Gruppenhilfe für alkoholkranke Frauen und deren Angehörige

Veröffentlicht am 24.06.2002

Gruppenhilfe für alkoholkranke Frauen und deren Angehörige

Gruppenhilfe für alkoholkranke Frauen und deren Angehörige

020477L 2002-06-24

Die Hansestadt Lübeck richtet eine neue Gruppe für alkoholkranke Frauen und weibliche Angehörige ein. Betreut wird die Gruppe von Barbara Pauls von der Alkoholberatungsstelle des Gesundheitsamtes. Ziel dieser Frauengruppe ist die kritische Auseinandersetzung mit sich selbst und dem sozialen Umfeld, um zu einer realistischen Selbsteinschätzung zu kommen. Dadurch sollen die Frauen in die Lage versetzt werden, ohne Alkohol selbstbewußt in Krisensituationen zu reagieren.

Laut Aussage der Deutschen Hauptstelle gegen Suchtgefahren gibt es bundesweit schätzungsweise 400 000 bis 530 000 Alkoholikerinnen (Stand 2001), davon ein Viertel bis ein Drittel der geschätzten 1,6 Millionen männlichen und weiblichen Alkoholabhängigen im Alter von 18 bis 69 Jahren. Somit ist die Zahl der alkoholabhängigen Frauen in den letzten Jahren erheblich gestiegen.

Der Alkoholkonsum ist bei Frauen wie bei Männern zu einem wichtigen Bestandteil ihres Lebens geworden. Es besteht auch heute noch ein erheblicher Unterschied in der gesellschaftlichen Bewertung einer stark trinkenden Frau und eines stark trinkenden Mannes. Unkontrolliert trinken ist nach wie vor ein Bestandteil der Männerkultur. Bei Frauen wird dieses Verhalten diskriminiert, während es bei Männern als männlich, positiv und stark bewertet wird.

Sucht findet im Anfangsstadium im Verborgenen statt. Die Suchtabhängigkeit ist erst im fortgeschrittenen Stadium erkennbar, insbesondere bei Frauen, da diese auch am Anfang ihrer Suchtkarriere meist heimlich trinken. Der Mißbrauch von Alkohol kann das Ergebnis von Leid, Frustration, mangelndes Selbstbewußtsein, Einsamkeit, falsche oder fehlende Werteorientierung oder gar Entwertung sein. Diese Selbstzerstörung kann häufig als Folge familiärer gesellschaftlicher Bedingungen und Verhältnisse, die von Macht und Gewalt gekennzeichnet sind, angesehen werden. Frauen werden schon als Kind zur Abhängigkeit erzogen. Sie haben zu funktionieren. Frauen sollen angepaßt, passiv, gehorsam und autoritätsfürchtig sein. Auch die Erwartung von außen, eine perfekte Mutter, Partnerin und Geliebte zu sein, setzt sie unter Druck.

In der Ehe sind sie oftmals Macht- und Herrschaftsverhältnissen ausgesetzt. Hinzu kommt die unterschiedliche soziale Chancengleichheit gegenüber Frauen im Berufsleben, die weniger Rechte und Aufstiegschancen haben und oft Gehalts/Lohndiskriminierungen hinnehmen müssen. Die Doppelbelastung von Beruf und Familie führt häufig zu Überforderungssituationen, aus denen sich gesundheitliche Störungen und Erkrankungen entwickeln. Frauen, die die gesellschaftlichen Normen und Werte nicht erfüllen, empfinden sich als Versagerinnen, wobei sie die dadurch entstandenen Ängste und Schuldgefühle im Alkohol ertränken. Somit werden ihre tiefliegenden psychisch-emotionalen Konflikte verdrängt. Häufig wird eine kritische Selbstreflektion vermieden.

Die jahrelangen Erfahrungen im Suchtbereich zeigen, daß spezielle Therapieangebote für Frauen unzureichend angeboten werden. Von daher sind oftmals die Interessen sowie die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen nicht berücksichtigt worden.

Wer Interesse an dieser Frauengruppe hat, kann sich bei Barbara Pauls, Alkoholberatungsstelle des Gesundheitsamtes der Hansestadt Lübeck, Sophienstraße 2 - 8, Telefon (0451)122 - 53 46, melden. +++