Vorlage - VO/2021/10148-01  

Betreff: Antwort auf die Anfrage von AM Dagmar Hildebrand (CDU): Umsetzung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Monika FrankBezüglich:
VO/2021/10148
Federführend:4.041 - Fachbereichs-Dienste Bearbeiter/-in: Drescher, Thorsten
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Jugendhilfeausschuss zur Kenntnisnahme
02.09.2021 
24. Sitzung des Jugendhilfeausschusses (Wahlperiode 2018 - 2023) zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Anfrage von AM Dagmar Hildebrand (CDU): Umsetzung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes:

 

Am 21.04.2021 wurde das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz KJSG vom Deutschen Bundestag verabschiedet.

1)      Wie hat sich die Hansestadt Lübeck auf die Umsetzung des Gesetzes vorbereitet?

2)      Hat das Jugendamt für die Umsetzung des Gesetzes die nötigen Fachkräfte zur Verfügung?

3)      Wie sieht die Kooperation mit den unterschiedlichen Akteuren in der Hansestadt Lübeck aus, hier: Kinder- und Jugendhilfe, Strafverfolgungsbehörden, Kinderärzte, Jugendamt?

4)      Wie viele Plätze hat die Hansestadt Lübeck in Kitas für Kinder mit Behinderung und an welchen Standorten“

 

Beschlusstext zur Bekanntgabe im öffentlichen Teil:

(nur bei nichtöffentlichen Vorlagen)

 


Begründung

 

Vorbemerkung:

 

Am 07.06.2017 wurde der frühere Entwurf des Kinder- und Jugendhilfestärkungsgesetztes (KJSG) vom Bundesrat von der Tagesordnung genommen, weil es erkennbar keine Mehrheit zur Zustimmung gab. Ende 2018 wurde im Beteiligungsprozess Mitreden Mitgestalten“ ein zweiter Anlauf gestartet. Im Anschluss daran wurde im Oktober 2020 ein neuer Referentenentwurf durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vorgelegt. Im Dezember 2020 folgte der Regierungsentwurf, im März 2021 Änderungsvorschläge des Bundesrates und Gegenäerungen der Bundesregierungen. Der Bundestag beschloss das Gesetz Ende April 2021 und der Bundesrat stimmte am 07.05.2021 zu. Das KSJG ist zum 10.06.2021 in Kraft getreten. Ausgenommen davon sind Regelungen zu Verfahrenslots:innen und Gesamtzuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder mit Behinderung.

Der Städteverband Schleswig-Holstein argumentiert in einem Brief am 05.07.2021 an den Staatssekretär des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren des Landes Schleswig-Holstein, dass der Bund den Gemeinden und Gemeindeverbänden keine qualitativ oder quantitativen wesentlichen Erweiterungen von Aufgaben übertragen darf. Die Rechtsauffassung des ist hingegen, dass unmittelbare Umsetzungswirkungen bei den örtlichen Trägern der Jugendhilfe und Einrichtungsträgern ausgelöst worden seien.

Darüber hinaus enthält das SGB VIII in verschiedenen Leistungen der Jugendhilfe Landesrechtsvorbehalte, so u.a. bei der Jugendarbeit, der Förderung von Kindern in Tageseinrichtung sowie bei Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen. Im Rahmen des KJSG werden in zum Teil neuen Leistungsbereichen Landesrechtsvorbehalte eingeführt (vgl. §§ 4, 9a, 13a SGB VIII i.V.m. KJSG). Derzeit liegen der Verwaltung keine Informationen zur geplanten Ausgestaltung seitens des Landes Schleswig-Holstein vor.

 

Zu 1)

Die Leitungs- und Planungsfachkräfte der zuständigen Stellen der Hansestadt Lübeck verfolgen den Gesetzgebungsprozess sowie den entsprechenden Fachdiskurs, besuchen Fortbildungen und sind im Austausch mit anderen Kommunen. Derzeit wird eine Prüfung vorbereitet, welche konkreten Auswirkungen das KJSG auf die jeweiligen Bereiche hat.

Die Verwaltung plant, dass ein externer Referent dem Jugendhilfeausschuss die zentralen Änderungen des KJSG präsentiert.

 

Zu 2)

Das KJSG sieht verschiedene Änderungen vor, die mittelfristig mit zusätzlichen Kosten- und Personalaufwand, insbesondere im Bereich des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) und der Hilfen zur Erziehung verbunden sein werden. Dies sind u.a.:

-           stärkere Beteiligung von Berufsgeheimnisträger:innen im Kinderschutz,

-           engere Zusammenarbeit von Jugendamt, Jugendstaatsanwaltschaft und Polizei sowie anderen Akteuren in Einzelfällen,

-           größere Zahl zu beteiligender Personen bei der Hilfeplanung gem. § 36 SGB VIII,

-           Verpflichtung zur Entwicklung, Anwendung und Überprüfung von Schutzkonzepten sowie Stärkung der Kontinuitätssicherung in Pflegeverhältnissen gem. § 33 SGB VIII,

-           Erhöhung des Verpflichtungsgrades für Hilfen für junge Volljährige gem. § 41 SGB VIII,

-           Ausbau von präventiven Angebote und Leistungen,  

-           verstärkte Sozialraumorientierung und inklusive Ausrichtung der Jugendhilfeplanung (§ 80 Abs. 2-4 SGB VIII),

-           stufenweiser Übergang zu einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe sowie Zusammenführung der Leistungen für junge Menschen mit (drohender) Behinderung unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe.

 

Im Gesetzesentwurf des Deutschen Bundestages wird mit einer Steigerung der Kosten für den Verwaltungsvollzug von rund 88,8 Millionen Euro p.a. (113,8 Millionen Euro inklusive Gemeinkosten) gerechnet. Hinzu kommen in den Jahren 2024 bis 2027 Umsetzungskosten von 14,5 Millionen Euro (18,5 Millionen Euro inklusive Gemeinkosten) für die Umsetzung der Verfahrenslotsen gem. § 10b SGB VIII). Außerdem wird ein Umstellungsaufwand von rund 2,9 Millionen Euro (3,7 Millionen Euro inkl. Gemeinkosten) kalkuliert. Es entstehen neben den Kosten im Verwaltungsvollzug auch Mehrkosten für Kommunen und Länder. Der Bund erwartet eine erhöhte Inanspruchnahme der Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfen für junge Volljährige, die Mehrkosten von rund 44 Millionen Euro p.a. für Länder und Kommunen verursacht. Die Reduzierung des Kostenbeitrages für junge Menschen in den Hilfen zur Erziehung hat eine Reduzierung der kommunalen Einnahmen von schätzungsweise 32 Millionen Euro p.a. zur Folge (Drucksache des Deutschen Bundestages 19/26107: S. 8f.).

Die konkreten personellen und finanziellen Mehrbedarfe lassen sich derzeit r die Hansestadt Lübeck noch nicht beziffern. Ein erhöhter Personal- und Finanzbedarf ist wahrscheinlich.

 

Zu 3)

In Lübeck arbeiten alle für einen gelingenden Kinderschutz verantwortlichen und mitverantwortlichen Akteure in einem engen, verlässlichen Netzwerk zusammen. Die seit vielen Jahren verbindliche und bewährte Zusammenarbeit ist u. a. auf Grundlagen des Kinderschutzgesetzes S-H vom 29. Mai 2008 und des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz vom 22.12.2011, KKG, in Lübeck umgesetzt und in der Praxis fortlaufend angepasst worden. Entsprechend § 3 Abs. 2 KKG sind Einrichtungen und Dienste der öffentlichen und freien Jugendhilfe, Gesundheitswesen (Kinderärzte, Rechtsmedizin, Gynäkologen, Gesundheitsamt, Kinder- und Jugendpsychiater), Soziale Sicherung, Schulamt und Bereich Schule und Sport, Polizei- und Ordnungsbehörde, Agentur für Arbeit, die Lübecker Kliniken, die Frühförderung, die Kindertagesbetreuung, die Beratungsstellen, das Familiengericht, im Netzwerk verbunden. Neben dem übergreifenden Arbeitskreis (Kooperationskreis im Kinderschutz gemäß § 12 KinderschutzG S-H) bestehen etliche weitere Arbeitskreise auf der direkten Ebene der verschiedenen Praktikerinnen und Praktiker. Gebündelt wird die Zusammenarbeit im Bereich Familienhilfen/Jugendamt mit der Federführung im Kooperationskreis Kinderschutz und mit der hier verorteten Kinderschutzkoordinatorin, als zentraler und direkter Ansprechperson.

 

Zu 4)

Im Kita-Jahr 2020/21 werden 335 Kinder mit Behinderungen in den Lübecker Kitas betreut. Die Plätze stehen in allen Lübecker Stadtteilen an 58 Kitastandorten zur Verfügung. 190 Plätze standen in Integrationsgruppen zur Verfügung, 45 Plätze in heilpädagogischen Kleingruppe an Kitas und 100 Kinder wurden im Rahmen einer Einzelintegration betreut (Jugendhilfeplanung-Kindertagesbetreuung, VO 2021/09729, März 2021).

 


 


Anlagen

keine
 

Stammbaum:
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