Veröffentlicht am 06.05.2008

Naturnahe Waldwirtschaft: China möchte wie Lübeck sein

Lübecks Forstamtsleiter Dr. Fähser diskutierte mit Chinesischen Fachleuten in Peking

Das in Lübeck entwickelte und angewandte naturnahe Konzept zur Waldnutzung gilt in Deutschland, aber auch international als „beste fachliche Praxis“ im Hinblick auf eine zugleich ökologische und ökonomische Wirtschaftsweise. Dies wurde einmal mehr deutlich anlässlich eines China-Aufenthaltes des Lübecker Forstamtsleiter Dr. Lutz Fähser. Er hatte im März an einem „Chinesisch-Deutschen Workshop zur Erhaltung der Biodiversität“ in Peking teilgenommen und berichtete jetzt von seinen Erlebnissen und Eindrücken im Reich der Mitte.

„China wünscht eine engere Zusammenarbeit mit uns“, lautet Fähsers Fazit. Als Ergebnis des chinesisch-deutschen Expertengesprächs sei dieser Wunsch deutlich formuliert worden. Dies gelte besonders für die Erforschung und die Bewältigung der Folgen des Klimawandels. „Wald und Forstwirtschaft spielen dabei eine große Rolle“, sagt Fähser. „In der naturnahen Behandlung der Wälder sehen die Forscher einen wichtigen Beitrag zur Anpassung an Klimaänderungen, weil dadurch die Wald-Öko-Systeme von alleine den Anpassungsprozess vollziehen können und nicht durch naturferne forstliche Eingriffe zusätzlichen Stress erfahren.“

Hintergrund: China ist nur zu 19 Prozent bewaldet. Die Waldfläche beträgt dennoch rund 175 Millionen Hektar. Zum Vergleich: Deutschland hat 31 Prozent Wald, was 11,2 Millionen Hektar entspricht. Hauptaufgabe der chinesischen Forstwirtschaft sind Neuaufforstungen und der Umbau anfälliger Monokulturen in naturnahe, sich dem ändernden Klima anpassende Mischwälder. Hierbei ist auch Rat aus Lübeck gefragt. Chinesische Wissenschaftler und Forstpolitiker besuchen seit Jahren regelmäßig den Stadtwald Lübeck, dessen naturnahes Bewirtschaftungskonzept seit Jahren als Vorzeigemodell für die Waldwirtschaftsempfehlungen von Greenpeace und anderen Naturschutz- und Umweltorganisationen weltweit propagiert wird.

Lübecker Stammholz, besonders Buchen und Eichen, wird zudem in größeren Mengen nach China verschifft. Der Stadtwald Lübeck erhielt 1997 die erste ökologisch-soziale Zertifizierung (FSC) in Deutschland. In China setzt jetzt auch dieser Zertifizierungsprozess ein mit der Folge, dass das FSC- zertifizierte Holz aus Lübeck besonders gefragt und bezahlt wird. Dies führt auch für Lübeck zu einem zählbaren Nutzen. „Der Stadtwald Lübeck hat 2007 in der Waldwirtschaft einen Überschuss von rund 200 000 Euro erwirtschaftet“, freut sich Fähser über die geldwerten Vorteile seines ökologischen und forstwirtschaftlichen Engagements.

Die Reise des Lübecker Forstamtsleiters war auf Einladung des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zu Stande gekommen. Im Rahmen dieser Veranstaltung in Peking stellte Fähser das Lübecker Modell vor, das auch für den BfN als Referenzmodell der idealen Forstwirtschaft gilt.

Die deutsche Delegation bestand aus sieben Wissenschaftlern. Außerdem nahmen Vertreter der „Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit“ aus Projekten in China teil. Die chinesische Seite wurde durch acht Experten der „Chinesischen Forschungsakademie für Umweltwissenschaften“ (CRAES) repräsentiert.

Fähser nutzte den Aufenthalt in China außerdem, um einer Einladung der Chinesischen Akademie der Forstwirtschaft nachzukommen. Deren Professor Dr. Lu hatte im vorigen Jahr Lübeck besucht und hat nunmehr das erste Lehrbuch in China über „Naturnahe Waldwirtschaft“ veröffentlicht. Im Rahmen diverser Workshops sowie anhand von Vorträgen und Exkursionen mit den Dozenten der Fakultät erläuterte Fähser das hanseatische Modell der naturnahen Waldnutzung. Schwerpunkt war hierbei vor allem die weltweite und nationale Situation der Wälder und der Forstwissenschaft, speziell auch unter dem Aspekt des sich abzeichnenden Klimawandels. +++