„Zwischen 2006 und 2009 fanden in Lübeck fast 3.000 Frauen mehr eine sozial-versicherungspflichtige Stelle, 2.000 davon in Teilzeit und rund 1.000 in Vollzeit“, ergänzt Petra Schmittner, Mitarbeiterin im Frauenbüro und Verfasserin des Berichts. „Obwohl in Lübeck inzwischen mehr Frauen in Vollzeit als in Teilzeit arbeiteten, haben sie - im Vergleich zu Männern - nur 40% aller Vollzeitjobs, aber 83% der Teilzeitjobs und zwei Drittel aller Minijobs inne“, so die Mitarbeiterin des Frauenbüros. „Frauen arbeiten also immer noch häufiger als Männer in ‚atypischen’ Beschäftigungsverhältnissen.“
Im Gegensatz zu Männern üben Frauen in Lübeck wesentlich häufiger im Alter von 35 bis 54 Jahren einen Minijob aus. „Laut Berufsbildungsbericht 2010 arbeitet bundesweit jede dritte 30-34-jährige ungelernte Frau ohne Schulabschluss in Minijobs“, so Schmittner „aber nicht nur ‚ungelernte’ Frauen ohne Schulabschluss arbeiten in Minijobs, auch Frauen mit Haupt- oder Realschulabschluss und sogar mit Abitur waren wesentlich häufiger als Männer geringfügig beschäftigt.“
In Lübeck steigt die Zahl der Minijobs: 2006 gab es 12.000 Minijobberinnen, 2009 waren es schon 13.000. „Innerhalb von vier Jahren nahmen in Lübeck 1.000 Frauen mehr einen Minijob an“, so Petra Schmittner. „Zwischen 2007 und 2008 gab es alleine in der Gebäudereinigung - ohnehin die Branche mit den meisten Minijobberinnen – einen Anstieg um 700 Frauen. Der Deutsche Frauenrat, ein Zusammenschluss von 56 bundesweit aktiven Frauenverbänden und -organisationen, habe 2010 aufgrund aktueller Entwicklungen die Abschaffung von Minijobs gefordert. Denn langfristig betrachtet wirkten diese der ökonomischen Eigenständigkeit sowie der sozialen Absicherung von Frauen entgegen. Diese Einschätzung teilt das Lübecker Frauenbüro.
Der Frauenstatistikbericht 2010 zeigt auch, dass die Zahl der arbeitslosen Frauen in Lübeck zwischen 2006 und 2009 von über 7.000 auf etwas mehr als 5.500 zurück gegangen ist. „Allerdings suchten Anfang 2010 fast doppelt so viele Lübeckerinnen eine Arbeit als arbeitslos gemeldet waren,“ gibt Petra Schmittner zu bedenken „und es gab auch wesentlich mehr Frauen, die nicht in der Arbeitslosenstatistik auftauchen, sondern von der Agentur für Arbeit als ‚erwerbsfähige Hilfebedürftige’ geführt werden. Das sind z.B. Frauen, die ‚erwerbsfähig’ sind und Arbeitslosengeld erhalten, aber keine Arbeit aufnehmen können, weil sie Kinder unter 3 Jahren haben oder Frauen, die arbeiten, aber so wenig verdienen, dass sie auf ergänzende Leistungen des Staates angewiesen sind.“ Vor allem unter 25jährige deutsche Frauen und über 25-jährige Migrantinnen in Lübeck werden aus den oben genannten Gründen in der Statistik häufiger als Männer als „erwerbsfähige Hilfebedürftige“ geführt.
„Was uns erschreckt hat und wofür wir in Zukunft eine Lösung finden müssen ist, dass fast die Hälfte der arbeitslosen Frauen in Lübeck keine abgeschlossene Berufsausbildung hat“, so Elke Sasse. „Jede fünfte arbeitslose Frau in Lübeck ist Alleinerziehende“, ergänzt Petra Schmittner. „Für beide Zielgruppen müssen Arbeitsagentur und JobCenter gemeinsam mit Bildungsträgern passende Bildungs- und Unterstützungsstrukturen schaffen.“ Immerhin steige die Zahl der Alleinerziehenden weiter, so Sasse. Zwischen 2005 und 2009 ist die Zahl der Alleinerziehenden-Haushalte in Lübeck von 5.000 auf 6.500 angewachsen.
Angesetzt werden sollte aus Sicht des Frauenbüros schon bei den jungen Frauen. „Wir müssen uns mehr als bisher mit dem Übergang von der Schule in den Beruf beschäftigen“, so Sasse. Auch in Lübeck machen Mädchen häufiger Abitur als Jungen. „Bei der dominierenden öffentlichen Diskussion über die sog. ‚Alpha-Mädchen’ dürfen wir aber diejenigen jungen Frauen nicht vergessen, die keine Abschlüsse machen oder keinen Ausbildungsplatz finden“, so Sasse. In Lübeck blieben im Schuljahr 2009/2010 27 junge Frauen ohne Schulabschluss, der Anteil der Berufsschulabgängerinnen ohne Ausbildungsplatz hat sich zwischen 2007 und 2010 von 33 auf 95 verdreifacht und die Zahl der ‚unversorgten’ Bewerberinnen ist zwischen 2008 und 2009 von 88 auf 94 gestiegen.
„Neben dem Fokus auf Mädchen mit schlechten Startchancen müssen wir aber auch schauen, ob junge Frauen, die gute Abschlüssen haben, ihre schulischen Erfolge im späteren Lebensverlauf auch in „gute“ und gut bezahlte Jobs umsetzen können. Einiges deutet darauf hin, dass dies nicht immer gelingt. In Lübeck bewirbt sich beispielsweise ein Großteil der Mädchen – wie bundesweit - auf die zehn beliebtesten Ausbildungsberufe von Mädchen“ so Sasse. „Die Mädchen machen sich damit gegenseitig Konkurrenz und ein großer Teil der Mädchen (56%) berichtet dann in Befragungen von Problemen einen Ausbildungsplatz im Wunschberuf zu ergattern – wesentlich häufiger als Jungs. Außerdem zeige der Bericht, dass schon junge Frauen aufgrund ihrer Berufswahl häufig ein geringeres Ausbildungsgehalt bekämen als junge Männer.
23% weniger als Männer verdienten Frauen in Deutschland im Jahr 2009. Frauen, die in Vollzeit und in derselben „Leistungsstufe“ wie die verglichenen Männer arbeiteten, verdienten in Schleswig-Holstein im 4. Quartal 2009 immerhin zwischen 150 und 1.400 Euro pro Monat weniger als ihre männlichen Kollegen.
Der Bericht „Frauen in Lübeck 2010 – Daten und Fakten“ ist online unter http://www.luebeck.de/files/pool/01/160/Frauenstatistikbericht2010.pdf verfügbar.
Zahlen zur Pressemitteilung
Sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse: Frauen hatten 40.691 (49,9%) aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse (am Arbeitsort) inne, Männer 40.787 (50,1%) (Juni 2009).
Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse (Minijobs): Von den geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen (Minijobs) hatten Frauen 14.079 und Männer 8.637 inne. Frauen stellten damit insgesamt rund 62% der Minijobber/innen. Von den ausschließlich geringfügig Beschäftigten stellen sie sogar 64%, von den geringfügig Beschäftigten. +++