Vorlage - VO/2018/05630  

Betreff: Ablaufoptimierung von Großprojekten (5.660)
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Glogau
Federführend:5.660 - Stadtgrün und Verkehr Bearbeiter/-in: Schmedt, Dieter
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
15.01.2018 
Sitzung des Bauausschusses zurückgestellt   
05.02.2018 
Sitzung des Bauausschusses zurückgestellt   
19.02.2018 
Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
23.01.2018 
71. Sitzung des Hauptausschusses zurückgestellt   
20.02.2018 
72. Sitzung des Hauptausschusses zurückgestellt   
06.03.2018 
73. Sitzung des Hauptausschusses unverändert beschlossen   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
25.01.2018 
34. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zurückgestellt   
22.02.2018 
35. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zurückgestellt   
22.03.2018 
36. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Bürgerschaftsauftrag vom 24.11.2016 (VO/2016/04370) zum Thema „Brückensanierung“

 

Aufgrund von Ergänzungswünschen des Bauausschusses wird der bisherige Bericht  mit der Vorlagennummer VO/2017/05497 gegen diesen ausgetauscht.

 


Begründung

Die Bürgerschaft hat in ihrer Sitzung am 24.11.2016 zu Punkt 5.19 mit VO Nr. 4370 den nachstehend aufgeführten Antrag der CDU-Fraktion mit Mehrheit angenommen:

 

„Der Bürgermeister wird anlässlich der erheblichen Probleme beim Projekt Possehlbrücke beauftragt, der Bürgerschaft bis zur Sitzung im Januar 2017 Vorschläge zu unterbreiten, wie bei zukünftigen Großprojekten (z.B. Bahnhofsbrücke) massive Zeitverzögerungen und Kostensteigerungen verhindert werden können.

 

Dabei sind insbesondere folgende Fragen zu klären:

        Wie kann die Einhaltung des Zeit- und Finanzierungsplanes vertraglich besser abgesichert werden?

        Können mit Leistungsanreizen (z.B. Zuschläge bei schnellerer Bauzeit) gesamtwirtschaftliche Vorteile für Lübeck (gemeint ist nicht nur Vorteile für den Auftraggeber) generiert werden?

        Ist ein professionelles, externes Projektmanagement erforderlich?

        Wie kann alternativ das eigene Projektmanagement besser aufgestellt werden?

        Wie können mögliche Regressansprüche, z.B. durch längere Bauzeit oder höhere Kosten, für die Hansestadt Lübeck abgesichert und eingetrieben werden?

        Wie können die in der Bauverwaltung verantwortlichen Mitarbeiter bei Erfolgen belohnt werden?“

Es erfolgte ein Auftrag an FB 5, Planen und Bauen, zur Beantwortung. Hier erfolgte die Delegation federführend an den Bereich Stadtgrün und Verkehr, da dort die Großprojekte im öffentlichen Verkehrsraum abgewickelt werden, die regelmäßig zu Beeinträchtigungen führen und damit durch die Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

 

Bevor im Weiteren auf die Fragen eingegangen wird, vorangestellt einige allgemeine Anmerkungen:

 

Als Großprojekt einzuordnen ist ein Projekt mit einer Investitionssumme über 10 Mio. Euro oder wenn mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt sind:

 

  • lange Realisationsdauer (über zwei Jahre)
  • hohe Komplexität (erhöhtes Ausführungsrisiko)
  • hohe politische/gesellschaftliche Bedeutung

 

Da insbesondere die Wirkung von Risiken einen gravierenden Einfluss auf Großprojekte hat, soll zukünftig ein verstärktes Augenmerk auf das Risikomanagement, d. h. die Identifikation, Analyse und Bewertung von Risiken sowie die Konzeption von Gegenmaßnahmen unter Benennung der daraus resultierenden Folgen gelegt werden. Dabei ist der Einfluss von Risiken auf das Projektergebnis transparent und realitätsnah darzustellen und zu erläutern. Hierzu gehört auch die frühzeitige Aufstellung eines Kommunikationskonzeptes, damit dem insbesondere aus Bauprojekten resultierenden Informationsbedarf frühzeitig Rechnung getragen wird. Risikomanagement ist ein fortlaufender Prozess, der eine entsprechende Qualifikation des Personals erfordert.

 

Es wird im FB 5, Planen und Bauen, ein internes Projekt aufgelegt, um einen bereichsübergreifenden Regelprozess zu entwickeln.

 

Auf die eingangs gestellten Fragen wird nachfolgend wie folgt geantwortet:

 

  1. Wie kann die Einhaltung des Zeit- und Finanzierungsplanes vertraglich besser abgesichert werden?

 

Hierfür ergeben sich mehrere Möglichkeiten:

 

a) Im Vertrag können Zwischenfristen vereinbart werden, die ein früheres Eingreifen und vertragsrechtliche Schritte (Inverzugsetzungen) ermöglichen. Da im Brückenbau fast ausschließlich die Bauverträge mit einem Generalunternehmer geschlossen werden, der sich die notwendigen „Untergewerke“ selber dazu holt, wird auf diese Vereinbarung meistens verzichtet, um dem Unternehmer mehr Freiheiten in seiner eigenen Ablaufplanung zu geben.

 

Zwischenfristen binden Auftraggeber und Auftragnehmer gleichermaßen. Sie sind immer dann kritisch zu betrachten, wenn sowohl die Auftraggeber- wie auch die Auftragnehmerseite im Zuge des Bauablaufs zu Leistungen verpflichtet sind. Denn über die Schnittstellen in der Zusammenarbeit können sich zusätzliche Ansprüche z. B. aus Bauzeitverlängerung begründen. Bereits das Anmelden von Ansprüchen kann zu Bauzeitverzögerungen führen. Dies kann erfolgen, ohne dass geklärt sein muss, wer diese Zeitverzüge verursacht hat.

 

Zwischenfristen sind dort von Belang, wo mit Dritten terminliche Zwangspunkte entstehen, z. B. bei Sperrpausen der Deutschen Bahn. Deswegen werden bei der Aus-schreibung der Bahnhofsbrücke Zwischenfristen vorgegeben werden.

 

Vom Bereich Stadtgrün und Verkehr werden, wenn es die zeitlichen Vorgaben erfordern, Mehrschichtbetrieb und Samstagsarbeit bereits in die Vertragsunterlagen bei Straßenbaumaßnahmen mit aufgenommen. Auch verpflichtende Wochenendarbeiten sind bereits Bestandteil der Ausschreibung, sofern diese gefordert werden, z. B. von Polizei und Straßenverkehrsbehörde. Insofern wird seitens des Auftraggebers Hansestadt Lübeck bereits alles getan, um den Zeitplan einer Maßnahme abzusichern.

 

b) Es kann sehr sinnvoll sein, Vertragsunterlagen vor der Veröffentlichung durch Fachanwälte und Vertragsspezialisten auf Risiken prüfen zu lassen, um dadurch Ansatzpunkte für potentielle Nachträge und Vertragsänderungen möglichst gering zu halten. Gerade bei größeren Bauaufträgen können umfangreiche Vertragsunterlagen und Leistungsverzeichnisse die Ansatzpunkte bieten, über die versucht wird, eine zusätzliche Vergütung zu erlangen. Dieses Verfahren bindet jedoch Personalkapazitäten und erfordert einen zusätzlichen Zeit- und Geldaufwand, um entsprechende Fachbüros auszuwählen und zu betreuen. Beim Projekt Bahnhofsbrücke soll insbesondere aufgrund der Größenordnung des Projektes die Einbindung von Fachanwälten zur Minimierung von Risiken erfolgen.

 

c) Einer der größten Risikofaktoren beim Bauen, der Baugrund, verbleibt jedoch immer beim Auftraggeber. Hier entstehen erfahrungsgemäß die meisten Nachträge und die größten Bauzeitverzüge. Die Schwierigkeit liegt darin, dass niemand genau wissen kann, was wirklich im Baugrund vorhanden ist, lediglich durch Sondierungen und Bohrungen kann punktuell ein Bild erzeugt werden. Aufgrund der Erfahrung früherer Jahre werden bereits deutlich mehr Baugrundaufschlüsse gemacht als früher üblich, um ein möglichst umfassendes Bild vom Baugrund zu erhalten.

 

d) Es besteht die Möglichkeit, schon bei Auftragsvergabe eine Vereinbarung eines Schlichtungsmanagements, z. B. nach der „Streitlösungsordnung für das Bauwesen (SL Bau), zu vereinbaren. Dieses würde sofort bei Meinungsverschiedenheiten während der Bauphase eingreifen und eine (vorläufige) Schlichtung bewirken. Da sich beide Baupartner verpflichten, sich dieser Schlichtung zu unterwerfen, wäre der Baufortgang nicht in Gefahr. Nach Abschluss der Baumaßnahme haben beide Parteien die Möglichkeit, das ganze Verfahren noch einmal gerichtlich aufzurollen und ggf. Fehlentscheidungen revidieren zu lassen. Ein solches Verfahren wurde im Bereich Stadtgrün und Verkehr bisher noch nicht angewandt, soll aber beim Bau der Bahnhofsbrücke vereinbart werden.

 

Bei zukünftigen Großprojekten sollen daher die juristische Betreuung und die Vertragsgestaltungen entsprechen dem jeweiligen Projekt angepasst werden.

 

  1. Können mit Leistungsanreizen (z.B. Zuschläge bei schnellerer Bauzeit) gesamtwirtschaftliche Vorteile für Lübeck (gemeint ist nicht nur Vorteile für den Auftraggeber) generiert werden?

 

Bei öffentlichen Bauaufträgen ist die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) zu vereinbaren. Hiernach hat der öffentliche Auftraggeber die Ausführungsfristen ausreichend zu bemessen und zu beauftragen. Bei besonderer Dringlichkeit können kürzere Fristen vorgesehen werden, dies ist im Ausschreibungsverfahren transparent zu machen und hat in der Regel höhere Preisangebote zur Folge.

 

Gemäß § 9a VOB/A kommt die Vereinbarung einer Beschleunigungsvergütung (Prämien) nur in Betracht, wenn die Fertigstellung vor Ablauf der Vertragsfristen erhebliche Vorteile für den Auftraggeber erbringt. Das Vorliegen einer solchen Vorteilhaftigkeit kann für den Straßenbaulastträger als Auftraggeber im Einzelfall vorliegen im Hinblick auf z. B. gesamtverkehrliche Auswirkungen einer Baumaßnahme. In Betracht kommt z. B., bei der Ausschreibung eine Beschleunigungsvergütung dem Wettbewerb zu unterstellen, also im Rahmen des Leistungsverzeichnisses ein entsprechendes Preisangebot je vorgegebenem Verkürzungsintervall abzufordern (nach Plünder/Schellenberg, Vergaberecht 2. Auflage 2015).

 

Im Gegensatz zu einer Bonus-Zahlung (Prämie bei vorzeitiger Fertigstellung) kann eine Malus-Zahlung nach derzeitigem Stand nicht zusätzlich vertraglich verankert werden, da dies bereits durch die sogenannten Vertragsstrafen gemäß VOB geregelt ist.

 

  1. Ist ein professionelles, externes Projektmanagement erforderlich?

 

Die Hansestadt Lübeck ist hinsichtlich der Fachlichkeit im Bereich Stadtgrün und Verkehr gut aufgestellt, die dort tätigen Ingenieure und Techniker sind erfahrene Bauherrnvertreter, die ihre Arbeit in dem ihnen gesteckten Rahmen kompetent und zuverlässig erledigen.

 

Trotzdem kann es bei größeren oder komplizierten Verträgen richtig sein, zusätzliche Hilfe durch Dritte zu beauftragen. Vor allem im juristischen und baubetriebswirtschaftlichen Bereich kann die Verwaltung durch diese Spezialisten wirkungsvoll unterstützt werden. Es ist bekannt, dass sich auch große Baukonzerne z. B. durch fachanwaltliche Büros unterstützen lassen. Um hier auf Augenhöhe auftreten zu können, sind entsprechende Beratungsverträge durchaus zweckmäßig und für den Bau der Bahnhofsbrücke auch vorgesehen.

 

Von der vollständigen Vergabe einer Projektleitung an externe Anbieter sollte jedoch eher abgeraten werden. Die Erfahrungen mit vergangenen größeren Projekten zeigen, dass externe Büros nicht zwangsläufig bessere Ergebnisse erzielen als MitarbeiterInnen der Fachverwaltungen.

 

Zusätzlich müssen externe Projektsteuerer als Auftragnehmer genauso betreut und überwacht werden wie andere Ingenieurbüros, binden also mit Leistungsbeschreibung, Vergabe, Leistungsüberwachung und Rechnungsprüfung städtische Mitarbeiter und erzeugen Aufwand.

 

  1. Wie kann alternativ das eigene Projektmanagement besser aufgestellt werden?

 

a) Es ist wichtig, dass die MitarbeiterInnen mit externen und internen Schulungen auf dem Laufenden gehalten werden. Die Vorschriften im Vergabe- und Baurecht sind sehr umfangreich und einer ständigen Fortschreibung unterworfen. Deswegen muss neben den finanziellen Mitteln auch genügend Zeit eingeplant und den Mitarbeitern gewährt werden, um sich entsprechend fortzubilden. Fortbildungen und Schulungen sollen daher zukünftig vermehrt von allen MitarbeiterInnen wahrgenommen werden.

 

b) Die Erfahrung mit der Possehlbrücke zeigt, dass auf beiden Seiten der Vertragsparteien sehr viel Schriftverkehr erzeugt wird, um für spätere Gerichtsverfahren die nötigen Beweise sicherzustellen. Dadurch wird sehr viel Arbeitskapazität gebunden, die dann für fachliche Planungsarbeit und Entscheidungen an anderer Stelle nicht zur Verfügung steht. Durch personelle Verstärkung für das Projekt Bahnhofsbrücke soll diesem Umstand Rechnung getragen werden.

 

c) Aktuell wird überlegt, ob die Einrichtung eines „Wissenspools“ im Fachbereich oder bei den bauenden Bereichen, der mit Fachleuten mit speziellem Wissen (z. B. Bau-Betriebswirtschaftler) bestückt ist, zur zusätzlichen Unterstützung für die Projektleitungen zweckmäßig herangezogen werden könnte.

 

  1. Wie können mögliche Regressansprüche, z.B. durch längere Bauzeit oder höhere Kosten für die Hansestadt Lübeck abgesichert und eingetrieben werden?

 

Die Hansestadt Lübeck als öffentlicher Auftraggeber ist bei der Vergabe von Aufträgen an die Verdingungsordnungen gebunden. Die Vereinbarung von Vertragsstrafen unterliegt dabei sehr strengen Regeln und ist auf einen Betrag von 5 % der Bausumme limitiert. Ob damit tatsächliche Ausfälle abgedeckt werden können ist fraglich.

Ein über die Vertragsstrafe hinausgehendes Geltendmachen von Schadensersatz begrenzt sich auf einen tatsächlich entstandenen Schaden und muss entsprechend nachgewiesen werden. Die Vergütung eines volkswirtschaftlichen Schadens durch die (verlängerte) Sperrung z. B. einer Straße konnte nach bisheriger Kenntnis jedoch noch nicht durchgesetzt werden.

 

Im Streitfall sind Schadensersatzansprüche nur gerichtlich durchzusetzen.

 

  1. Wie können die in der Bauverwaltung verantwortlichen Mitarbeiter bei Erfolgen belohnt werden?

 

Die Bestandteile der Vergütung für Tarifbeschäftigte bzw. der Bezüge der BeamtInnen sind ausschließlich durch Tarifvertrag, Gesetze und Verordnungen geregelt. Darüber hinausgehende Geldleistungen dürfen nicht gewährt werden.

 


Anlagen