Um bei dieser Umplanung möglichst auch die Belange anderer Fachbereiche von Beginn an zu integrieren, fanden im letzten Jahr auf Initiative der Klimaleitstelle zahlreiche Gespräche zwischen Stadtgrün und Verkehr, Stadtplanung und Bauordnung, UNV sowie den Entsorgungsbetrieben Lübeck statt. Ziel ist, ab Herbst 2022 die fahrradfreundliche Gestaltung Lübecks mit der Umsetzung der Klimaanpassung zu verknüpfen, im Rahmen eines Pilotprojektes zu testen und anschließend zu evaluieren. Gemeinsam wählten die beteiligten Bereiche anhand unterschiedlicher Kriterien den Ost- und Westpreußenring in Kücknitz als einen geeigneten Straßenraum aus, in dem folgende Rahmenbedingungen vorzufinden sind:
- geplante Umgestaltung des gesamten Straßenraumes für den Umbau der Zweirichtungsradwege
- geplanter barrierefreier Umbau von Bushaltestellen und Fußverkehrsanlagen entsprechend des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen (2002) und zur Barrierefreiheit im Öffentlichen Personennahverkehr gemäß Personenbeförderungsgesetz (PBefG)
- großflächig überflutungsgefährdeter Bereich gemäß Hinweiskarte Starkregen (Stand Juni 2020)
- überlastetes Einzugsgebiet der Mischwasserkanalisation, aus dem bei stärkeren Regenereignissen ungeklärtes Mischwasser in den Voßgraben einleitet wird und dies zu einer deutlichen Gewässerbelastung führt
- gute bis sehr gute Versickerungsfähigkeit des Untergrundes
Folgende Ziele sollen vor Ort im Rahmen der Umgestaltung erreicht werden:
- attraktivere und sichere Gestaltung der Rad- und Fußwege
- barrierefreie Gestaltung der Fußwege, Übergänge und Bushaltestellen
- Verkleinerung der Fahrbahnquerschnitte und Herstellung neuer Deckenaufbauten – wo möglich und umsetzbar
- zur Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit und des Lärmaufkommens
- zur stärkeren Durchgrünung des Straßenraumes
- Abkopplung von versiegelten Flächen im Straßenraum von der Mischkanalisation zur gezielten Versickerung, temporären Rückhaltung und Verdunstung des Niederschlagswassers durch den Einsatz bspw. von begrünten Mulden, Tiefbeeten, Baumrigolen, Sickerschächten, wasserdurchlässigen Straßenbelägen und Notwasserwegen
- Einbeziehen von Anlieger:innen (Private, Wohnungsbauunternehmen) zur Stärkung der Überflutungsvorsorge im Quartier
- attraktivere Gestaltung des Straßenraumes durch mehr Grünelemente und damit Steigerung der Aufenthaltsqualität und Verbesserung des Mikroklimas
Darüber hinaus plant die Klimaleitstelle im Herbst 2022 in Zusammenarbeit mit den beteiligten Bereichen, die Anwohnenden im Rahmen einer Bürgerinformation / Bürgerbeteiligung vorab über die Hintergründe des geplanten Pilotprojektes zu informieren. Es soll zudem auf die Notwendigkeit zur Überflutungsvorsorge auf den Privatgrundstücken hingewiesen und geeignete Maßnahmen am Gebäude und Grundstück vorgestellt werden. Darüber hinaus werden Lichtraumprofile und mögliche Straßenquerschnitte nach aktuellen Richtlinien mit den Kücknitzer Anwohner:innen diskutiert. Eine weitere Beteiligung soll im Frühjahr 2023 erfolgen, damit die Fördermittel des Landes Schleswig-Holstein zum Neubau von Fuß- und Radinfrastruktur und zum barrierefreien Umbau von Bushaltestellen fristgerecht zum 01.05.2023 beantragt werden können.
Für die wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung des Pilotprojektes wird die Hansestadt Lübeck unter Vorbehalt der formellen Zusage durch den Fördermittelgeber im Juni 2022 in die 2. Phase des BMBF-Projektes „BlueGreenStreets – Multifunktionale Straßenräume für mehr Klimaschutz und Klimaanpassung“ als Praxispartner in die Umsetzungs- und Verstetigungsphase einsteigen. Das Projekt wird von der HafenCity Universität Hamburg koordiniert und ist Teil der BMBF-Initiative „Res:Z - Ressourceneffiziente Stadtquartiere“. Die wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung ist für die Hansestadt kostenfrei.
Weitere Informationen zum Forschungsprojekt sind finden unter:
Ausführlichere Informationen zum Lübecker Pilotprojekt befinden sich im beiliegenden Bericht.
Zusammenfassend verfolgt das Pilotprojekt „Wassersensible, fahrradfreundliche und barrierefreie Straßenraumgestaltung am Ost- und Westpreußenring in Kücknitz“ einen integrativen und innovativen Ansatz, der von der Klimaleitstelle, der Abteilung Urbane Mobilität des Bereiches Stadtgrün und Verkehr, der Unteren Wasserbehörde und den Entsorgungsbetrieben initiiert wird. Hier könnnen gleichzeitig sowohl Verkehrssicherheitsbelange als auch Ziele der Klimaanpassung miteinander vereint und gemeinsam umgesetzt werden. Dieses Projekt bietet damit die Chance, als Pilotprojekt für alle künftigen Baumaßnahmen im öffentlichen Raum zu dienen.
Die Planung des Projektes erfolgt federführend von der Abteilung Urbane Mobilität. Der Bereich Stadtgrün und Verkehr wird daher entsprechende Haushaltsmittel für die Haushaltsjahre 2023 ff. beantragen.