefgaragen, größeren Balkonen.

Die Erfüllung der 30 %-Quote durch eine Modernisierungsförderung hat i. d. R. in dem Stadtteil zu erfolgen, in dem das neue Baugebiet durch Bauleitplanverfahren entsteht. Die genaue Verortung der neuen oder zu verlängernden Bindungen erfolgt in Abstimmung mit dem Bereich Soziale Sicherung, u. a. um sicherzustellen, dass die Lage im Stadtteil hierfür geeignet ist. Wird kein Standort als geeignet abgestimmt, ist die Quote im Neubau zu erfüllen. 

 

Umsetzung der 30 %-Quote durch die Inanspruchnahme von Fördermitteln zum Erwerb von Zweckbindungen in Mietwohnungen

Neben der Neubauförderung und der Modernisierungsförderung können auch Fördermittel für den Erwerb von Zweckbindungen im Mietwohnungsbau in Anspruch genommen werden. Die Zweckbindung (Vergabe der Wohnung an Wohnberechtigte) muss mindestens 10 Jahre betragen.

Die Inanspruchnahme dieses Förderinstruments umfasst der Bürgerschaftsbeschuss nicht. Nichtdestotrotz können mit diesem Ansatz im gleichen Umfang wie bei Neubau und Modernisierung Wohnflächen in Zweckbindung genommen werden.

Auch hier hat die Erfüllung der 30 %-Quote durch dem Erwerb von Zweckbindungen i. d. R. in dem Stadtteil zu erfolgen, in dem das neue Baugebiet durch Bauleitplanverfahren entsteht. Die genaue Verortung der neuen oder zu verlängernden Bindungen sowie die Dauer der Zweckbindung erfolgt in Abstimmung mit dem Bereich Soziale Sicherung, u.a. um sicherzustellen, dass die Lage im Stadtteil hierfür geeignet ist. Wird kein Standort als geeignet abgestimmt, ist die Quote im Neubau zu erfüllen. 

 

Vorgabe zur Errichtung freifinanzierter Mietwohnungen

Die Verwaltung beabsichtigt zudem, bei neuen Gebietsentwicklungen neben der 30 %-Vorgabe für geförderten Mietwohnungsbau im 1. Förderweg im öffentlich-rechtlichen Vertrag zusätzlich eine Vorgabe für freifinanzierte Mietwohnungen zu vereinbaren.

Die Vorgabe einen Anteil an Mietwohnungsbau vorzusehen, wurde bereits in der Begründung zum Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan am Geniner Ufer formuliert und als Vorgabe in die Auslobung des städtebaulichen Realisierungswettbewerbs aufgenommen (VO/2017/05271 Beschluss vom 06.11.2017).

Ziel dieser Regelung ist es, einen angemessenen Mix an Wohnangeboten zu schaffen. Neben Eigentumswohnungen und geförderten Wohnungen, die einen Wohnberechtigungsschein voraussetzen, sollen auch  Mietwohnungen (für einen festzulegenden Zeitraum) für Mietwohnungsuchende im Baugebiet angeboten werden.

Das Erfordernis für diese Regelung begründet sich damit, dass der Verkauf von Eigentumswohnungen für viele Vorhabenträger eine kurzfristig zu erzielende Rendite ermöglicht und daher attraktiv ist. Mietobjekte werden somit oftmals im Zuge von Neubaumaßnahmen nicht mehr errichtet (vgl. z. B. Geschosswohnungsbauten mit bis zu 100% Eigentumswohnungen an der Wasserkunst, an der Moislinger Allee, an der Wallstraße, am Falkendamm, am Fischereihafen, am Godewind).

Folge dieser Tendenz ist, dass zunehmend weniger Mietwohnungen am Markt sind, wodurch die Wohnungsnot verschärft wird. Dieser Tendenz soll mit einem zu vereinbarenden Anteil von Mietwohnungen im Geschosswohnungsbau entgegengewirkt werden.

Die Höhe des Anteils an Mietwohnungen sowie die Dauer, für die die zu realisierenden Mietwohnungen vorzuhalten sind, wird unter Einstellung der rahmengebenden Aspekte wie Standort und Summe der zu erbringenden Leistungen festgelegt (Angemessenheitsprinzip).

 

Förderung von Wohngruppen, Bauherrengemeinschaften und kleinen Wohnungsbaugenossenschaften

Baugemeinschaften tragen in den Wohnquartieren in besonderem Maß zum sozialen Zusammenhalt und zur Stärkung der Nachbarschaften bei.

Gleichzeitig umfasst ihre Bildung und der Bau von gemeinschaftlichen zu nutzenden Gebäuden hohen personellen, zeitlichen und damit verbunden auch finanziellen Aufwand. Die Vergabe an eine Bauherrengemeinschaft erfolgt i.d.R. nicht freiwillig, u.a. auch weil der Vorhabeträger gewisse Zeitverzögerungen für den Gruppenprozess in Kauf nehmen muss.

Aufgrund der Stärkung des sozialen Zusammenhalts sollen Wohngruppenbildungen und ihre Ansiedlung in Neubauquartieren unterstützt werden. Sie sollen daher eine Zugangserleichterung zur Beförderung ihrer Ansiedlung erhalten:

Die Geschossflächen, die von Bauherrengemeinschaften errichtet werden, werden von der Gesamtbezugsgröße der Geschossflächen, die für die 30%-Quote in Ansatz gebracht werden, herausgerechnet.

Dies wir als vertretbar beurteilt, da Lübeck die 30%-Quote auf die Wohnfläche im geschosswohnungsbau  und nicht auf die zukünftige Anzahl der Bewohner im Geschosswohnungsbau bezieht. Da jedoch die durchschnittliche zur Verfügung stehende Wohnfläche / BewohnerIn in geförderten Wohnungen deutlich kleiner ist als in freifinanzierten Wohnungen, stellen die BewohnerInnen von geförderten Wohnungen bis zu 40 bis 50 % der gesamten Bewohnerschaft im Geschosswohnungsbau. Bsp.: 85 qm Wohnfläche werden im geförderten Wohnungsbau von vier Personen bewohnt und im freifinanzierten Wohnungsbau im Durchschnitt von zwei Personen.

Ein gewisser Abschlag von der Gesamtwohnfläche im Geschosswohnungsbau wird daher als vertretbar beurteilt.

 

Zusammenfassung der zu treffenden Regelungen, um

-          in den Stadtteilen

-          die 30 %-Quote für den geförderten Wohnungsbau im 1. Förderweg bei Neubauten

-          und Modernisierungen zu erreichen

-          sowie eine ausgewogene Mischung von gefördertem und freifinanziertem Wohnungsbau zu erhalten:

 

-       Die 30 %-Quote bezieht sich auf den geplanten Geschosswohnungsbau,

-       Bezugsgröße für die 30 %-Quote ist die maximal zu realisierende Wohnfläche im Geschosswohnungsbau,

-       die Schaffung von 30 % Wohnfläche für geförderte Wohnungen kann auch außerhalb des Bebauungsplangebiets, aber im selben Stadtteil durch „Modernisierungsförderung“ im 1. Förderweg oder durch die Inanspruchnahme von Fördermitteln zum Erwerb von Zweckbindungen in Mietwohnungen erfolgen,

-       zusätzlich zur 30 %-Quote für den geförderten Mietwohnungsbau ist ein zu vereinbarender Anteil des Geschosswohnungsbaus als freifinanzierter Mietwohnungsbau zu errichten.

-       Wohngruppen, Bauherrengemeinschaften und kleine Wohnungsbaugenossenschaften erhalten eine Zugangserleichterung durch Herausrechnung aus der 30 %-Quote.

 

Sicherung der Umsetzung

Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 BauGB kann die Stadt städtebauliche Verträge schließen, welche die mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele sichern und fördern sollen. Ein solches Ziel kann die Deckung des Wohnbedarfes von Bevölkerungsgruppen sein, die besondere Probleme auf dem freien Wohnungsmarkt haben.

Die Vorteile von städtebaulichen Verträgen bestehen darin, dass sie flexibel in der Anwendung sind und keines zeitaufwendigen Verfahrens bedürfen. Zu beachten ist allerdings, dass Nichtigkeitsgründe zu vermeiden und die Vertragspflichten zu sichern sind, sodass nach Rechtskraft des Bebauungsplanes die Vertragsinhalte auch tatsächlich durch den Vorhabenträger umgesetzt werden.

 

Folgende Inhalte sollte ein städtebaulicher Vertrag einschließen (keine abschließende Aufzählung):

-       Bauverpflichtung mit Fristen

Bebauung innerhalb von 3 Jahren nach Rechtskraft Bebauungsplan – als Nachweis hierfür gilt der Tag der Fertigstellung; die für die Realisierung der Mindestfläche notwendigen geförderten Wohnungen müssen innerhalb von 2 Jahren nach Fertigstellung an die Berechtigten zur Verfügung gestellt werden[2],

-       Bereitstellungspflicht

die Bereitstellungspflicht für die geförderten Wohnungen ist durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch zu sichern,

-       Regelungen bei Weiterveräußerung

z. B. Aufnahme einer Formulierung, dass die Fläche für den geforderten Anteil des geförderten Wohnungsbaus nur zu einem angemessenen Preis weiterverkauft werden darf, der dem  Erwerber die Realisierung auch ermöglicht, Zustimmungsvorbehalt der HL bei Verkauf,

-       Nichteinhalten der Vertragspflichten

z. B. Verhängung einer Vertragsstrafe bei vertragswidriger Nutzung der Grundstücksfläche mit einer Gesamtlaufzeit von 15 Jahren; Vertragsstrafe bei Nichteinhaltung der Bauverpflichtung; Vertragsstrafe bei Nichtbeantragung der Eintragung einer der vorgenannten Dienstbarkeiten innerhalb einer festzulegenden Frist nach Rechtskraft des Bebauungsplans,

-       Wohnungsgrößenmix gemäß den Vorgaben des Bereichs Soziale Sicherung.

 

Die vorgenannten Inhalte werden dann nicht in gesonderten städtebaulichen Verträgen geregelt, wenn die Hansestadt Lübeck Verkäuferin des zu bebauenden Grundstücks ist und die Verbilligungsrichtlinie Anwendung findet. In diesen Fällen werden entsprechende Regelungen in den abzuschließenden Grundstückskaufvertrag aufgenommen.

Klauseln in städtebaulichen Verträgen zur Sicherung der Realisierung von öffentlich gefördertem Wohnungsbau sind zulässig soweit sie angemessen sind. Den Einschränkungen des Investors müssen Vorteile zu seinem Gunsten gegenüber stehen, z.B. Planungsgewinne (das sind die durch die Bauleitplanung bedingten Bodenwertsteigerungen) oder die Veräußerung von Grundstücken zu verbilligten Preisen.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Verpflichtung der Bauherren/Vorhabenträger zur Errichtung von geförderten Wohnungen in der Konsequenz voraussetzt, dass ausreichend kommunales Förderbudget vorhanden ist und Antragsteller Fördermittel bewilligt bekommen.

Um auch im geförderten Wohnungsbau verschiedene Wohnformen anbieten zu können, können in Einzelfällen in Abstimmung mit dem Bereich Soziale Sicherung auch gartenbezogene Wohnformen als Sozialwohnungen errichtet werden. Hierbei bieten sich insbesondere Reihenhäuser an, da es sich um eine kompakte Bauweise auf kleinen Grundstücken handelt. Somit ist ein solches Bauvorhaben wirtschaftlich besser umsetzbar. Eine allgemein verbindliche Vorgabe soll es hierfür jedoch, wie auf Seite 3 dieses Berichts ausgeführt, nicht geben. Neben Bauflächen für die Eigentumsbildung (zur Bebauung mit Einfamilienhäusern als Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern) können Reihenhäuser auch als Mietreihenhäuser durch Investoren errichtet und betrieben werden. Aufgrund der derzeitigen hohen Grundstücks- und Baukosten finden sich jedoch kaum Interessenten, die ein solches Projekt umsetzen wollen.

 

Bebauungspläne im Verfahren bzw. in Vorbereitung, die gemäß Konzept Flächen für Geschosswohnungsbau umfassen, für die die 30 %-Quote vertraglich gesichert werden soll:

 

-       Fischereihafen / Baggersand[3] - Travemünde (495 GWB, 40 gefördert[4]),

-       Gründungsviertel (140 GWB, 12 gefördert)

-       Am Ährenfeld (Kepler Quartier) - St. Gertrud (165 GWB, davon 55 gefördert),

-       Rothebek[5] - St. Jürgen (30 GWB, 30 gefördert),

-       Pinassenweg – Buntekuh (24 GWB, 8 gefördert),

-       Nördliche Wallhalbinsel (k.A.)

-       Neue Teutendorfer Siedlung – Travemünde (50 GWB, 15 gefördert),

-       Geniner Ufer – St. Jürgen (830 GWB, 275 gefördert),

-       Friedhofsallee – St- Lorenz Nord (25 GWB, 8 gefördert),

-       Bornkamp – St. Jürgen (20 gefördert),

-       Schlutuper Straße – St. Gertrud (280 GWB, 100 gefördert),

-       Schlachthof – St. Lorenz Nord (130 GWB, 40 gefördert),

-       Schönböckener Straße – St. Lorenz Nord (45 GWB, 15 gefördert),

-       Volksfestplatz – St. Gertrud (65 GWB, 20 gefördert),

-       Güterbahnhof – St. Lorenz Süd (110 GWB, 35 gefördert).

 

Hinweis:

Für Wohngebiete in Bebauungsplänen die bereits beschlossen bzw. rechtskräftig sind, können im Nachgang keine Regelungen mehr getroffen werden. Die Verträge nach § 11 Baugesetzbuch sollten zeitlich vor den Auslegungsbeschluss jedoch spätestens vor Satzungsbeschluss geschlossen werden.

Dies betrifft gleichermaßen Grundstücke privater Eigentümer, auf denen eine Ersatz- oder erstmalige Bebauung nach § 34 Baugesetzbuch erfolgt.

 

Anwendungsbeispiel Medenbreite

Das Baugebiet Medenbreite liegt im Westen des Stadtgebietes der Hansestadt Lübeck im Bereich der Siedlung Dornbreite. Der Anteil geförderten Wohnungsbaus ist in der Umgebung sehr gering. Geplant ist eine Siedlungsarrondierung mit freistehenden Einfamilienhäusern und Doppelhäusern. Es soll kein Anteil geförderten Wohnungsbaus umgesetzt werden.

Zu den Gründen:

Die städtebauliche Struktur des näheren Umfeldes wird von kleinteiliger, eigentumsbetonter Bauweise geprägt. Geschosswohnungsbau, der sich vordergründig für geförderten Wohnungsbau anbietet, würde sich städtebaulich nicht einfügen.

Eine Bebauung mit Reihenhäusern wäre zwar städtebaulich denkbar, jedoch sind die Erwerbskosten für das Bauland zu hoch. Eine wirtschaftliche Bebauung von geförderten Reihenhäusern in dieser Lage ist für einen Bauherren nicht leistbar und die Vorgabe wäre nicht verhältnismäßig.

Ein weiterer Aspekt, der gegen eine geförderte Wohnbebauung spricht, ist die Stadtrandlage. Anspruch auf eine geförderte Wohnung haben Menschen im unteren Einkommenssegment. Es ist zu vermuten, dass diese Haushalte nur über einen PKW verfügen; ein Partner also auf Alternativen zur Fortbewegung angewiesen ist. Da der Stadtbus nur im Halbstunden- bis Stundentakt verkehrt und die Innenstadt knapp 5 km entfernt liegt, sollte das direkte Wohnumfeld idealerweise entsprechend viele Angebote der Nahversorgung, Daseinsvorsorge und Freizeitbeschäftigung aufweisen. Diese Anforderung ist im Plangebiet bzw. dessen näherer Umgebung nicht im ausreichenden Maße gegeben.

 

Anwendungsbeispiel Pinassenweg

Das Baugebiet Pinassenweg liegt südwestlich des Stadtzentrums der Hansestadt Lübeck im Stadtteil Buntekuh. Geplant ist eine verdichtete Bauweise mit Reihenhäusern und einem Anteil Geschosswohnungsbau. Es wird ein Anteil von 30 % der Geschossfläche im Geschosswohnungsbau als geförderter Wohnraum gefordert.

Zu den Gründen:

Die städtebauliche Struktur des näheren Umfeldes ist heterogen und wird sowohl von kleinteiliger, eigentumsbetonter Bauweise als auch von Geschosswohnungsbau geprägt. Daher wird auch ein Anteil von Geschosswohnungsbau im Vorhaben vorgesehen.

Das Baugebiet liegt integriert im Siedlungsgefüge. In der näheren Umgebung befinden sich diverse  Geschäfte sowie soziale und medizinische Infrastruktur. Daher bietet sich das Gebiet auch für Bewohnergruppen an, die keinen motorisierten Individualverkehr nutzen.

Der Anteil der Wohnungen im Geschosswohnungsbau allgemein liegt bei dem Projekt bei etwa 25 %. Die geforderten 30 % geförderter Wohnungsbau im Geschosswohnungsbau entsprechen daher am Gesamtvolumen des Vorhabens etwa 8 % der Wohneinheiten.

Von einer zusätzlichen Verpflichtung auch geförderte Mietreihenhäuser zu errichten wird abgesehen, da die übrigen Belastungen bereits in Summe als hoch zu bewerten sind, u.a. Abgabe eines Grundstücks für KiTa, vergleichsweise niedriger Bodenrichtwert. 

 


[1] Die Erhöhung der Fördermieten wird noch im Frühjahr 2018 erfolgen. Geplant sind in Regionalstufe III 5,95 EUR/.

[2] Formulierungen entlehnt vom Muster der Grundvereinbarung des Liegenschaftsamtes Karlsruhe (Stand 07.03.2016)

[3] Rechtskraft besteht, Sicherung erfolgte im Kaufvertrag zwischen HL und Wohnungsbaukonsortium

[4] Schätzzahlen aus Wohnungsmarktbericht 2017

[5] Rechtskraft besteht, Sicherung erfolgt durch KWL nach Maßgabe des Verkäufers, dem Land SH


Anlagen