Palais Rantzau an Schleswig-Holstein Musik Festival übergeben
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) hat heute vormittag das Palais Rantzau an der Parade 1 in Lübeck an das Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) übergeben. Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe sagte in einem Grußwort: „Die Hansestadt Lübeck dankt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz für die umfangreichen Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten! Durch Ihr Engagement ist es gelungen, dieses Kleinod im Herzen der Altstadt nicht nur zu retten, sondern durch die akribische und liebevolle Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten zu einem Schmuckstück werden zu lassen!“ Insgesamt 3,1 Millionen Euro wurden für diese Baumaßnahme investiert.
Neuer Nutzer des seit 1967 als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung eingetragene Gebäude ist das SHMF, das seinen bisherigen Sitz am Jerusalemsberg nun in die Altstadt verlegt: „Ich könnte mir keinen geeigneteren Nutzer für das Palais vorstellen“, sagte Saxe. Dieser Schritt zeige einmal mehr, daß Lübeck eine herausragende Stellung gerade auch bei Kulturschaffenden habe. „Die Hansestadt Lübeck ist glücklich, daß das Schleswig-Holstein Musik Festival seinen Sitz in Lübeck hat. Das unterstreicht die Rolle Lübecks als Kulturstadt des Nordens!“, so der Bürgermeister.
Saxe erinnerte in seinem Grußwort an den von vielen engagierten Beteiligten gemeinsam gegangenen Weg, diese aus dem 13. Jahrhundert stammende frühere Domkurie zu retten: Nach dem Auszug städtischer Dienststellen (untergebracht waren dort unter anderem das Amt - dann der Bereich - Denkmalpflege der Hansestadt Lübeck, die Baustatik und der Personalrat Bauwesen) stellte sich die Frage, wer das Gebäude sanieren und anschließend nutzen könnte. Lübecks früherer Bürgermeister Dr. Robert Knüppel, Geschäftsführer der DSD war es schließlich, der der Hansestadt Lübeck ein Angebot unterbreitete, daß diese nicht ausschlagen konnte: Das Palais Rantzau, bis dahin im Eigentum und Besitz der Hansestadt Lübeck, sollte an die DSD übertragen werden und diese wiederum aus eigenen Mitteln die Sanierung vornehmen. Nach Rücksprache und Genehmigung mit und durch das Innenministerium wurde genau dieser Weg gewählt. Daher wurde heute ein auf den ersten Blick ungewöhnlicher Vertrag unterzeichnet: Dr. Knüppel unterschrieb als Eigentümer des Gebäudes, Bürgermeister Saxe als Mieter und SHMF-Intendant Rolf Beck als Untermieter der Hansestadt.
Hintergrund zum Palais Rantzau:
Es handelt sich um ein dreigeschossiges Haupthaus an der Parade 1 mit einem zugehörigen, über Eck anstoßendem Nebengebäude an der Kapitelstraße 9, das frei auf einem begrünten Grundstück steht. Es ist das letzte erhaltene Beispiel einer freistehenden Domkurie. Diese Art von frei auf dem Grundstück errichteten Gebäude war einst Vorrecht im Dombezirk. Das besondere Baurecht (im Gegensatz zur sonst in der Stadt vorzufindenden Blockbebauung) erhielten nur hochrangige geistliche Würdenträger im Dienst der bischöflichen Verwaltung, der Kurie. Anspruch auf eine Domkurie hatten jeweils der Probst, der Dekan, der Lektor der Theologie und die zehn ranghöchsten Domherren. Die Domkurienzahl in Lübeck beschränkte sich auf 13 Domhöfe. Die meisten Domhöfe beziehungsweise -kurien lagen im Bereich von Pferdemarkt, Parade, Hartengrube und Domkirchhof.
Durch Archivbelege nachzuweisende Kurien-Bewohner in Parade 1:
- 1290 Dominus Herbodus Canonicus
- 1310 Hermannus de Morum
(vermutlich Erbauer des bis heute erhaltenen Kernbaus) - 1319 Dominus Johannes Bune Canonicus
- 1359 Dominus Heinrich Bischoff
- 1568 Domherr Jürgen Schrader
- 1804 Domherr Franz Ludwig Freiherr von Höveln (letzter Domherr)
- 1805 Versteigerung des Hauses im Schütting (mit Beschreibung eines repräsentativen Wohnhauses mit tapezierten, beheizbaren Zimmern, einer großen Küche, Gesindekammern, geräumigem Dachboden und Keller)
- das Haus wurde gekauft durch Nicolaus Heinrich von Evers,
- vererbt an seinen Sohn, Bürgermeister Christian Nicolaus Evers
- 1857 verkauft Evers jun. es an den Grafen Kuno von Rantzau-Breitenburg, der das Gebäude im heute erhaltenen, neugotischen Stil umbaut/erweitert (daher die Bezeichnung „Schloß Rantzau“)
- 1870/71 wird das Grundstück als Lazarett genutzt
- 1875 Verkauf an Johann Friedrich Wilhelm Ahrens
- 1882 Verkauf an Edmund Pülschau
- 1900 Erwerb durch die Hansestadt Lübeck
- 1901 darin Frauengewerbeschule
(etwa in dieser Zeit Planung einer Schwimmhalle auf dem Grundstück)
Danach Geschäftszimmer der 81. Infanterie-Brigade
und Stellenvermittlung für Hausangestellte - ab 1907 darin öffentliche unentgeltliche Rechtsauskunft
- Schreibstube
- Jugend- und Versorgungsamt
- Lübecker Weberschule „Neiland“
- Jugendamt
- Gesundheitsamt
- Gewerbeaufsicht
- ... usw. - bis 2001 Bereich Denkmalpflege der Hansestadt Lübeck (Auszug Nov. 2001)
- Bereich Statikprüfung der Hansestadt Lübeck
- Personalrat Bauwesen - 2002 Übernahme durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und Beginn der dringend notwendigen Sanierung und Restaurierung; dabei unter anderem Wiederherstellung des früheren Haupteingangs und der ehemaligen Treppenführung; Ausbau aller neuzeitlichen Bürostrukturen; Herausnahme aller abgehängten Decken; Wiederherstellung der Raumstruktur des 18. Jahrhundert; im heutigen Intendantenzimmer Wiederherstellung der Raumfassung von 1858; Freilegung der historischen Parkett-Fußböden; in den Räumen und an der Fassade Anlehnung an die Farbigkeit des 19. Jahrhundert
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