Die Bauwirtschaft in Deutschland erlebte in den vergangenen Jahren einen Boom aufgrund von günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Auch in Lübeck wurden in den Jahren 2020/21 mit rund 975 fertiggestellten Wohneinheiten deutlich mehr Einheiten als im Durchschnitt der Vorjahre gebaut.
Die Zielmarke von 4.000 neuen Wohneinheiten bis 2025, die im Jahr 2015 vorgegeben wurde, konnte aufgrund der wirtschaftlichen Lage sowie der guten Zusammenarbeit zwischen der Stadtverwaltung, den Investor:innen und der Politik bereits erfüllt werden.
Die bisher günstigen Rahmenbedingungen haben sich jedoch seit 2022 geändert. Steigende Energiekosten, zunehmende Inflation, der Ukraine-Konflikt, Materialknappheiten und steigende Zinsen für Immobilienkredite wirken sich auch auf den lokalen Wohnungsmarkt aus.
Neben diesen Rahmenbedingungen wird der Bedarf an Wohnraum vor allem von der Entwicklung der Haushalte bestimmt. Der Wohnungsmarktbericht stellt daher die maßgeblichen Rahmenbedingungen auf der Angebots- und Nachfrageseite dar und zeigt zudem die verfügbaren Wohnbauflächenpotenziale in der Hansestadt Lübeck auf. Dabei blickt er insbesondere auch auf die langfristige Bedarfsentwicklung. Mit dem Bericht wird die Bedarfsermittlung alle zwei Jahre überprüft.
Nach den Vorgaben des Landesentwicklungsplanes, muss in den Bedarfsplanungen ein Zusatzbedarf aufgrund der zukünftigen Entwicklung der Haushalte sowie ein Ersatzbedarf aufgrund von Abriss, Zusammenlegung und Umwidmung von Wohneinheiten berücksichtigt werden. Auch eine Mobilitäts- und Leerstandsreserve wird eingeplant.
Aktuell lässt sich daraus ein Gesamtbedarf von rund 6.500 zusätzlichen Wohneinheiten bis in das Jahr 2040 ermitteln. Der Gesamtbedarf setzt sich zusammen aus dem Zusatzbedarf von 5.300 Wohneinheiten, der sich aus der städtischen Haushaltsprognose ableiten lässt, und einer Mobilitätreserve von 1.300 Wohneinheiten. Die Mobilitätsreserve ist für einen funktionierenden Wohnungsmarkt entscheidend, insbesondere zur Realisierung von Umzugsketten. Der flächenrelevante Bedarf an zusätzlichen Wohneinheiten umfasst ausschließlich den Zusatzbedarf und die Mobilitätsreserve, da davon auszugehen ist, dass der Ersatzbedarf auch zukünftig durch Maßnahmen der Innenentwicklung kompensiert wird.
Diese langfristigen Bedarfe können zum größten Teil durch die derzeit bereits in der Aufstellung befindlichen Bebauungspläne abgedeckt werden. Hinzu kommen zukünftig etliche Wohneinheiten, die durch Maßnahmen der Nachverdichtung realisiert werden. Das Programm der laufenden Bauleitverfahren für Wohnungsbau wird unter Einbindung des Bauausschusses kontinuierlich aktualisiert und fortgeschrieben.
Nach den aktuellen Zeitplänen wird ein Großteil der Bauleitplanverfahren bis 2025 abgeschlossen und der Gesamtbedarf an neuen Wohneinheiten größtenteils bis 2030 realisiert. In den letzten beiden Jahren wurde alleine durch die Baugebiete Neue Teutendorfer Siedlung, St. Lorenz-Brücke (ehemaliger Güterbahnhof) und Neue Teutendorfer Siedlung / Am Dreilingsberg zusätzliches Baurecht für über 1.800 Wohneinheiten geschaffen.
Bausenatorin Joanna Hagen sieht die Verwaltung auf einem guten Weg: „Die Bauverwaltung hat in den letzten Jahren mit Hochdruck Verfahren zur Ausweisung von Bauland vorangetrieben, sodass wir in den kommenden Jahren genug Baugrundstücke vorhalten können.“
Angesichts der geänderten Rahmenbedingungen ist jedoch auch nicht auszuschließen, dass einzelne Projekte seitens der privaten Entwickler:innen auf den Prüfstand gestellt werden oder sich die Umsetzung verzögern wird. Umso wichtiger ist es, den Dialog und die zielgerichtete Zusammenarbeit mit allen Akteuren auf dem Wohnungsmarkt fortzuführen und zu intensivieren. Herausforderungen, wie zum Beispiel ansteigende Zinsen, können hierbei auch als Chance gesehen werden, da der geförderte Wohnungsbau deutlich an Attraktivität gewinnen wird.
Die Lübecker Bürgerschaft hat festgelegt, dass bei Neubaugebieten ein Anteil von 30 Prozent gefördertem Wohnraum entstehen muss. Diese Quote wird gemäß Wohnungsmarktbericht nicht ausreichen, um die langfristig aus der Bindung fallenden Wohnungen auszugleichen. „Um die Zahl der geförderten Wohnungen stabil zu halten, könnte eine Anpassung der 30 Prozent-Regelung in Frage kommen. Eine 40 Prozent-Quote ist heutzutage im Immobiliensektor durchaus denkbar, insbesondere weil sich die Förderlandschaft deutlich verändert hat. Wichtig ist die Bewertung der Wohnstruktur im jeweiligen Quartier und ein guter Mix an Wohnungen“, schlägt Bürgermeister Jan Lindenau vor.
Die Hansestadt Lübeck wird die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt weiterhin beobachten und den Bericht im zweijährigen Turnus herausgeben.
Der Wohnungsmarktbericht 2022 ist online abrufbar unter www.luebeck.de/wohnungsmarkt.
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