Der „NordOstLink“ wird errichtet, um den Strom, der in Nordsee durch Windenergie gewonnenen wird, von der Westküste im Bereich Heide in Richtung Klein Rogahn in Mecklenburg-Vorpommern zu leiten. Die Grobtrasse durchquert in ihrem Verlauf auch das Stadtgebiet der Hansestadt Lübeck im Süden, leicht nördlich von Krummesse. Die Grobtrasse hat in der Prüfphase eine vorläufige Breite von rd. 100 m.
- Technische Rahmenbedingungen
Das 525 kV Erdkabel wird im Bereich von Lübeck mit zwei Systemen mit jeweils drei Erdkabeln geplant. Im Vergleich zu Drehstromverbindungen (bspw. Elbe-Lübeck-Leitung) werden Gleichstromverbindungen, dem Stand der Technik entsprechend, als Erdkabel und nicht als Freileitung erstellt. Zur Errichtung wird im Regelfall eine offene Bauweise gewählt.
Bei dieser Bauweise werden Gräben ausgehoben, um die Kabel in einer Tiefe von rd. 1,5 m zu verlegen. Der Baubereich hat während der Bauphase eine Breite von rd. 60 m inkl. Baustraße und Erdaushub. Nach Abschluss der Bauphase besteht ein Schutzstreifen von rd. 25 m, der nach der Fertigstellung wieder landwirtschaftlich genutzt werden kann. Erstaufforstungen oder Siedlungsflächenentwicklungen sind innerhalb des Schutzstreifens ausgeschlossen. Gleichstromerdkabel können sich im Betrieb auf bis zu 60 Grad erwärmen, weswegen in Abhängigkeit vom jeweils betroffenen Biotop sich Auswirkungen auf sensiblere Ökosystem ergeben können (bspw. Moore).
Abb. 1: Offene Bauweise (Quelle: Tennet TSO GmBH/50 Hertz GmbH)
Größere Gewässer oder sonstige Barrieren (bspw. Bundesautobahnen) werden im Regelfall in geschlossener Bauweise auf einer Tiefe von max. 50 m unterquert. Der Eingriff bei diesem zeit- und kostenintensiveren Verfahren ist geringer, da ausschließlich am Start- und Zielpunkt einer solchen Strecke Flächen für die Baustelleneinrichtung benötigt werden. Die maximale Strecke für eine geschlossene Bauweise ist laut Aussage des Vorhabenträgers auf 1,0 km begrenzt, da dies die maximale Kabellänge darstellt, die auf deutschen Straßen transportiert werden kann.
- Trassenverlauf auf dem Stadtgebiet der HL und in der Region
Die Grobtrasse trifft leicht nördlich von Rothausen (Ortsteil von Groß Schenkenberg) auf das Stadtgebiet der Hansestadt Lübeck und geht südlich am Ortsteil Kronsforde vorbei. Nach der Querung des Elbe-Lübeck-Kanals verläuft die Trasse nördlich vom Ortsteil Krummesse. Daraufhin verlässt die Trasse für einen kurzen Abschnitt das Stadtgebiet der Hansestadt Lübeck und quert das Krummesser Moor auf dem Gebiet des Herzogtums Lauenburg. Nachdem die Trasse wieder auf Stadtgebiet trifft, wird der Ortsteil Beidendorf im Osten umfahren, verläuft parallel zur A20 und verlässt das Stadtgebiet.
In den anschließenden Bereichen der Grönau Niederung und des Klempauer Moores sowie der darauffolgenden Wakenitzniederung teilt sich die Grobtrasse auf, da aufgrund der besonderen naturschutzfachlichen und geologischen Gegebenheiten alternative Trassenverläufe untersucht werden. Diese Bereiche liegen jedoch bereits außerhalb des Stadtgebietes der Hansestadt Lübeck.
Abb. 2: Grobtrasse Raum Lübeck (Quelle: Tennet TSO GmBH/50 Hertz GmbH)
- Konfliktpunkte auf dem Stadtgebiet
Nach der vorläufigen Prüfung durch die zuständigen Fachbehörden sind folgende Konfliktpunkt in Bezug auf die Grobtrassierung identifiziert worden:
Abb. 3: Grobtrasse Stadtgebiet Lübeck – Konflikte (Quelle: eigene Darstellung
3.1. Krummesser Moor
Die von der 50 Hertz GmbH vorgelegte Grobtrasse durchquert das Krummesser Moor auf einer Länge von rd. 1,5 km. Dieser Bereich gehört zwar zum Gebiet des Herzogtums Lauenburg, aber Teile des Krummesser Moors liegen auch auf dem Stadtgebiet der Hansestadt Lübeck.
Hinweise Untere Naturschutzbehörde und untere Bodenschutzbehörde:
Das Krummesser Moor stellt eines der größten entwässerten Niedermoore im Raum Lübeck dar. Entwässerte Moore sind eine Quelle von Treibhausgasen, weswegen die Hansestadt Lübeck seit Jahren gemeinsam mit dem Herzogtum Lauenburg daran arbeitet, die wichtige Speicherfunktion für Kohlenstoff zu erhalten und zu verbessern. Der Schutz und die Entwicklung von Moore sind daher auch als essentieller Baustein im Masterplan Klimaschutz verankert. Die weitergehende Vernässung des Krummesser Moors ist eines der Leuchtturmprojekte zum Klimaschutz in der Hansestadt Lübeck. Die Planungen und Maßnahmen zur Erhöhung des Wasserstandes im Krummesser Moor reichen bereits gut 20 Jahre zurück.
Eine Querung des Krummesser Moores in offener Bauweise würde aufgrund der hohen Drainagewirkung erhebliche Auswirkungen auf das Ökosystem nach sich ziehen und dem biologischen Klimaschutz konterkarieren. Durch die Zerschneidung des Moorkörpers würde der Wasserabfluss erhöht und die bisherigen Bestrebungen zur Wiedervernässung gefährdet. Zudem würde sich die Erwärmung beim Betrieb des Erdkabels negativ auf das Ökosystem auswirken.
Eine Querung in offener Bauweise wäre auch aus bautechnischer Sicht schwierig, da es sich vorwiegend um (teils.) entwässerte Torfböden mit einem sehr hohen organischen Materialanteil handelt. Organische Böden, wie Torfböden, sind als Baugrund ungeeignet, da mit Setzungen zu rechnen ist. Dies gilt sowohl für die temporären Baustraßen während der Bauphase als auch für die späteren Erdkabel. Eine abschließende Beurteilung zur technischen Umsetzbarkeit ist jedoch erst nach einer eingehenden Baugrunduntersuchung möglich.
Daher ist eine Querung des Krummesser Moores in offener Bauweise aus Sicht der unteren Naturschutzbehörde und der unteren Bodenbehörde abzulehnen.
Hinweise Obere Denkmalschutzbehörde – Abt. Archäologie:
Das Krummesser Moor ist bisher noch eine archäologische terra incognita. Zur generellen Bedeutung von Moorflächen eine kurze Darstellung vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege: “Für die Archäologie sind Moore dennoch eine äußerst wichtige Quelle. Hier fanden ganz verschiedene Aktivitäten abseits des täglichen Lebens statt. Vor allem finden sich hier Objekte und Materialien, die unter normalen Umständen keine Chance auf Erhaltung haben. Denn Moore zeichnen sich wegen ihres wassergesättigten und oftmals sauren Milieus durch eine meist hervorragende Erhaltung organischer Substanzen aus. Ihr Fundspektrum ist vielfältig. Es umfasst Wege, in einigen Fällen samt zugehöriger Rad- und Wagenbruchstücke, einige nahe an Seeufern oder Fließgewässern angelegte Siedlungs- und Lagerplätze, Einbäume, verloren gegangene oder im Moor deponierte Gegenstände, hölzerne Kultfiguren und mit den Moorleichen sogar menschliche Überreste. Das Alter einiger Funde reicht 10.000 Jahre zurück“ (Quelle: Dr. Bauerochse, Paläoökologe beim Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege).
Daher ist auch aus archäologischer Sicht eine Durchquerung des Moores in offener Bauweise abzulehnen, insbesondere, da die Untersuchungen sehr zeit- und kostenintensiv wären.
Lösungsansätze/Standpunkt HL Krummesser Moor:
Das Krummesser Moor grenzt im Norden an die Waldfläche Scheidebusch und im Süd-Westen an den Siedlungskörper von Krummesse. Aufgrund dieser Engstelle sind kleinräumige Alternativrouten in offenere Bauweise nur bedingt umsetzbar. Die Durchquerung der Waldfläche Scheidebruch ist abzulehnen.
Eine geschlossene Bauweise könnte ggfs. eine verträglichere Alternative zur Querung des Moores darstellen und die Konflikte minimieren. Es ist jedoch fraglich, ob eine geschlossene Bauweise überhaupt technisch umsetzbar wäre, da der zu querende Abschnitt im Bereich des Krummesser Moores inkl. Niemarker Landgraben mehr als 1 km beträgt. Trotz der technischen Herausforderung fordert die Hansestadt Lübeck vom Vorhabenträger die Machbarkeit einer Querung des Krummesser Moores in geschlossener Bauweise als eine Option eingehend zu prüfen.
3.2. PV Freiflächen Anlage im Bereich von Beidendorf
In den Bereichen nördlich von Beidendorf und zwischen der A20 und der Ortslage plant ein Investor die Errichtung einer PV-Anlage. Im Bauausschuss wurde am 15.01.2024 über das Vorhaben berichtet. Die Grobtrasse des NordOstLinks durchquert das vorläufige Plangebiet im Randbereich zur Ortslage von Beidendorf.
Lösungsansätze/Standpunkt HL PV-Anlage Beidendorf:
Die Planungen für die PV Freiflächen Anlage befinden sich noch am Anfang und es wurde noch kein Bauleitplanverfahren eingeleitet. Somit liegt noch kein verfestigter Planungsstand vor. Wenn der „NordOstLink“ auf der Fläche der PV Freiflächen Anlage verläuft, müsste ein Schutzbereich von mindestens rd. 25 m freigehalten werden. Die Planungen sind daher frühzeitig aufeinander abzustimmen, um Konflikte zu minimieren.
3.3. Private Waldfläche im Bereich Beidendorf
Im Bereich zwischen der Autobahn A20 und dem Ortsteil Beidendorf geht die Grobtrasse kurz vor der Stadtgrenze durch eine Waldfläche im privaten Eigentum. Eine Querung dieser Waldfläche in offenere Bauweise würde eine Waldschneise von bis zu 60 m einschließlich umfangreicher Baumfällungen bedeuten, welche für die Bauphase benötig wird. Nach Abschluss der Bauarbeiten könnten die Waldflächen bis auf den Schutzbereich von 25 m wieder aufgeforstet werden.
Lösungsansätze/Standpunkt HL Waldfläche Beidendorf:
Da es sich um eine Engstelle zwischen Beidendorf und der A20 handelt, sind alternative Trassenverläufe in offener Bauweise nur bedingt umsetzbar. Daher fordert die Hansestadt Lübeck den Vorhabenträger auf, den Einsatz einer geschlossenen Bauweise zu prüfen, um den Verlust von Waldflächen auf dem Stadtgebiet zu verhindern.
3.4. Außerhalb des Stadtgebietes: Klempauer Moor und Grönau Niederung
Östlich der Stadtgrenze auf dem Gebiet des Herzogtum Lauenburgs werden seitens des Vorhabenträgers alternative Trassenverläufe im Bereich des Klempauer Moors und der Grönau Niederung geprüft.
Da diese Bereiche weitestgehend außerhalb des Stadtgebietes liegen und somit nicht in die Zuständigkeit der Hansestadt Lübeck fallen, sind Aussagen zu kleinräumigen Alternativtrassen und technischen Lösung nicht möglich.
- Großräumige Alternativtrasse zum Schutz der Moore
Aus Sicht der Hansestadt Lübeck sind vom Vorhabenträger alternative Trassenverläufe zu untersuchen, welche die Moorgebiete im Raum Lübeck umgehen, wenn keine technischen Lösungen gefunden werden, die die Auswirkungen auf die Moorgebiete minimieren. Zudem ist es zwingend zu vermeiden, dass weitere Waldflächen, insbesondere der Kannenbruch und der Scheidebusch, in den Verlauf der Trasse aufgenommen werden. Eine Aufnahme von zusätzlichen Waldflächen wird grundsätzlich abgelehnt.
Der exakte Verlauf einer möglichen Alternativtrasse müsste vom Vorhabenträger in enger Abstimmung mit der Hansestadt Lübeck, dem Kreis Herzogtum Lauenburg und den betroffenen Gemeinden erarbeitet werden.