1) Wie viele der abgewiesenen Frauen haben bereits zuvor um Schutz in einem der Frauenhäuser gebeten und auch erhalten?
Hierzu kann keine konkrete Aussage getroffen werden, da dies statistisch nicht erfasst wird. Wichtig ist den Frauenhäusern, in der Akutsituation oder bei einem Kontakt, Hilfen anzubieten. Frauen rufen aus dem gesamten Bundesgebiet an. Bei Lübeckerinnen wird bei mangelnden Kapazitäten oder zur Abklärung der Situation eine externe Beratung angeboten. In akuten Fällen wird nach einer Lösung gesucht. Hierzu gehört ggf. auch ein Umzug in ein anderes Bundesland. Soweit möglich, wird eine Option in den Lübecker Frauenhäusern gesucht. Mitunter erreichen die Frauenhäuser auch Anfragen, die sie an andere Beratungsstellen verweisen, da andere Bedarfe vorliegen (z.B. akute psychische Erkrankung).
Bei Abweisungen gilt generell, dass die Frauen mit Informationen versorgt werden. Bei Vorliegen von häuslicher Gewalt wird die Unterstützung bei der Suche nach einem Frauenhausplatz an anderem Ort angeboten. Plätze werden telefonisch abgefragt, es findet Recherche im Internet statt, die Lübecker Frauenhäuser fungieren als Brücke zum Hilfesystem. Da die Kapazitäten bundesweit nicht ausreichen, ist ein Wunschort oder eine Wunschregion oftmals nicht verfügbar. Hinzu kommen Schwierigkeiten durch fehlende, unsichere Aufenthaltsstatus, Notwendigkeit von Umverteilungen, beispielsweise im Asylrecht, zur Wohnsitznahme an anderem Ort, sowie die Anzahl der Kinder oder jugendlicher Söhne.
Soweit die Frauen während des Verfahrens von vorherigen Aufenthalten berichten, wird dies nicht gesondert statistisch erfasst.
2) Wie viele Frauen und Kinder sind bereits zuvor abgewiesen worden, bevor sie er-
neut um Schutz gebeten haben?
Auch zu den angefragten vorherigen Abweisungen werden keine gesonderten Daten erfasst. Die Nichtaufnahme einer Frau bzw. Familie fällt den Mitarbeiter:innen der Frauenhäuser in einer konkreten Situation nicht leicht, und es werden vor der Absage alle vorhandenen Möglichkeiten ausgeschöpft.
Es gibt Frauen, die mehrfach anfragen, um aus einer Gewaltsituation heraus zu kommen. Mitunter möchten auch die Frauen, die in der Not andernorts untergebracht wurden, wieder zurück in ihr gewohntes Wohnumfeld. Gerade bei Frauen und Familien, die eine Überbrückung durch Verwandte oder Bekannte in Anspruch genommen haben, ist die Kontaktfläche größer. Bei einem erleichterten Zugang zu Wohnraum von Frauen und Familien in gesicherter Lage könnten diese Plätze kurzfristiger anderen Frauen oder Familien in Akutsituationen zur Verfügung gestellt werden.
3) Welche konkreten politischen Maßnahmen sind von der Kommunalpolitik in Lübeck aus Sicht der Verwaltung und insbesondere des Frauenbüros zu ergreifen, um schnellstmöglich sicherzustellen, dass vom Frauenhaus abgewiesene Frauen und Kinder auf keinen Fall in die Obdachlosigkeit und nicht in den Haushalt zurückkehren müssen, wo der gewalttätige Mensch mit lebt?
Es gab in diesem Jahr bereits mehrere Arbeitstreffen zwischen dem Frauenbüro, den Frauenhäusern und der Beratungsstelle für Frauen in Not (Träger ist die Diakonie Nordnordost); des Weiteren fanden Gespräche mit Senatorin Steinrücke, dem Bereich Sozialen Sicherung und den Frauenhäusern statt. Ebenso gab es ein Treffen mit den genannten Frauenfacheinrichtungen und Lübecker Kommunalpolitiker:innen, um die vorhandenen politischen Anträge zum Thema miteinander abzustimmen mit der Zielsetzung, die Situation gewaltbetroffener Frauen zu verbessern. Die Ergebnisse des letztgenannten Treffens flossen in den interfraktionellen Antrag „Dringlichkeitsantrag Aktionsplan Istanbul Konvention - Schutz vor häuslicher Gewalt, Frauenhäuser entlasten“ (VO/2024/13247) ein, der am 7. Mai 2024 mehrheitlich vom Sozialausschuss verabschiedet wurde.
Das Frauenbüro teilt die Notwendigkeit der dort beschlossenen Prüfung kurzfristig umsetzbarer Maßnahmen, um die Frauenhäuser zu entlasten und mehr Frauen schützen zu können. Als große Aufgabe bleibt jedoch der angespannte (bezahlbare) Wohnungsmarkt, der es gewaltbetroffenen Frauen, insbesondere mit Kindern, erheblich erschwert, das Frauenhaus zeitnah wieder zu verlassen und so Platz für andere betroffene Frauen zu machen.
Ferner wurde im Sozialausschuss die Erstellung eines Aktionsplanes für die Umsetzung des 2018 von Deutschland verabschiedeten „Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen* und häusliche Gewalt“ – kurz Istanbul Konvention – in Bezug auf Lübeck beauftragt. Dies ist aus Sicht des Frauenbüros sinnvoll und notwendig, um konzeptionell Maßnahmen zu erarbeiten, die kurz-, mittel- und langfristig unter Einbindung der breiten Fachexpertise lübeckspezifisch geplant und in die Umsetzung gebracht werden können; die vom Frauenbüro erstellte, aktuell in Endredaktion befindliche Bestandsaufnahme zur Istanbul Konvention in Lübeck, kann hierfür die notwendige Ausgangsbasis darstellen.