Vorlage - VO/2020/08939  

Betreff: Antwort auf die Anfrage des AM Simon betr. Ausbau der Bahnstrecke Lübeck - Bad Kleinen
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Hagen
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Stolte, Christian
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
15.06.2020 
35. Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
23.06.2020 
34. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag


Anfrage des AM Simon (CDU) im Hauptausschuss am 12.05.2020 (VO/2020/08901)

 


Begründung


Frage: Wie oft und wann war die Verwaltung in Gespräche mit den planenden Bereichen des Bundes und/oder der Bahn eingebunden?


Bislang wurde das Infrastrukturprojekt in seiner Gesamtheit der Lübecker Öffentlichkeit nicht präsentiert. Es wurde zwar am 19. Februar 2018 eine Präsentation des Projekts im Bauausschuss vorgestellt, die dort präsentierten Inhalte betrafen aber lediglich allgemeine verkehrspolitische Rahmenbedingungen des Projektes sowie eine Grobskizze des Neubauabschnitts in Bad Kleinen. Die Auswirkungen des Projekts auf Lübecker Gebiet wurden in dieser Präsentation nicht dargestellt.


Die Behauptung des BMVI in der einschlägigen Bundestags-Drucksache 19/17945, die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung sei bereits erfolgt, ist damit für die Hansestadt Lübeck nicht korrekt. Diese Aussage wird im Übrigen in den beiden Anlagen zur Drucksache, sowohl im Bericht der DB als auch im Prüfbericht des Eisenbahnbundesamtes, richtiggestellt; die gesamte Drucksache ist in diesem Punkt uneindeutig. Auf Seite 6 der Drucksache ist allerdings der Hinweis zu finden, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung für den Raum Lübeck in Planung ist. Im Internetauftritt der DB (www.bauprojekte.deutschebahn.com/p/luebeck-schwerin) werden die Aktivitäten der Bürgerbeteiligung dargestellt. Dort wird deutlich, dass die Beteiligung ausschließlich in Mecklenburg-Vorpommern stattgefunden hat.


Da die DB Trägerin des Vorhabens ist und ihr damit auch die Verantwortung für die frühzeitige Information der Öffentlichkeit unterliegt, hat die Hansestadt Lübeck keine Möglichkeit, bestimmte Verfahrensschritte in eigener Zuständigkeit einzuleiten oder eine beschleunigte Bereitstellung wesentlicher Unterlagen zu veranlassen.

 

Am 09.01.2018 hat ein Termin zum Gesamtvorhaben Ausbau der Bahnstrecke Lübeck - Schwerin in Vorbereitung des Bauausschusses am 19.02.2020 stattgefunden. Darüber hinaus gab es von Januar 2018 bis August 2018 mehrere Termine bzw. Telefonate mit der DB bzw. dem UKSH zur Ausgestaltung des Bahnübergangs an der Ratzeburger Allee (siehe weiter unten).

 


Frage: Belange der Gesundheitsgefährdung: sind die hier aufgeführten Maßnahmen auf Lübecker Gebiet angemessen oder gibt es aus Sicht der Verwaltung weiteren Bedarf? Wenn ja: welcher und wann ist dieser definiert und angemeldet worden?


Übergesetzlicher Lärmschutz: der Bund geht in der Vorlage davon aus, dass die HL auch für diese Ausbaustrecke Maßnahmen zum übergesetzlichen Lärmschutz anmelden wird, da der Ausbau in direktem Zusammenhang mit der FFBQ steht und bereits Maßnahmen für den Teilabschnitt von Bad Schwartau bis Moisling angemeldet worden sind. Hat die Verwaltung bereits Maßnahmen für die Ausbaustrecke Lübeck – Bad Kleinen definiert? Wenn ja, welche sind dies und warum liegen sie dem Bund noch nicht vor? Wenn nein: wann ist mit einem Ergebnis und der Vorlage beim Bund zu rechnen?


Da eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung auf dem Lübecker Streckenabschnitt noch nicht stattfand, kann eine Einschätzung über die zu erwartende Lärmbelastung lediglich der Bundestagsdrucksache entnommen werden, nicht aber den für eine Bewertung erforderlichen Gutachten und Planunterlagen. Grundsätzlich sieht die Verwaltung das Erfordernis, in allen von Mehrverkehren betroffenen Streckenabschnitten auf dem Gebiet der HL ein einheitliches Schutzniveau von unter 49 dB(A) Nachts zu gewährleisten – unabhängig vom Umfang der Mehrbelastung.


Die Forderung nach einem übergesetzlichen Lärmschutz entlang der Strecke Lübeck – Bad Kleinen wurde, u. a. aufgrund des Beschlusses der Bürgerschaft/des Bauausschusses vom 01.04.2019, postalisch an den Projektbeirat FBQ übermittelt und in der Sitzung vom 21.08.2019 diskutiert. Der Antrag der HL, mit dem Streckenabschnitt in LübeckSt. Jürgen berücksichtigt zu werden, wurde vom Projektbeirat allerdings mehrheitlich abgelehnt. Stattdessen wurde auf die entsprechende frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen des Projekts Lübeck-Schwerin verwiesen. Diese fand jedoch in Lübeck noch nicht statt. 


Laut Aussage des BMVI ist davon auszugehen, dass „Auf Grund der räumlichen Nähe zur FBQ (..) Forderungen zum Lärmschutz erwartet (werden)“ (Bt-Drs. S. 6). Sobald dieser Verfahrensschritt der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung auf Lübecker Gebiet durchgeführt wird, werden die Forderungen der HL selbstverständlich wieder vorzubringen sein.


Grundsätzlich werden alle gesetzlichen wie übergesetzlichen Maßnahmenvorschläge zum Lärmschutz durch die DB definiert und planerisch umgesetzt; dies geschah im Falle der FBQ-Hinterlandanbindung in enger Abstimmung mit den Kommunen und dem Land.


Frage: Welche Wünsche hat die HL in die Gespräche mit dem Bund/der Bahn eingebracht, um die Schließzeiten der Schranken zu minimieren bzw. eine unterbrechungsfreie Anbindung des Verkehrs in/aus dem Lübecker Süden und zum/vom UKSH in die anderen Stadtteile zu gewährleisten? Wurde die Prüfung kreuzungsfreier Übergänge (Unter- oder Überführung/Brücke) in die Gespräche eingebracht und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?

 

Bereits im Januar 2018 hatte sich Bausenatorin Hagen in einem gemeinsamen Gespräch mit der DB für eine umfassende Lösung eingesetzt. Zum damaligen Zeitpunkt, bestand wenig Bereitschaft bei der DB eine kreuzungsfreie Variante im Zuge der Ausbauplanung der Strecke mitzudenken. Die Verwaltung begrüßt deshalb ausdrücklich, dass sich der Bund und die DB nun bereit erklärt haben, sich des Themas des kreuzungsfreien Bahnübergangs anzunehmen.
Eine unterbrechungsfreie Unter-/Überführung der Ratzeburger Allee wäre für eine Verbesserung der Anbindung des UKSH wünschenswert, aber städtebaulich herausfordernd. Eine Überprüfung der baulichen Umsetzung seitens der Verwaltung im Auftrag der Politik hat im Jahr 2018 ergeben, dass dies Folgen auf die Erschließung der benachbarten Nutzungen hat, da die erforderlichen Rampen weit in den Verlauf der Ratzeburger Allee hineinragen. Daher wurde die Verwaltung beauftragt (VO/2018/05936), Möglichkeiten der Verringerung der Schließzeiten bei Beibehaltung des Bahnüberganges zu ermitteln. Eine entsprechende Untersuchung liegt vor und wird derzeit parallel als Vorlage (VO/2020/08871) in die Gremien eingebracht.


Im Ergebnis stellt bei einer niveaugleichen Lösung eine Versetzung eines Signals an der Bahntrasse die Vorzugsvariante aus Sicht der Verwaltung dar. Dies würde die Bahn jedoch nicht initiativ veranlassen, da bis 2026 bauliche Anpassungen an der Strecke Lübeck – Bad Kleinen ohnehin erfolgen werden. Zwar handelt es sich bei dem Ausbau der Strecke und dem Versetzen des Signals um zwei getrennte Vorhaben aus Sicht der DB, dennoch ist eine bauliche Umsetzung vorzugsweise zeitgleich vorzunehmen. Eine anteilige Kostenübernahme der HL an den Gesamtkosten zwischen 400.000 Euro und 500.000 Euro ist abschließend zu prüfen, da der Bedarf hier von der Kommune ausgeht und nicht von der Bahn. Offen ist derzeit ebenfalls noch, wann eine solche Maßnahme umsetzbar wäre.

 

Frage: Liegen Angaben dazu vor bzw. wurde geprüft, wie viele Güterzüge (Länge bis zu 740 m) täglich den Bahnübergang passieren, mit welcher Geschwindigkeit und wie lang die Passage- und Schließzeiten voraussichtlich sein werden?


Der Bundesverkehrswegeplan 2030 geht in seiner Prognose von 11 Güterzügen pro Tag aus. Rückschlüsse auf ein konkretes Betriebsprogramm, welches wiederum Rückschlüsse auf die Geschwindigkeit auf der Strecke sowie die Schließzeiten am Bahnübergang liefern könnte, können aus einer sogenannten Eisenbahnbetriebswissenschaftlichen Leistungsfähigkeitsuntersuchung (EBWU/„Stresstest“) für die Strecke abgeleitet werden. Diese liegt offensichtlich vor (S. Bt.-Drs. Seite 16) und wird seitens der DB für die weitere Planung der Streckentechnik verwendet. 


Grundsätzliches zu „Stresstests“/zur EBWU: Die Hansestadt Lübeck forderte in der Vergangenheit wiederholt, eine detaillierte Untersuchung der Belastbarkeit des Eisenbahnknotens Lübeck durchzuführen, da die bislang vorliegende EBWU aus dem Jahr 2012 lediglich generalisierte Aussagen über die Zugverkehre in Lübeck zuließ. Bislang wurde in Gesprächen mit der DB das Erfordernis für eine detaillierte Untersuchung stets bestritten. Nun liegen der DB aber anscheinend nicht nur für die Ausbaustrecke Lübeck-Schwerin, sondern auch für den Knoten Lübeck diese detaillierten Untersuchungen vor, wie der HL am 04.05.2020 seitens der DB mitgeteilt wurde. 


Da die DB diese Untersuchungen aber unter Verweis auf nicht  näher definierte Regeln unter Verschluss hält, ist eine Erhöhung des kommunal-, landes- und auch bundespolitischen Drucks auf die Bahn zu empfehlen.


Eine adäquate Einschätzung der technisch tatsächlich möglichen zukünftigen Verkehre auf der Strecke kann aufgrund der bisherigen geringen Transparenz seitens der DB kaum erfolgen. Vielmehr liegen der Hansestadt Lübeck folgende unvollständige Informationen zur Planung des Schienenpersonenfernverkehrs (SPFV) auf dieser Strecke vor: Während ursprünglich von einem Zweistundentakt mit ICE-Zügen Kopenhagen – Lübeck – Schwerin – Berlin ausgegangen wurde, ist nunmehr seit ein paar Wochen nur noch von einem einzigen ICE-Zugpaar Lübeck – Berlin die Rede. Entgegen ursprünglich kommunizierter Planungen verbessert sich damit der SPFV für den Wirtschaftsstandort Lübeck auf dieser Achse nicht essentiell. Ob dies tatsächlich der Fall ist und zusätzliche Risiken für die Qualität der Nahverkehrsanbindung bestehen, kann ohne die o. g. Untersuchungen ebenfalls nicht ermittelt werden. 


Frage: Liegen aktuelle Daten zu den Verkehren vor, die täglich den Bahnübergang nutzen (Straßenverkehr, Radfahrer, Fußgänger, ÖPNV, Kranken-/Notfalltransporte)? Wenn ja, welche Erkenntnisse sind dies und wann sind die Daten erhoben worden? Wenn nein, warum nicht?

 

Die aktuellsten Zahlen entstammen aus dem Zwischenbericht VO/2018/05860 zur Prüfung der Möglichkeiten eines niveaufreien Bahnübergangs sowie des aktuellen Berichts VO/2020/08871 zur Optimierung der Schließzeiten des Bahnübergangs. Demnach queren täglich ca. 17.000 Kfz in beide Richtungen den Bahnübergang. Bei den Fahrrädern sind es gut 4.000.

 

Frage: Wie ist bei der möglichen Bewertung von Optionen durch die HL berücksichtigt worden, dass die erfolgte Änderung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes zu einer enormen finanziellen Entlastung der Kommune bei erforderlichen Maßnahmen im Vergleich zu der früheren Regelung führt?


Laut neuem Eisenbahnkreuzungsgesetz verbessert sich die finanzielle Beteiligung für die Kommune bei Vorhaben deutlich. Der Bund übernimmt dann 50 %, die Bahn 33,3 % und das Land 16,7 %. Bei der Kommune fallen in diesem Fall keine Kosten an. Durch die zu erwartenden Mehrverkehre auf der Bahnstrecke ist eine Optimierung des Bahnübergangs erforderlich. Da dies jedoch auch durch eine Verbesserung der Schließzeiten durch eine Verlegung des Signals möglich wäre, stellt sich hier die Frage, ob eine vollständige Kostenübernahme nach Eisenbahnkreuzungsgesetz durch Bund, Bahn und Land für die Variante Über- oder Unterführung tatsächlich erfolgen kann. Dies muss noch abschließend geklärt werden.

 

Darüber hinaus bleibt die Frage bestehen, wie eine Über- oder Unterführung städtebaulich gut integriert gelingen kann. Die Verwaltung ist daher bestrebt sich neben der Verbesserung des Bahnübergangs auch für die Interessen der Anliegenden der Ratzeburger Allee einzusetzen, um eine Lösung zu erreichen, die möglichst vielen Belange Rechnung trägt.

 

Frage: Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung: was hat die HL bisher unternommen, damit die Öffentlichkeitsbeteiligung zu den Maßnahmen im Lübecker Stadtgebiet frühzeitig erfolgt? Wann ist mit Informationsveranstaltungen zu rechnen?


Wie dargestellt wurde die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung für das Projekt auf Lübecker Gebiet gar nicht durchgeführt. Die Verwaltung wird darauf drängen, dass dieser Schritt unverzüglich nachgeholt, dass wichtige Dokumente zur Bewertung des Projektes nachgereicht und die Forderungen der Hansestadt Lübeck auf einen größtmöglichen Schutz der Bevölkerung entlang der Strecke in die Planung eingearbeitet werden.

 


Anlagen