Das Konzept „Deutsch für alle“ sieht für Geflüchtete, die der Hansestadt Lübeck zugewiesen werden und die aufgrund ihres Herkunftslandes keine BAMF-Förderung erhalten, ein Sprachkursangebot in jeweils für sie angemessener Form vor. Generell ist auch bei rückläufigen Zuwanderungszahlen weiterhin mittelfristig ein hoher Bedarf an Deutschkursen für Geflüchtete absehbar, weil die Dauer des Lernprozesses bis zu den Zielleveln B1 / B2 / C1 i.d.R. bei deutlich über einem Jahr liegt. Der Kursbedarf für Geflüchtete ohne gute Bleibeperspektive (Asylsuchende, die nicht aus Syrien, Eritrea, Irak, Iran oder Somalia kommen) besteht weiter und wird absehbar auch mindestens bis 2020 weiter bestehen.
Um entsprechend dieser für die nächsten zwei Jahre prognostizierten Bedarfe ein entsprechendes Sprachintensivkursangebot durchführen zu können, stellt die Possehl-Stiftung bis Ende 2020 eine weitere hohe sechsstellige Summe zur Verfügung. Prof. Dr.-Ing. Klaus-Peter Wolf-Regett nahm in seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender der Possehl-Stiftung dafür heute, 28. März 2019, den Dank von Frau Senatorin Kathrin Weiher entgegen. Beide überzeugten sich vor Ort in den VHS-Räumen in der August-Bebel-Straße von dem lebhaften und engagierten Lerngeschehen in den Deutschkursen.
Die Kurse des Konzeptes „Deutsch für alle“ orientieren sich an den üblichen vom BAMF vorgegebenen Kurskonzepten. Seit Beginn der durch die Possehl-Stiftung geförderten DFA-Kurse konnte vielen Menschen die deutsche Sprache näher gebracht und durch erzielte Sprachzertifikate nachgewiesen werden. Damit konnte über die Vorbereitung für Berufsorientierung, Berufsausbildung oder Berufsausübung für die Teilnehmenden und ihre Familien ein wesentlicher Schritt in Richtung Integration erfolgen.
Bisher konnten in den Jahren 2016 bis-2018 insgesamt 201 Kurse mit 19.257 Unterrichtsstunden (UE) für 2895 TeilnehmerInnen – gefördert durch die Possehl-Stiftung - durchgeführt werden:
2016: 52 Sprachkursmodule, 5.200 Unterrichtsstunden, 835 TeilnehmerInnen
2017: 113 Sprachkursmodule, 10.457 Unterrichtsstunden, 1549 TeilnehmerInnen
2018: 36 Sprachkursmodule, 3.600 Unterrichtsstunden, 511 TeilnehmerInnen
Weitere 2.100 Unterrichtseinheiten in 21 Sprachkursmodulen konnten im Jahr 2018 für die „Deutsch für alle“-Teilnehmerschaft aus Landesmitteln für angepasste Kursformen bestritten werden.
Auch für die Jahre 2019 bis 2020 wird von einem Bedarf auf weiterhin hohem Level ausgegangen. Die Prognose:
2019: 55 Sprachkursmodule, 6.032 Unterrichtsstunden, 716 TeilnehmerInnen
2020: 44 Sprachkursmodule, 5.040 Unterrichtsstunden, 530 TeilnehmerInnen
Neben den Intensivsprachkursen sind seit November 2017 Sonderkurse für junge migrantische Frauen und Mütter entstanden. Seit Start eines Pilotkurses "Mama lernt Deutsch" (MLD) für junge Mütter mit Kleinkindern (0-3 Jahre) sowie Schwangere mit den „Frühen Hilfen“ sind aufgrund der großen Nachfrage für dieses niedrigschwellige Kursangebot insgesamt sieben Kurse in Kooperation von VHS Lübeck und Familienzentren entstanden. Zusätzlich bieten andere Familienzentren weitere fünf Kurse in Eigenverantwortung an, so dass mittlerweile MLD-Kurse in allen Stadtteilen angeboten werden, die von ca. 140 Frauen und 140 Kleinkindern besucht werden. Trotzdem besteht noch weiterer Bedarf. Diese Kurse finden i.d.R. zweimal wöchentlich für jeweils drei Unterrichtsstunden wohnortnah in den Räumen der Familienzentren statt. Die Kooperationspartner sorgen für einen Kind gerechten Ort und stellen eine pädagogische Kraft für die Betreuung der Kinder. Die VHS stellt die Sprachkursleitung und sorgt für den geregelten Ablauf. In diesen Kursen geht es neben der Vermittlung sprachlicher Grundlagen stark angelehnt an den Lebensalltag der TeilnehmerInnenvor allem auch um die Stärkung des Selbstbewusstseins, die Förderung interkultureller Kompetenz, um Geschlechtergerechtigkeit und den Aufbau von Vertrauen in die hiesigen Kinderbetreuungseinrichtungen. Insgesamt sollen die Frauen auf die Teilnahme an einem Sprachintensivkurs vorbereitet werden, sobald die Kinder in eine Betreuung gehen können. Über das MLD-Angebot können wichtige Impulse für die Erziehung in den zugewanderten Familien gesetzt werden und damit weitere erfolgversprechende Schritte für eine gelingende Integration erfolgen.
Begleitend zu diesem zielgruppenspezifischen Angebot wurde eine spezielle Qualifizierung (40 Unterrichtsstunden) für die Sprachkursleitenden konzipiert, die ab 2019 auch Schleswig-Holstein weit angeboten wird. Über einen Qualitätszirkel werden mit den Verantwortlichen aller Lübecker MLD-Kursstandorte Qualitätsmerkmale erarbeitet und vereinbart.
Ergänzend zu den professionell durchgeführten Deutschsprachkursen wird der Spracherwerb von Geflüchteten in Lübeck maßgeblich durch den Einsatz von ehrenamtlichen SprachhelferInnen unterstützt. Ein eindrucksvoller Erfolg ist, dass auch MultiplikatorInnen, die eigene Lernerfahrungen beim Erlernen der deutschen Sprache haben, sich als LernförderInnen haben qualifizieren lassen und ihre Kenntnisse weitergeben. Nach wie vor besteht Bedarf für Qualifizierung und Begleitung für Menschen, die sich in diesem Feld neu ehrenamtlich engagieren möchten. Die Anzahl der Aktiven, die seit zwei Jahren zum Teil sehr intensiv die Sprachförderung durchführen, ist mit ca. 70 Personen sehr konstant. Ein wesentlicher Faktor für die weiterhin hohe Motivation dieser Ehrenamtlichen liegt sicherlich neben der Freude an der Entwicklung der Menschen, die sie begleiten, in der regelmäßigen, fachlich versierten Beratung sowie die Betreuung in Supervisionstreffen durch die Ehrenamtskoordinatorin.
Die Hansestadt Lübeck ist der Possehl-Stiftung außerordentlich dankbar für ihre großartige Unterstützung in diesem wichtigen Feld der Integration. Die VHS Lübeck bedankt sich auch im Namen der vielen Kursteilnehmerinnen und Teilnehmer für die Fortsetzung der Förderung und das große Vertrauen der Possehl-Stiftung in ihre Arbeit. „Dieses Vertrauen und die Lernlust der Teilnehmerinnen sind für uns ein großer Ansporn, unsere Teilnehmenden auf ihrem Weg zu einem aktiven und selbstbestimmten Teil unserer Gesellschaft auch weiterhin bestmöglich zu begleiten“, freut sich VHS-Leiterin Christiane Wiebe. +++