Veröffentlicht am 30.03.2023

Stabiles Raumklima zur Erhaltung des Kellers unabdingbar

Expertengremium zur denkmalgerechten Instandsetzung des historischen Kellers des Buddenbrookhauses hat getagt

Die Bürgerschaft hat am 23. Februar beschlossen, dass die denkmalgerechten Instandsetzungsmaßnahmen des Kellers Mengstraße 6 in einem Expertengremium zu diskutieren sind. Dabei sollte auch besprochen werden, wie sich eine reduzierte Nutzung auf die bestandserhaltenden Maßnahmen auswirkt. Hintergrund dieses Beschlusses: Die Bürgerschaft hatte entschieden, dass der Keller Mengstraße 6 nicht als Veranstaltungsraum genutzt werden dürfe. Das Buddenbrookhaus hatte den Raum ursprünglich für kleinere Lesungen in unregelmäßigen Abständen vorgesehen.

24 Mitglieder aus der Bürgerschaft, dem Bau – und dem Kulturausschuss kamen der Einladung zum Expertengremium am Montag nach. Die Senatorinnen für Bauen und Kultur waren ebenso vor Ort wie der Leiter des Gebäudemanagements und der Direktor der Lübecker Museen sowie die Projektleiterinnen des Buddenbrookhaus-Umbaus. Zuvor hatte die Verwaltung zwei Termine zur Kellerbesichtigung organisiert, an denen acht Personen teilnahmen, um sich vor Ort ein Bild zu machen.

Moderiert wurde das Gremium von Prof. Dr. Ullrich Schwarz, dem langjährigen Geschäftsführer der Hamburger Architektenkammer. Eingangs wurde aus Sicht der Denkmalpflege der Hansestadt Lübeck dargelegt, dass die Entscheidung zum Restaurierungskonzept sowie zu notwendigen Erhaltungsmaßnahmen ausgehend von den Untersuchungen und Empfehlungen der eingebundenen Expert:innen getroffen wurde.

Die fachliche Anhörung der Expert:innen aus der Bauforschung, der Materialkunde, der Bauphysik und der Restaurierung umfasste knapp 90 Minuten, mit anschließender Diskussion dauerte die Veranstaltung 2,5 Stunden. Mit Hilfe zahlreicher Fotos aus dem Bestand belegten die Fachleute ihren Eindruck eines umfassenden Schadensbildes am Keller der Mengstraße 6: Verfärbungen, Beläge, Salzausblühungen, teilweise Schimmelpilze, absandende Oberflächen, Strukturschwächung der Ziegel – das alles in Kombination mit zum Teil stark durchfeuchteten Wänden und generell extrem hohen Luftfeuchten sowie hoher Salzbelastung im Keller Mengstraße 6, die in einem zweijährigen Monitoring nachgewiesen wurden.

Dr. Frank Schlütter von der Amtlichen Materialprüfanstalt in Bremen, der den Bau- und Ziegelzustand materialkundlich untersucht hatte, sprach von „dramatischen Schäden“. Nichts zu tun, würde, so Schlütter, bedeuten, den Schaden größer werden zu lassen, bis dieser eines Tages die Statik des Gebäudes gefährden würde.

Dieser Einschätzung schlossen sich alle Expert:innen in ihren Präsentationen an. Das Ziel müsse es sein, ein stabiles Klima im Keller herzustellen, um einen optimalen Feuchtekorridor zu erhalten: Ist es zu feucht, droht Schimmel; ist es zu trocken, kommt es zur Salzkristallisation. Klimastabilität sei durch drei Maßnahmen zu erreichen: 1. Abdichtung, 2. Thermische Konservierung und 3. Eine Lüftungsanlage, die zugleich beheizt wie auch entfeuchtet. Eine Lüftungsanlage sei zwingend notwendig, um die historische Substanz zu erhalten, auch dann, wenn auf eine Nutzung des Kellers als Veranstaltungsraum verzichtet würde. Allein die Lüftungsleistung des Geräts könne, fänden keine Veranstaltungen im Untergeschoss statt, geringer ausfallen, das Gerät wäre mutmaßlich kleiner – aber auf das Gerät zu verzichten, sei keine Option.

Ein stabiles, schwankungsarmes Raumklima sei das Wichtigste, um den Keller langfristig zu erhalten, anderenfalls würden alle anderen Maßnahmen nicht greifen. Eine entsprechende technische Anlage sei regelmäßig zu warten, ihre Steuerung zu kontrollieren und ihre Passgenauigkeit zu überprüfen.

Der schon jetzt aufgebrachte Putz diene vordringlich dazu, die historische Substanz beim Rückbau des Gebäudes und danach zu schützen, um die Gewölbe nicht ungeschützt den Witterungsverhältnissen auszusetzen. Aber auch danach müsse wasserdampfdurchlässiger Opferputz aufgetragen werden. Das Wasser diffundiert durch den Putz hindurch, aber die Salze lagern sich ab. Wenn jedoch nicht zugleich mittels Technik, das Raumklima stabilisiert werde, würde der Putz schnell salzgesättigt sein und seine Aufgabe nicht mehr erfüllen. Diesen Prozess gelte es zu verlangsamen. In zahlreichen Mörtelproben wurde im zurückliegenden Jahr die geeignete Zusammensetzung des Opferputzes ermittelt. Dass der Keller auch historisch verputzt war, konnte anhand mittelalterlicher Putzfragmente bestätigt werden. Der Putz, so ist es beabsichtigt, soll im Keller bedarfsgerecht aufgebracht werden. Die Sorge, alle historischen Spuren hinter dicken Putzschichten zu verstecken, sei somit unbegründet.

Ein prägnantes Bild für den Kellerzustand der Mengstraße 6 wählte abschließend der Moderator Ullrich Schwarz: „Der Patient ist krank. Keine Maßnahmen einzuleiten, würde bedeuten, ihn noch kränker werden zu lassen.“

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