Die Kreuzung der Ratzeburger Allee (L 331) und der Bahnstrecke Lübeck – Bad Kleinen (1122) ist niveaugleich ausgeführt und als Bahnübergang (BÜ) gesichert. Neben der Tatsache, dass die Bahnstrecke vom Nah- und Güterverkehr (Hafenzulauf) im Mischverkehr genutzt und die Straße vom Kfz- und Radverkehr stark frequentiert wird, handelt es sich bei der Ratzeburger Allee um die Haupt-Zulaufstrecke für das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck. Dies bedeutet, dass zum Teil auch eilbedürftige Krankentransporte von Rettungswagen und Notarztwagen über diese Kreuzung abgewickelt werden.
Darüber hinaus ist der Bahnstreckenabschnitt Bestandteil des Projekts SeeHafenHinterlandVerkehr II (SHHV) und wird in dem Zuge zurzeit von der DB Netze (Regionalbereich Nord) überplant. Wesentliche Bestandteile sind die Elektrifizierung der Strecke sowie die Einrichtung von Überholmöglichkeiten des Güterverkehrs. Änderungen am BÜ Ratzeburger Allee waren bisher in diesem Zusammenhang nicht geplant. Jedoch wird sich der Zugverkehr im betroffenen Kreuzungspunkt bedingt durch das Großprojekt Feste Fehmarnbelt-Querung (FFBQ), die abzusehende Entwicklung des Lübecker Hafens und die Ausweitung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) aber erhöhen.
Um die skizzierten und sich abzeichnenden Auswirkungen des BÜ auf den Straßenverkehr – und im Speziellen den (eiligen) Krankenhausverkehr – zu verringern, sollten in einem ersten Schritt Optimierungsmöglichkeiten ergründet werden. Diese sollen sich dabei auf den bestehenden, niveaugleichen BÜ beziehen. Eine Aufhebung/ein Ersatz durch bspw. ein kreuzungsfreies Bauwerk war explizit nicht Bestandteil dieser Untersuchung.
Als Auftragnehmer der Untersuchung kam DB Engineering & Consulting (E&C) zum Zuge. Die Ausarbeitungen entsprechen in ihrem Ergebnis dem Niveau einer Vorplanung (HOAI Leistungsphasen eins und zwei). Durch diesen Detaillierungsgrad konnte der Fokus neben der reinen Verkürzung der Schrankenschließzeiten größer gefasst werden, sodass auch Sicherheitsaspekte im Zusammenspiel von Straßen- und Zugverkehr beleuchtet wurden.
Im Rahmen der als Anlage beigefügten Machbarkeitsuntersuchung wurden vier Varianten überprüft:
- Neues deckendes Signal 6203 vor BÜ Ratzeburger Allee
- BÜSTRA – Anlage
- BÜSTRA – Anlage und ein neues deckendes Signal
- Verschieben des Signales auf der Strecke 1131
Während der BÜ bahnseitig aus Richtung Herrnburg bereits ferngesteuert ist und dessen Schließung somit zeitlich nicht weiter optimiert werden kann, gestaltet sich der Sachverhalt in Gegenrichtung (aus Lübeck Hbf.) anders. Hier erfolgt die BÜ-Schaltung über ein Signal, das sich bereits vor dem Haltepunkt St. Jürgen befindet. Dies bedeutet, dass die Haltezeiten des SPNV dort in die Schrankenschließzeiten mit einfließen. Der Kern des Lösungsansatzes zur Reduzierung dieser Zeit ist somit die Installation eines weiteren Signals, das näher an den eigentlichen BÜ positioniert wird (Variante 1 der Anlage). Auf diese Weise wird der Einfluss des Haltepunkts eliminiert und die gesamte Zeit, in der der BÜ straßenseitig nicht überfahren werden darf, kann von heute 168 Sekunden auf 126 Sekunden sinken. Dies entspricht einer rechnerischen Zeitreduzierung von 42 Sekunden pro Schließvorgang.
Die zusätzliche Errichtung einer BÜSTRA – einer koordinierten BÜ-Lichtsignal-Schaltung – mit dem BÜ und der Lichtsignalanlage (LSA) Ratzeburger Allee/Weberkoppel kann eine potentielle Überstauung des BÜ mit Kraftfahrzeugen verhindern, sollten sich die Straßenverkehrsteilnehmenden regelwidrig verhalten, in dem sie auf dem Bahnübergang halten (Variante 3 der Anlage). Dies vermindert die oben genannte Zeitreduktion allerdings um zehn Sekunden, sodass der Schließvorgang am BÜ insgesamt 136 Sekunden in Anspruch nehmen würde.
Um zu vermeiden, dass (erneut – wie am 19.10.2017) ein Güterzug der „Schlutuper Bahn“ (Bahnnebenstrecke 1131) in Richtung Lübeck auf Höhe des BÜ zum Stillstand kommt und diesen länger blockiert, kann ferner ein weiteres Bahnsignal vor dem BÜ aus dieser Richtung installiert werden. In der Konsequenz müsste jeder Güterzug aus Richtung Schlutuper Hafen zunächst dort halten (Variante 4 der Anlage). Diese Maßnahme hat allerdings keinen Einfluss auf die Schrankenschließzeit.
Die Kostenaufteilung erfolgt nach § 13 Eisenbahnkreuzungsgesetz. Laut neuem Eisenbahn-kreuzungsgesetz verbessert sich die finanzielle Beteiligung für die Kommune bei Vorhaben, die auf Änderungen des Bahnverkehrs zurückzuführen sind. Der Bund übernimmt dann 50%, die Bahn 33,3 % und das Land 16,7 % der Kosten. Die Maßnahme(n) wären durch den Infrastrukturbetreiber (DB Netz) federführend zu initiieren.
Seitens der Verwaltung wird (zunächst) die alleinige Umsetzung der Variante 1 empfohlen. Sie stellt die größte Zeitersparnis für den Kfz-Verkehr am BÜ dar. Die Errichtung einer BÜSTRA würde in diesem Fall zunächst zurückgestellt, da zum einen die LSA unmittelbar vor und hinter dem BÜ bereits heute auf eine Weise miteinander geschaltet sind, dass die Wahrscheinlichkeit einer Stauung von Kfz in diesem Bereich der Ratzeburger Allee minimiert ist. Auch für die Variante 4 wird das Risiko eines liegenbleibenden Güterzugs als gering angenommen. Darüber hinaus würde das zusätzliche Signal das Risiko zwar weiter senken, allerdings z. B. bei technischen Defekten am Fuhrpark nicht gänzlich beseitigen.
Aus Sicht der Verwaltung ist die Verschiebung des Signals möglich, bei einer vorgezogenen Umsetzung ist eine Kostenübernahme durch die DB jedoch fraglich, da die DB im Zuge des Ausbaus der Schienenverbindung Lübeck-Bad Kleinen in den nächsten Jahren auch Maßnahmen bei der Signalisierung vornehmen wird. Ein Handlungsdruck seitens der Bahn besteht im Übrigen derzeit nicht, da der Bahnübergang insgesamt regelkonform ist. Eine ggf. erforderliche Vorfinanzierung der Versetzung des Signals durch die HL würde zu Kosten von ungefähr 450.000 Euro führen (Planung, neues Signal, neues Kabel, Software). Diese Kosten müssen vor dem Hintergrund der frühesten Umsetzung im Jahr 2022 und der aktuell wieder geführten Debatte um eine kreuzungsfreie Variante bewertet werden.
Die Verwaltung begrüßt ausdrücklich, dass sich der Bund und die DB nun bereit erklärt haben, sich des Themas des kreuzungsfreien Bahnübergangs anzunehmen. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei allen von der Verwaltung 2018 dargestellten Lösungen um aufwendige Ingenieurbauwerke handelt, die einen großen Eingriff in den Stadtraum und baulichen Aufwand nach sich ziehen, ist eine weitreichende Vorplanung erforderlich. Die HL muss daher bei der weiteren Planung zwingend frühzeitig eingebunden werden. Frau Bausenatorin Hagen hat bereits Kontakt zur Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Claudia Schmidtke aufgenommen, damit die Verwaltung die Möglichkeit erhält, mit den Verantwortlichen der Bahn die Abstimmung aufzunehmen.
Aus Sicht des Vorhabenträgers DB handelt es sich bei den Maßnahmen „Ausbaustrecke (ABS) Lübeck-Schwerin“ und „Anpassung Bahnübergang Ratzeburger Allee“ um zwei unterschiedliche Projekte. Entsprechend sind zwei separate Planfeststellungsverfahren durchzuführen, wobei für die Anpassung des Bahnübergangs ggf. ein Plangenehmigungsverfahren ausreichend ist. Eine formelle Beteiligung der Hansestadt Lübeck für das Projekt ABS hat bislang noch nicht stattgefunden. Eine Beteiligung der Öffentlichkeit nach Verwaltungsverfahrensgesetz ist jeweils durch die Vorhabenträgerin durchzuführen. Für das Projekt der ABS ist dies auf Lübecker Stadtgebiet ebenfalls noch nicht geschehen. Die Verwaltung wird sich dafür einsetzen, dass dies zeitnah erfolgt.