Inhaltliche Erläuterung:
Die UNESCO hat die „Hansestadt Lübeck“ aufgrund ihrer außergewöhnlichen universellen Bedeutung 1987 als Welterbe anerkannt. Die Silhouette des UNESCO Welterbes ist wesentlicher Bestandteil des sogenannten OUV (outstanding universal value), der maßgeblich zur Anerkennung des Welterbestatus geführt hat. Die Sichtachsen („Stadtsilhouette“) stellen somit ein Hauptattribut des Welterbes dar. Aufgrund der besonderen topographischen Lage auf dem Endmoränenrücken des Lübecker Beckens sind die ggf. betroffenen Sichtachsen von besonderer Bedeutung. Insbesondere die Blicke aus dem Westen und Südwesten gehören zu den eindrucksvollsten Ansichten auf die Lübecker Altstadt, da alle sieben Türme eine auf dem Altstadthügel ablesbare Silhouette bilden.
Im aktuellen (Beteiligungs-)Verfahren zum Netzentwicklungsplans und der damit verbundenen Umweltverträglichkeitsprüfung wird im Untersuchungsrahmen des Umweltberichts trotz direkter Betroffenheit das Lübecker Welterbe nicht benannt.
Vor diesem Hintergrund und aufgrund der neuen aktuellen Gesetzeslage sieht das Ministerium „Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur, Referat Kulturelles Erbe“ die Nachweispflicht bei der Hansestadt Lübeck, ob eine Gefährdung des Welterbes gegeben ist, da es im Zuge des weiteren Verfahrens seitens des Netzbetreibers keine weiteren Untersuchungen geben wird.
Es wird daher ein dringender Handlungsbedarf gesehen und durch die Hansestadt Lübeck eine Kulturverträglichkeitsprüfung (KVP) zeitnah in Auftrag gegeben.
Nach § 13 Abs. 2 DSchG SH kann eine Genehmigung für ein Vorhaben „versagt werden, soweit dies zum Schutz der Denkmale erforderlich ist. Sie ist zu erteilen, wenn […] der Status als Welterbestätte nicht gefährdet ist […]“- dies ist in der KVP zu prüfen und an das Ministerium weiterzugeben, sollte im Ergebnis ein erhebliches Gefährdungspotential für die Welterbestätte gesehen werden.
Unterstützt wird die Nachweispflicht zur Gefährdung des Welterbes durch eine offizielle Stellungnahme der für Lübeck zuständigen ICOMOS Monitore:
„[...] die vorgestellte Vorzugsmaßnahme für die 380 kV Elbe-Lübeck Leitung betrifft mehrere Sichtachsen und erreicht eine Größe, nach der eine Kulturerbe-Verträglichkeitsprüfung (KVP) durchgeführt werden muss (Durchführungsrichtlinien der Welterbekonvention – 2023 - § 110, 112, 118 bis und 172). Eine frühzeitige Meldung der Maßnahmen entsprechend § 172 der Durchführungsrichtlinien der Welterbekonvention ist bei der Feststellung einer potenziellen Beeinträchtigung des Außergewöhnlichen Universellen Wert (OUV) an das UNESCO-Welterbezentrum notwendig.
Die Bewertungen sind auf der Basis der Vorgaben für Kulturerbe-Verträglichkeitsprüfungen von ICOMOS International durchzuführen (2022). Grundlegend für die Bewertungen im KVP-Verfahren sind das Konzept des außergewöhnlichen universellen Werts der Welterbestätte. Der OUV wurde zum Zeitpunkt der Eintragung vom Welterbekomitee festgelegt, und seit 2007 wird der OUV in einer Erklärung zum außergewöhnlichen universellen Wert zusammengefasst. Demnach spiegelt der OUV die Auffassung zum Zeitpunkt der Eintragung wider und ist nicht verhandelbar.
Bewertungen sind mit dem Ampelsystem auf Basis der Attributkartierung (Lübeck 2023) für das Welterbe durchzuführen, Mitigationsmaßnahmen sind anzuführen.
Die Haltung Lübecks ist zu unterstützen, dass hier
• eine Kulturerbe-Verträglichkeitsprüfung nach den Vorgaben der UNESCO/ ICOMOS (Prüfung des Wider setting) zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“ durchzuführen ist.
• eine Berücksichtigung der bestehenden Denkmäler (Kulturdenkmäler und Schutzzonen) stattfinden soll.
• und ein Fachdialog mit der Denkmalpflege (inkl. Fachöffentlichkeit) stattfinden muss.
Aus den Unterlagen konnte auch nicht klar argumentativ abgelesen werden, wieso andere Varianten, die eine wesentlich bessere Lösung für das Welterbe darstellen (Korridor nahe Bad Oldesloe), nicht weiter berücksichtigt wurden.“
Gegenwärtig findet zudem ein sogenanntes (kleines) Screening und Scoping des Vorhabens statt. Dieses wird über das Auswärtige Amt an die UNESCO gem. den gängigen Regularien vorab zur Kenntnis weitergeleitet.