zu Beschlusspunkt 1:
Aus dem Gutachten geht eine kleinräumige Bedarfsprognose hervor, die auf Ebene der Verkehrszellen die in den Zeiträumen 2025, 2030 und 2040 zu erwartenden Bedarfe nach Ladeinfrastruktur verortet. Es handelt sich hierbei um öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur, die sowohl im öffentlichen Straßenraum oder auf Flächen, die sich im Eigentum der Hansestadt Lübeck befinden, als auch durch Dritte auf Privatgrundstücken (zum Beispiel E-Tankstellen, Supermarktparkplätze) umgesetzt werden können.
In Tabelle 1 wird der Bestand und der Bedarf, der gemäß der Prognose (medium Szenario) an öffentlich zugänglichen Ladepunkten (LP) in Lübeck besteht, differenziert nach den Lade-Use-Cases Straßenraum, Kundenparkplätze und Lade-Hubs übersichtlich dargestellt. Im Jahr 2025 besteht demnach ein Bedarf an 294 LP bzw. 147 Ladestationen auf öffentlichen Verkehrsflächen, 156 LP auf Kundenparkplätzen und 2 LP an Lade-Hubs, um den voraussichtlichen Ladebedarf in Lübeck rein rechnerisch zu decken. Eine Ladestation hat üblicherweise zwei Ladepunkte. Mit dem Hochlauf der Elektromobilität steigt auch der Gesamtbedarf an öffentlich zugänglichen Ladepunkten in Lübeck an. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, einen Gesamtbedarf von 452 LP (2025), 799 LP (2030) und 1468 LP (2040) in Lübeck. Der Bedarfsprognose, die dem Ladeinfrastrukturkonzept zugrunde liegt, sollten ca. 2/3 der öffentlich zugänglichen Ladepunkte im Straßenraum errichtet werden.
| 2022 | 2025 | 2030 | 2040 |
Straßenraum (≤ 22 kW) | 18 LP | 294 LP | 488 LP | 897 LP |
Kundenparkplätze (≤ 22 kW) | 126 LP | 156 LP | 280 LP | 513 LP |
Lade-Hubs (≥ 150 kW) | 16 LP | 2 LP | 31 LP | 58 LP |
Gesamt | 160 LP | 452 LP | 799 LP | 1468 LP |
Tabelle 1. Bestand und Bedarf an öffentlich zugänglichen Ladepunkten (LP) nach Lade-Use-Case (medium Szenario).
Derzeit führt die Hansestadt ein Vergabeverfahren durch (siehe VO/2023/12665), um in den nächsten Jahren sowohl bedarfsgerecht als auch entsprechend der politischen Beschlusslage (VO/2020/09044, VO/2021/10329-01-01 und VO/2022/10980-06) den Ausbau der Ladeinfrastruktur proaktiv umzusetzen. Bei der Wahl der Standorte stehen besonders die gemäß Prognose identifizierten prioritären Standorte im Fokus, aber es soll auch eine flächendeckende Versorgung angestrebt werden. Dabei sollen Abstimmungen mit privaten Vorhabenträgern vorgenommen werden, damit sich private und öffentliche Investitionen ergänzen.
Öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur wird bislang nicht in jedem Stadtteil betrieben. Mit dem Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur kann ein Beitrag zu einem flächendeckenderen Netz geleistet und der sog. Reichweitenangst begegnet werden. Der Markthochlauf der Elektromobilität und der Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur bedingen sich gegenseitig, daher soll darauf geachtet werden, dass bereits frühzeitig in jedem Stadtteil öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur bereitgestellt wird.
zu Beschlusspunkt 2:
Der öffentliche Raum in Lübeck wird sich an vielen Stellen der Stadt verändern. Städtebauliche Aufwertungsmaßnahmen (zum Beispiel. Beckergrube) oder Maßnahmen der Verkehrswende (zum Beispiel Radschnellweg Ratzeburger Allee) führen dazu, dass der öffentliche Raum neu aufgeteilt wird. Daher soll die zusätzliche, durch die Hansestadt Lübeck zu errichtende Ladeinfrastruktur nur dort umgesetzt werden, wo mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass in den nächsten mindestens zehn Jahren keine wesentliche Umgestaltung zu erwarten ist.
Im öffentlichen Straßenraum ist die Errichtung von Ladestationen straßenbegleitend in der Regel konfliktreicher als auf großen Parkierungsanlagen, die öffentlich zugänglich sind. An den öffentlichen Straßenraum, der räumlich begrenzt ist, bestehen unterschiedliche Nutzungsansprüche. Außerdem haben sich die Anforderungen, die an den öffentlichen Straßenraum gerichtet werden, verändert. Im Allgemeinen bedarf es im öffentlichen Straßenraum bspw. Klimaanpassungsmaßnahmen (zum Beispiel Entsiegelung von Flächen) vor dem Hintergrund des Klimawandels, Liefer- und Ladezonen aufgrund zunehmender Zustellverkehre, Flächen für neue Mobilitätsangebote (zum Beispiel Carsharing, Bikesharing, E-Scooter-Sharing), Abstellflächen für Lastenfahrräder, öffentlich zugänglicher Ladestationen für Elektrofahrzeuge im Zuge der Antriebswende und barrierefreier Gehwege. Im öffentlichen Straßenraum sollten Ladestationen vorrangig auf Verkehrsflächen, die für den ruhenden Kfz-Verkehr bestimmt sind, errichtet werden, um den Umweltverbund und andere Anforderungen, die an den öffentlichen Straßenraum bestehen, nicht zu beeinträchtigen. Elektrofahrzeuge im Sinne von § 2 des Elektromobilitätsgesetzes vom 5. Juni 2015 (BGBl. I S. 898) sind Kraftfahrzeuge, deren Nutzung als motorisierter Individualverkehr (MIV) bezeichnet wird.
Eine besondere Herausforderung stellen aus Sicht der Stadtplanung verdichtete Quartiere – hier insbesondere die Gründerzeitquartiere – dar. Hier gibt es einen hohen Bedarf an Ladeinfrastruktur, aber so gut wie keine privaten Grundstücksflächen, die für den Ladevorgang genutzt werden können. Der öffentliche Straßenraum ist ebenfalls sehr begrenzt und wird sehr stark durch den ruhenden Kfz-Verkehr in Anspruch genommen. Allerdings erfolgt dies eher ungeordnet, teils aufgeschultert auf dem Gehweg und häufig auch nicht regelkonform. Aus Sicht des Bereichs Stadtplanung und Bauordnung sollte in diesen Bereichen im städtebaulichen Status Quo daher keine Ladeinfrastruktur errichtet werden – weder reguläre Ladesäulen, noch neuere Ansätze wie Laternenladen oder Bordsteinladen. Nur im Rahmen einer umfassenden Umgestaltung des öffentlichen Straßenraumes in diesen Quartieren wäre die Platzierung von Ladestationen sinnvoll. Da dies sehr aufwändig wäre und in der Regel mit einem deutlichen Verlust an Parkmöglichkeiten einherginge, wird dieser Ansatz als nicht realistisch angesehen. Das Laden vor der eigenen Haustür ist somit hier meist nicht möglich. Es bleibt daher nur die Möglichkeit für Bewohnende dieser Quartiere, ihr Elektrofahrzeug für den Ladevorgang zu bewegen – zum Beispiel zu regulären E-Tankstellen oder zu öffentlich zugänglichen Stellplatzanlagen in der Nähe. Für letztere werden durch die Verwaltung Standorte identifiziert und gemäß Beschlusspunkt 1 entwickelt.
zu Beschlusspunkt 3:
Mit der VO/2022/10980-01 hat der Bauausschuss am 20.06.2022 die aktuell in Lübeck gültige Beschilderung beschlossen: Durch das Zeichen 314 „Parken“ mit dem Zusatzzeichen 1010-66 „EmoG“ (Pkw mit Stecker) und dem Zusatzzeichen 1053-54 „während des Ladevorgangs“ sind die Stellflächen neben den Ladepunkten ausschließlich für Fahrzeuge mit Elektroantrieb und einem Kennzeichen mit im Anschluss an die Nummernkombination eingeprägtem „E“ während des Ladevorgangs zu nutzen. Zusätzlich ist die Nutzung der Stellflächen durch die Zusatzzeichen 1040-32 „Parkscheibe“ mit 2 Std. + Zusatzzeichen 1040-31 Zeitangabe von „08.00 Uhr bis 24.00 Uhr“ zeitlichen beschränkt.
Die Ladeleistung der Ladestation beeinflusst maßgeblich die Ladedauer eines Elektrofahrzeuges, weshalb bei der Beschilderung der zulässigen Parkdauer zwischen Ladestationen mit Normalladepunkten und Ladestationen mit Schnellladepunkten unterschieden werden sollte. Fahrzeugseitig ist die Ladeleistung abhängig von der technischen Ausstattung und der Batteriekapazität, die bei neuzugelassenen Elektrofahrzeugen i. d. R. größer ist, weshalb die zulässige Parkdauer an Ladestationen mit Normallladepunkten drei Stunden mit Parkscheibe betragen sollte und an Ladestationen mit Schnellladepunkten weiterhin zwei Stunden mit Parkscheibe betragen kann, um eine relevante Ladedauer zu ermöglichen.
Durch die steigende Verfügbarkeit von öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur verliert die hohe Fluktuation der Nutzenden künftig an Bedeutung und sollte den neuen Gegebenheiten angepasst werden. Besonders Bewohner:innen, die ein Elektrofahrzeug ohne privaten Stellplatz mit Ladestation besitzen, sind darauf angewiesen, das Elektrofahrzeug entweder an öffentlich zugänglichen Ladestationen oder an privaten Ladestationen, z. B. beim Arbeitgeber, zu laden. Das Laden über Nacht sollte mit der Verkürzung des Zeitraums von 08.00 Uhr bis 24.00 Uhr auf 08.00 Uhr bis 20.00 Uhr, zu der die Regelung mit Parkscheibe Anwendung findet, erleichtert werden.