Vorlage - VO/2024/13328  

Betreff: Bericht zum Modellprojekt "Sozialräumliche Jugendhilfeplanung im Stadtbezirk Holstentor-Nord"
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Monika Frank
Federführend:4.041 - Fachbereichs-Dienste Bearbeiter/-in: Drescher, Thorsten
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Jugendhilfeausschuss zur Kenntnisnahme
06.06.2024 
7. Sitzung des Jugendhilfeausschusses (Wahlperiode 2023 - 2028) zurückgestellt   
04.07.2024 
8. Sitzung des Jugendhilfeausschusses (Wahlperiode 2023 - 2028)      

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anlage 1 - Bericht SRO JHP Holstentor-Nord
Anlage 2 - Empfehlungen zum Prozess durch die wissenschaftliche Begleitung_TD_LS

Beschlussvorschlag


Der Jugendhilfeausschuss nimmt den vorliegenden Bericht zum Modellprojekt „Sozialräumliche Jugendhilfeplanung im Stadtbezirk Holstentor-Nord“ zur Kenntnis.

 

 


 


Begründung

 

 

 

Hintergrund

Im Anschluss an die Jugendhilfeplanung zur Jugendarbeit (VO/2019/07824) wurde die Hansestadt Lübeck beauftragt ein Modellprojekt zur „Sozialräumlichen Jugendhilfeplanung im Stadtbezirk Holstentor-Nord“ durchzuführen (VO/2021/10146). Zielgruppe waren Kinder und Jugendliche zwischen 6 und unter 21 Jahren sowie ihre Familien. Im Rahmen des Projektes fand eine beteiligungsorientierte Bestands- und Bedarfsanalyse statt, auf deren Basis Empfehlungen für die bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Angebote für junge Menschen und ihre Familien im Bezirk erarbeitet wurden.

 

Die Ziele der vorliegenden Jugendhilfeplanung waren die Bestands- und Bedarfsermittlung im Stadtbezirk Holstentor-Nord sowie die Erarbeitung von geeigneten Maßnahmen zur deren Befriedigung. Die Ergebnisse werden weiter unten sowie ausführlich im Anhang erläutert.

 

Gegenstand des Modellprojekts war nicht die Bewertung, Abwägung und/oder Priorisierung der erarbeiteten Maßnahmen im Kontext anderer Leistungen und Angebote, die durch die Hansestadt Lübeck gefördert werden. Aufgrund der gegenwärtigen Haushaltslage, die maßgeblich durch kurzfristig entfallende Landeszuschüsse geprägt ist, werden die aufgeführten Leistungen nicht als zusätzliche Maßnahmen geordnet, sondern als Empfehlungen der Jugendhilfeplanung dem Jugendhilfeausschuss zur Diskussion vorgelegt.

 

 

Kernbefunde

Der Stadtbezirk Holstentor-Nord zeichnet sich durch eine überdurchschnittliche sozialstrukturelle Belastung und durch eine familienunfreundliche räumliche Struktur aus. Darüber hinaus gibt es nur wenige offene oder begleitete Angebote für junge Menschen und ihre Familien. Gleichzeitig hat das Projekt gezeigt, dass der Planungsraum nur bedingt den lebensweltlichen Realitäten der Familien und Fachkräfte vor Ort entspricht: Die Fackenburger Allee trennt den Planungsraum in das Broling-Quartier und das Holstentor-Quartier. In letzterem hat sich rund um zivilgesellschaftliches Engagement ein Netzwerk von Fachkräften, die mit jungen Menschen und ihren Familien arbeiten, gebildet. Im Broling-Quartier ist das Quartiersmanagement eine bedeutende Ressource, aber aufgrund der Personalausstattung und konzeptionellen Ausrichtung richtet sich das Angebot nur bedingt an junge Menschen und ihre Familien.

 

Die unterschiedlichen Beteiligungsformate zeigten, dass es im Stadtbezirk Holstentor-Nord an (Frei-)Räumen und altersgerechten Aufenthalts- und Bewegungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche fehlt. Im Holstentor-Quartier werden die Angebote des Jugendzentrums „Der Laden“ zwar sehr gut angenommen, allerdings von einer eher jüngeren Zielgruppe, was u.a. durch die Nähe zum Grundschulstandort erklärt werden kann. Die Beteiligung zeigte in Folge dessen, dass Jugendliche Lösungen für fehlende jugendgerechte Räume finden (u.a. Lebensmitteleinzelhändler, Spielplätze, Fast-Food-Restaurants, unbeobachtete Orte), die aus fachlicher Perspektive unbefriedigend sind. 

 

Im Broling-Quartier finden sich keine offenen Angebote für Kinder und Jugendliche. In den JUZEs in Falkenwerk-Vorwerk oder auf der Innenstadt kommen die jungen Menschen nicht oder nur in geringer Anzahl an. Expert:innen im Quartier berichteten von unbeaufsichtigten Kinder im öffentlichen Raum und Jugendlichen, die sich verlassene Orte suchen, an denen sie geduldet bzw. ignoriert werden. Aus Perspektive der Jugendhilfeplanung besteht hier Interventionsbedarf durch offene und aufsuchende Angebote, um junge Menschen vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen.

 

 

Empfehlungen der Jugendhilfeplanung

Die Jugendhilfeplanung empfiehlt ein Bündel von Maßnahmen, um die Quartiere im Stadtbezirk jugend- und familienfreundlicher zu machen. Außerdem wirken die Empfehlungen darauf hin, Qualität an Schnittstellen und Übergängen sowie von Kooperationen und Vernetzungen zu entwickeln. Dadurch kann die Wirksamkeit bestehender Angebote und Leistungen verbessert werden.

 

  1. 1,0 bis 2,0 Vollzeitstellenäquivalente (VZÄ) für offene sowie mobile Kinder- und Jugendarbeit gem. § 11 SGB VIII mit Schwerpunkt auf das Broling-Quartier. Ein Interessensbekundungsverfahren re zur Vergabe der Leistung durchzuführen.

 

  1. Stärkung der Bewegungs- und Freizeitangebote für junge Menschen auf dem Brolingplatz, z.B. durch die Errichtung einer Sportbox auf dem Brolingplatz.

 

  1. Stärkung der sozialräumlichen Vernetzung und Kooperation im Holstentor-Quartier basierend auf bestehenden Strukturen, z.B. durch die personelle Aufstockung des Nachbarschaftsbüros (NBB) Wisbystraße um 10 Wochenstunden (~0,25 VZÄ) und/oder der Einführung eines Kooperationsbudgets angebunden an das NBB basierend auf der Einwohner:innenanzahl.

 

  1. Prüfung eines Umzugs des Jugendzentrums „Der Laden“ vom Gelände der Gotthard-Kühl-Grundschule innerhalb des Holstentorquartiers und unter Erhalt des sozialräumlichen Bezuges, um Jugendliche besser zu erreichen.

 

  1. Zusätzliche sozialraumorientierte und aufsuchende pädagogischen Arbeit im Holstentor-Quartier, z.B. durch die Ergänzung des Budgetvertrages für das Jugendzentrum „Der Laden“ um 0,5 VZÄ.

Finanzielle Auswirkungen und Hinweise zur Haushaltslage

Im Folgenden werden die Kosten für die oben genannten Maßnahmen aufgeführt.

 

  1. Die Personaldurchschnittskosten für 1,0 VZÄ S8b betragen rund 73.350 Euro p.a.

 

  1. Die investiven Kosten für eine Sportbox belaufen sich auf ca. 20.000 Euro. Die laufenden Kosten liegen bei rund 2.400 Euro p.a.

 

  1. r 1,0 VZÄ S12 fallen Personaldurchschnittskosten von ungefähr 83.124 Euro p.a. an. Dies entspricht 20.781 Euro p.a. für den empfohlenen Stellenumfang. Als Kooperationsbudget wird zunächst ein Betrag von 2 Euro pro jungem Mensch unter 21 Jahre empfohlen (hier: rund 3.600 Euro p.a.).

 

  1. Die Maßnahme ist prinzipiell kostenneutral. Sachkosten können u.a. aufgrund des Umzugs, der Ausstattung sowie geänderte Mietpreise entstehen.

 

  1. Siehe 1. Für 0,5 VZÄ betragen die Personaldurchschnittskosten S8b rund 36.675 Euro p.a.

 

Auch wenn die im Bericht aufgezeigten Maßnahmen als fachlich sinnvoll angesehen werden und zur Erreichung strategischer Ziele der Hansestadt Lübeck beitragen, lässt die gegenwärtige Haushaltslage der Hansestadt Lübeck eine Ausweitung der finanziellen Mittel zur Umsetzung nicht gesetzlich vorgeschriebener Maßnahmen nicht zu. Die Kommunalaufsicht hat in der Haushaltsgenehmigung 2024 formuliert, dass es in der gegenwärtigen Situation gilt, „die Unsicherheiten in der wirtschaftlichen Entwicklung und in den Inflationstendenzen mit ihren Folgen im Blick zu behalten. Steigenden Belastungen im Ergebnishaushalt sollte gerade jetzt mit eigenen Konsolidierungsanstrengungen begegnet werden. Für die hierfür notwendigen Beschlüsse sind von Seiten der Verwaltungen sowohl bezogen auf die Ergebnis- wie auch die Investitionsplanung geeignete Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung zu stellen“. Neue, zusätzliche Ausgaben würden die Konsolideriungsnotwendigkeit weiter verschärfen.
 


Anlagen

Anlage 1 Bericht zum Modellprojekt „Sozialräumliche Jugendhilfeplanung im Stadtbezirk Holstentor-Nord“

Anlage 2 Bewertung des Modellprojekts durch die wissenschaftlichen Begleitung der Johann Daniel Lawaetz-Stiftung
 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Anlage 1 - Bericht SRO JHP Holstentor-Nord (2103 KB)    
Anlage 2 2 öffentlich Anlage 2 - Empfehlungen zum Prozess durch die wissenschaftliche Begleitung_TD_LS (222 KB)    
Stammbaum:
VO/2024/13328   Bericht zum Modellprojekt "Sozialräumliche Jugendhilfeplanung im Stadtbezirk Holstentor-Nord"   4.041 - Fachbereichs-Dienste   Bericht öffentlich
VO/2024/13328-01   Antrag des AM Judith Bach (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN) zu VO/2024/13328: Bericht zum Modellprojekt "Sozialräumliche Jugendhilfeplanung im Stadtbezirk Holstentor-Nord"   Geschäftsstelle der Fraktion BÜ90 DIE GRÜNEN   Antrag eines Ausschussmitgliedes