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Vorlage - VO/2025/14043  

Betreff: Abstellflächen für E-Scooter und E-Bikes auf der Altstadtinsel und am Hauptbahnhof
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna HagenBezüglich:
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Hellwig, Nele
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
17.03.2025 
29. Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag


 

Die Bürgerschaft hat die Verwaltung beauftragt, das vorgestellte Grobkonzept für ein öffentliches Fahrradverleihsystem in ein Detailkonzept zu überführen (VO/2022/11013-02). Während der Erarbeitung des Detailkonzepts wurde die Verwaltung jedoch darüber informiert, dass ein E-Tretroller-Betreiber in Lübeck ab April 2025 sein Verleihangebot um E-Bikes ergänzen wird. Da dadurch ein Fahrradverleihsystem eines gewerblichen Anbieters etabliert wird, ruht die weitere Bearbeitung des Detailkonzepts der Verwaltung. Wenn das gewerbliche Fahrradverleihsystem von den Kund:innen angenommen wird, kann dieses System eine adäquate und den kommunalen Haushalt weniger belastende Alternative zu einem städtischen Fahrradverleihsystem sein. Die Betreiber sind dazu verpflichtet, Daten über ihre Verleihsysteme zu übermitteln, sodass die Verwaltung diese nutzen kann, um das Angebot zu evaluieren und Erkenntnisse für ein glicherweise noch einzurichtendes eigenes öffentliches Fahrradverleihsystem zu gewinnen.

 

Es ist anzunehmen, dass das zusätzliche Angebot an E-Bikes zu ähnlichen Konflikten führt, die bereits bei der Einführung der E-Tretroller aufgetreten sind. Deshalb hat die Verwaltung nach in Kenntnissetzung der Bestrebung eines E-Bike-Verleihsystems unmittelbar ein Konzept erarbeitet, um möglichen Konflikten zu begegnen.

 

Im Rahmen dieser Konzepterstellung wurden die Bereiche 1.103 Digitalisierung, Organisation und Strategie, 1.201 Haushalt und Steuerung, 1.300 Recht, 3.370 Feuerwehr und 5.660 Stadtgrün und Verkehr ebenfalls beteiligt.

 

 

 

 

 

 

 


 


Begründung

 

  1. Hintergrund und Konfliktlage

 

Seit 2019 werden E-Tretroller zum Ausleihen in Lübeck angeboten. Zurzeit sind insgesamt vier Betreiber in der Hansestadt tätig: Voi, Lime, Bolt und TIER (TIER ist Ende 2024 fusioniert und agiert nun unter dem Unternehmensnamen Dott). Die Betreiber bieten ihre Dienste im Rahmen einer Qualitätsvereinbarung mit der Stadtwerke Lübeck Mobil (SWL mobil) an, nachdem es nach dem Ausbringen der E-Tretroller zu zahlreichen Beschwerden durch abgestellte E-Tretroller kam. Die Vereinbarung regelt u.a. die maximale Anzahl, das Betriebsgebiet oder Anforderungen zur Verkehrssicherheit und Abstellen. Die Verwaltung wurde seit Beginn des Sharingangebotes mehrfach dazu angerufen, die Probleme durch konfliktträchtig abgestellte E-Tretroller zu regeln.

 

Welche Auflagen und Regelungen im Hinblick auf die E-Tretroller-Verleihsysteme im engen straßenrechtlichen Verständnis dazu gehören, ist im Einzelnen von den jeweiligen Straßengesetzen der Bundesländer abhängig. Einige Aspekte sind interpretationsfähig. Schleswig-Holstein klassifiziert diese Systeme als Gemeingebrauch nach Straßen- und Wegegesetz des Landes. Andere Bundesländern klassifizieren die Verleihsysteme als Sondernutzung. Damit hätte eine Kommune Steuerungsmöglichkeiten wie die Erhebung von Gebühren oder auch die Untersagung der Verleihangebote. In Schleswig-Holstein wird hingegen durch die Einordnung als Gemeingebrauch versucht, auf Grundlage freiwilliger Selbstverpflichtungen der Betreiber, das System so verträglich wie möglich zu gestalten.

 

Aus diesem Grund hat die Verwaltung Gespräche mit den vier in Lübeck agierenden Unternehmen geführt. Alle vier Unternehmen befürworteten grundsätzlich die Einrichtung von festen Abstellflächen. Sie haben in Städten, in denen entsprechend verfahren wird, positive Erfahrungen gemacht. Durch die Nutzung von Abstellflächen sei der operative Betrieb (z. B. das Einsammeln und Aufstellen der E-Tretroller durch Mitarbeitende) zeit- und kosteneffizienter geworden. Wichtig ist den Unternehmen jedoch, dass sich die Ausweisung von Abstellflächen nicht auf das gesamte Betriebsgebiet bezieht, sondern lediglich auf die Orte, die einen erhöhten Bedarf an Verkehrssicherung und Ordnung haben sowie gleichzeitig eine erhöhte Flächenkonkurrenz aufweisen. Das betrifft in Lübeck vor allem die Innenstadt und das Hauptbahnhofsumfeld. Darauf konnte sich die Lübecker Verwaltung mit den vier agierenden Unternehmen verständigen.

 

Dabei haben die Unternehmen betont, dass die Akzeptanz der Nutzenden maßgeblich von der Dichte von Abstellflächen abhängt. Die Unternehmen haben der Verwaltung Daten zur Verfügung gestellt, aus denen die „Hotspots“ der Ausleih- und Abstellvorgänge hervorgehen. Außerdem wurden Mindestqualitäten formuliert und Richtwerte geschätzt, die sich auf benötigte Abstellflächenanzahl beziehen. 

 

  1. Ausweitung des Angebots: Einführung von E-Bikes

 

Die Verwaltung wurde darüber informiert, dass ein Anbieter ab April 2025 120 E-Bikes als Leihräder in Lübeck einführen will. Der Anbieter möchte die Flotte dann sukzessive auf bis zu 380 E-Bikes ausweiten. Es ist möglich, dass andere Unternehmen folgen. Ein steuerndes Eingreifen ist dringend geboten, da frei abstellbare Leihräder die gleichen Konflikte nach sich ziehen wie E-Tretroller. Die kurzfristige Ausweisung von Abstellflächen ist daher dringend geboten.

 

Die Einführung eines gewerblichen Fahrradverleihsystems wird dabei durchaus als Chance gesehen, ein solches System erstmals in Lübeck zu testen und zu analysieren. Die weitere Bearbeitung des Detailkonzepts für ein öffentliches, durch die HL finanziertes Fahrradverleihsystem ruht, solange das gewerbliche Verleihangebot besteht. Die Verwaltung wird eng mit der SWLM sowie dem / den Betreibern zusammenarbeiten, um Erkenntnisse aus dem Verleihangebot zu ziehen.

 

Durch die Einrichtung von Abstellflächen für das gewerbliche E-Tretroller- und E-Bikes-Verleihangebot wird auf die Probleme konfliktträchtigen Abstellverhaltens reagiert und Erkenntnisse zu einem möglichen, zukünftigen Fahrradverleihsystem der HL gesammelt.

 

  1. Konzept für Abstellflächen

 

  1. Grundlegendes

Abstellflächen werden von den Betreibern virtuell eingerichtet. Aktuell gibt es bereits empfohlene Abstellflächen und sogenannte Abstellverbotszonen (z. B. Gelände des Holstentors oder Kirchen), welche virtuell in der jeweiligen App der Betreiber eingerichtet sind. An diesen Orten lassen sich die Ausleihen nicht beenden. Durch das vorliegende Konzept werden die virtuellen Abstellverbotszonen ausgeweitet. Dann sind die Ausleih- und Rückgabevorgänge ausschließlich auf den Abstellflächen möglich. Am Grundsystem der Betreiber ändert sich nichts. Die Ausweitung der Abstellverbotszonen basiert auf einer freiwilligen Vereinbarung zwischen den Betreibern, der SWL mobil und der HL.

 

Aufgrund ähnlicher Standortanforderungen wird angestrebt, gemeinsame Abstellflächen für E-Tretroller und E-Bikes auszuweisen. Eine Abstellfläche sollte ungefähr die Maße eines regulären Kfz-Stellplatzes aufweisen. Auf dieser Fläche lassen sich 10-20 E-Tretroller abstellen, E-Bikes benötigen etwas mehr Fläche als ein E-Tretroller. Dabei sollten Standorte, die eine besonders hohe Abstellvorgangsanzahl aufweisen, größere Abstellflächen umfassen.

 

Die Betreiber verweisen auf Probleme beim Abstellverhalten, wenn die Flächen nicht eindeutig als solche erkennbar sind. Daher wird die HL die von den Betreibern eingerichteten virtuellen Abstellflächen entsprechend gestalterisch kenntlich machen. Die Abstellflächen sollen optisch zurückhaltend, aber gut wahrnehmbar sein. Es werden vorhandene Beispiele aus anderen Städten als gelungen angesehen (s. Abbildung 1).

 

Es kann mittels eigener Gestaltung von Schildern oder Stationsbügeln ein Wiedererkennungswert geschaffen und auf örtliche gestalterische / städtebauliche Besonderheiten reagiert werden. Die Begrenzung einer Abstellfläche durch Bügel verhindert darüber hinaus auch, dass Kfz dort widerrechtlich abgestellt werden. Die Verwaltung empfiehlt, von Bodenmarkierungen Abstand zu nehmen, da diese eine hohe Unterhaltungslast mit sich bringen. Die Unterhaltung der Bodenmarkierungen kann durch die Verwaltung nicht geleistet werden.

 


Die Abstellflächen werden je nach Standort mit Schildern oder Bügeln ausgestattet. Für jeden Standort wird im Einzelfall eine der beiden Gestaltungsvarianten festgelegt. Abstellflächen in Baumkronenbereichen werden nicht mit Bügeln ausgestattet, um die Wurzelbereiche nicht zu schädigen. Orte, welche vor Falschparker:innen geschützt werden sollen, werden mit Bügeln ausgestattet.

 

Die Gestaltung orientiert sich am Corporate Design der HL. Die Schilder sind mit dem Hinweis „Sharing Station“ sowie passenden Piktogrammen versehen, die die Darstellung barrierefreier gestalten und die auch ohne Sprachkenntnisse verständlich sind (vgl. Abbildung 2).

 


 

Die Schilder für die Anbringung an Bügeln sind circa 250 mm x 770 mm groß und werden an einen Fahrradbügel mit angeschweißtem Flansch angeschraubt. Die Schilder für Rohrpfosten sind circa 420 mm x 420 mm groß und entsprechend damit der Größe des Verkehrszeichens 314. Sie werden mit Rohrschellen an den Pfosten montiert. Die Schilder an Rohrpfosten müssen aus Sicherheitsgründen in mindestens 2,20 Meter Höhe angebracht werden (Unterkante).

 


  1. Standorte für Abstellflächen

 

Standorte sollten möglichst dort liegen, wo bereits heute viele Abstellvorgänge zu beobachten sind. Es bietet sich an, jene Orte zu wählen, die großgige Flächenverhältnisse aufweisen. Insbesondere Platzsituationen oder Gehwege mit Breiten über vier Metern sind daher geeignet, damit immer eine ausreichende Restgehwegbreite verbleibt. Andere Verkehrsteilnehmer:innen sollen nicht beeinträchtigt werden. Die Abstellflächen sollen sich sowohl für alle Verkehrsteilnehmer:innen als auch in das Stadtbild verträglich einfügen.

 

Insgesamt konnten 35 Standorte ausfindig gemacht werden, die den Anforderungen entsprechen und umgesetzt werden (vgl. Abbildung 4). Alle Standorte im Detail sind der Anlage 1 zu dieser Berichtsvorlage zu entnehmen.  Die Abstellflächen liegen im Durchschnitt 178 Meter fußufig auseinander und bilden somit ein dichtes Netz. Die größte Entfernung zweier Stationen beträgt 324 Meter, die geringste Entfernung 88 Meter. Durchschnittlich lässt sich der Fußweg zwischen zwei Stationen in rund zwei Minuten bewältigen.

 

 

  1. Kostenschätzung

Die bauliche Herstellung von Abstellflächen ist ein freiwilliges Angebot der HL. Durch die rechtlichen Rahmenbedingungen ist es nicht möglich, für die Bereitstellung und Vorhaltung von Flächen im öffentlichen Raum von den Unternehmen ein Entgelt zu verlangen. Die Unternehmen nutzen die von der HL hergerichteten Flächen unentgeltlich. Die HL muss finanziell für die Herrichtung und Unterhaltung der Flächen aufkommen.

 

Die Kosten ergeben sich insbesondere durch die Beschaffung und den Einbau der Materialien. Die Kostenspanne kann nur grob geschätzt werden. Die realen Kosten sind immer von den konkreten Standortbedingungen und der Ausstattung der Station abhängig.

 

Zum einen fallen Materialkosten (bspw. Rohrpfosten, Schilder, Begrenzungsbügel) an. Dazu kommen Kosten für die Einrichtung der Stationen hinzu (bspw. Baustellensicherung, Aufstellen Rohrpfosten, Fundamente gießen, etc.). Andere Kommunen, die bereits Sharingstationen eingeführt haben, schätzen ihre Kosten wie folgt:

 

Regensburg: 800 - 1.300 € pro Station

sseldorf: 3.000 € pro Station

 

Um eine Kostenschätzung für HL abgeben zu können, wird vorerst der Durchschnitt aus den beiden Angaben genutzt. Es ergeben sich 1.900 € pro Station als Mittelwert. Diese Kostenschätzung konnte durch die Verwaltung als plausibel eingestuft werden, werden aber vermutlich bei der Mehrzahl der Standorte deutlich unterschritten.

 

Bei Einrichtung von 35 Stationen können Kosten in Höhe von 66.500 € geschätzt werden. Die Finanzierung der Sharingstationen erfolgt aus dem konsumtiven Budget für Rad-/Gehwege und Bushaltestellen des Bereichs 5.660 Stadtgrün und Verkehr.

 

  1. chste Schritte

Durch die bevorstehende Ausbringung von E-Bikes ist schnelles Handeln notwendig. Die Verwaltung wird als nächsten Schritt die Bauleistungen vergeben. Gleichzeitig werden die benötigten Materialien beschafft. Nach Vergabe und Beschaffung wird nahtlos in die bauliche Umsetzung der 35 Abstellflächen gegangen. Diese werden nach und nach hergestellt. Der Abschluss der Flächenherstellung ist in einem Zeitraum von circa zwei Monaten möglich.

 

hrend die Abstellflächen hergerichtet werden, müssen die Betreiber der Verleihangebote die virtuelle Einrichtung vorbereiten bzw. durchführen. Dafür werden die Abstellflächen in die Apps aufgenommen. Gleichzeitig werden die Abstellverbotszonen ausgeweitet.

 

Die Veränderungen müssen frühzeitig und fortlaufend kommuniziert werden. Die Betreiber, die HL und SWL mobilssen vor Abschluss der Maßnahme, währenddessen und in den ersten Wochen verstärkt Pressearbeit leisten bzw. die Nutzenden informieren. Es ist aus Erfahrung der Betreiber damit zu rechnen, dass es ein bis zwei Wochen dauert, bis die Veränderungen verstanden und angenommen werden.

 

Nach Umsetzung des Projekts wird die Verwaltung weitere Stationen an hochfrequentierten Standorten prüfen, sofern ein Bedarf deutlich wird.


 


Anlagen

 

Anlage 1: Standorte Sharingstation


 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Anlage 1 Sharingstandorte 1 (7131 KB)    
Stammbaum:
VO/2022/11013   BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Antrag Detailplanung Fahrradverleihsystem für Lübeck   Geschäftsstelle der Fraktion BÜ90 DIE GRÜNEN   Antrag der GRÜNE-Fraktion
VO/2022/11013-01   Empfehlung des Bauausschusses zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Antrag Detailplanung Fahrradverleihsystem für Lübeck   5.061 - Fachbereichs-Dienste   Empfehlung eines Ausschusses
VO/2022/11013-02   Änderungsantrag von CDU + SPD zu: BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Antrag Detailplanung Fahrradverleihsystem für Lübeck   Geschäftsstelle der CDU-Fraktion   interfraktioneller Antrag
VO/2025/14043   Abstellflächen für E-Scooter und E-Bikes auf der Altstadtinsel und am Hauptbahnhof   5.610 - Stadtplanung und Bauordnung   Bericht öffentlich