Vorlage - VO/2018/05860  

Betreff: Zwischenbericht zu Maßnahmenmöglichkeiten am Bahnübergang Ratzeburger Allee
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Glogau
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Werner, Benjamin
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
19.03.2018 
Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
20.03.2018 
74. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
22.03.2018 
36. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Auftrag der Bürgerschaft Nr. VO/2017/05511 am 30.11. bzw. 12.12.2017

 


Begründung

In Lübeck-St. Jürgen kreuzt die Ratzeburger Allee (L 331) die Bahnstrecke Lübeck – Bad Kleinen (1122). Die Kreuzung ist niveaugleich gestaltet und mittels eines Bahnübergangs (BÜ) technisch gesichert. Momentan verkehren auf dem Streckenabschnitt der Bahn insgesamt 19 Zugpaare des Nahverkehrs pro Tag in der Zeit von etwa 05:00 – 23:00 Uhr. Diese verursachen in diesem Zeitraum an der betrachteten Stelle entsprechend 38 Kreuzungen pro Tag im Regelbetrieb (= zwei Schließungen pro Stunde). Hinzu kommen bis zu zehn Fahrten von und zum Lübecker Hafen (Schlutup/ Konstinbahnhof). Über weitere Schienenverkehre (z.B. Güter- und Fernverkehr) liegen keine Informationen vor.

Gleichzeitig ist die Strecke Bestandteil des sog. Seehafen-Hinterland-Programms II, welches die Elektrifizierung der Bestandsgleise als Planung beinhaltet. Hierbei ist ein zusätzliches Betriebsprogramm von 13 Zugfahrten des Schienengüterverkehrs unterstellt. Eine Modifikation des BÜ ist im Rahmen des Projekts nicht vorgesehen, da keine Übersteigung der maximalen Schließzeit der Schrankenanlage (240 Sekunden laut DB-Richtlinie) erwartet wird.

 

Auf der Ratzeburger Allee verkehren im Bereich des BÜ täglich rd. 16.500 Kfz und rd. 4.050 Radfahrende (Zählung von 11/2016). Ein Schließvorgang – von der Auslösung des Kontakts durch den Zug bis Wiederöffnung der Schrankenanlage – nimmt insgesamt rd. 180 bis 240 Sekunden in Anspruch und variiert dabei je Schienenverkehrsart und Richtung. Während dieser Zeit ist ein Kreuzen der Bahntrasse nicht möglich und der Kfz-Verkehr hat zu warten. Probleme, die sich daraus für die generelle, flüssige Verkehrsabwicklung ergeben, sind dabei nicht bekannt, sodass eine verkehrssichere Abwicklung sowohl auf der Straße als auch der Schiene zurzeit gewährleistet ist.

Die Ratzeburger Allee dient darüber hinaus als eine Haupt-Zulaufstrecke für das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck. Dies bedeutet, dass zum Teil auch eilbedürftige Krankentransporte von Rettungswagen und Notarztwagen über diese Kreuzung abgewickelt werden.

 

Die Beseitigung oder Optimierung eines Bahnübergangs ist gemäß Eisenbahnkreuzungsgesetzt (EKrG) grundsätzlich möglich, „wenn und soweit es die Sicherheit oder die Abwicklung des Verkehrs unter Berücksichtigung der übersehbaren Verkehrsentwicklung erfordert“. In einem solchen Fall werden die entstandenen Kosten des Vorhabens gedrittelt. Dabei entfällt je ein Teil auf die Baulastträger (Straße und Schiene) sowie ein Teil auf den Bund (§ 13 EKrG). Hierüber ist eine entsprechende Kreuzungsvereinbarung zwischen den Beteiligten zu schließen. Dies bedeutet, dass die Hansestadt Lübeck als Straßenbaulastträger der Ratzeburger Allee sich mit einem Drittel an den Kosten einer BÜ-Lösung zu beteiligen hätte. Da es sich um eine Landesstraße handelt, wäre eine Förderung nach Landes-GVFG i.H. von bis zu 75% der anrechenbaren Kosten möglich. Die Hansestadt Lübeck würde somit mind. 1/12 der Gesamtkosten tragen.

 

In einer Machbarkeitsstudie wäre zunächst sowohl die bestehende als auch die geplante Situation am Knotenpunkt in einer verkehrstechnischen Untersuchung zu analysieren. Nach Feststellung der Notwendigkeit zur Aufhebung/ Optimierung des BÜ gemäß § 3 EKrG sind im Weiteren Untersuchungen zu BÜ-Maßnahmen gemäß § 13 EKrG möglich. Als niveaufreie Gestaltung des Knotenpunkts sind dabei mehrere Varianten denkbar:

 

-          Straßenunterführung (SU) der Ratzeburger Allee als Tunnel oder Trog unterhalb der Bahntrasse;

-          Straßenüberführung (SÜ) der Ratzeburger Allee als Brückenbauwerk oberhalb der Eisenbahntrasse;

-          Eisenbahnunterführung (EU) der Strecke 1122 als Tunnel oder Trog unterhalb der Ratzeburger Allee;

-          Eisenbahnüberführung (EÜ) der Strecke 1122 als Brückenbauwerk oberhalb der Ratzeburger Allee und

-          Kombinierte Lösungen, die aus einer Teilabsenkung und –anhebung von je einem Verkehrsweg bestehen.

 

Bei allen dargestellten Lösungen handelt es sich absehbar um aufwendige Ingenieurbauwerke, die einen großen Eingriff und baulichen Aufwand nach sich ziehen. Als aufwendigste Variante ist dabei die Unterführung der Bahntrasse einzustufen, insbesondere, da sich ein Haltepunkt (Lübeck-St. Jürgen) im weiteren Trassenverlauf befindet und umfangreiche Anpassungen der Schieneninfrastruktur notwendig sind.

Aber auch die Tieferlegung der Straße unter Herrichtung einer EÜ ist mit großem Aufwand verbunden. Ein vergleichbares Projekt aus dem Raum Wismar (EÜ Poeler Straße) wurde von der DB auf rd. 26 Mio. beziffert.

Straßenseitige Lösungen haben ferner den Nachteil, dass sie eine enorme Zerschneidung des Stadtraums und der bestehenden (verkehrlichen) Verflechtungen nach sich ziehen. Neben der kompletten Neuregelung der Erschließung der Anlieger an der Ratzeburger Allee (wahrscheinlich mindestens im Bereich Stichweg/ Gustav-Falke-Straße bis Stadt-/ Osterweide) bedeutet dies auch die städtebauliche Zerschneidung des Gebiets an der Stelle, die durch die Trennwirkung des Bauwerks hervorgerufen wird.

 

Die Machbarkeitsstudie samt Variantenvergleich muss unter der Mitwirkung der DB Netze erfolgen, um den Spezifika der Eisenbahninfrastruktur Rechnung zu tragen. Neben den oben erwähnten Varianten unter Auflösung des BÜ muss in der Abwägung auch der jeweilige Nutzen den groben Kosten gegenübergestellt werden, um nicht zuletzt auch die Förderfähigkeit einer solchen Maßnahme (hier insb. für den Finanzierungsanteil der Hansestadt Lübeck) sicherzustellen.

Je nach Umfang und Detailierungsgrad der Machbarkeitsstudie ist für ihre Erstellung ein Zeitraum von rd. 6 - 12 Monaten ab Beauftragung der externen Gutachter (u. a. DB Netze) notwendig. Die Kosten eines solchen Gutachtens werden auf etwa 50.000 – 60.000 geschätzt und sind abhängig von der gewünschten Betrachtungstiefe, insb. bei der Bauwerksplanung.

Eine erste Schätzung der Kosten für die Varianten samt erster Daten und Fakten für eine weitere Planung sind als Grundlage für eine Bauentscheidung dann im Ergebnis der Machbarkeitsstudie verfügbar.

 

Da sich aber bereits im Vorfeld abzeichnet, dass die Herrichtung einer niveaufreien Lösung wirtschaftlich und verkehrlich/ städtebaulich nur schwer darstellbar ist, sollten zuerst Lösungsansätze überprüft werden, die unter Beibehaltung des niveaugleichen BÜ darstellbar sind und sich eignen eventuelle verkehrliche Probleme (aus der vorangegangenen Analyse) zu beheben. Hierzu gehören im Wesentlichen drei Varianten:

 

-          Technische Optimierung der Bahnübergangsanlage zur Reduzierung der Schließzeiten (z. B. durch Austausch der Technik oder Verlegung der Kontakte) oder Information der Rettungswagen (z. B. via Darstellung der Schrankenaktivitäten auf einem Endgerät im Fahrzeug), ggf. mit

-          Verlegung des Bahnhaltepunkts St. Jürgen, um seine Auswirkungen auf die Dauer der Schrankenschließzeit zu reduzieren und

-          Ganzheitliche Betrachtung des Straßennetzes und Neuordnung der Verkehre

 

Eine solche Untersuchung wird auf rd.  5.000 – 10.000 € geschätzt und wird aus den dargelegten Gründen von der Verwaltung favorisiert. Weitere Untersuchungen hinsichtlich der oben skizzierten, baulichen Lösungen sind bei Bedarf im Anschluss weiterhin möglich. Die Kosten für eine Untersuchung sind von der Stadt Lübeck zu tragen.

 


Anlagen