Vorlage - VO/2016/03618  

Betreff: Gutachten zu der Wirtschaftlichkeit und zu den Organisationsstrukturen der Feuerwehren Lübeck und Kiel ? Zusammenfassender Ergebnisbericht ?
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senator Ludger Hinsen
Federführend:3.370 - Feuerwehr Bearbeiter/-in: Bäth, Oliver
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung zur Vorberatung
20.09.2016 
30. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung und Polizeibeirat (Wahlperiode 2013-2018) zurückgestellt   
15.11.2016 
31. und konstituierende Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung (Wahlperiode 2013 - 2018) zurückgestellt   
17.01.2017 
32. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung (Wahlperiode 2013 - 2018) geändert beschlossen   
Hauptausschuss zur Vorberatung
11.10.2016 
52. Sitzung des Hauptausschusses zurückgestellt   
22.11.2016 
54. Sitzung des Hauptausschusses zurückgestellt   
24.01.2017 
56. Sitzung des Hauptausschusses geändert beschlossen   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung
24.11.2016 
26. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zurückgestellt   
26.01.2017 
Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck geändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
VO_2016_03618_Anlage 1_Gutachten_Umsetzung Wirtschaftlichkeitsgutachten
VO_2016_03618_Anlage 2_Stellungnahme PR_Umsetzung Wirtschaftlichkeitsgutachten
VO_2016_03618_Anlage 3_Stellungnahme StFV Teil 1_Umsetzung Wirtschaftlichkeitsgutachten
VO_2016_03618_Anlage 4_Stellungnahme StFV Teil 2_Umsetzung Wirtschaftlichkeitsgutachten

Beschlussvorschlag

Der Bürgermeister wird beauftragt, als Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung der Firma Luelf und Rinke folgende Maßnahmen für Lübeck umzusetzen:

 

1. Standortstruktur der Wachen der Berufsfeuerwehr

 

Zu einer fachlich verantwortbaren Entscheidung der Frage, ob von dem derzeit bestehenden 4-Wachen-System auf ein 3-Wachen-System umgestiegen werden kann,  wird ein zweijähriger Dokumentationszeitraum parallel zum Weiterbetrieb der Feuerwache 4 eingerichtet. Während dieser Zeit wird mittels eines Zeit- und Datenerfassungssystems ermittelt, ob die Freiwillige Feuerwehr Schlutup die Kriterien für die 1. Hilfsfrist (10 Einsatzkräfte mit notwendiger Qualifikation in 10 Minuten) in den Abend- und Nachtzeiten sowie an den Wochenenden erfüllen könnte. Nach Abschluss der Testphase und Datenanalyse ist der Bürgerschaft ein endgültiger Vorschlag zur Entscheidung über die künftige Standortstruktur zu unterbreiten.

 

 

2. Standortstruktur der Freiwilligen Feuerwehren

 

Die Standortstruktur der Freiwilligen Feuerwehren wird durch die Bereichsleitung der Feuerwehr im Einvernehmen mit den beteiligten Wehren und dem Stadtfeuerwehrverband unter Berücksichtigung der personellen Leistungsfähigkeit der Wehren kontinuierlich überprüft. Dabei sind die vom Gutachter genannten Vorschläge zu einer perspektivischen Reduzierung von 22 auf 15 Standorte sowie die Neugründung eines Standortes einer freiwilligen Feuerwehr im östlichen Stadtgebiet (Eichholz/Brandenbaum) einzubeziehen. Eine zwangsweise Zusammenlegung von Standorten wird nicht betrieben. Investitionen orientieren sich an der Empfehlung des Gutachtens.

 

 

 

 

3. Funktionsbesetzungsplan

 

Die Struktur im Führungsdienst wird gemäß den Empfehlungen des Gutachtens durch die stufenweise Aufstockung um max. 10 Stellen bis 2019 optimiert. Die notwendigen Stellen werden in einem Stufenplan in den Jahren 2017 bis 2019 im Rahmen der Haushaltsaufstellung geordnet. Zur Stellenfinanzierung sind die Mittel Dritter (z.B. Krankenkassen) einzubeziehen.

 

Die Anpassung der Einsatzfunktionen in den Wachabteilungen für Brandschutz und Technische Hilfe gemäß Gutachterempfehlung um eine Funktion Führungsassistent (entspricht 5,16 Stellen) und  max. 2 Sonderfunktionen wird gesondert geprüft. Eine Umsetzung steht unter Haushaltsvorbehalt.

 

 

4. Aufbauorganisation

 

Die Aufbauorganisation wird unter Einbeziehung der Gutachterempfehlungen mit dem Ziel  einer besseren Verzahnung zwischen Einsatzdienst und Sachgebietsarbeit optimiert.

 

 

5. Wasserseitige Gefahrenabwehr

 

Die Verwaltung legt bis Ende 2017 ein organisationsübergreifendes Konzept zur wasserseitigen Gefahrenabwehr unter Einbeziehung der Gutachterempfehlungen und in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen vor. Der Ersatz des bestehende Löschbootes durch ein kompaktes Hilfeleistungslöschboot ist hierbei eine Option.

 

 

6. Personalwirtschaft

 

Die Berechnung des Personalbedarfs zur zuverlässigen Besetzung der Wachabteilungen erfolgt gemäß Vorschlag des Gutachters auf der Grundlage teils retrospektiv, teils prospektiv ermittelter Personalausfallfaktoren. Es sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die durch die Verwaltung beeinflussbaren Personalausfallfaktoren zu minimieren. Dazu gehört, die bereits ergriffenen Maßnahmen des Gesundheitsmanagements fortzusetzen bzw. gem. Gutachterempfehlung zu erweitern.


Verfahren

Beteiligte Bereiche/Projektgruppen:

Ergebnis:

 

1.110 – Personal- u. Organisationsservice
Kenntnisnahme
1.201 – Haushalt u. Steuerung
Zustimmung

5.691 – Lübeck Port Authority
Zustimmung

Personalrat Feuerwehr
Die Stellungnahme ist als Anl. 2 beigefügt.
Stadtfeuerwehrverband HL
Die Stellungnahme ist als Anl. 3 / 4 beigefügt.

 

 

 

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

 

Ja

gem. § 47 f GO ist erfolgt:

X

Nein

Begründung:

 

Besondere Belange von Kindern und Jugendlichen sind nicht betroffen.

 

 

 

Die Maßnahme ist:

 

neu

 

X

freiwillig

 

 

vorgeschrieben durch

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

 

Nein

 

X

Ja. Sie sind aufgrund verschiedener

 

 

Varianten in der Begründung dargestellt.

 


Begründung

Am 29.09.2011 (TO 13.1, Drs. Nr. 274) beschloss die Bürgerschaft, ein externer Gutachter solle mit einer Expertise zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Feuerwehr einschließlich einer Optimierung der Organisationsprozesse und des Personaleinsatzes sowie zur Senkung des Krankenstandes beauftragt werden. Nach einem Ausschreibungsverfahren wurde die Firma Luelf und Rinke Sicherheitsberatung GmbH beauftragt, für die Städte Lübeck und Kiel eine gemeinsame Expertise mit nahezu gleicher Leistungsbeschreibung zu erstellen. Der zusammenfassende und vergleichende Ergebnisbericht wurde beiden Städten am 17.02.2016 vorgelegt (Anlage 2).

 

Der Gutachter stellt fest, dass bei der Feuerwehr Lübeck (auch im Vergleich zur Feuerwehr Kiel) bereits derzeit eine hohe Wirtschaftlichkeit in folgenden Punkten besteht:

 

  • In Lübeck werden seit Jahren regelhaft die Freiwilligen Feuerwehren (FF) in Grundschutz und Sonderlagen einbezogen. Der sogenannte Kurzzug der Berufsfeuerwehr (BF)  besteht planmäßig  aus 10 BrandschützerInnen, die in 10 Minuten am Einsatzort eintreffen. Dieser wird binnen weiterer 5 Minuten durch 6 Kräfte der FF zum Norm-Löschzug ergänzt.
     
  • Gemäß „Plan zum täglichen Dienstablauf“ praktiziert die BF Lübeck in ihren Wachabteilungen bereits eine geplante Inanspruchnahme für Tätigkeiten (ohne Einsätze) von durchschnittlich 9,2 Stunden bezogen auf eine 24-Stunden-Schicht.

 

Im Ergebnisbericht empfiehlt der Gutachter ein Gesamtmaßnahmenpaket zur weiteren Optimierung der Wirtschaftlichkeit und zur Erreichung einer bedarfsgerechten Struktur, das im Wesentlichen aus folgenden Handlungsfeldern besteht:

 

  1. Standortstruktur BF
  2. Standortstruktur FF
  3. Funktionsbesetzungsplan
  4. Aufbauorganisation
  5. Wasserseitige Gefahrenabwehr
  6. Personalwirtschaft

 

Die Verwaltung hat die Empfehlungen des Gutachters geprüft und schlägt zu deren Umsetzung mit dieser Vorlage die im Beschlussvorschlag genannten Maßnahmen vor.

 

Die Maßnahmen werden wie folgt begründet:

 

 

 

1 - Standortstruktur der Wachen der Berufsfeuerwehr

 

Bestehender Zustand

 

Laut § 2 des Brandschutzgesetzes haben die Gemeinden „den örtlichen Verhältnissen angemessene leistungsfähige öffentliche Feuerwehren“ zu unterhalten.

 

 

Die Schutzzielformulierung der AGBF ist eine Empfehlung der in der Bundesrepublik Deutschland verantwortlichen Leiter der Berufsfeuerwehren für die Planung eines leistungsfähigen Brandschutzes in Städten. Sie wurde zur anerkannten „Regel der Technik“. Sie liegt auch der Planungsgrundlage des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten für den flächendeckenden Brandschutz in Schleswig-Holstein für alle Freiwilligen Feuerwehren zu Grunde.

 

Bereits im Feuerwehrbedarfsplan für Lübeck von 2001 wurde aus Wirtschaftlichkeits-erwägungen im Bereich Schlutup ein gegenüber den Empfehlungen der AGBF reduzierter Standard festgelegt, der vorsieht, dass in der ersten Eintreffzeit von 8 min nach Alarmauslösung für die Einsatzkräfte (= Hilfsfrist von 10 min nach Notrufeingang) 6 Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr (Feuerwache 4) und - ggf. leicht verzögert - mindestens vier weitere Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr Schlutup entsandt werden.

 

Die Anforderungen des AGBF-Schutzziels bemessen sich am "Kritischen Wohnungsbrand" im Obergeschoss eines mehrgeschossigen Gebäudes und sind in 3 Komponenten gegliedert:

 

  • Innerhalb einer Hilfsfrist 1 von 9,5 bzw. 10 Minuten (nach Beginn der Notrufabfrage) soll ein Erstangriff der Feuerwehr mit 10 Funktionen (qualifizierte Einsatzkräfte inkl. Rettungstrupp zur Eigensicherung) erfolgen, um eine rechtzeitige Menschenrettung durchführen zu können. 

 

  • Innerhalb einer Hilfsfrist 2 von 14,5 bzw. 15 Minuten soll eine Unterstützungseinheit mit weiteren 6 Kräften an der Einsatzstelle eintreffen. Diese weiteren sechs Kräfte sind zur Unterstützung bei der Menschenrettung, bei der Brandbekämpfung und bei der Eigensicherung der Einsatzkräfte erforderlich.

 

  • Der Zielerreichungsgrad definiert, in wie vielen Fällen der Alarmierungen sowohl die geforderte Funktionsstärke als auch die festgelegten Hilfsfristen einge­halten werden sollen. Die AGBF empfiehlt einen planmäßigen Zielerreichungsgrad von 90%.

 

 

In Israelsdorf und Karlshof muss die erste Hilfsfrist ebenfalls von der Freiwilligen Feuerwehr abgedeckt werden, Eichholz und Brandenbaum sind von keinem Standort der Feuerwehr aus in der ersten Hilfsfrist von 10 min (das bedeutet eine Eintreffzeit von 8 min) zu erreichen.

 

 

 

Mögliche Varianten:

 

A.  3-Wachen-Struktur mit Schließung der Feuerwache 4 (Empfehlung des Gutachters)

 

Der Gutachter schlägt - abweichend von den o.g. Schutzzielen der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) „Qualitätskriterien für die Bedarfsplanung von Feuerwehren in Städten“ - eine Abstufung der Planungsgrundlagen anhand einer von ihm entworfenen dreistufigen Risikoklasseneinteilung vor. Das Risikopotential nimmt hiernach von der Klasse 1 bis zur Klasse 3 zu. (Die AGBF-Empfehlungen sehen für die Risiko-Grundabdeckung in Städten keine Abstufung vor).

 

Im Ergebnis wird der Stadtteil Schlutup trotz dort vorhandener Störfallbetriebe und Alten- und Pflegeheime vom Gutachter gemeinsam mit anderen Stadtbezirken (z. B. Israelsdorf, Dänischburg, Siems, Eichholz) in die „Risikoklasse 2“ eingestuft. In dieser Risikoklasse hält der Gutachter in der 1. Hilfsfrist von 10 min nur noch 6 Einsatzkräfte (gegenüber z. Zt. 10 Einsatzkräften) für ausreichend. Weitere 4 Einsatzkräfte sollen nach weiteren 3 min eintreffen.

 

Der Gutachter schlägt darüber hinaus vor, die Feuerwache 4 ersatzlos entfallen zu lassen und die bisher von dort gestellten 6 BF-Einsatzkräfte rund um die Uhr durch Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr Schlutup zu ersetzen.

 

Der Brandschutz im Stadtteil Schlutup müsste also rund um die Uhr bezogen auf die ersteintreffenden 6 und zeitverzögert weiteren 4 Einsatzfunktionen ausschließlich durch Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr abgedeckt werden. Der Gutachter unterstellt zwar, dass die Kompensation „prinzipiell und bedarfsplanerisch umsetzbar“ ist, stellt jedoch andererseits fest, dass er aufgrund seiner retrospektiven Analyse nicht abschließend bewerten könne, ob dies durch den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr erfüllt werden könne (sh. Anm. auf S. 96 und 97 des Ergebnisberichts). Auch die vom Gutachter aufgelisteten Daten (sh. S. 42 und S. 67 des Projekthandbuchs) stützen diesen Zweifel.

 

Auch künftig wird die Freiwillige Feuerwehr keine bindende Verpflichtung eingehen, die notwendigen Einsatzkräfte in der erforderlichen Zeit bereit zu stellen. Personelle Veränderungen innerhalb der Freiwilligen Feuerwehr durch Wohnortwechsel oder berufliche Veränderungen der Mitglieder sind nicht beeinflussbar und können zu einem Absinken unter den abgesenkten Standard führen. Eine kurzfristige Kompensation durch die Berufsfeuerwehr wäre nach einer Wachschließung dann nicht möglich.

 

 

Eine Umsetzung dieser Variante würde bedeuten:

 

  1. Die dem Feuerwehrbedarfsplan der Hansestadt Lübeck zu Grunde liegende Schutzzieldefinition der AGBF würde verlassen.

 

  1. Der bestehende Standard im Brandschutz für das Gebiet Schlutup würde durch die Einstufung in die Risikoklasse 2 des Gutachters reduziert.

 

  1. Bereits jetzt bestehende Lücken in der Abdeckung z.B. in Eichholz / Brandenbaum blieben erhalten und unberücksichtigt, obwohl dort lt. Ergebnisbericht (sh. S. 41) Einsatzstellenhäufigkeiten zu verzeichnen sind.

 

  1. Während der Gutachter der Landeshauptstadt Kiel die Einrichtung einer 3. Wache der Berufsfeuerwehr empfiehlt, soll in Lübeck die Zahl auf drei reduziert werden. Die Fläche der Hansestadt Lübeck ist jedoch rund 1,8-mal so groß ist wie die der Landeshauptstadt Kiel [Bild 1]. Der vom Gutachter durch Simulation ermittelte Erreichungsgrad für die 1. Hilfsfrist sänke (bezogen auf das Gesamtstadtgebiet) bei Schließung der Feuerwache 4 auf 77% und läge damit unter dem im bestehenden Feuerwehrbedarfsplan festgelegten Wert von 80%. Der Wert von 80% wird auch vom Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten S-H als Untergrenze für Gemeinden mit nur freiwilligen Feuerwehren angesehen. Das aktuelle Konzept der AGBF sieht dagegen für Städte mit Berufsfeuerwehren einen Wert von 90% als richtig an. Der Gutachter selbst gibt keine Empfehlung für einen Soll-Wert.

 

 

Vergleich der Gutachterempfehlungen zu den Wachstandorten

Kiel

Lübeck

Fläche des Stadtgebietes

118,65 km

214,2 km²

Anzahl der Feuerwachen im Ist-Zustand

2

4

Durchschnittliche Größe der Wachgebiete

59 km²

53,5 km²

Anzahl der Feuerwachen gem. Gutachtervorschlag

3

3

Größe der Wachgebiete gem. Gutachtervorschlag

37 km²

71 km²

Der durch Simulation errechnete Erreichungsgrad

steigt von 84
auf 85-88 %

sinkt von 80 auf 77 %

 

Bild 1: Unterschiede der Qualität der Gebietsabdeckung beider Städte auf Basis der vom Gutachter vorgeschlagenen „3-Wachen-Struktur und Größenvergleich der Stadtgebiete Kiel und Lübeck

 

 

 

 

 

  1. Die Hilfsfrist für rettungsdienstliche Notfälle in dem zzt. von der Feuerwache 4 abgedeckten Gebiet würde sich von jetzt ca. 6 auf ca. 12 min verlängern wenn die Wache auch als Standort für den Rettungswagen entfiele. Ebenso entfiele damit auch die Möglichkeit, das Löschfahrzeug der Feuerwache 4 zur medizinischen Erstversorgung zu entsenden, wenn der Rettungswagen anderweitig im Einsatz ist.

 

Die Feuerwehr hält die Risikoklasseneinstufung für Schlutup nicht für plausibel und daher eine Abweichung vom AGBF-Standard dort für fachlich nicht begründet. Die Feuerwehr sieht auch die planerische Absenkung des Gesamt-Erreichungsgrades unter 80% auf 77% für eine Großstadt als nicht vertretbar an. Insgesamt hält die Feuerwehr daher eine Schließung der Feuerwache 4 wie vom Gutachter empfohlen aus fachlicher Sicht für nicht verantwortbar.

 

 

 

 

B.  4-Wachen-Struktur mit späterer Verlegung der Wache 4 (Empfehlung der Feuerwehr)

 

Im Sinne eines fachlich vertretbaren Erreichungsgrades des Schutzzieles und einer bedarfsgerechten Risikoabdeckung des Stadtgebiets empfiehlt die Feuerwehr das SOLL-Standortmodell III des Gutachters mit 4 Standorten. Dieses Standortmodell sieht mittelfristig eine Verschiebung der Feuerwache 4 in Richtung Wesloer Landstraße vor (sh. Ergebnisbericht S. 64). Ein geeignetes Grundstück für eine Feuerwache in dieser Lage befindet sich im Besitz der Stadt. Die Standorte der Feuerwachen 1, 2 und 3 (neu) würden beibehalten [Bild 2]. Der Liegeplatz eines Löschbootes könnte in den Bereich des Skandinavienkais verlegt und die Besatzung von der Feuerwache 3 gestellt werden.

 

Die Feuerwache 4 würde weiterhin mit sechs Einsatzkräften für den Brandschutz und die Technische Hilfe besetzt. Wie bisher müssten diese durch nur 4 Einsatzkräfte von der Freiwilligen Feuerwehr zur Erfüllung der 1. Hilfsfrist ergänzt werden, was auch tagsüber mit hohem Erreichungsgrad möglich ist.

 

Der mögliche neue Standort wäre auch ein günstig gelegener Stützpunkt für einen Rettungswagen.

 

 

Eine Umsetzung dieser Variante würde bedeuten:

 

  1. Vom optimierten Standort der Feuerwache 4 aus könnten außer Schlutup auch die Stadtbezirke Wesloe, Israelsdorf, Karlshof, Brandenbaum und Eichholz in der ersten Hilfsfrist von 10 min erreicht und damit Abdeckungslücken geschlossen werden [Bild 2].
     
  2. Der dem geltenden Feuerwehrbedarfsplan der Hansestadt Lübeck zugrunde liegende Standard auf der Basis der Schutzzieldefinition der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) würde beibehalten. Der Erreichungsgrad für die Eintreffzeiten der notwendigen Einsatzkräfte würde auf 86% angehoben und damit dem derzeit von der AGBF empfohlenen Erreichungsgrad für Städte (90%) angenähert [Bild 3].
     
  3. Ein planerisches Risiko bei der Einbindung der FF im Erstangriff im Wachgebiet  Schlutup (Ergebnisbericht S. 62 und S. 96/97) würde vermieden und die FF könnten wie bisher erprobt genügend Ergänzungskräfte stellen.

 

  1. Die Hilfsfrist für rettungsdienstliche Notfälle in den genannten Stadtbezirken würde ebenfalls wesentlich verkürzt.

 

 

 

Bild 2: Abdeckung des Stadtgebiets bei Verschiebung der Wache 4 (Quelle Gutachten S. 64)

 

 

Bild 3: Eintreffzeitsimulation - Anteil erreichter Einsatzstellen nach Eintreffzeit (Quelle Gutachten, Anlage zu früheren Ergebnisbericht-Versionen, später im Projekthandbuch)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

C.  4-Wachen-Struktur mit Prüfung der Möglichkeit einer zeitabhängigen Besetzung der Feuerwache 4 (Beschlussvorschlag)

Vor dem Hintergrund der Finanzsituation der Stadt und der dabei derzeit in der Stadt gesetzten Prioritäten für Investitionen erscheint eine Umsetzung der Strukturvariante mit einer Verschiebung der Feuerwache 4 (s. o. 1.2.2) mittelfristig nicht realisierbar. Andererseits ist die Risikoeinschätzung des Gutachters bei einer vollständigen Schließung der jetzigen Feuerwache 4 (s. o. 1.2.1) nicht nachvollziehbar und daher die kurzfristige Umsetzung seiner Empfehlung nicht verantwortbar.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor - abweichend vom Gutachtervorschlag – zunächst während eines Dokumentationszeitraums von zwei Jahren zu ermitteln, ob die Freiwillige Feuerwehr Schlutup abends, nachts und am Wochenende die 1. Hilfsfrist mit 10 qualifizierten Einsatzkräften (inkl. 4 AtemschutzgeräteträgerInnen) erfüllen könnte. Dazu ist eine detaillierte, automatisierte Datenerhebung zu Eintreffzeiten und Qualifikationen der FF-Einsatzkräfte erforderlich. Nach Abschluss des Dokumentationszeitraums wird zu entscheiden sein, ob und in welchem Umfang die Besetzung der Feuerwache 4 mit Einsatzkräften der Berufsfeuerwehr zeitlich reduziert werden kann.

 

 

Eine Umsetzung des Beschlussvorschlags würde bedeuten:

 

  1. Die Feuerwache 4 bleibt in den nächsten zwei Jahren im gleichen Umfang wie bisher mit Einsatzkräften der Berufsfeuerwehr für Brandschutz und Technische Hilfe besetzt. Der Liegeplatz für das Löschboot bleibt solange ebenfalls dort erhalten.

 

  1. Die Entscheidung über eine zeitliche Reduzierung der Besetzung der Feuerwache 4 kann nach dem Dokumentationszeitraum auf der Grundlage objektiver, belastbarer Daten getroffen werden.

 

  1. Nach einer Entscheidung für eine zeitabhängige Besetzung der Feuerwache 4 wäre die Risikoabdeckung im Stadtteil Schlutup weiter zu überwachen. Bei Absinken unter den vorgegebenen Standard wäre jedoch in Kauf zu nehmen, dass eine Rund-um-die-Uhr-Besetzung nach erfolgter Personalreduzierung nicht mehr kurzfristig möglich ist.

 

  1. Lücken in der Abdeckung z.B. in Eichholz / Brandenbaum bleiben erhalten und unberücksichtigt, obwohl dort lt. Gutacher-Ergebnisbericht (sh. S. 41) Einsatzstellenhäufigkeiten  zu verzeichnen sind. Das gilt –wenn auch im Gutachten nicht betrachtet -  auch für den Rettungsdienst.

 

 

 

2 - Standortstruktur der Freiwilligen Feuerwehren

 

Der Gutachter empfiehlt eine „perspektivische Konzentration von FF-Standorten“ bis zu einer Reduzierung von 22 auf 15 Standorten bzw. auf 16 bei Neugründung einer FF im östlichen Stadtgebiet. Eine zwangsweise Schließung von Standorten wird im Sinne einer Stärkung des Ehrenamtes von der Feuerwehr als kontraproduktiv angesehen. Von benachbarten FF selbst ausgehende Bestrebungen zur stärkeren Zusammenarbeit sind zu unterstützen und ggf. anzuregen, wenn eine Unterschreitung der erforderlichen personellen Leistungsfähigkeit einzelner FF aufgrund demographischer Entwicklungen denkbar, bzw. zu erwarten ist.

 

 

Aus fachlicher Sicht wird die FF-Standortstruktur durch die Feuerwehr Lübeck kontinuierlich bewertet und angepasst. Die derzeitige Struktur ist abgeleitet aus den bedarfsgerechten Anforderungen des Einsatzgeschehens sowohl im Grundschutz als auch unter Berücksichtigung komplexer Großschadenslagen. Die Empfehlung des Gutachters zur Neugründung einer Wehr im östlichen Stadtgebiet wird im Grundsatz begrüßt.

3 -  Funktionsbesetzungsplan

 

3.1. Führungs- und Tagesdienst

 

Der Gutachter stellt fest (Ergebnisbericht S. 75):

„Die Führungsfunktionen insbesondere in Lübeck sind aber aus externer Sicht unter Berücksichtigung der Planungsgrundlagen, Analysen und den Gefahrenpotentialen sowie in Bezug auf die „Grundeinheiten (BF & FF) zu gering bemessen.

Insbesondere bei größeren Einsatzlagen bzw. aufwachsenden Einsatzlagen ist hier mehr Personal erforderlich.“

 

Das vom Gutachter unabhängig von der Standortstruktur empfohlene neue Führungsmodell erfüllt nach Einschätzung der Feuerwehr die Anforderungen. Zur Umsetzung dieses Führungsmodells sind lt. Gutachter Veränderungen im Personalbestand im Bereich des Führungs- und Tagesdienstes erforderlich, die stufenweise bis zum Jahr 2019 umgesetzt werden sollen (vgl. Tabelle S. 155 des Ergebnisberichts).

 

3.2. Wachabteilungen

 

Bei Umsetzung des Gutachtervorschlags zur Verbesserung der Führungsstruktur (vgl. 3.1) wäre aus den Wachabteilungen eine zusätzliche Funktion für einen Führungsassistenten abzudecken.

 

Für Sonderfahrzeuge werden zurzeit an der Feuerwache 1 drei Funktionen vorgehalten (sh. Ergebnisbericht S. 73). Gemäß SOLL-Empfehlung des Gutachters sollen künftig an den Feuerwachen 1 und 3 jeweils 2 Sonderfunktionen eingerichtet werden (sh. Ergebnisbericht S. 80).

 

3.3. Personaleinsparung im Falle späterer zeitabhängiger Besetzung der Feuerwache 4

 

Sollte die Bürgerschaft nach der Dokumentationsphase eine zeitabhängige Besetzung der Wache 4 durch die Berufsfeuerwehr beschließen, würden die an Feuerwache 4 angesiedelten 6 Funktionen im Grundschutz zeitweise entfallen. Die Besetzung würde nur noch von Montag bis Freitag jeweils 12 Stunden erfolgen. Das ergibt für jede dieser Funktionen eine Reduzierung um einen Wert entsprechend dem Verhältnis 108h/168h = 0,643.

 

Bis zur Indienststellung eines neuen Hilfeleistungslöschbootes wäre an der Feuerwache 3 eine zusätzliche Funktionen für Sonderfahrzeuge vorzuhalten, da das vorhandene Löschboot eine Besatzung von 3 Einsatzkräften erfordert.

Es ergibt sich mit einem Personalfaktor von z. Zt. 5,16 und einem Personalkostendurchschnittswert von 53.500 EUR gegenüber der heutigen Funktionsbesetzung und unabhängig von sonstigen Veränderungen (sh. 1. und 2.) aus diesem Modell folgende Personalkostenveränderung:

 

- 6x0,643 Funktionen Grundschutz-1.065.039 EUR

+ 1 Sonderfunktion  +276.060 EUR

 

Saldo  - 788.979 EUR

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4 - Aufbauorganisation

 

Die im Ergebnisbericht des Gutachtens auf den Seiten 137/138 skizzierte Organisationsstruktur erscheint grundsätzlich umsetzbar. Inwiefern hiermit die angestrebte Minimierung von Schnittstellen möglich ist, muss verwaltungsseitig weiter untersucht werden.

 

Eine Zuordnung der Stellen des Führungs- und Tagesdienstes zu den Sachgebieten und Arbeitsbereichen wird durch den Gutachter im sog. Projekthandbuch dargestellt.

 

Die Feuerwehr wird die Empfehlungen des Gutachters auswerten und die Aufbauorganisation überarbeiten. Hierbei wird auch zu berücksichtigen sein, dass 5 Funktionen der Feuerwehr-Leitungsebene in den Jahren 2016 – 2018 auf Grund von Pensionierungen neu zu besetzen sein werden.

 

 

 

5 - Wasserseitige Gefahrenabwehr

 

Mit dem Beschluss wird die Empfehlung des Gutachters umgesetzt. Aus fachlicher Sicht sieht sich die Feuerwehr in ihrer Konzeption zur wasserseitigen Gefahrenabwehr durch den Gutachter bestätigt.

 

 

 

6 - Personalwirtschaft

 

Ein kontinuierliches Personal-Controlling ist bei der Feuerwehr Lübeck bereits mit dem Personalbewirtschaftungsprogramm „Time Office“ eingeführt. Alle personalwirtschaftlichen Daten sind hier erfasst und lassen sich auswerten. Sie standen dem Gutachter als Grundlage für seine Bewertung zur Verfügung.

 

Der Gutachter empfiehlt, die personalwirtschaftliche Bedarfsberechnung gemäß dem von ihm vorgestellten Schema jährlich im Rahmen eines ständigen Controllings durchzuführen. Danach ergibt sich der notwendige Personalbedarf der Wachabteilungen als „Rechenergebnis“ aus Anzahl an Funktionen und Personalfaktor (sh. Ergebnisbericht S. 172).

 

 

 

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen im Vergleich zum IST 2016

 

Beschlussvorschlag

Auswirkungen

Erläuterung

1.
Überprüfung der Möglichkeit einer zeitabhängigen Besetzung der Feuerwache4

investiv
-
konsumtiv

ca. 5000 EUR einmalig




Datenerfassungssystem

2.
Perspektivische Konzentration von FF-Standorten in Lübeck

 

vorläufig keine

 

kurzfristig nicht zu erwarten

3.
Funktionsbesetzungsplan

 

investiv
-
konsumtiv
2017
100.500 EUR

 

 

2018
346.167 EUR

 

 

 

 

 

 

 

2019

636.500 EUR

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2020 ff

703.500 EUR

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1 hD (1/3 Jahr): 33.500 EUR

3 gD (1/3 Jahr): 67.000 EUR

 

1 hD (1/1 Jahr): 100.500 EUR

3 gD (1/1 Jahr): 201.000 EUR

2 gD (1/3 Jahr):   44.667 EUR
(fertige externe Bewerber)

 

 

 

 

 

1 hD (1/1 Jahr): 100.500 EUR

3 gD (1/1 Jahr): 201.000 EUR

2 gD (1/1 Jahr): 134.000 EUR

4 gD (3/4 Jahr): 201.000 EUR

 

 

 

 

 

 

 

 

1 hD (1/1 Jahr): 100.500 EUR

3 gD (1/1 Jahr): 201.000 EUR

2 gD (1/1 Jahr): 134.000 EUR

4 gD (1/1 Jahr): 268.000 EUR

 

 

 

 

4.
Aufbauorganisation

 

vorläufig keine

 

 

5.
Wasserseitige Gefahrenabwehr

 

vorläufig keine

 

6.
Personalwirtschaft

 

vorläufig keine

 

 

 


Anlagen

Anlage 1 – Gutachten (zusammenfassender Ergebnisbericht)
Anlage 2 – Stellungnahme des Personalrats der Feuerwehr
Anlage 3 – Stellungnahme des Stadtfeuerwehrverbands HL – Teil 1
Anlage 4 – Stellungnahme des Stadtfeuerwehrverbands HL – Teil 2
 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich VO_2016_03618_Anlage 1_Gutachten_Umsetzung Wirtschaftlichkeitsgutachten (4771 KB)    
Anlage 2 2 öffentlich VO_2016_03618_Anlage 2_Stellungnahme PR_Umsetzung Wirtschaftlichkeitsgutachten (12 KB)    
Anlage 3 3 öffentlich VO_2016_03618_Anlage 3_Stellungnahme StFV Teil 1_Umsetzung Wirtschaftlichkeitsgutachten (1337 KB)    
Anlage 4 4 öffentlich VO_2016_03618_Anlage 4_Stellungnahme StFV Teil 2_Umsetzung Wirtschaftlichkeitsgutachten (1722 KB)