Die Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck hat am 28.09.2023 den folgenden Prüfauftrag beschlossen:
Der Bürgermeister wird beauftragt, die Einführung einer einheitlichen Bettensteuer/ Kulturabgabe im gesamten Lübecker Stadtgebiet zu prüfen. In die Prüfung ist auch die Erhebung der Bettensteuer/Kulturabgabe von Geschäftsreisenden einzubeziehen.
Die Erhebung der Kurtaxe in Travemünde müsste entfallen. Der Bürgermeister wird daher beauftragt, bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob die an die Kurtaxe gebundenen Finanzierungen und Projekte auch nach der Einführung der Bettensteuer/Kulturabgabe weiterhin aufrechterhalten werden können. Hierzu zählen insbesondere die Teilnahme Travemündes an der Ostseecard, die Finanzierung des Kurbetriebs Travemünde und das Mobilitätsprojekt “Unbeschwert unterwegs”.
Der Bürgerschaft sind in einem Zwischenschritt rechtzeitig verschiedene Varianten der Bettensteuer/Kulturabgabe bzgl. Steuersatz und Aufkommen zur Entscheidung vorzulegen.
Bei Prüfung sind die Betroffenen, insbesondere der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband, sowie der Beirat Lübeck-Travemünde Management mit einzubeziehen.
I Allgemeine und insbesondere finanzielle Aspekte
Die Hansestadt Lübeck ist mit über 2,2 Mio Übernachtungen im Jahr 2023 und zahlreichen kulturellen Angeboten ein anerkannter Tourismus- und Erholungsort an der Ostseeküste. Die vielfältigen Angebote und die Infrastruktur im Bereich Tourismus sind entsprechend zu finanzieren, um auch in Zukunft den Gästen der Hansestadt ein attraktives, breitgefächertes und ansprechendes Angebot zu unterbreiten.
Das kommunale Abgabenrecht bietet hierzu folgende Möglichkeiten:
1. Kurabgabe
2. Tourismusabgabe (Fremdenverkehrsabgabe)
3. Steuer auf Beherbergungsentgelte / Übernachtungssteuer
Eine Steuer auf Beherbergungsentgelte ist eine örtliche Aufwandssteuer. Als Steuerpflich-tiger darf der Betreiber der Beherbergungsstätte zum Schuldner einer kommunalen Übernachtungssteuer bestimmt werden, wobei die Steuer auf den Übernachtungsgast abgewälzt werden kann. Als Steuersatz wäre grundsätzlich ein prozentualer Steuersatz auf den Übernachtungspreis zulässig und entspräche dem Gebot der Besteuerungsgleichheit am besten.
Vom 01.01.2012 bis zum 30.06.2014 hat die Hansestadt Lübeck bereits eine derartige Steuer erhoben. Aufgrund einer Änderungen des Kommunalabgabengesetzes (KAG) musste die Erhebung eingestellt werden. Mit Aufnahme der Tourismusabgabe in § 10 KAG wurde zusätzlich eingefügt, dass eine Steuer auf Übernachtungsleistungen nicht erhoben werden darf, wenn eine Gemeinde eine Kurabgabe oder eine Tourismusabgabe erhebt. Da im Ortsteil Travemünde bereits seit Jahrzehnten die Kurabgabe erhoben wird, wurde mit der Gesetzesänderung die Übernachtungssteuer eingestellt, weil sich die Bürgerschaft für die Beibehaltung der Kurabgabe entschieden hatte.
Die damalige Satzung der Übernachtungssteuer sah einen Steuersatz von 5 % auf die Beherbergungsentgelte vor und führte zu Erträgen von ca. 2,2 Mio. € im Jahr 2013, sowie im Jahr 2014 zu Einnahmen von 1,2 Mio. € für den Zeitraum Januar bis Juni 2014.
Unter Berücksichtigung der gestiegenen Übernachtungszahlen, der allgemeinen Preissteigerung sowie dem Anstieg der Bettenzahlen (das gesamte Gebiet der Beach-Bay, Highend, der Godewindpark, das aja-Hotel und das Dockside waren z.B. 2014 noch nicht fertig gestellt) könnten bei gleichbleibendem Steuersatz aktuell Einnahmen in Höhe von über 4 Mio. € generiert werden. Dem gegenüber würden Personal- und Sachkosten stehen. Eine genaue Bezifferung ist aufgrund der nicht bekannten Fallzahlen nur grob möglich und würde sich – orientiert an dem Bedarf von 2012 – 2014 - auf 2 Vollzeitsachbearbeitungsstellen sowie Widerspruchs- und Leitungsanteile belaufen zzgl. der Sachkosten inkl. EDV.
Eine wesentliche Änderung der rechtlichen Beurteilung und Anerkennung der Übernachtungssteuer hat sich im Jahr 2022 ergeben, da das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 22.03.2022, 1 BvR 2868/15, u.a. abschließend festgestellt hat, dass die Übernachtungssteuer mit dem Grundgesetz vereinbar ist und sogar noch ausgeweitet werden kann. Entgegen der bisherigen Rechtssauffassung, basierend auf einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes aus 2012, wonach nur „private veranlasste entgeltliche Übernachtungen“ besteuert werden dürfen und keine „beruflich zwingend erforderlichen“, erklärt das Bundesverfassungsgericht nunmehr alle Übernachtungen für besteuerungsfähig. Damit würde die Anzahl der zu besteuerbaren Übernachtungen ansteigen. Zahlen liegen hierzu nicht vor, da kein Bedarf bestand, beruflich veranlasste Übernachtungen statistisch zu erfassen. Jedoch würde die Besteuerung aller Übernachtungen zu höheren als den oben prognostizierten Einnahmen führen. Zudem wäre der Verwaltungsaufwand sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Verwaltung geringer, da die Unterscheidung in beruflich veranlasste oder private Übernachtungen – mit entsprechenden Nachweisen – und derartige Prüfungen entfallen würden.
Für die Prüfung des obigen Auftrags wurden zunächst fachliche Stellungnahme des Kurbetriebs sowie der Lübeck und Travemünde Marketing GmbH eingeholt. Die LTM führt nach der Erörterung im dortigen Beirat ergänzend Folgendes aus: Die Lübeck und Travemünde Marketing GmbH (LTM) spricht sich dafür aus, bei allen möglichen Überlegungen zur Finanzierung des Tourismus in der Hansestadt Lübeck und dem Seebad Travemünde für das Reiseziel Travemünde die Kurtaxe als wichtiges Instrument zur Refinanzierung beizubehalten. Weit über den rein monetären Aspekt hinaus geht hierbei der Mehrwert des Verbundes, der durch sämtliche kurtaxerhebenden Orte entlang der Ostsee entsteht und ein umfangreiches Maßnahmenpaket (u.a. Ostseeguide, ostseecard, gemeinsame Marketing- und Serviceaktionen) beinhaltet. Die Stärke dieses Verbundes durch eine für das Seebad Travemünde exklusive Abschaffung der Kurtaxe zu stören, würde nicht unerhebliche Verwerfungen im Gesamtgefüge nach sich ziehen.
Generell sind diverse weitere Möglichkeiten denkbar, die gesamtstädtischen Einnahmen aus dem Tourismus zu erhöhen (z.B. Tourismusabgabe der profitierenden Unternehmer:innen, Kultur-abgabe der Tourist:innen, freiwillige Beiträge). Gleichzeitig sollte man sich vor Augen halten, dass die Kommune bereits jetzt eine extrem hohe Wertschöpfung durch die Tourismusbranche erfährt: Der Gesamtumsatz lag in 2022 bei 893,5 Millionen EUR (Steigerung ggü. 2018 um 15 %). Allein aus MwSt. und Einkommenssteuer konnten 80,5 Mio. EUR für Kommune, Land und Bund generiert werden, hinzu kommen noch die Einnahmen aus Grundsteuer, Gewerbesteuer, Zweitwohnungssteuer und eben Kurabgabe. Die Einführung einer „Kulturabgabe“ für das Stadtgebiet als Pendant zur Kurtaxe in Travemünde ist als zusätzliche Refinanzierung aus dem Tourismus grundsätzlich zu diskutieren, da hier ein direkter Mehrwert (Erhalt des Welterbes, Investition in touristische Dienstleistung und -Angebot) abgeleitet werden kann. Diese Art der Abgabe wäre, analog der Kurabgabe, durch den Gast zu entrichten. Nicht unerwähnt bleiben muss an dieser Stelle, dass auch hier Ressourcen für die Etablierung einer Art „Kulturkarte“ als Gegenstück zur Ostseecard einzuplanen sind.
Für den Fall der Einführung einer Übernachtungssteuer wäre aufgrund der Ausschlussregelung in § 3 Abs. 5 des Kommunalabgabengesetzes die Kurabgabe aufzugeben. Die gesetzliche Regelung bezieht sich dabei auf die Gemeinde in Gänze, eine Aufteilung in Stadtteile ist nicht möglich. Somit kann nicht z.B. in der Innenstadt eine Übernachtungssteuer eingeführt und im Stadtteil Travemünde die Kurabgabe beibehalten werden.
Im Gegensatz zu einer Abgabe haben steuerliche Erträge keine Zweckbindung, sondern fließen dem allgemeinen Haushalt zu. Dies bedeutet, dass die Aufwendungen und Investitionen in die Tourismuswirtschaft, die touristische Infrastruktur, die Unterhaltung der Kureinrichtungen usw. aus dem allgemeinen laufenden Haushalt der Hansestadt Lübeck zu finanzieren wären. Insbesondere der Kurbetrieb befürchtet, dass dann keine ausreichenden Mittel für die Verbesserung der touristischen Infrastruktur in Travemünde im erforderlichen Umfang zur Verfügung stehen könnten. Investitionen in die touristische Infrastruktur hätten sich bei der jährlichen Haushaltsplanung in die Prioritätenliste einzureihen und stünden bei dieser Finanzierung aus dem städtischen Kernhaushalt in Konkurrenz zu allen übrigen bisherigen Investitionsfeldern. Bei der aktuell schwieriger werdenden Haushaltslage wäre zu befürchten, dass Erträge aus einer Übernachtungssteuer wie andere allgemeine Deckungsmittel der Finanzierung sonstiger Aufgaben der Stadtverwaltung zu Gute kommen, und schon gar nicht für touristische Investitionen verwendet werden würden.
Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Lübeck (DEHOGA e.V.) sieht erhebliche Bedenken bei der Einführung der Übernachtungssteuer: viele Beherbergungsbetriebe hätten einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand bei der Erhebung und Abführung der Übernachtungssteuer. Bei der aktuell weiterhin bestehenden Inflation und damit Preisanstiegen auch bei touristischen Aktivitäten könnte es damit zu einem Wettbewerbsnachteil der Lübecker Beherbergungsbetriebe in einem aktuell verschärften Marktumfeld kommen.
Für den Fall der Aufhebung der Kurabgabe wäre mit steuerlichen Konsequenzen zu rechnen. Bislang konnten für Investitionen des Kurbetriebs anteilig Vorsteuern generiert werden. Bei Wegfall der Kurabgabe und damit dem wesentlichen Zweck des Kurbetriebs wäre eine (anteiligen) Vorsteuerberichtigung für die letzten 10 Jahre (bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten), und für die letzten 5 Jahre bei anderen Wirtschaftsgütern durchzuführen. Weiterhin kann die Übertragung von Vermögen des Kurbetriebs in die Kernverwaltung bei Aufhebung der Kurabgabe steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet und mit entsprechenden steuerlichen Forderungen belegt werden.
II Auswirkungen der Einführung einer Übernachtungssteuer auf die Serviceleistungen, insbesondere ostseecard
Mit Zahlung der Kurabgabe erhalten die Gäste in Travemünde statt der früher üblichen Kurkarte die sog. ostseecard. Das Ostseeheilbad Travemünde ist Teil des ostseecard-Verbundes (Ostsee-Tourismus Service GmbH) entlang der Ostseeküste Schleswig-Holstein. Von Glücksburg bis Travemünde und in einigen Orten der Holsteinischen Schweiz bietet die ostseecard, die im Jahre 2005 die Kurkarte abgelöst hat, viele Vorteile und Serviceleistungen. So werden vergünstigte Eintritte in Freizeiteinrichtungen, rabattierte Benutzung der ÖPNV-Angebote und vieles mehr angeboten. Kernleistung der ostseecard ist die ein- oder mehrmalige Zugangsberechtigung im Rahmen der gegenseitigen Anerkennung für die Strände der Mietgliedsorte.
Die Einführung der ostseecard hat die Akzeptanz und damit den Einzug der Kurabgabe erleichtert und die Einnahmen kontinuierlich steigen lassen. Diese sind beim Kurbetrieb Travemünde für das Wirtschaftsjahr 2024 mit 2,5 Mio EUR angesetzt. Nach der derzeitigen Rechtslage ist eine gleichzeitige Erhebung der Kurabgabe und einer Steuer auf Übernachtungsleistung nicht möglich (siehe oben). Ein Austritt Travemündes aus diesem Servicebund hätte aus touristischer Sicht gravierende Folgen. Ob die Gesellschafter der Ostsee-Tourismus-Service-GmbH einem Ort die Ausgabe einer ostseecard gestatten, der keine Kurabgabe erhebt, konnte nicht abschließend geklärt werden. Es würde aber in dem Zusammenhang zu prüfen sein, ob noch eine gegenseitige Anerkennung für den Besuch der Strände bestehen bleiben könnte. Sollte die Ausgabe der Karte im gesamten Stadtgebiet erfolgen, könnten Benachteiligungen wegen Mehrnutzungen geltend machen werden, was zu etwaigen Ausgleichszahlungen an die Orte führen könnte.
Das Modellprojekt „Unbeschwert unterwegs" ist aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Umsetzung gelangt.
III Auswirkungen der Einführung einer Übernachtungssteuer auf die Strandbenutzungsgebühr
Die Hansestadt Lübeck erhebt parallel zur Kurabgabe auch eine Strandbenutzungsgebühr, von der wiederum Personen mit ostseecard ausgenommen sind, da diese bereits in der Kurabgabe enthalten ist. Die Einführung einer Übernachtungssteuer hätte für alle Gäste (also im gesamten Stadtgebiet) zur Folge, dass im Zeitraum vom 15.05. – 14.09. bei einem Tagesbesuch des Strandes eine Strandbenutzungsgebühr zu zahlen wäre (siehe oben).
Dies würde zu einer erheblichen Verschlechterung der Servicequalität führen - insbesondere für Gäste im Ostseeheilbad Travemünde. Überlegungen des Kurbetriebes, diese Servicequalität zu erhalten, stoßen an rechtliche Grenzen. So ist eine Befreiung der Übernachtungsgäste von der Strandbenutzungsgebührenpflicht abgabenrechtlich nicht zulässig, da dies zu einer Ungleichbehandlung gegenüber den Tagesgästen führt.
Somit hätten die Übernachtungsgäste neben der Übernachtungssteuer noch eine Strandbenutzungsgebühr zu entrichten. Dadurch würde beim Kurbetrieb Travemünde nicht unerheblicher zusätzlicher Aufwand entstehen. Die Übernachtungsgäste müssen in der Sommersaison am Automaten oder bei den Strandkorbvermietern eine Strandkarte erwerben. Dies war für Inhaber der ostseecard bisher nicht erforderlich. Für ein wesentlich höheres Aufkommen an Gebührenschuldnern ist die derzeitige Verkaufsstruktur von Strandkarten über Automaten, Strandkorbvermieter und über das Parkticket online per EasyParkApp nicht ausreichend dimensioniert und müsste ggf. nachgerüstet werden. Hierfür wurde im Jahr 2014 nach erster grober Schätzung ca. 184.000 € einmalig kalkuliert. Ob an dieser Aussage hinsichtlich der Strandbenutzungsgebühr vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung (Befreiung der Lübecker Einwohner von der Strandbenutzungsgebühr) festgehalten wird, wäre bei Bedarf zu prüfen. Ergänzend sind auch diesbezüglich steuerliche Konsequenzen zu prüfen für den Fall, dass weiterhin lübecker Einwohner:innen von der Strandbenutzungsgebühr befreit werden sollen, wohingegen Außerstädtische die Abgabe zu zahlen hätten.
IV Hinweise des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands sowie des Beirats der Lübeck und Travemünde Marketing GmbH
Auftragsgemäß sind die oben genannten Institutionen um Hinweise für die mögliche Einführung einer Übernachtungssteuer gebeten worden. Zum direkten Austausch wurde das Thema auf die Tagesordnung des Beirats LTM in der Sitzung am 17.6.2024 gesetzt. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband ist Mitglied im Beirat LTM. Der fachliche Austausch unter Mitwirkung des Bereichs Haushalt und Steuerung in der Sitzung des Beirats führte zu ergänzenden Hinweisen auf mögliche Auswirkungen der Einführung einer Übernachtungssteuer im gesamten Lübecker Stadtgebiet.
Der Beirat spricht sich generell negativ zur Einführung einer Übernachtungssteuer, aber positiv zu einer möglichen erweiterten Finanzierung im touristischen Segment aus. Der Erhalt der Kurabgabe mit Verbleib im Verbund der Ostseebäder erfährt von Seiten des Beirates uneingeschränkte Zustimmung. Der Beirat wünscht eine Ausweitung des Prüfauftrages, ob eine alternative Abgabenart für das verbleibende Stadtgebiet unter Beibehaltung der Kurabgabe möglich sei. Diese Einnahmen könnten dann z.B. für die Mobilität der Touristen oder den Erhalt des Welterbes eingesetzt werden. Auf eine unbürokratische Umsetzung unter Berücksichtigung der digitalen Abwicklung einer solch möglichen Abgabe solle dabei geachtet werden.
V. Fazit
Die Übernachtungssteuer ist unabhängig von ihrer Bezeichnung (Kulturförderabgabe, Citytax, Beherbergungssteuer, Bettensteuer etc). eine Steuer, die an den Tatbestand der entgeltlichen Übernachtung anknüpft. Eine gleichzeitige Erhebung zusammen mit der Kurabgabe ist gesetzlich ausgeschlossen, auch in unterschiedlichen Stadtteilen. Die Einnahmen aufgrund der Übernachtungssteuer liegen deutlich über den Einnahmen aus der Kurabgabe. Die Folgen für die Leistungen und Vergünstigungen durch die ostseecard sind noch konkreter zu prüfen.
Auch eine Übernachtungssteuer, die sich regional nur auf das übrige Stadtgebiet (außer Travemünde, damit dort die Kurabgabe weiterhin erhoben werden könnte) bezieht, wäre unzulässig. Die im Beirat LTM erörterte weitere Abgabe mit dem Ziel der Unterstützung der Lübecker Kirchen und zur kostenfreien Nutzung des ÖPNV durch Besucher kann nach den obigen Regelungen des KAG nicht mit einer solchen Begründung erhoben werden. Um Übernachtungsgäste an kommunalen Aufwendungen zu beteiligen bietet das KAG die Möglichkeiten der Kurabgabe und der Übernachtungssteuer. Bei deren Erhebung würden die Erträge dem allgemeinen Haushalt zu Gute kommen, wiederum aber die Hansestadt Lübeck in die Lage versetzen, sich finanziell z.B. in Projekten wie ÖPNV-Förderung oder Erhalt der Kirchtürme zu engagieren. Die steuerlichen Folgen bei Aufhebung der Kurabgabe wären noch konkret zu berechnen.
Als mögliche Alternative könnte die Tourismusabgabe gesehen werden. Diese dürfte rechtlich parallel zu der Kurabgabe erhoben werden. Die Tourismusabgabe ist aber rechtlich umstritten, und es besteht ein hohes Prozessrisiko. So hat das VG Schleswig auch in diesem Jahr eine Tourismusabgabensatzung als unwirksam angesehen, weil darin die Gewinn- und Vorteilssätze nicht rechtskonform festgesetzt und damit gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit und das Vorteilsprinzip verstoßen worden sei (Urteil vom 05.12.2023 - 4 A 59/21; vgl. auch Schleswig-Holsteinisches OVG, Urteil vom 14.09.2017 - 2 KN 3/15; Beschluss vom 17.04.2023 – 2 MB 19/22; Beschluss vom 09.09.2021 – 5 LA 1/21; VG Schleswig, Beschluss vom 12.09.2022 – 4 B 26/22 Beschluss Niedersächsisches OVG, Urteil vom 18.06.2020 - 9 KN 90/18). Zudem bedeutet sowohl die Einführung, als auch die stetige Umsetzung einen sehr hohen Verwaltungsaufwand. Diese beitragsähnliche Abgabe würde von Personen und Personenvereinigungen im Lübecker Stadtgebiet gezahlt werden, denen aus dem Tourismus ein Vorteil entsteht, also vorwiegend Lübecker Betrieben. Hierzu müsste der Vorteilssatz festgelegt werden. Zudem müsste das Lübecker Stadtgebiet zoniert werden, da nicht alle Bereiche der Stadt gleich stark vom Tourismus profitieren.
Abgabefähig wären anteilig die Kosten der bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen sowie die anteiligen Kosten der Tourismuswerbung. Die Einnahmen aus der Tourismusabgabe können aber auch nur für diese Zwecke verwendet werden. Eine aus dem Jahr 2016 vorliegende Kalkulation hat ergeben, dass Aufwendungen von ca. 3,8 Mio EUR gedeckt werden könnten. Grundsätzlich könnte man die Kurabgabe und die Tourismusabgabe nebeneinander erheben, jedoch besteht eine Deckungskonkurrenz, da selbstverständlich Aufwendungen nur jeweils einmalig in einer der beiden Abgaben zu berücksichtigen wären.
In Anbetracht der rechtlich durchaus umstrittenen Abgabe und des hohen Verwaltungsaufwandes wäre diese Abgabe nicht zu favorisieren. Die Lübecker Bürgerschaft hatte am 29.09.2016 die Einführung einer Tourismusabgabe abgelehnt – VO/2016/04202.
Im Ergebnis bleibt es abzuwägen, ob erwartbare Mehreinnahmen durch eine Übernachtungssteuer überwiegen gegenüber einem erhöhten Aufwand bei der Erhebung der Strandbenutzungsgebühr sowie einem möglichen Austritt aus dem Verbund der ostseecard. Um diese wichtige offene Frage zu klären wird vorgeschlagen, der Ostsee-Tourismus Service GmbH in der nächsten Gesellschafterversammlung durch den städtischen Gesellschaftervertreter diese Frage vorzulegen, um eine verbindliche Aussage zu erhalten, ob bei Einführung einer Übernachtungssteuer für das Lübecker Stadtgebiet die Ausgabe der ostseecard dadurch gefährdet wäre, bzw. was zu regeln wäre, um seitens der Hansestadt Lübeck auch bei Erhebung einer Übernachtungssteuer parallel am Verbund der ostseecard mitwirken zu können.