Verschiedene Nachfragen zum Vorhaben Neue Buddenbrookhaus
Fragen aus der Mail von BM Detlef Stolzenberg an den Bürgermeister vom 29.08.2023:
1. Grunddienstbarkeit
Frage: „Zu den Ausführungen zur Verlegung der Ausübungsstelle einer Grunddienstbarkeit entstand die Nachfrage, ob nicht aufgrund der Zustimmung zur Verlegung der Zufahrt genau der Standort eines möglichen Treppenhauses, der der alten Zufahrt diente, quasi erkennbar wird, und damit dieser Standort als Ausübungsstandort entfallen kann.“
Antwort:
Hierzu ist anzumerken, dass es sich bei den Grunddienstbarkeiten, die einerseits das Durchfahrtsrecht der Hofanlieger an einer bestimmten Ausübungsstelle und andererseits das Benutzungsrecht der Hofanlieger an der eigentlichen Blockbinnenhoffläche betreffen, um zwei zu unterscheidende Grunddienstbarkeiten handelt. Die Entscheidung zur Änderung einer Grunddienstbarkeit kann damit schon keine stillschweigenden Auswirkungen auf die andere Grunddienstbarkeit haben, ohne dass die andere Grunddienstbarkeit Entscheidungsgegenstand ist. Außerdem erfolgte die Änderung der Grunddienstbarkeit zur Verlegung der Ausübungsstelle des Durchfahrtsrechts zeitgleich mit einer Änderung der Grunddienstbarkeit zum Benutzungsrecht des Blockbinnenhofs (Änderung von Bebauungsgrenzen). Da die letztgenannte Änderung schon nicht explizit die erforderliche Fläche zur Errichtung des außenliegen Treppenhauses beinhaltet, verstieße die geäußerte Herleitung einer Zustimmung gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.
Anliegend wird als Anlage der „Umlegungsplan Gebiet 14, Lübeck, Innere Stadt, Fünfhausen-Beckergrube-Breite Straße-Mengstraße, 1. Abschnitt – Oberer Wehdehof“ vom 10.07.1969 zur Verfügung gestellt. Bestandteil des Umlegungsplans ist u.a. die Hofordnung sowie der damals beschlossene Hofplan, der die Stellplatzverteilung festhält. Im Nachgang wurde der Stellplatzplan aktualisiert mit Stand vom 17.06.1994. Ein neuerer von den Hofanliegern beschlossener Plan liegt derzeit nicht vor. Dieser Plan ist jedoch mittlerweile überholt, da ausgelöst durch den Neubau des Parkhauses auf dem Wehdehof auch die Stellplatzanlage außerhalb des Parkhauses, mithin auch auf dem Oberen Wehdehof, auf Basis eines städtebaulichen Vertrags zum Parkhausneubau umgebaut wurde. Die Aktualisierung des Stellplatzplanes ist derzeit in Bearbeitung und Abstimmung.
Dieser Umstand hat allerdings keine Relevanz für die Beantwortung der Fragen, die in den in dieser Woche stattgefunden Gremiensitzungen geäußert worden sind.
Frage: „Dann stellt sich die Frage, ob die Grunddienstbarkeit das Begehen und Befahren für den Anliegerverkehr nicht bereits räumlich durch die Anordnung von Parkplätzen einschränkt. Das Recht zum Begehen und Befahren ist durch die ausgewiesenen Parkplätze in der Hofordnung beschränkt. Dort kann die Grunddienstbarkeit zum Begehen und Befahren tatsächlich nicht ausgeübt werden.“
Antwort
Bei dem Stellplatzplan handelt es sich um einen durch die Hofgemeinschaft abänderungsfähigen Beschlussgegenstand, der auf dem Umlegungsplan zum Oberen Wehdehofs beruht. Das Recht aus der Grunddienstbarkeit ist davon abzugrenzen und stellt ein davon losgelöstes Recht dar. Zwar ist durch die innergemeinschaftliche Organisation über einen Stellplatzplan eine Einschränkung der Rechte der Hofanlieger untereinander eingetreten. Dies entfaltet jedoch keine Wirkung in dem Rechtsverhältnis zwischen der Hansestadt Lübeck und den einzelnen Hofanliegern in Bezug auf Flächen, die der Hofgemeinschaft nicht mehr zur Nutzung zur Verfügung stehen sollen.
2. Thermische Konservierung
Frage: „…bei welchen anderen Kellern ohne Nutzung eine thermische Konservierung gefordert wurde…“
Antwort
Die Frage ist unerheblich, weil jedes Vorhaben einer Einzelbetrachtung unter den jeweilig geltenden Rahmenbedingungen und Voraussetzungen unterliegt und entsprechend die denkmalpflegerische Auflage ausfällt. Im vorliegenden Fall ist die thermische Konservierung unabhängig von der Nutzung eine denkmalrechtliche Auflage. Diese Auflage ist Gegenstand der dem Zuwendungsbescheid zugrundeliegenden Bauunterlagen. Wie die IBSH bereits mit Schreiben vom 21.02.2023 (Anlage 2 zu VO/2023/12037) mitgeteilt hat, können Abweichungen hiervon entweder zum Verlust der Förderfähigkeit der Maßnahmen zur Sanierung des Kellers oder ggfs. zum Widerruf des Zuwendungsbescheides führen.
Wichtig ist hierzu explizit hervorzuheben, dass Sanierungsfälle wie beim Beispiel Buddenbrookhaus und insbesondere von Kellern (mit Gewölben) nicht der gängige Alltag in der Denkmalpflege ist und daher auch keine großen wissenschaftlichen Datenmengen vorliegen, um die Fälle miteinander zu korrelieren und daraus etwas abzuleiten. Dieses ist sogar gar nicht möglich, da jeder Keller ein anderes Klima und andere Schadensbilder bzw. -Quantitäten hat. Z.B. sind durch die unterschiedlichen Alter der Keller, die Verkehrs- oder Klimabedingungen die Grundparameter im für jedes einzelne Objekt zu bestimmen und daher nicht vergleichbar. Jedes Objekt bedarf einer anderen thermischen Konservierung und daher können auch Maßnahmen sich unterscheiden. Das ist der Fall wie z.B. beim Kranenkonvent oder dem Keller in Königstraße 21. Im zuständigen Fachausschuss für Kultur und Denkmalpflege kann hierzu in der nächsten Sitzung umfänglich berichtet werden.
3. Darstellung der rechtlichen Möglichkeiten aus dem festgelegten Sanierungsgebiet
- Liegt das Bauvorhaben Neues Buddenbrookhaus in einem förmlich festgestellten Sanierungsgebiet?
Das Sanierungsgebiet endet nach dem Lageplan in nördlicher Richtung an der Grenze zu den Grundstücken Mengstraße 2-20. Folglich liegt das Bauvorhaben neues BBH (Mengstraße 4-6) innerhalb des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets, aber nicht der Blockbinnenhof, der zu überbauen wäre.
- Welche Sanierungsziele sind Gegenstand des Sanierungsgebietes?
In dem Endbericht zu den nach § 141 BauGB durchzuführenden vorbereitenden Untersuchungen „Altstadt“ Lübeck mit integriertem städtebaulichen Entwicklungskonzept werden unter dem Oberpunkt „Kultur und Soziales“ die nachfolgenden Handlungsfelder benannt: „Baukultur bewahren, Teilhabe ermöglichen und Funktionen verbessern“. Überdies gibt es jedoch keine generellen, bzw. innerhalb des gesamten Gebiets als allgemeingültig zu verstehenden Sanierungsziele. Vielmehr werden bezogen auf die jeweiligen Einzelmaßnahmen konkrete Ziele der jeweiligen Maßnahmen festgelegt.
- Ist in den vorbereitenden Untersuchungen die Sanierung des Buddenbrookhauses als Maßnahme aufgenommen worden?
Ja, „Umbau und Erweiterung Buddenbrookhaus“ ist dort unter der laufenden Nummer 26 aufgeführt. Neben der baulichen Erweiterung ist in der Maßnahmenbeschreibung die Neukonzipierung der Dauerausstellung aufgenommen. Als Maßnahmenziel wird aufgeführt: Erweiterung der international renommierten Kultureinrichtung und Bewahrung des baukulturellen Erbes.
- Welche Sanierungsziele sind für die obere Mengstraße beschrieben?
Aus dem Endbericht der vorbereitenden Untersuchungen, dort Maßnahme 8 (Erneuerung/Umgestaltung Freiflächen St. Marien, Rathaus, Markt), ergibt sich, dass für den Bereich der oberen Mengstraße eine Fußgängerzone baulich hergestellt werden soll. Betreffend die gesamte Mengstraße lassen sich der Maßnahmenbeschreibung darüber hinaus die nachfolgenden Aspekte entnehmen: Optimierung der Fahrrad- und Motorradabstellplätze, Begrünungs- und Gestaltungsmaßnahmen insbesondere im Übergang zum Platz nördlich der Kirche St. Marien, Schaffung von Sitzgelegenheiten zur Steigerung der Aufenthaltsqualität und Verbesserung der Barrierefreiheit. In dem Endbericht werden zur Maßnahme 8 stichpunktartig die folgenden Maßnahmenziele genannt: die Aufwertung des Gesamtbereiches durch Beseitigung baulicher und funktionaler Mängel, Schaffung qualitätsvoller Räume, die dem historischen Erbe gerecht werden, Erhöhung der Aufenthaltsqualität und Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten, Stärkung der Wegebeziehungen und Anordnung öffentlicher Toiletten.
- Ist die Zufahrt zu den Hofparkplätzen durch Mengstraße 6 als Erschließungsanlage im Sinne des § 147 BauGB zu bewerten?
Nein, § 147 Abs.1 Satz 1 Nr. 4 BauGB erfasst nur öffentliche Erschließungsanlagen. Die Zufahrt zu den Hofstellplätzen ist jedoch eine private Anlage.
- Wäre eine Änderung der Erschließungssituation als Ordnungsmaßnahme vorstellbar?
Nein, siehe e.). Da es sich bei der Zufahrt zu den Hofstellplätzen schon nicht um eine öffentliche Erschließungsanlage handelt, kann sie auch nicht als Ordnungsmaßnahme nach § 147 Abs.1 Satz 1 Nr. 4 BauGB eingestuft werden. Eine Verlegung der Zufahrt zu den Hofstellplätzen über den unteren Wehdehof oder durch das Parkhaus kann folglich auch nicht auf § 147 Satz 3 BauGB gestützt werden.
- Nach § 147 BauGB können durch die Sanierung bedingte Erschließungsanlagen einschließlich Ersatzanlagen außerhalb des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets liegen. Wäre eine Verlegung der Zufahrt zu den Hofstellplätzen über den unteren Wehdehof oder durch das Parkhaus als Ordnungsmaßnahme nach § 147 BauGB vorstellbar mit außerhalb des Sanierungsgebietes liegenden Ersatzmaßnahmen?
Nein, siehe e. und f.
- Ist für die Festsetzung von Ordnungsmaßnahmen nach § 147 BauGB die Zustimmung der Grundstückseigentümer oder sonstiger Nutzungsberechtigter erforderlich?
Nein.
Weitere häufig gestellte Fragen zum Vorhaben:
Frage 1: Hat die Entscheidung zur Projektfreigabe bereits den Eingriff in das Kellergewölbe berücksichtigt?
In der Vorlage zur Projektfreigabe VO/2021/10358 wurde in Anlage 2 dargestellt, dass bei Umsetzung des Projekts ein Eingriff in den Gewölbekeller in Mengstraße 6 erfolgt, der Bestandteil des späteren Zuwendungsbescheids ist.
Die Anträge zum Erhalt des Gewölbekellers VO/2021/10358-01 im Hauptausschuss am 28.09.2021 und VO/2021/10337 in der Sitzung der Bürgerschaft am 30.09.2021wurden jeweils mehrheitlich abgelehnt.
Die Projektfreigabe war Grundlage für die Fertigstellung der EW Bau (Leistungsphase 3) und damit gleichzeitig Grundlage des Förderantrages. Erst mit Leistungsphase 4 wird der Bauantrag erstellt, der am 27.10.2022 genehmigt worden. Ebenfalls am 27.10.2022 wurde die denkmalrechtliche Genehmigung erteilt. In diesem Sinne konnte im September 2021 noch keine Aussage darüber getroffen werden, ob der Eingriff in den Gewölbekeller genehmigt wird.
Frage 2: Ist die Förderung an die bewilligte Planung gebunden? Welche Freiheitsgrade gibt es hier?
Die Förderung ist an die bewilligte Planung gebunden. Nach Ziff. 1.3 ANBestK, die Bestandteil des Förderbescheides sind, muss die Ausführung einer Baumaßnahme den der Bewilligung zugrundeliegenden Bauunterlagen sowie den technischen und baurechtlichen Vorschriften entsprechen. Ohne Zustimmung der Bewilligungsbehörde dürfen nur nicht erhebliche Änderungen durchgeführt werden. Sobald das Bau- und/oder Raumprogramm wesentlich verändert wird, ist eine Abweichung erheblich und bedarf damit der Zustimmung der Bewilligungsbehörde. Die Erteilung der Zustimmung liegt im Ermessen der Bewilligungsbehörde. Dabei wird sie zu berücksichtigen haben, ob durch die vorgesehene Änderung der Bewilligungszeitraum eingehalten werden kann und wie sich die vorgesehene Änderung auf das Gesamtvorhaben auswirkt. Unkritisch können daher lediglich Änderungen sein, die weder das Bau- noch das Raumprogramm verändern. Sobald diese verändert werden, ist die Frage zu prüfen, ob es sich um wesentliche Änderungen handelt. Von wesentlichen Änderungen ist spätestens dann auszugehen, wenn dafür eine neue Baugenehmigung erforderlich ist.
Frage 3: Ist eine Erheblichkeit einer geänderten Planung durch die Umplanung gegeben?
Vorliegend ist aufgrund der beschlossenen Änderungen (Herausnahme des Gewölbekellers aus dem optionalen Raumprogramm und Unterlassung des Durchbruchs in den Gewölbekeller) von einer erheblichen Änderung der dem Bewilligungsbescheid zugrundeliegenden Planung auszugehen. Jede der in Betracht kommenden und von der Politik vorgeschlagenen Alternativen erfordert die Beantragung einer neuen Baugenehmigung nach der nunmehr geltenden LBO 2022. Die mit der Umsetzung der Beschlüsse erforderlichen Änderungen haben so erhebliche Auswirkungen auf einzelne Aspekte des Bauvorhabens wie z.B. auf die Statik und die Technische Gebäudeausstattung, dass eine neue Genehmigung erforderlich ist. Die Beantragung einer Änderung oder eines Nachtrages zu der bereits erteilten Baugenehmigung scheidet bereits deswegen aus, weil zwischenzeitig die neue LBO in Kraft getreten ist und das geänderte Vorhaben nunmehr allein nach dieser zu beurteilen ist. Die Änderung bedarf daher in jedem Fall der Zustimmung der Bewilligungsbehörde. Zudem wird dadurch die Möglichkeit eröffnet, dass die Bewilligungsbehörde – wie bereits geschehen – den Widerruf des Förderbescheides prüfen kann.
Frage 4: Wie wird die IBSH auf die Empfehlung des Hauptausschusses vom 10.08.2023 reagieren, wenn diese am 31.08.2023 beschlossen wird?
Die IBSH hat der Hansestadt Lübeck eine Verlängerung der Anhörungsfrist bis zum 04.09.2023 eingeräumt. Die Verwaltung wird dann den Beschluss der Bürgerschaft der IBSH mitteilen. Es ist dann schwer zu beurteilen, ob die IBSH die Anhörung bis Ende November 2023 zurückstellt. Es ist eher zu erwarten, dass seitens der IBSH kein Ermessensspielraum gesehen wird, den Zuwendungsbescheid nach § 117 LVwG wegen eines Verstoßes gegen die Nebenbestimmungen nicht zu widerrufen. Denn die Beschlusslage unterstellt implizit weiterhin eine Umplanung und die weitere Verzögerung lässt erhebliche Zweifel erkennen, innerhalb des Bewilligungszeitraums das Vorhaben fertigzustellen.
Ferner ist diesem Vermerk die Präsentation zur Umplanung beigefügt, die am 07.08.2023 in der Baubar präsentiert worden ist.
Anlagen:
Umlegungsplan Oberer Wehdehof
Hofplan – Anlage 1 zum Umlegungsplan vom 10.07.1969
Hofordnung – Anlage 2 zum Umlegungsplan
Präsentation BauBar Umplanung vom 07.08.2023