Gemäß TOP 1 werden TOP 3.2, TOP 3.3, TOP 4.1 und TOP 5.2 gemeinsam behandelt. Die Diskussion ist unter TOP 3.2 wiedergegeben, die Abstimmungsergebnisse unter dem jeweiligen TOP.
Herr Stolte und Herr Stödter stellen die Bausteine der ÖPNV-Strategie anhand einer Präsentation, die der Niederschrift als Anlage beigefügt ist, vor. Sofern es gewünscht sei, könne zur nächsten Sitzung der Gutachter eingeladen werden, der das Thema der Stadtbahn im Detail erläutern könne.
Der Vorsitzende dankt für die Vorstellung. Er würde für seine Fraktion darum bitten, in der nächsten Sitzung die Planungen zur Stadtbahn vorstellen zu lassen.
AM Wisotzki erkundigt sich, ob der schlechtere Modal Split-Anteil der Straßenbahn bedingt sei durch die Limitierung auf vier Linien in der Untersuchung, oder ob dies im Kosten-Nutzen-Verhältnis schon das Ideal sei.
Herr Stödter führt aus, dass es gutachterlicherseits empfohlen worden sei, nicht mit noch mehr Linien zu planen aufgrund der technischen und juristischen Hürden in der tatsächlichen Machbarkeit. Das Problem mit weiteren Linien könnte sein, dass dies das Kosten-Nutzen-Verhältnis des Netzes insgesamt negativ beinträchtigen und dadurch die Förderwürdigkeit des Projektes in Frage stellen könne.
Herr Stolte ergänzt, dass eine Linie nach Moisling geprüft worden sei, aber die Verkehrswege in diese Richtung bereits völlig überlastet seien. Der Moislinger Baum sei ein Nadelöhr, die einzige Möglichkeit sei eine eigene Querung über die Trave für die Straßenbahn. Das sei zwar grundsätzlich umsetzbar, allerdings sei angesichts der Kosten für dieses schwierige Ingenieursbauwerk fraglich, ob dies eine sinnvolle Maßnahme sei.
AM Blankenburg sagt, dass dargestellt sei, dass bei einer Ausweitung des Busverkehrs das Verkehrsnetz überlastet sei. Sie wolle wissen, wie sich dies mit einer Straßenbahn verhalte.
Herr Stödter antwortet, dass die Straßenbahn das Verkehrsnetz in deutlich geringerem Umfang belaste. Als Beispiel erklärt er, dass in der Wahmstraße eine Straßenbahn im 10-Minuten-Takt mehr Gäste befördern könne, als es mit Bussen im 5-Minuten-Takt möglich sei, wie im 5. RNVP vorgesehen.
AM Luetkens führt aus, dass das Gutachten die Annahme treffe, dass die Maßnahmen zur Straßenbahn zu 90% förderfähig seien und subsumiere, dass eine Rentabilität gegeben sei. Insofern komme in dem Gutachten zwar eine Ablehnung vor, aber es werde dennoch anerkannt, dass die Straßenbahn möglicherweise rentabel sei. Er würde auch darum bitten, dass das Gutachten am 04.11.2024 noch einmal vorgestellt werde. Er wolle wissen, wie sich die Geschwindigkeit der Verkehre unabhängig von Takt verhalte. Weiterhin laufe LüMo bis Ende des Jahres ab und das Nachfolgemodell komme erst 2026. Er kritisiere, dass dieses Modell einfach so abgeschafft werde. Wenn dies früher bekannt gewesen wäre, hätte hier nachgesteuert werden können. Bzgl. seines Antrags unter TOP 4.1 sei der Teil der Taktverdichtung abgearbeitet, aber die Frage nach den Nachtfahrten bestehe weiterhin.
Herr Stolte berichtet, dass der RNVP ein Verkehrsnetz für die Hauptverkehrszeiten entwickelt habe, eines für Nachtverkehre habe man nicht mehr schaffen können. Das LüMo nur bis 2026 laufen würde, sei schon immer so gewesen, da es nur ein zeitlich befristetes Forschungsvorhaben gewesen sei. Derzeit würde auf ein Nachfolgekonzept für den Nahverkehr hingearbeitet werden.
AM Luetkens kritisiert, dass er nicht verstehe, warum LüMo Ende dieses Jahres auslaufe und dann erst 2026 die Nachfolge kommen solle.
Herr Stolte entgegnet, dass dies nicht korrekt sei. Die dritte Förderphase würde seiner Kenntnis nach gerade erst beginnen und bis 2026 laufen.
AM Luetkens zieht seinen Antrag unter TOP 4.1 zurück.
AM Pluschkell bemerkt, dass viele Darstellungen in dem Gutachten die Straßenbahnflächen als grüne Landschaften zeigen würden, welche Auto- und Radverkehr nicht mehr zur Verfügung stehen würden. Er wolle wissen, wie diese Verkehre dann noch bewältigt werden sollen.
Herr Stolte führt aus, dass es sich hierbei um die Kernfrage der Verkehrswende handle, wie der öffentliche Raum aufgeteilt werden solle. Idealerweise werde eine Straßenbahn auf eigenen Gleisen geführt, die dann auch begrünt werden könnten. Wenn sie auf der Straße geführt werden würde, sei sie nicht schneller als ein Bus. Und die Einrichtung einer Straßenbahn würde auch auf Kosten des Autoverkehrs gehen, daher müsse vor der Erstellung des Verkehrsentwicklungsplans geklärt werden, ob eine Straßenbahn gewünscht sei.
Der Vorsitzende weist darauf hin, dass der Themenkomplex der Straßenbahn auch noch in der nächsten Sitzung diskutiert werden könne.
AM Ramcke dankt für die umfänglichen Unterlagen. Wenn er das Gutachten lese, lese er aber, dass das Gutachten eine positive Bewertung der Straßenbahn vornehme, weswegen er es für ungewöhnlich halte, dass die Verwaltung nicht die Einrichtung einer Straßenbahn empfehle.
Herr Stolte erklärt, dass die Potentialanalyse der Straßenbahn erstmal feststellen sollte, ob es in der Stadt überhaupt Korridore für die Straßenbahn gebe und eine Straßenbahn prinzipiell umsetzbar sei. Dies sei auch beides der Fall, der erzielbare Modal Split-Wert sei allerdings überraschend niedrig. Es gebe viele Befürworter einer Straßenbahn, aber die Implementierung einer solchen habe massive Hürden. Und auch mit einer vollen Förderung würden für die Hansestadt Lübeck Kosten in Höhe von einigen hundert Millionen Euro entstehen. Weiterhin gebe es aufgrund der aktuellen Baustellensituation bereits Unmut in der Bevölkerung, dabei sei die aktuelle Situation noch gar nichts gegen die Änderungen, die für die Einführung einer Straßenbahn nötig wären. In einigen anderen Städten, bspw. in Regensburg, sei es etwa dazu gekommen, dass die Bevölkerung zu spät realisiert habe, was der Beschluss zur Implementierung einer Straßenbahn bedeute und dann ganz kurz vor der Umsetzung das Projekt gestoppt worden sei. Um ein so großes Projekt umsetzen zu können, bedürfe es einer allgemeinen Anfangseuphorie für das Projekt, und die Verwaltung bezweifle, dass der Modal Split-Wert von 15,4% ausreiche, um diese Euphorie auszulösen.
AM Ramcke weist darauf hin, dass die Straßenbahn niedrigere Betriebskosten habe und dieser Umstand gegen die benötigten Investitionen gegengerechnet werden müsse. Über die Lebensdauer der Straßenbahn rechne sich dadurch ggf. die Investition.
Herr Kuwalsky vom Verein Tram für Lübeck e.V., der vom Bauausschuss Rederecht erhalten hat, plädiert für die Implementierung einer Straßenbahn in Lübeck in die Planungen des Verkehrsentwicklungsplans.
Der Vorsitzende stellt den Antrag, die Rednerliste zu schließen.
Der Bauausschuss stimmt einstimmig zu.
AM Frings führt aus, dass sich Lübeck durch seine Altstadtinsel in einer einzigartigen Lage befinde und keine der Brücken in der Lage sei, eine Straßenbahn zu tragen. Sollten diese dafür ertüchtigt werden, würde dies hohe Kosten nach sich ziehen. Mit Blick auf die aktuelle Haushaltsdebatte könne er nicht nachvollziehen, wie eine Straßenbahn finanziert werden solle. Dafür müssten hohe Kredite aufgenommen werden, und das Geld, welches für die Tilgung dieser Kredite aufgewendet werden müsste, fehle dann für Maßnahmen an Schulen, Straßen und Brücken. Er bittet in Bezug auf den 5. RNVP um Aufnahme eines Schnellbusses von Travemünde nach Bad Schwartau. Nach den angegebenen Änderungen solle der Halt in Teutendorf entfallen, dadurch müssten die Anwohner aber 600-800 Meter zur nächsten Haltestelle laufen. Außerdem sei LüMo in Travemünde eine Sache, die gut genutzt werden könne, da nachts kaum Busse fahren würden. Zudem weist er darauf hin, dass eine Regio-S-Bahn-Linie von Lübeck zum Strandbahnhof in Travemünde im Viertelstundentakt bedeute, dass der Bahnübergang achtmal pro Stunde, also insgesamt knapp 12 Minuten geschlossen bleiben müsse. Dadurch würden alle anderen Verkehre, auch der Busverkehr, aufgehalten werden.
AM Blankenburg sagt, dass die Straßen nicht mehr Busverkehre aufnehmen könnten, für die Straßenbahnen müssten allerdings bauliche Maßnahmen ergriffen werden. Für die Busse könnten aber auch eigene Spuren eingerichtet werden. Außerdem wolle sie wissen, wie eine Straßenbahn die Personalbedarfe optimiere, da eine Straßenbahn auch gesteuert werden müsse.
Herr Stödter erklärt, dass eine Straßenbahn eine höhere Kapazität habe und so viele Personen befördern könne wie drei bis vier Gelenkbusse. Weiterhin gebe es den sog. „Schienenbonus“, Straßenbahnen würden als attraktiver wahrgenommen werden als Busverkehr. Die Straßenbahn schaffe selbst mit einer geringeren Taktung mehr Fahrgäste. Es brauche für die Bahn bauliche Maßnahmen, eigene Spuren ließen sich dafür aber nur auf den breiten Ein- und Ausfallstraßen der Stadt einrichten, im Umfeld der Innenstadt sei dies nicht mehr möglich. Hier gebe es z. B. in der Wahmstraße ein Nadelöhr, wo Begegnungsverkehr nicht möglich sei und mit Gleisverschlingungen gearbeitet werden müsse.
AM Pluschkell konstatiert, dass es ihn nicht wundere, dass der ermittelte Modal Split-Anteil im Straßenbahnszenario so niedrig sei, da es nur vier Linien gebe und die Zuführung zu diesen Linien über Busse erfolge. Die Fahrgäste würden aber keine Umsteigevorgänge mögen. Was er noch wissen wolle seien die Brückenkosten, da diese nicht erwähnt seien. Außerdem müsse auf langen Strecken geprüft werden, wie die Straßenbahn mit anderen Infrastrukturmaßnahmen der Stadt, wie etwa dem Fernwärmenetz, zusammenpasse. Er bittet, dieses Thema in der Vorstellung am 04.11.2024 zu beachten. Der RNVP sei gelungen, aber es sei immer der Wunsch gewesen, dass die Buslinien in Travemünde bis zum Bahnhof geführt werden sollen, was hier nicht vorgesehen sei. Außerdem irritiere, dass die Linien aus Bad Schwartau über die Marienbrücke geleitet werden würden, Linien aus Moisling nur noch zur Untertrave, aber nicht mehr in die Innenstadt geführt werden würden und die Linie 5 in beiden Richtungen nun über den Lindenplatz geführt werde. Er erkundigt sich, ob die Linie vom Kaufhof zum Hochschulstadtteil direkt bei der Hochschule oder nur in dem Gebiet des Campus enden solle.
Herr Stödter erläutert, dass es die Zielsetzung des Gutachtens gewesen sei, ein Netz zu entwickeln, welches möglichst viele Potentiale aufgreife. Die genannten Änderungen seien ein Teil dessen. Die Schnellbusse aus Travemünde würden am UKSH enden, da das Verkehrsmodell aufzeige, dass das Fahrgastpotential dann höher sei. Dass die Linie 5 nun in beiden Richtungen über den Lindenplatz geführt werde, werde von SWL mobil mitgetragen. Dass die Linie aus Bad Schwartau über die Marienbrücke geführt werde, sei dadurch begründet, dass es immer ein Liniengleichgewicht am ZOB geben müsse. Dadurch könne ebenfalls mehr Potential aus dem Stadtteil Vorwerk erschlossen werden und Bad Schwartau erhalte eine direktere Verbindung. Bezüglich der Anbindung an den Hochschulstadtteil sei eine Linie vorgesehen, die im 30-Minuten-Takt zu dem Bahnhaltepunkt im Hochschulstadtteil fahre und eine, die nur bis zu dem Hochschulstadtteil gehe. Der Begriff Campus sei hier weiträumiger gedacht.
Herr Pluschkell fragt, welche Verbindungen priorisiert werden würden.
Herr Stödter antwortet, dass die Linie vom Kaufhof zum Campus viel Potential habe, weswegen diese schnell umgesetzt werden solle.
Herr Stolte ergänzt, dass die Kosten für die Brücken in der Straßenbahn-Vorlage enthalten seien, aber nur als Pauschalwerte. Im Zuge einer Machbarkeitsstudie würden diese Kosten neu bewertet werden und vermutlich auch höher ausfallen.
AM Ingwersen fragt, wie lang eine Straßenbahn sei.
Herr Stödter antwortet, dass die Maximallänge einer Straßenbahn nach STVO bei 76 Metern liege, aber die Straßenbahnen für Lübeck vermutlich kürzer ausfallen würden.
AM Ingwersen möchte wissen, ob geprüft worden sei, mit Doppelgelenkbussen zu arbeiten.
Herr Stödter entgegnet, dass der Gutachter geraten habe, dies aufgrund der benötigten Platzverhältnisse nicht zu prüfen. Diese Bussen würden sehr stark ausschwenken und seien darüber hinaus auch technisch sehr anfällig. In Deutschland würden diese daher, soweit es ihm bekannt sei, nicht mehr genutzt werden.
Der Vorsitzende fragt, ob über die Kosten der Umsetzung bei der jeweiligen Maßnahme einzeln entschieden werde, und dies nicht direkt über einen Bürgerschaftsbeschluss zu den heute behandelten Vorlagen erfolge.
Herr Stolte bejaht dies, aber das Bekenntnis der Politik helfe beim Umbau des Busnetzes.
Der Vorsitzende erkundigt sich, ob sein Eindruck korrekt sei, dass ein Linienoptimierungsnetzverfahren durchgeführt worden sei, in welchem die Linien aufeinander abgestimmt worden seien und deswegen dazu geraten werde, von Einzelmaßnahmen und -wünschen, die aus der Bevölkerung an die Politik herangetragen würde, abzusehen.
Herr Stolte bestätigt, dass diese Auffassung korrekt sei und spricht sich deutlich dagegen aus, Änderungen aufgrund von vereinzelten Wünschen zu beschließen. Das Netz sei mit dem Verkehrsmodell optimiert für die höchstmögliche Nachfrage. Einzelne Änderungen würden das Netz insgesamt wahrscheinlich verschlechtern. Es könne im Einzelfall vorkommen, dass jemand durch die Änderungen nicht mehr über eine persönliche perfekte Anbindung verfüge, aber dafür werde es deutlich mehr Personen geben, für die sich die Netzanbindung verbessere.
AM Ramcke bittet um eine Unterbrechung der Sitzung.
Der Vorsitzende unterbricht die Sitzung um 17:53 Uhr. Die Sitzung wird um 18:02 Uhr fortgesetzt.