Im März 1848 beschloß die Lübecker Ratsversammlung die "Verordnung über die Einführung der Preßfreiheit". Ein "Hochedler Rath" habe, wie es vor 150 Jahren hieß, im Einvernehmen mit der "Ehrliebenden Bürgerschaft" festgelegt: "Die Zensur ist aufgehoben." Damit hatten die Hanseaten schnell reagiert, denn erst wenige Tage zuvor war es den deutschen Staaten von der Bundesversammlung freigestellt worden, die Zensur aufzuheben. Bis heute regeln die Landespressegesetze das, was Medien dürfen - und was sie nicht dürfen.
Lübecks Bürgermeister Michael Bouteiller erklärte jetzt anläßlich des Gedenktages, daß die Pressefreiheit ständig gefährdet sei. "Diese Gefahr geht nicht nur von autoritären und diktatorischen Systemen aus", so Bouteiller, "sondern ist auch in den demokratischen Gesellschaften latent vorhanden." Die Presse müsse sich bemühen, unterschiedliche Standpunkte zu recherchieren und das Ergebnis zu präsentieren. Bouteiller: "Das Ziel einer demokratischen Presse muß es sein, unterschiedliche Auffassungen in dieser Gesellschaft darzustellen und ihr damit eine eigene Beurteilung zu ermöglichen."
Aber nicht nur der Staat bedrohe die Pressefreiheit, wie jüngst im Zusammenhang mit dem "Großen Lauschangriff" befürchtet, sondern "auch Konzerne, die den Medien nach unliebsamen Berichten Werbespots oder Anzeigen entziehen", mahnte Bouteiller. Gleichzeitig fordert er die Journalisten zur Selbstkritik auf: "Nicht allein gesetzliche Vorschriften gefährden dieses hohe Gut, sondern auch Journalistinnen und Journalisten, die schlecht recherchieren oder sich ohne Not dazu bringen lassen, die Unwahrheit zu berichten."
Die Verordnung der Lübecker Ratsversammlung hatte nur wenige Jahrzehnte Bestand. Die Zensur wurde im Kaiserreich wieder eingeführt und war später elementarer Bestandteil des nationalsozialistischen Systems. +++