1. Einleitung
Im Zuge des Ausbaus der schulischen Betreuungs- und Ganztagsangebote stellt sich parallel zur pädagogischen Qualitätsentwicklung zunehmend die Frage der Räumlichkeiten. Ziel ist es, dass sich das Schulgebäude als ganztägiger Lebens- und Lernort ausrichtet und die Ganztagsbedürfnisse der Kinder nach Bewegung, Spiel und Ruhe ausreichend berücksichtigt sind.
2. Sachstand
57% der Grundschüler/-innen hält sich bereits heute auch am Nachmittag in der Schule auf und es ist davon auszugehen, dass sich die Teilnehmerzahl weiter steigern wird, gerade auch im Hinblick auf einen möglichen geplanten Rechtsanspruch auf Schulkindbetreuung.
Grundsätzlich stehen alle Räumlichkeiten des Schulgebäudes, die am Vormittag von den Schulkindern genutzt werden, auch am Nachmittag für die Betreuungskinder zur Verfügung. Das Raumprogramm einer Schule beinhaltet neben den Ganztagsräumen auch Klassen- und Mehrzweckräume, die Mensa und die Sporthalle. Außerdem kann das Schulgelände einbezogen werden.
Die Aufnahme der Betreuungskinder erfolgt in der Regel direkt vor Ort in Absprache zwischen Schulleitung und Träger der Ganztagsschule. Mittlerweile ist der Schulplatz sehr eng damit verbunden, ob auch ein Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt werden kann. Bei räumlichen Problemen wird eine Absprache mit dem Bereich Schule und Sport getroffen. Eine Warteliste entsteht nur in wenigen Ausnahmefällen, so die Erfahrung aus den letzten Jahren.
Eine maximale Zahl der Betreuungsplätze pro Schulstandort wird daher nicht festgelegt. Es liegt zunächst in der fachlichen Verantwortung von Schule und Träger, ob eine Aufnahme gewährleistet werden kann und das Betreuungskonzept im Rahmen der Räumlichkeiten umsetzbar ist.
Da die Kinder in der schulischen Betreuung flexibel in den Räumen und Gruppenkonstellationen wechseln, sollte in Kombination von eigenen Ganztagsräumen und Klassenräumen in Doppelnutzung ausreichend Fläche im Schulgebäude vorhanden sein – denn am Vormittag ist ja auch genügend Platz.
Damit sich die vorhandenen Flächen unter dem Aspekt der ganztägigen Nutzung weiterentwickeln, ist ein gemeinsamer Prozess zur Raumgestaltung erforderlich. Im letzten Schuljahr hat sich eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Schulen, Trägern der offenen Ganztagsschule, dem Gebäudemanagement, Schulamt sowie dem Bereich Schule und Sport damit beschäftigt, wie sich Klassenräume gemeinsam nutzen lassen, welchen Standard ein Raum haben muss, um den pädagogischen Bedarfen von Vor- und Nachmittag gerecht zu werden und welche Möblierung dafür geeignet ist.
Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die Doppelnutzung von Klassenräumen neben einem Umdenken der Beteiligten ein individuelles Raumkonzept erfordert, bevor entsprechende Möbel angeschafft werden. Dabei sind bei der Gestaltung der Räume sowohl Aspekte des Unterrichts als auch die Rahmenbedingungen des Ganztags zu beachten. Zu prüfen ist:
- Entsprechen die Räume den Anforderungen des Unterrichts und des Ganztags?
- Können die MitarbeiterInnen an Schule (Lehrkräfte am Vormittag und Betreuungskräfte am Nachmittag) ohne hohen Umbauaufwand und konfliktfrei die Räume gemeinsam nutzen?
- Welche Ausstattung bzw. welche Möbel können die Doppelnutzung unterstützen?
Ganz wichtig ist aber die Perspektive der Kinder, die im Gegensatz zu den professionellen BetreuerInnen den ganzen Tag in diesen Räumen sind. Zu prüfen ist daher auch:
- Bieten die Räume eine kindgerechte Umgebung, in der sie pädagogisch betreut werden und sich wohlfühlen können?
In einem ersten Schritt werden nun Schulen mit noch nicht ausreichenden Raumkapazitäten und/oder hoher Teilnahmefrequenz im Ganztag ein Budget zur Möblierung von Klassenräumen in Doppelnutzung erhalten, wenn ein Raumkonzept durch Schule und Träger entwickelt wurde. Für die Erstellung des Raumkonzepts stehen den Schulen eine Checkliste sowie ein Beispielkatalog für geeignete Möbel zur Verfügung. Es ist geplant die ersten Maßnahmen nach den Sommerferien umzusetzen.
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass bereits heute die Doppelnutzung von Klassenräumen in den Schulen selbstverständlich ist und in unterschiedlicher Ausprägung stattfindet. Vor allem sind es Klassenräume, die zur Hausaufgabenbetreuung oder zu unterschiedlichen AG-Angeboten mitgenutzt werden. Wie viele Klassenräume parallel zu den Ganztagsbetreuungsräumen schon genutzt werden, wird vom Bereich Schule und Sport nicht erhoben (ebenso an welchen Stellen keine Doppelnutzung zugelassen wird – s. Anfrage Aberle/ Kerlin). Schulen und Träger sind verantwortlich, die Angebote jeweils zum Schuljahr miteinander abzustimmen, dies schließt die Raumfrage mit ein. Bei Klärungsbedarf wird der Bereich Schule und Sport in der Regel eingebunden.
3. Konzept zur Anpassung der Raumprogramme für Ganztag an Schule
In den letzten Jahren wird den Schulen neben einer Mensa oder anderweitiger alternativer Mittagsversorgung je Zug (Klasse 1-4 einzügig) ein Ganztagsraum zugestanden (also 1-zügig 1 Raum, 2-zügig 2 Räume, 3-zügig 3 und 4-zügig 4 Räume). Dies geschieht bisher unabhängig von der Anzahl der Betreuungsplätze des Standorts.
Dies stellt aber eine Ungleichbehandlung zwischen den Schulen mit einer hohen Ganztagsquote und denen mit einer niedrigen Ganztagsquote dar, da beide den gleichen Raum bekommen, ohne die tatsächliche SchülerInnen-Zahl zu berücksichtigen. Daher soll den Schulen, die mehr als 100 Kinder in der Gesamtschülerzahl haben und mehr als 50 % Teilnehmerzahlen am „Offenen Ganztag“ aufweisen können, ein Bonus an Raum ermöglicht werden, sodass es künftig eine Mischkalkulation aus Räumen und SchülerInnen-Zahlen gibt.
Folglich soll für Schulen mit über 100 Kindern Gesamtschülerschaft folgendes Richtwerte-Modell gelten:
- Grundprinzip weiterhin für alle Schulen: je Zug 1 Raum von 60 m²
- 1 Mensa oder alternative Mittagsversorgung
- Teilnehmerzahl am „Offenen Ganztag“ ab 50 %: 1 weiterer Bonusraum
- Teilnehmerzahl am „Offenen Ganztag“ ab 70 %: noch 1 weiterer zusätzlicher Bonusraum.
Die bisherige Regelung hatte also die Ungerechtigkeit, dass z.B. eine 2-zügige Schule mit 35 % teilnehmenden Kindern die gleich Raumanzahl erhält wie eine Schule mit 65 % teilnehmenden Kindern, hier dann bislang beide 2. Durch die neue Regelung würde die Letztere 1 weiteren Bonusraum erhalten.
Diese neue Regelung soll auch nur für Schulen ab 100 Kindern Gesamtschülerschaft gelten, weil für eine prozentuale TeilnehmerInnen-Zahl darunter hinsichtlich der realen Anzahl der Kinder immer noch genügend Spielraum an Räumlichkeiten besteht, anders als bei Schulen mit deutlich über 100 Kindern.
In der anliegenden Übersicht wird die Auswirkung der neuen Regelung auf jeden Schulstandort tabellarisch dargestellt.
Daraus folgt, dass es an 13 Schulstandorten einen Fehlbedarf an Ganztagsräumen gibt, für die aber auch schon ohne die neue Regelung ein Bedarf ermittelt wurde. Für 6 Schulen sind zum Teil Planungskostenansätze sowie teilweise auch grob geschätzte Baukostenansätze zur Raumprogrammerweiterung bereits im Haushalt enthalten:
- Schule am Koggenweg
- Kaland-Schule
- Paul-Gerhardt-Schule
- Schule am Stadtpark
- Schule Tremser Teich und
- Schule Utkiek.
Für folgende Schulen ergibt sich darüber hinaus dann noch ein Bedarf:
- Marien-Schule
- Dom-Schule
- Kahlhorst-Schule, Hauptstandort
- Paul-Klee-Schule
- Pestalozzi-Schule
- Stadtschule Travemünde
- GGemS St. Jürgen.
Bei diesen Schulen fehlt entweder 1 Raum oder 1 Mensa (Pestalozzi-Schule), da dort das Essen derzeit mit zu vielen Kindern in einem nicht geeigneten Klassenraum eingenommen wird.
Die Stadtschule Travemünde erreicht derzeit gerade so die 51 %. Ein zusätzlicher Raumbedarf ergibt sich erst, wenn sich die Zahlen auch über die nächsten Jahre stabilisieren.
Im Vergleich hierzu wurden die beiden kreisfreien Städte Kiel und Neumünster zu den dortigen Regelungen befragt. Beide Städte gewähren erst ab einer 3-Zügigkeit separate Ganztagsräume, Kiel 1 Raum mit 60 m² Freizeitfläche sowie 1 Ruheraum von 30 m², 1 kleines Büro und 1 Mensa. Neumünster hat bislang die gleiche Anzahl an Ganztagsräumen zugestanden, gewährt jetzt aktuell neu zusätzlich noch 1 weitere Freizeitfläche von 50 m², 1 Lagerfläche von 20 m² und ein Büro für pädagogisches Personal von 30 m². Ansonsten ist der Ganztag in Doppelnutzung der Klassen- und Fachräume durchzuführen. Da in Kiel und Neumünster anders als in der Hansestadt Lübeck offenbar neben dem Offenen Ganztag an der gleichen Schule an einigen Standorten auch noch eine Betreute Grundschule zugelassen wird, erhält diese dort dann 1 Raum von 60 m².
Im Falle eines Schulneubaus will die Stadt Kiel für die reine Betreuung von Kindern im Ganztag künftig pro Kind 1,5 m² an gesonderter Fläche zur Verfügung stellen.
Ein m²-Modell im Bestand für die Hansestadt Lübeck ist nicht angedacht, da der Großteil der Lübecker Schulen in denkmalgeschützten Altbauten untergebracht und somit die m²-Größen der schulischen Räume bereits variieren sowie zum großen Teil baulich auch nicht verkleinerbar oder vergrößerbar sind. Es wird aber versucht, in Absprachen vor Ort im Einzelfall immer gute Lösungen zu erreichen, die annähernd an die Richtwerte herankommen und für alle akzeptabel sind. Auch für die Hansestadt Lübeck werden m²-genaue Größen, die unsere Richtwerte 1:1 erreichen nur in Neubauten erreichbar sein.
4. Ausblick
Mit dem vorgeschlagenen Richtwerte-Modell wird auf die jeweilige Auslastungsquote im Ganztag reagiert. Es stellt in Kombination mit veränderten Einrichtungen der Klassenräume eine gute Basis dar, um Schule als ganztägigen Lebens- und Lernort auszubauen und auf die kindgerechten Entwicklungsbedürfnisse nach Bewegung, Spiel und Ruhe einzugehen.
Weitere Schritte sollen im Hinblick auf mögliche Bestrebungen des Bundes, einen Rechtsanspruch auf Schulkindbetreuung umzusetzen, abgewartet werden. Durch einen Rechtsanspruch werden auch Auswirkungen auf die Räumlichkeiten entstehen.
Konkrete finanzielle Auswirkungen können zu dieser Vorlage momentan nicht benannt werden. Bedarfe, die aus der Anpassung des Raumprogramms Ganztag an Schule entstehen, ergeben sich mittel- bzw. langfristig und können aktuell nicht beziffert werden.