Vorlage - VO/2023/12589
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Beschlussvorschlag
Antwort der Verwaltung zu den Anfragen der Mitglieder des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege Stolzenberg und Stabe sowohl in der Sitzung des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege am 11.09.2023 sowie im Vorfeld per Mail gem. § 16 Geschäftsordnung für die Bürgerschaft der HL:
Anfrage des AM Henning Stabe vom 11.09.2023 zu TOP 3.1.1 Aktueller Stand "Neues Buddenbrookhaus" 2. Sitzung des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege am 11.09.2023
„Wie bereits öffentlich diskutiert, hat der Förderverein Buddenbrookhaus folgenden Vorschlag unterbreitet:
„Im Westteil des Kellers im Haus Mengstraße 6 wurden mehrere Gewölbe zerstört. Dies kann in den 50er Jahren geschehen sein, wo dem Denkmalschutz nur wenig Beachtung geschenkt wurde.
Die Gewölbeabschnitte im Nordteil des Kellers, wo die besagte Treppe ihren Platz finden soll, werden vollständig aus der Decke in Gänze herausgelöst und an die zerstörten Bereiche im Westteil gesetzt. Man hat somit eine Bewahrung des Gewölbes ermöglicht und sogar eine architektonische Bereicherung des gesamten Kellers erreicht.
Hierbei ist sicherzustellen, dass jegliches Teil des Gewölbes bewahrt bzw. an geeigneter Stelle einen neuen Platz findet.“
Ist diese Idee sowohl hinsichtlich des Denkmalschutzes wie auch in seiner technischen Umsetzung grundsätzlich möglich?
Kann diese Prüfung unter Einbeziehung des Landesamtes für Denkmalpflege erfolgen?“
An die Verwaltung per eMail gerichtete Anfrage des AM Detlev Stolzenberg vom 07.09.2023
„Der Förderverein Buddenbrookhaus e.V. hat in einer Pressemitteilung folgenden Vorschlag unterbreitet: ‚Der Förderverein Buddenbrookhaus schlägt in dieser Situation vor, dass die streitenden Interessengruppen das Gewölbeelement des 13. Jahrhunderts in einer gemeinsamen Aktion abtragen, die Teile sichern und für eine gute zukünftige Wiederverwendung eine verbindliche Vereinbarung treffen.‘
In dem Zusammenhang wurde auch diskutiert, ob das Gewölbeelement abgebaut und in den gestörten Gewölbeteilen wieder eingebaut und so das Kellergewölbe rekonstruiert werden könne.
Die vorgenannten Fragestellungen „sollen von der Denkmalschutzbehörde geprüft werden, ob die vorgeschlagene Vorgehendweise denkmalrechtlich genehmigungsfähig wäre“.
Vorbemerkung zur Beantwortung:
Der Bereich Archäologie und Denkmalpflege der HL kann verbindliche Entscheidungen nur in einem konkreten Verwaltungsverfahren treffen, bezogen auf Vorschläge und Überlegungen zu diesem Objekt und den damit verbundenen Anfragen also nur eine erste fachliche und rechtliche Einschätzung zu den gestellten Fragen abgeben.
Abweichend von der Bitte des AM Stabe, das Landesamt für Denkmalpflege einzubeziehen, welches für die Hansestadt Lübeck nicht zuständig ist, weil diese per Landesgesetz selbst die Befugnisse der oberen Denkmalbehörde auf dem Stadtgebiet wahrnimmt, wurde das Ministerium für (s. Anlage 2) als oberste Behörde für das Land Schleswig-Holstein um Stellungnahme gebeten.
Begründung
Zusammenfassende Beantwortung der Anfragen durch die AM Stolzenberg und Stabe
Das Denkmalschutzgesetz Schleswig-Holstein (DSchG-SH) sieht unter §12 „Genehmigungspflichtige Maßnahmen“ u.a. auch in Abs. 1 Satz 2 „die Überführung eines Kulturdenkmals von heimatgeschichtlicher oder die Kulturlandschaft prägender Bedeutung an einen anderen Ort“ vor. Gem. Kommentar (Ch. Wiener, J. F. C. Lund, C. Lund, Denkmalschutzgesetzt des Landes Schleswig-Holstein, Kommentar, 2017) zum DSchG-SH (vgl. 2.2.2. Ortsveränderungen S. 130) zu diesem Satz sieht in der Bezeichnung „Ort“ in diesem Sinne sogar Standortveränderungen innerhalb eines Gebäudes vor (vgl. auch J. N. Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht, Kommentar, 3. Aufl., Stuttgart 2007, § 16 Rnr. 7f). Auch eine Translozierung durch Abbruch und Wiederaufbau kann ausnahmsweise unter diesen Genehmigungstatbestand fallen. Die Denkmaleigenschaft kann daher im Ausnahmefall bei Wahrung der wesentlichen Substanz und geeignetem neuem Standort fortbestehen (vgl. auch W. Eberl, D. Martin, E. J. Greipl, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, Kommentar unter besonderer Berücksichtigung finanz- und steuerlicher Aspekte, 6. Aufl., Stuttgart 2007., Art. 6 Rnr. 14).
Denkmalfachlich ist im vorliegenden Fall ein derartiger Vorgang einer Translozierung positiver zu bewerten als ein Totalverlust der betreffenden Gewölbeteile durch einen vollständigen Abbruch. Die Abt. Denkmalpflege sieht mit einer Versetzung der Gewölbe innerhalb des Hauses Mengstraße 6 oder an einen anderen Ort eine realistische Chance den höheren öffentlichen Belang, der den bisherigen Abbruch in der bestehenden denkmalrechtlichen Genehmigung begründet, zu belegen und eine in Gänze denkmalfachlich begründete Genehmigung zu erstellen. Voraussetzung dafür ist, dass die maßgebliche Substanz der Gewölbeteile erhalten werden kann. Dies schließt einen kompletten kleinteiligen Rückbau in einzelnen Backsteinen und ein erneutes einzelnes Aufmauern dieser im Gebäude oder an einem anderen Standort aus, da durch diesen Vorgang die wesentlichen substanziellen Denkmalwerte unwiederbringlich vernichtet werden. Vielmehr müssen die Bauteile in möglichst wenige, monolithische Blöcke (wie bei der Fassade) zerlegt, versetzt und dann wieder zusammengefügt werden. Dadurch ist die maximale Denkmalsubstanz inkl. aller materiellen Zeitschichten wie Putze etc. in einem verträglichen Maße zu erhalten. Eine spätere Rückführung an den originären Ort ist damit auch nachträglich in der Zukunft wieder möglich. Der Vorgang muss durch eine zuvor durchgeführte restauratorische Sicherung flankiert werden. Zwar wird durch das Versetzten der originäre Standort betroffen sein als auch das zusammenhängende Gefüge gestört, jedoch kann durch den realistisch vorstellbaren Erhalt des größten Teils der Denkmalsubstanz und einem transparenten, didaktisch aufbereiteten sinnvollen Umgang und öffentliche schriftliche, digitale und bauliche Kenntlichmachung des Vorgangs im Keller eine Zustimmung dieser Möglichkeit durch die Abt. Denkmalpflege in Aussicht gestellt werden.
Zur Abfrage der technischen Umsetzung wurde das Büro Wetzel & von Seht (Hamburg) beauftragt, eine Machbarkeit zu prüfen. Die Abnahme in monolithischen Blöcken, wie sie in der technischen Ausführung auch in der Fassadentranslozierung angewendet werden soll, ist auch für ein Gewölbejoch möglich. Hierbei liegt natürlich ein Augenmerk auf der vollständigen Erhaltung aller Mörtel-, Putz- und Farbanhaftungen, so dass der maximale Befundkontext gesichert wird. Die Ausführungen des bei Wetzel & von Seht zuständigen Ingenieurs Herrn Schneider ist als Anlage 1 beigefügt. Das Gewölbefeld muss durch eine räumliche Unterstützung aus Holz/Stahl mit Schalung vollflächig unterbaut werden. Anschließend werden die Anschlagspunkte auf den freien Kappen gesetzt, die Schnitte durchgeführt und dann in vier großen Blöcken entnommen. In wie weit eine Translozierung an einen anderen Ort im oder außerhalb des Gebäudes oder der Einbau in angepasster Form im Keller z.B. am westlichen Joch erfolgen soll, muss letztendlich entschieden werden. Technisch machbar ist jede Variante, ebenso wie eine Rückführung an den originären Ort in unbestimmter Zeit.
Die Ergebnisse der denkmalrechtlichen Bewertung sind im Sinne der Transparenz mit Bitte zur Bewertung als Fachaufsicht an das zuständige Ministerium in Kiel als oberste Denkmalschutzbehörde gesendet worden. Die schriftliche Ausführung der Bewertung ging beim Bereich Archäologie und Denkmalpflege am 20.09.2023 ein und ist als Anlage 2 angefügt. Die Bitte um Bewertung der denkmalfachlichen Bemessung der Abt. Denkmalpflege der Hansestadt Lübeck hält der fachaufsichtlichen Einschätzung durch die oberste Denkmalschutzbehörde stand.
Die Einbeziehung des Landesamtes für Denkmalpflege in Kiel fand auf beratender Ebene statt, da die Behörde nicht für Lübeck zuständig ist und auch keinen baudenkmalrechtlichen Bezug im Umgang mit einer Welterbestätte hat.
Anlagen
Anlage 1: Planzeichnung Gewölbefelder
Anlage 2: Antwortschreiben Ministerium/Oberste Denkmalschutzbehörde
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Anlagen: | |||||
Nr. | Status | Name | |||
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1 | öffentlich | Anlage 1 (555 KB) | ||
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2 | öffentlich | Anlage 2 (221 KB) |