Die Beantwortung erfolgt durch den Bereich Schule und Sport in Abstimmung mit dem Schulamt in der Hansestadt Lübeck.
Grundsätzlich bleibt festzustellen, dass der Umgang mit dem Thema Gewalt an Schule eine Landesaufgabe ist, die über das Bildungsministerium und das Schulamt gesteuert und von der Schulleitung verantwortet wird.
Die Kommune ist gemäß §6 Abs. 6 SchulG SH lediglich unterstützend durch Schulsozialarbeit tätig. „Unter Schulsozialarbeit wird ein Angebot der Jugendhilfe verstanden, bei dem sozialpädagogische Fachkräfte, kontinuierlich am Ort Schule tätig sind und mit Lehrkräften auf einer verbindlich vereinbarten und gleichberechtigten Basis zusammenarbeiten, um junge Menschen in ihrer individuellen, sozialen, schulischen und beruflichen Entwicklung zu fördern…“ (Speck, Karsten. Qualität und Evaluation in der Schulsozialarbeit. Konzepte, Rahmenbedingungen und Wirkungen. S. 23. Verlag für Sozialwissenschaften/ GWV Fachverlag GmbH. Wiesbaden 2006.)
1. Wie stellt sich die Situation im Bereich der Lübecker Schulen dar? Ist auch im Bereich der HL in den letzten Jahren eine Zunahme von Gewalt an Schulen zu beobachten? Liegen hier genaue Zahlen vor?
Aus den Lübecker Schulen wird keine drastische Zunahme von Gewaltdelikten rückgemeldet. Zu beachten ist, dass bei den aktuell veröffentlichten Zahlen der Kriminalstatistik Schleswig-Holstein auch deswegen eine überdurchschnittliche Zunahme zu verzeichnen ist, weil im Gegensatz zu anderen Bundesländern auch Gewalttaten auf dem Schulgelände außerhalb der Schulzeit erfasst werden. Die Kriminalstatistik berichtet bundesweit von einem besonders starken Anstieg in Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Bremen und Berlin. https://www.shz.de/deutschland-welt/schleswig-holstein/artikel/gewalt-an-schulen-in-schleswig-holstein-das-fordert-karin-prien-47696063
Die Hansestadt Lübeck erhebt keine eigenen Daten zu Gewalt an Schulen.
Mit Hilfe der Datenbank GEMON des Landes Schleswig-Holsteins werden seit 2018 Gewaltvorkommnisse (wie z.B. auch Mobbing, psychische Gewalt u. ä.) an den allgemein- und berufsbildenden Schulen in Schleswig-Holstein erhoben: https://www.schleswig-holstein.de/DE/fachinhalte/S/schulverwaltung/gemon_datenbank
In der Auswertung des Schuljahres 2022/23 ist in der GEMON-Datenbank keine erhöhte Zunahme von Gewaltmeldungen in der Hansestadt Lübeck festzustellen.
In Rückmeldungen der Schulen ist seit der Corona-Pandemie eine Zunahme von auffälligem Sozialverhalten zu verzeichnen.
2. Gibt es in Bezug auf Vorfälle in Lübeck auffällige Schulstandorte oder gar auffällige Schularten?
Der Hansestadt Lübeck sowie dem Schulamt in der Hansestadt Lübeck ist nicht bekannt, dass es an einzelnen Schulstandorten oder Schulformen besondere Auffälligkeiten gibt. Generell ist alters- und schülerzahlenbedingt an weiterführenden Schulen mit mehr Fällen zu rechnen.
3. Wie geht man aktuell mit Gewalt an Schulen grundsätzlich um? Welche Akteure sind bei Vorfällen eingebunden?
Der Umgang mit Gewalt an Schulen wird unter Federführung der Schulleitung im multiprofessionellen Team unter Einbeziehung von Lehrkräften, Schulsozialarbeit, Ganztag und Schulbegleitung abgestimmt. Derzeit werden an den Schulen Präventions- und Interventionskonzepte erarbeitet, die auch Strategien zur Gewaltprävention beinhalten.
Nach § 6 Abs. 6 des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes unterstützt die Schulsozialarbeit die Schulen bei der Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrages. Zudem werden Angebote zur Prävention sowie Projekte an Schulen durchgeführt, s. Orientierungsrahmen zur Förderung von Schulsozialarbeit des Landes Schleswig-Holstein: https://www.schleswig-holstein.de/DE/fachinhalte/I/inklusive_schule/Downloads/Schulsozialarbeit_Orientierungsrahmen.pdf?__blob=publicationFile&v=3
Bei aktuellen Vorfällen werden neben der Schulsozialarbeit die Eltern sowie Beratungsstellen des Jugendamtes, Jugendsachbearbeiter:innen der Polizei – AGGAS (Arbeitsgemeinschaft gegen Gewalt an Schulen), Koordination Schulsozialarbeit und das Schulamt einbezogen.
4. Findet Präventionsarbeit zum Thema Gewalt in der Schule statt? Wie sehen diese Maßnahmen und Projekte aus?
An allen Lübecker Schulen gibt es Präventionsangebote im Umgang mit dem Thema Gewalt unter Federführung der Schulleitung.
Die Lübecker Datenbank „Soziales Lernen“, die in Abstimmung mit dem Schulamt erstellt wurde, enthält qualitätsgeprüfte Programme und Maßnahmen sowie Materialien freier Träger, Fachinstitutionen und Krankenkassen. Die Datenbank steht auch der Öffentlichkeit zur Verfügung: https://www.luebeck.de/de/stadtleben/familie-und-bildung/bildungsportal-soziales-lernen/
Aktuell erarbeiten die Schulen individuelle schulspezifische Präventions- und Interventionskonzepte, die systematisch jahrgangsbezogen Präventionsmaßnahmen beinhalten. An vielen Schulstandorten sind bereits seit Jahren Sozialcurricula mit Präventionsprogrammen etabliert.
Im Bereich der Gewaltprävention findet eine enge Zusammenarbeit mit der Präventionsabteilung der Polizeidirektion Lübeck statt, die vor allem an den weiterführenden Schulen neben dem Angebot Gewalt an Schule verschiedene Bausteine wie u.a. Medienkompetenz (Social Media), Mobbingprävention inkl. Cybermobbing und Suchtprävention beinhaltet.
An fast allen Schulstandorten sind wöchentliche Klassenratsstunden zur Förderung des demokratischen Miteinanders etabliert. Zusätzlich werden an vielen Standorten mehrtägige Klassentrainings zur Sozialkompetenzförderung durch Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter:innen durchgeführt.
In den vergangenen 10 Jahren wurde die Schulsozialarbeit an Lübecker Schulen deutlich ausgebaut, so dass jetzt alle Schulformen mit Schulsozialarbeit vor Ort unterstützt werden. Schulsozialarbeit ist sowohl in der Krisenintervention in Einzelberatung von Schüler:innen, Eltern und Lehrkräften tätig, als auch in der präventiven Gruppenarbeit durch Förderung der Sozialkompetenz, einem entscheidenden Faktor der Gewaltprävention.
Der Ganztag, der in den letzten Jahren in Lübeck stark ausgeweitet wurde und nunmehr durch ca. 75% der Kinder an Grundschulen besucht wird, bietet ebenfalls vielfältige Angebote zur Gewaltprävention. Ein Qualitätsmerkmal ist die Entwicklung des Ganztags als Lebens- und Lernort mit dem Ziel der Förderung von Selbst- und Sozialkompetenzen.
Zusätzlich bieten freie Träger der Jugendhilfe durch die Förderung über Projektmittel Schulsozialarbeit weitere Projekte zur Förderung des sozialen Lernens im Vor- und Nachmittagsbereich an.