Durch die sich verschärfende Klimakrise, aber auch vor dem Hintergrund der aktuellen geo-politischen Lage ist es erforderlich, eine Versorgung der Stadt mit nachhaltig produzierter Wärme sicherzustellen. Der Wärmesektor ist in Lübeck für 42% der Treibhausgasemissionen verantwortlich (THG Bilanz 2019). Dazu zählen sowohl die Wärme, die für Gebäudewärme und Warmwasser benötigt wird als auch die Prozesswärme in Industrie und Gewerbe.
Der Großteil dieser Wärme wird durch das Verbrennen von Erdgas direkt in hauseigenen Gasthermen oder indirekt durch gasbetriebene BHKWs bereitgestellt. Des Weiteren kommen vereinzelt Öl und Kohleheizungen aber auch Biomasseverbrennung und Erneuerbare Energien zum Einsatz.
Aufgrund des § 7 Abs. 2 des Energiewende - und Klimaschutzgesetzes SH (EWKG) sind sämtliche Ober- und Mittelzentren im Land dazu verpflichtet, kommunale Wärme- und Kälte-pläne aufzustellen.
Diese Pläne stellen damit eine wichtige Grundlage zur krisenfesten und nachhaltigen Stadtentwicklung dar. Ein kommunaler Wärmeplan dient nach § 7 Absatz 2 EWKG dazu, den aktuellen Wärme- und Energieverbrauch privater und öffentlicher Gebäude sowie ihre jeweiligen Treibhausgasemissionen zu erfassen und auf dieser Grundlage eine kleinräumige Prognose des zukünftigen Wärmebedarfs vorzunehmen. Zusammen mit einer Ermittlung des Energieeinsparpotentials und des Potentials kleinräumig verfügbarer Wärmequellen aus erneuerbarer Energie und Abwärme soll aus den verfügbaren Grundlagendaten ein räumliches Konzept zur kommunalen Wärmewende entwickelt werden, das mit Maßnahmenvorschlägen zur Erreichung der Klimaneutralität bis spätestens 2040 verbunden wird.
Die Vorbereitung der Wärmewende ist jedoch nicht nur eine Pflichtaufgabe der Kommunen, die seitens des Landes verlangt wird, sondern stellt auch ein wichtiges Planwerk dar, um Aufgaben des Klimaschutzes und der Stadtentwicklung zusammenzudenken und damit koordiniert voranzubringen:
- Ein kommunaler Wärmeplan ist ein wichtiges Teilkonzept bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans (FNP): Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst b des Baugesetzbuchs sollen im FNP „Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken“ dargestellt werden. Durch eine wissenschaftlich fundierte Aufbereitung des Flächenbedarfs, z.B. für Solarthermieanlagen, soll eventuellen Konflikten in der Flächennutzung, insbesondere auf stadtnahen Flächen, frühzeitig begegnet werden.
- Aufgrund des 2019 ausgerufenen Klimanotstandsbeschlusses der Hansestadt Lübeck hat sich die Stadt dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2040 die Klimaneutralität zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen wird der Masterplan Klimaschutz aufgestellt. Maßnahmen und Aktivitäten, die sich aus der kommunalen Wärmeplanung ergeben, werden in der Fortschreibung des Masterplan Klimaschutz eingebunden.
- Die Kommunale Wärmeplanung zeigt auf, für welche Stadteile Energetische Quar-tierskonzepte erstellt werden müssen, um eine lokale Detailbetrachtung der notwendigen Sanierungs- und Energie-Ausbaumaßnahmen zu untersuchen
- Die Kommunale Wärmeplanung wird als Grundlage für das Erstellen von Energiekon-zepten und städtebaulichen Verträgen in Neubaugebieten dienen.
- Der kommunale Wärmeplan dient als Orientierung für die Neuausschreibung der Gaskonzessionen und als Planwerk für den Ausbau von Wärmenetzen.
- Gebiete, die in der kommunalen Wärmeplanung als Ausbaugebiete für die Fernwärme identifiziert werden, können als Anwendungsgebiete in eine kommunale Fernwärme-satzung einfließen.
- Die Ergebnisse der Wärmeplanung werden kartographisch aufbereitet und können somit als Information für Bürger:innen bei der Planung der Erneuerung der Heizungsanlagen dienen.
- Die kommunale Wärmeplanung soll durch weitere Potentialstudien zu einzelnen Energieversorgungstechniken (Bspw. Gewässerwärme und tiefe Geothermie) begleitet werden, die aus dem Klimaschutzbudget finanziert werden können.
Zur Bearbeitung eines kommunalen Wärme- und Kälteplans sind die folgenden organisatorischen Rahmenbedingungen zu beachten:
- Das Land Schleswig-Holstein finanziert nach dem Konnexitätsprinzip die Aufstellung der kommunalen Wärmeplanung. Hierfür ist ein entsprechender politischer Auftrag erforderlich.
- Begleitende detaillierte Potentialuntersuchungen (Potential Geothermie, Potential Umweltwärme, Gewässer, …) werden aus dem Klimabudget finanziert.
- Die fachliche Bearbeitung wird an externe Büros vergeben. Die stadtinterne Koord-nation liegt bei der Klimaleitstelle.
- Die kommunale Wärmeplanung ist bereits verpflichtend für Kommunen in Baden-Württemberg. Es gibt für den Planungsablauf umfassendes Material von den Energie-agenturen Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und vom Bundesumweltamt.
- Es liegen mit dem Wärmenutzungskonzept von 2014, den Energetischen Quartiers-konzepten Moisling und Marli sowie dem Wärmeatlas der Stadtwerke bereits erste Datengrundlagen vor.
Wie könnte ein kommunaler Wärmeplan aussehen und welche beispielhaften Ergebnisse könnte dieser haben?
Die Kommunale Wärmeplanung besteht aus vier Schritten:
1. Wärmebedarfsanalyse und Ermittlung zukünftiger Bedarfe
Der derzeitige Wärmebedarf der Lübecker Gebäude wird ermittelt und der Wärmebedarf für das Jahr 2040 abgeschätzt. Der Abschätzung werden gebäudetypische Sanierungsraten zugrunde gelegt. Dementsprechend wird als Ergebnis der Planung der Lübecker Sanierungsbedarf aufgezeigt.
2. Potentialanalyse der Wärmebereitstellung
In einer Potentialanalyse wird untersucht welche Wärmequellen in Form von Umweltwärme (Gewässer, Boden, Luft), Abwärme (Industrie und Gewerbe) und Solarthermie in Lübeck zu Verfügung stehen. Die dadurch benötigten Flächenbedarfe gehen als Fachplanung in den Flächennutzungsplan ein.
3. Aufstellung eines Zielszenarios
Die Versorgungsvarianten für die Stadtteile werden kartografisch aufgezeigt. So wird das gesamte Siedlungsgebiet flächendeckend in Gebiete eingeteilt, die sich für die Errichtung oder den Ausbau von Wärmenetzen eignen, und in Gebiete mit dezentraler Versorgung. Wenn sich innerhalb der Gebiete mit dezentraler Wärmeversorgung Großverbraucher befinden, können zusätzlich Schwerpunkte für mögliche Nahwärmeinseln ausgewiesen werden. Für alle definierten Gebiete wird zur Vertiefung ein einheitlicher Teilgebiets-Steckbrief erarbeitet. Die räumlich scharfe kartografische Darstellung erleichtert die Verknüpfung der Wärmeplanung mit der Stadt- und Regionalplanung.
4. Lokale Wärmewendestrategie mit Maßnahmenplanung
Die Wärmewendestrategie beschreibt den Transformationspfad zur Umsetzung des kommunalen Wärmeplans mit ausgearbeiteten Maßnahmen, Umsetzungsprioritäten und Zeitplan. Diese werden in die Fortschreibung des Masterplans Klimaschutz eingearbeitet.
Die Maßnahmen und die Zielerfüllung werden in einem regelmäßigen Monitoring in Verbindung mit der Treibhausgasbilanzierung durch die Klimaleitstelle durchgeführt.
Es ist eine gemeinsame Vorlage der Klimaleitstelle im Bereich Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz (UNV, Federführung) und der Abt. Stadtentwicklung im Bereich Stadtplanung und Bauordnung.