„Hotel Dellbrück ist der vierte Roman von Michael Göring - und sein bester“, urteilt Dr. Birte Lipinski, Leiterin des Buddenbrookhauses. „Der Text ist Familiengeschichte und Entwicklungsroman zugleich. Er nimmt seine Leser mit auf eine Reise von Lippstadt in die Welt und wieder zurück.“ Der Autor erzählt in klarer Sprache, beinahe leichtfüßig, aber immer einfühlsam von den großen Themen unserer Epoche. Zwei Generationen, zwei Entwicklungsgeschichten werden miteinander verknüpft und eingebettet in mehr als acht Jahrzehnte: Im Dezember 1938 sitzt der fünfzehnjährige Sigmund im Zug nach England. Der Kindertransport rettet dem jüdischen Waisenkind das Leben. Aufge-wachsen im „Hotel Dellbrück“ in westfälisch-katholischer Provinz, kommt Sigmund nach Cornwall. Hier nimmt sich ein methodistisches Ehepaar seiner an. Sigmund überlebt den Krieg, konvertiert und wird Lehrer. 1949 entscheidet er sich, in seine alte Heimat zurückzukehren: Er heiratet die Tochter der Hotelbesitzer, unterrichtet an der hiesigen Schule und wird Vater zweier Töchter und eines Sohnes, Frido. Seiner Frau zuliebe wird Sigmund Katholik. Doch wirklich heimisch kann Sigmund in diesem neuen Deutschland nicht mehr werden, die NS-Vergangenheit lässt ihn nicht los. Er reist in seiner Freizeit durch die Orte der Region, recherchiert, schreibt Aufsätze und Artikel, die oft keinen Weg in die Zeitungen finden. Die Frage, warum ausgerechnet er den Holocaust überlebt hat, wird Sigmund zur Obsession.
Sein Sohn Frido entflieht schließlich diesem Vater, der nicht von der Vergangenheit lassen kann: Er besteigt, gerade das Abitur in der Tasche, einen Magic Bus und reist nach Indien, wird Bhagwan‐Anhänger und lernt in Poona die Australierin Cleo kennen. Ihr folgt er auf den fünften Kontinent, heiratet sie und erfährt, dass auch ihr Vater Jude ist. Beide setzen an den Anfang des Lebens ihres gemeinsamen Sohnes ein jüdisches Ritual.
2018 kehrt Frido nach Deutschland zurück, aus dem „Hotel Dellbrück“ ist eine Flüchtlingsunterkunft geworden. In der Begegnung mit dem syrischen Flüchtling Djad erkennt Frido die Flucht vor Gewalt und Krieg als wiederkehrendes Thema der Gegenwart. Der Gang durch das ehemalige Hotel verändert Fridos Leben...
Nicht zufällig ist ausgerechnet die Bahnhofsunterkunft „Hotel Dellbrück“ der Ankerpunkt im gleichnamigen Roman: Ein Transitort, ein Ort des Durchzuges, nicht des Verbleibens, wird zum Identifikationspunkt. Hier kulminieren die großen Fragen des Romans: Wie sehr werden Menschen durch ihre Herkunft geprägt? Wie sehr durch die Erfahrungen der Eltern? Wie findet man Heimat? Welchen Halt geben Spiritualität und Religion? Was gibt dem eigenen Leben Sinn? Diese Fragen gibt der Text an seine Leser weiter – in einer atmosphärisch dichten Sprache mit großem Gespür für das jeweilige historische Lebensgefühl. Michael Göring ist ein begabter Erzähler, dessen Lesungen ein Erlebnis sind. Wie viel von dem Autor selbst, dem gleichsam in Lippstadt Geborenen, in dem Text steckt, kann bei der Buchpräsentation im Buddenbrookhaus am 19.02.2019 erfragt werden.
Zum Autor:
Prof. Dr. Michael Göring (* 30. Juli 1956 in Lippstadt, Westfalen) ist Vorsitzender des Vorstands der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, bis 2018 Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen und Autor. Für sein langjähriges Engagement in verschiedenen Stiftungen und seine Verdienste in der Stiftungsarbeit erhielt Michael Göring 2006 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland. Sein sprachliches Talent hat der promovierte Literaturwissenschaftler und Honorarprofessor für Stiftungswesen an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg in mehreren Fachbüchern und nunmehr vier Romanen unter Beweis gestellt. Nach mehreren Sachbüchern veröffentlichte Michael Göring 2011 den Roman "Der Seiltänzer", im September 2013 den Roman "Vor der Wand" und im Februar 2016 den Roman "Spiegelberg". Zuletzt erschien von ihm die Familiengeschichte „Hotel Dellbrück“ (2018).
Karten sind im Museumsshop unter Tel. 0451 122 4190 oder per E-Mail an shop@buddenbrookhaus.de erhältlich.+++