Vorlage - VO/2017/05010  

Betreff: Antwort auf Anfrage gem. §16, BM Katja Mentz (Fraktion GAL): Umsetzungsstand Entwicklung eines "Zentrums für Umweltbildung"
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Kathrin WeiherBezüglich:
VO/2017/04947
Federführend:4.041.7 - Lübecker Museen Bearbeiter/-in: Wißkirchen, Hans
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
29.06.2017 
31. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Anfrage:

  1. Wie ist der momentane Umsetzungsstand des Bürgerschaftsbeschlusses von 2012?
  1. a.) Wie viele Stellen sind derzeit beim Museum für Natur und Umwelt nicht besetzt? Wenn es unbesetzte Stellen gibt, um welche Stellen handelt es sich?
    b.) Wurden in den vergangenen zehn Jahren Stellen beim Museum für Natur und Umwelt abgebaut? Wenn ja, welche?
    c.) Sind derzeit Stellen beim Museum für Natur und Umwelt zur Wiederbesetzung ausgeschrieben? Wenn ja, welche?
  1. Woran liegt es, dass die Umsetzung des Bürgerschaftsbeschlusses, das Museum für Natur und Umwelt zu einem „Zentrum für Umweltbildung“ weiterzuentwickeln, momentan zu stagnieren scheint?
  1. Ist geplant, das Gebäude im Zuge der Weiterentwicklung des Museums für Natur und Umwelt zu einem Zentrum für Umweltbildung barrierefrei zu gestalten?
  1. Für die konzeptionelle/pädagogische Arbeit eines Zentrums für Umweltbildung besteht die Möglichkeit, Fördermittel (auch EU-Fördermittel) zu beantragen. Gibt es bereits eine Übersicht über in Frage kommende Fördermittel? Bestehen derzeit im Museum für Natur und Umwelt personelle Kapazitäten, sich um mögliche Fördermittel zu bemühen?

 


Begründung

1.Wie ist der momentane Umsetzungsstand des Bürgerschaftsbeschlusses von 2012?

Die „Evolution“ des Umweltbildungszentrums –  Was bisher geschah

Das Lübecker Naturkundemuseum wird seit dem Bürgerschaftsbeschluss vom 29.11.2012 als „Zentrum für Umweltbildung / Zentrum für naturkundliche Bildung“ weiterentwickelt. Für die umfassenden Arbeiten zur Neu-Konzeption, insbesondere für die damit verbundenen vorbereitenden koordinierenden Arbeiten, Treffen und Aktionen mit den Netzwerkpartnern (z.B. Infotreffen, Arbeitskreis „Umweltbildungszentrum“ , Netzwerktreffen, Ideenwerkstatt…) in der städtischen Umweltbildung wurde zusätzliche Arbeitskraft erforderlich. Ein entsprechender Förderantrag an die Possehl-Stiftung wurde formuliert und bewilligt. Die Bürgerschaft hat die Annahme der Fördermittel für die Vorbereitung der Weiterentwicklung des Museums für Natur und Umwelt in ein „Zentrum für Umweltbildung“ in ihrer Sitzung vom 27.11.2014 beschlossen. Die Projektmittel (Personalmittel und Sachmittel) ermöglichten Arbeiten befristet für 1 Jahr (November 2014 bis November 2015/ Stundenvolumen entspricht ½ Stelle).

Im November 2014  bis November 2015 kam die Diplom-Biologin und Umweltpädagogin Dr. Johanna Prinz zur personellen Verstärkung als Projektmitarbeiterin hinzu. Im Rahmen eines einjährigen Werkvertrages unterstützte sie Museumsleiterin Dr. Susanne Füting  bei der Weiterentwicklung des Hauses als Umweltbildungszentrum und bei der (umwelt-)pädagogischen Arbeit.

Damit konnte ein umfassender integrierender Konzeptentwurf erstellt werden und die begleitende und vorbereitende Netzwerkarbeit aufgenommen werden. Die Arbeiten umfassten die Erstellung des Leitbildes und die Profilschärfung des neuen Umweltbildungszentrums, eine Bestandsaufnahme, Analyse und Neu- Konzeption der Info- und Bildungsangebote inklusive ihrer Verbreitung und Bewerbung (Internet und Druckerzeugnisse), eines Entwicklungsplanes (Ausstellungen/Haus) sowie die Profilierung der Vermittlungsarbeit und die Neuausrichtung und Verstärkung der Kooperationen mit den Partnern in der städtischen Umweltbildung. Das neue Umweltbildungszentrum und Kompetenzzentrum bündelt Angebote und soll – sobald es voll arbeitsfähig ist – auch koordinierende Funktionen wahrnehmen. Damit werden Mehrfachangebote und -strukturen in der städtischen Verwaltung vermieden und Ressourcen geschont.

Mehrere Gespräche zum Projekt „Umweltbildungszentrum“ haben mit Senatorin Annette Borns (FB 4), ihrer Nachfolgerin Senatorin Kathrin Weiher, Senator Bernd Möller (FB 3), Senator Hinsen und dem Leitenden Direktor der Lübecker Museen Prof. Hans Wißkirchen (FB 4), sowie auf Bereichsebene mit Frau Dr. Ursula Kühn (FB 3) und Knut Sturm (Stadtwald) stattgefunden. Sie alle befürworten, unterstützen und begleiten den Prozess und das Projekt.

Die vorbereitende  Netzwerkarbeit  wurde aufgenommen:

Engagierte Personen aus dem Kreis der Kooperations- und Netzwerkpartner unterstützen und begleiten den Weg zum Umweltbildungszentrum und beraten im neu gegründeten informellen „Arbeitskreis Umweltbildungszentrum“.

Zahlreiche Akteurinnen und Akteure Lübecker Vereine und Verbände sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung wurden u.a. beim 1. großen Netzwerktreffen „Umweltbildungszentrum für Lübeck“ am 12.5.2014 im Museum für Natur und Umwelt und bei Folgeterminen über das Vorhaben informiert und zur Beteiligung an der Ausgestaltung des kommenden Umweltbildungszentrums aufgefordert. Ergebnis: sehr positive, zustimmende und bestätigende Grundstimmung bei den Partnern in Bezug auf die Einrichtung des Umweltbildungszentrums. Wünsche, Bedenken, Empfehlungen und Bedürfnisse der Akteurinnen und Akteure flossen ein. Es besteht eine hohe Bereitschaft im Sinne der Bildungsarbeit gemeinsam konstruktiv zu agieren. Gleichzeitig gibt es auch Erwartungen und Wünsche an ein starkes Umweltbildungszentrum.

Zahlreiche neue Veranstaltungsformate und neue Bildungs-Angebote ganz im Sinne des Umweltbildungszentrums wurden in den vergangenen Jahren bereits getestet und erprobt. Damit arbeitet das Museum für Natur und Umwelt bereits kräftig an der Ausgestaltung und am Aufbau seiner Funktion als Lübecker Umweltbildungszentrum – immer eng vernetzt mit den örtlichen Naturschutzvereinen, -verbänden, Initiativen und Einzelakteuren. Davon legen auch die diesjährigen Lübecker Aktionstage „Artenvielfalt  erleben“ ein Zeugnis ab.

Fazit:

Das MNU arbeitet als designiertes Lübecker "Umweltbildungszentrum“ partiell bei Einzelprojekten und Veranstaltungen, beim Netzwerken und bei Pilotprojekten bereits jetzt ganz im Sinne seiner neuen wichtigen Funktion als städtisches Umweltbildungszentrum.

Es gilt nun, das neue Konzept zu bestätigen und das Museum für Natur und Umwelt strukturell und personell (wieder) so zu stärken, dass es den Auftrag „Lübecker Umweltbildungszentrum“ voll erfüllen kann und schließlich der Durchbruch und Erfolg des Kompetenzzentrums UBZ/ MNU gesichert ist.

 

2.a.) Wie viele Stellen sind derzeit beim Museum für Natur und Umwelt nicht besetzt? Wenn es unbesetzte Stellen gibt, um welche Stellen handelt es sich?

Seit dem 31.12.2013 ist eine Stelle, die eines „Museumsangestellten“ (EG 6, 39 Std.), nicht besetzt. Hierbei handelt es sich um den Vivarienwart (Versorgung lebender Tiere) und Tischler, dessen Aufgaben nun durch einen anderen Museumsangestellten wahrgenommen werden.

b.) Wurden in den vergangenen zehn Jahren Stellen beim Museum für Natur und Umwelt abgebaut? Wenn ja, welche?

Abgebaut wurde die Stelle der „Wiss. Rat/Rätin“ (EG 13, 39 Std.), die von der jetzigen Museumsleiterin besetzt war. Als die Mitarbeiterin die Stelle der Museumsleitung übernommen hat, wurde ihre alte Stelle abgebaut, da alle anderen Lübecker Museen ebenfalls mit nur einer wissenschaftlichen Leitungsposition auskommen müssen.

c.) Sind derzeit Stellen beim Museum für Natur und Umwelt zur Wiederbesetzung ausgeschrieben? Wenn ja, welche?

Nein, es sind keine Stellen ausgeschrieben.

 

3.Woran liegt es, dass die Umsetzung des Bürgerschaftsbeschlusses, das Museum für Natur und Umwelt zu einem „Zentrum für Umweltbildung“ weiterzuentwickeln, momentan zu stagnieren scheint?

Das Konzept ist erarbeitet und soll dem Kulturausschuss im September vorgelegt werden. Sowohl die räumliche als auch die personelle Situation ist unbefriedigend. Die von der Possehl-Stiftung geförderte Stelle existiert nicht mehr. Derzeit stehen keine finanziellen Mittel für eine Umstrukturierung zur Verfügung. Für die Arbeitsfähigkeit des Umweltbildungszentrums werden jedoch unabdingbar die unter Punkt 5 aufgeführten Stellen benötigt.

 

4.Ist geplant, das Gebäude im Zuge der Weiterentwicklung des Museums für Natur und Umwelt zu einem Zentrum für Umweltbildung barrierefrei zu gestalten?

In einer ausführlicheren Version des Konzeptentwurfes der Museumsleitung geht es neben der inhaltlichen Neuausrichtung der Bildungsarbeit auch um dringend wünschenswerte bauliche Maßnahmen, allen voran die Barrierefreiheit. Weiterhin werden die Neugestaltung der Ausstellungen, die Modernisierung des Vortragssaales und die Gestaltung der Außenfassade des Gebäudes angesprochen. Diese gewünschten Maßnahmen sind allerdings noch nicht finanziert.

 

Ergänzung:

 

Das Museum für Natur und Umwelt zeigt mehrere einzigartige Fossilfunde aus Groß Pampau, Lauenburg (z.B. Großfossilen: Bartenwale, Zahnwale, Hai). Weitere hervorragende aktuelle Neu-Funde (z.B. Robbenfund von 2016) warten darauf, ausgestellt zu werden. Das Museum erschließt die einzigartigen Original-Objekte aus dem Miozän (Ur-Nordsee / Alter: etwa 11 Millionen Jahren) einem breiten Publikum und vermittelt Aspekte der Erdgeschichte unserer Region und des Nordens, aktuelle Forschungsmethoden, Evolution und Faunenwandel sowie die Ökologie vergangener Lebenswelten in Ausstellungen, in pädagogischen Programmen und Veranstaltungen. Die bisher vorhandene paläontologische „Pampau-Sammlung“ ist international bedeutsam. Sie fällt unter das Kulturgutschutzgesetz. Es ist wünschenswert, bei weiteren Grabungen Zeugnisse der Lebewelt aus dem Miozän zu sichern (solange die fossilführenden Glimmertonschichten durch kommerziellen Tonabbau noch zugänglich sind), diese wissenschaftlich zu bearbeiten und die bedeutsamen Funde und Erkenntnisse für das Publikum im Museum zeitgemäß und neu zu präsentieren.

Hierzu fanden bereits mit diversen Kooperationspartnern Gespräche statt. In Fachkreisen (Naturkundemuseen und Forschungssammlungen / Universitäten mit Paläontologie und Geologie) ist die Einzigartigkeit des Fundortes und der Pampauer-Sammlungen bekannt. Es liegt ein aktuelles Gutachten des renommierten Wirbeltierpaläontologen Dr. Oliver Hampe (Humboldt Universität Berlin, Leibniz Institut) dazu vor. Im April diesen Jahres besuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt im Rahmen einer Fachtagung in Berlin den Fossilien-Fundort Groß Pampau und das MNU, Lübeck. Dies spiegelt die internationale Bedeutung wieder. Es ergibt sich hieraus auch die Notwendigkeit und Wichtigkeit, einer breiten Öffentlichkeit per Ausstellung Zugang zum Thema (regionale Erdgeschichte und Wandel / Evolution etc.) und zu modernen Forschungsmethoden zu ermöglichen. 

Kontakte und Partner bei der Bildungsarbeit insbesondere beim Thema „Ausstellung Pampauer Wale" sind insbesondere die Museen / Häuser des Bundes NORe (11 Naturkundehäuser/-sammlungen in der Ost- und Nordseeregion) – allen voran hier das Zoologische Museum der Universität Kiel, das mit seinen rezenten Walen das Thema in seinen Ausstellung komplementär behandelt.

Über das Konzept der Bildungsarbeit und der neuen (Pampauer-)Ausstellungen wurde auch mit Kolleginnen und Kollegen der Fachgruppe der naturwissenschaftlichen Museen im Deutschen Museumsbund diskutiert. Intensive Gespräche und Austausch gab es insbesondere mit dem städtischen Umweltbildungszentrum Osnabrück Museum am Schölerberg und mit dem Mainzer Naturkundemuseum. Beide Einrichtungen haben in Städten von ähnlicher Größe wie Lübeck Umweltbildungszentren an den dortigen Naturkundehäusern etabliert und dort die städtische und regionale Umweltbildungsarbeit erfolgreich gestärkt und gebündelt.

 

Zur Modernisierung der Ausstellung „Pampauer Wale“ und zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und der Grabungen in Groß Pampau fanden - basierend auf dem wissenschaftlichen, kulturellen Wert der Pampau-Fossilien und ihrer Bedeutung für die  Bildungsarbeit – auch bereits Gespräche mit Frau Ministerin Spoorendonk inklusive anschließender Besichtigung des Fossilienfundortes Groß Pampau statt.

Vorbehaltlich der Entscheidungen der neuen Regierung sollen nach Möglichkeit zukünftige Forschungsgrabungen in Pampau mit Mitteln aus dem Ministerium für Justiz, Kultur und Europa gefördert werden. Zurzeit fördert das Land Schleswig Holstein eine laufende Forschungsgrabung in Groß Pampau.

Ausgehend von den bereits vorhandenen Neufunden soll das MNU in seinen Ausstellungen und seiner Bildungsarbeit weiter entwickelt werden. Insbesondere der Ausstellungsbereich „Pampauer Fossilien“ soll neu gestaltet werden. Bei der Modernisierung sind der barrierefreie Zugang und eine barrierefreie Präsentation essentielle Kriterien.

Mit einer solchen umfassenden Neugestaltung hätte das UBZ die Möglichkeit, sich zukünftig mit einem neuen, inhaltlich gewichtigen Schwerpunkt, den Pampau-Funden, zu präsentieren. Voraussetzung hierfür ist jedoch die Sicherstellung der Finanzierung.

 

5.Für die konzeptionelle/pädagogische Arbeit eines Zentrums für Umweltbildung besteht die Möglichkeit, Fördermittel (auch EU-Fördermittel) zu beantragen. Gibt es bereits eine Übersicht über in Frage kommende Fördermittel? Bestehen derzeit im Museum für Natur und Umwelt personelle Kapazitäten, sich um mögliche Fördermittel zu bemühen?

Vor dem Hintergrund der unter Punkt 4 ausgeführten Ergänzung sind verschiedenste Fördermöglichkeiten insbesondere für die Forschung, Vermittlungsarbeit und Ausstellungsvorhaben bekannt. Insbesondere durch die seit einigen Jahren neu etablierte Mitarbeit in Verbünden wie z.B. bei und mit

  • NORe (11 Naturkundehäuser/-sammlungen in der Ost- und Nordseeregion)
  • CETAF (europäischer Wissenschafts-Verbund )
  • INTERREG-Kooperationen  (UNDINE_Projekt  zur Unterwasserwelt der Ostsee)
  • Universität Lübeck (IMIS – DFG Projekt  / Lernen in virtuell angereicherte Ausstellungen)
  • ZKFL Lübeck

ist das Haus gut vernetzt und es liefen und laufen hier bereits (Bildungs-)Projekte mit dem Museum als Kooperationspartner – schwerpunktmäßig im Kontext der Ausgrabungen in Groß Pampau.

Aussicht auf weitere Fördermittel (EU / BMBF, DFG oder andere) sind bereits jetzt gegeben jedoch an die vorausgehende Erarbeitung eines wissenschaftlichen Konzepts gebunden.

Es wäre dringend erforderlich, nach Abschluss der o.g. Gespräche mit der neuen Landesregierung zu Drittmittel-finanzierten personellen Aufstockungen zu kommen.

 


Anlagen

 

 

Stammbaum:
VO/2017/04947   Anfrage gem. §16, BM Katja Mentz (Fraktion GAL): Umsetzungsstand Entwicklung eines "Zentrums für Umweltbildung"   Geschäftsstelle der Fraktion grün+alternativ+links (GAL)   Anfrage
VO/2017/05010   Antwort auf Anfrage gem. §16, BM Katja Mentz (Fraktion GAL): Umsetzungsstand Entwicklung eines "Zentrums für Umweltbildung"   4.041.7 - Lübecker Museen   Antwort auf Anfrage öffentlich
VO/2017/05233   Konzept "Umweltbildungszentrum für Lübeck"   4.041.7 - Lübecker Museen   Bericht öffentlich